LÄ OTRA ALEMANIA i vi. an o ab r i l 15 s No, 6 3 de !943 Vu enos aires cuman 3 o 9 U. T. 31 - RETIRO - 7264 Aus dem Inhalt: Die Bedeutung der deut- schen Revolution. Opposition in Hitlerdeutsch- land. Ulrich Becher: Aus der Al- penkatakombe n. Lotte Hirsch: Menschen, die auf keiner Liste ste- hen. Ilse Cohen, Deutsche Bücher in England. Oesterreich nach 5 Jahren. „Heute und Morgen" WWWWWWWWWWW £ Htib6ii $i» stHdn daran gödatht> lhren Fond für ' neueBucHerkauf* zu vergrössern? Viele ha.ben dies bereits, durch Verkauf für sie uninteressant gewordener Bücher an unser Grossantiquariat erreicht. Wir suchen stets, für einen grossen, ganz Süd-, Mittel- und Nordamerika umfassenden Kunden- kreis, einzelne Bücher oder ganze Bibliotheken und zahlen wirklich angemessene Preise. R*G ROSS ANTIQUARIAT Libreria Alejandro Barna e Hijo LAVALLE 379 und JURAMENTO 2384 Tel. 31-4513 y 31-7427 73-4777 Buenos Aires, Rep. Argeritina 30. APRIL ABENDS | MAIFEIER I IM VEREIN „VORWÄRTS" ! 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Ein Haufen ausgemergelter deutscher Arbeiter, die eine Polizeistation stür- men oder eine Fabrik, mögen ge- wiss keinen hübschen Anblick bieten. Aber stosst sie nicht zurück, und vor allem haltet sie nicht ab, ihre Rech- nung mit den Nazis zu begleichen. Denkt nicht an sie — wie in Spanien, wo einige von Euch halfen, ihre Freunde zu erwürgen — als an eine „rote Bande". Weist bei der Befreiung der Welt vom Nazismus nicht die Hil- fe des deutschen Volkes zurück, um „Unordnung" zu vermeiden. Und lehnt es ebensowenig ab, weil ihr glaubt, ihr könntet den Deutschen nicht trauen, auch nicht, wenn es „Ro- te" sind. Lasst kein Klassenvorurteil euch daran hindern, zu der totalen Zerstörung des Nazismus beizutragen, nocht lasst euch durch nationale Vor- urteile blind machen für soziale Not- wendigkeiten. Diese letzten Worte sollen mit aller Freiheit auch an eini- ge Sozialisten gerichtet sein, an briti- sche und andere: Vergesst nicht, dato wir ein System bekämpfen. Wenn wir nur eine Nation bekämpft hätten, oder wenn wir nur an Kon- flikte zwischen Nationen zu denken brauchten, so würde uns dieser Krieg in einen Sumpf führen, dessen wir nicht Herr werden könnten. Denn es ist in der Tat nicht mehr ein anti- deutscher Krieg, es ist ein Weltkrieg geworden. Oesterreich er, Italiener, Ja- paner, Finnen, Ungarn, Rumänen, Siamesen — es mögen nach Ende des Krieges noch mehr sein — kämpfen tatsächlich auf der1 anderen Seite; Vichy-Frankreich, Spanier, Bulgaren haben zum mindesten Hiitler gehol- fen. Sollen wir sie alle ihrem natio- nalen Verhalten gemäss behandeln, ohne Rücksicht auf ihre Regierungs- form? Können wir ausser Acht lassen, dass die Mehrheit dieser Völker von ihren Herrschern gezwungen worden ist, gegen ihren Willen zu kämpfen? Sollen wir sie bestrafen und als Ver- brecher betrachten, einerlei ob ein Diktator oder eine revolutionäre Re- gierung über sie herrscht? Und wenn wir sie strafen und sie. ausschliefen — können wir eine neue Welt aufbau- en — ohne sie alle? Hier müssen So- zialisten ihren grösseren Weitblick beweisen, welcher sie befähigt, über nationale Grenzen hinauszusehen und in dem sozialen Aufbau der Nationen die entscheidende Tatsache zu erken- nen, und. eine, die geändert werden kann und muss. Hier, wo andere ste- hen bleiben und straucheln vor der Ungeheuerlichkeit der Weitprobleme, werden die Sozialisten erfolgreich weiterschreiten — wenn sie Sozialisten sind. Aber wenn alle diese Erwägungen sich heute an eine so grosse Anzahl von Nationen richten, wie könnte dann Deutschland ausgeschlossen sein? Dies ist keine Fürsprache für die Deutschen als Basse. Es ist. der Aus- druck des Glaubens an das „andere Deutschland", an die deutsche Revo- lution. Es ist eine Tat der Gerechtig- keit, eine Vertrauenserklärung für die unterirdisch kämpfenden Deutsche», die sich furchtlos und ohne Waffen erhoben gegen die furchtbarste Macht, die die Welt je gesehen hat — und das zu einer Zeit als sonst niemand gegen sie kämpfte. Lasst nicht zu, dass je- mand ungläubig von ihrem Mut ge- genüber dem Terror spricht, der nie ein Konzentrationslager von innen sah, lasst nicht zu, dass jemand, der nie in einer Gestapozelle war, leicht- fertig herabsetzt, was sie getan haben. BSP*»- "Gleichzeitig ist dies ein Ausdruck des Interesses an dem Schicksal der euro- päischen Revolution. Der Gegensatz zwischen Deutschland und den ande- ren Völkern ist die errsteste Gefahr, die die internationale Freiheitsbewe- gung bedroht. Eine Revolution, die an nationalen Grenzen Halt machen wür- de, könnte, wie wir sagten, ihre euro- päische Aufgabe nicht erfüllen. Eine von nationalem Hass vergiftete Revo- lution könnte ihre historische Mission nicht erfüllen. Es handelt sich um eine einfache Feststellung von Tatsachen. Wir wol- len sie wiederholen: Europas wichtig- stes Industrievolk kann nicht von dem gemeinsamen Schicksal Europas aus- geschlossen werden. Eine Revolution in Hitlers eigenem Land ist lebenswichtig für die end- gültige Zerstörung des Faschismus. Aus diesen beiden Gründen ist eine deutsche Revolution für Europa eine Notwendigkeit. *) Eine Besprechung- dieses wuchtigen Buches folgt OPPOSITION IN HITLERDEUTSCHLAND Aus einem Bericht der 'deutschen Gewerkschaftszentrale in London entnehmen wir folgendes: Schon während einige Spitzenfunktio- näre der freien Gewerkschaften durch Verhandlungen mit der NSBO glaub- ten, das drohende Schicksal noch ab- wenden zu können, bereitete der übri- ge und weitaus grösste Teil, der die Situation klarer erkannte hatte, den Weg in die Illegalität vor. Als die Na- zis im Mai 1933 sämtliche Gewerk- schaftshäuser besetzten, fielen ihnen nur der Organisationsapparat und dessen Vermögensbestände in die Hän- de. Vom ersten Augenblick an arbei- teten starke und einflussreiche Grup- pen unter der Leitung der zuverläs- sigsten Funktionäre gegen sie. Hatte eich schon in der Krise des Monopol- kapitalismus das Schwergewicht der gewerkschaftlichen Tätigkeit weitge- hend auf das politische Gebiet verla- gert, so war jetzt die illegale Arbeit völlig auf dem politischen Kampf ge- gen die Diktatur abgestellt. Es war eine ungeheuer mühe- und ge- fahrvolle Tätigkeit. Unter dem immer schwerer lastenden Druck der Gesta- po muste nicht nur zwischen einem weitverzweigten Netz von Betriebs- und Ortsvertrauensleuten ujnd ihren Gruppen die Verbindung ständig auf- rechterhalten, sondern auch der Zu- sammenhang mit den emigrierten und ausländischen Gewerkschaftern immer wieder hergestellt werden. Diese Arbeit ist die ganzen Jahre hindurch fortge. setzt, ausgebaut und aktiviert worden. Querverbindungen zu den illegalen Gruppen anderer Gewerkschaftsrich- tungen und zu den politischen Par- teien sind geschaffen und unterhalten worden. Gefährdete mussten über die Grenze geschafft, Hinterbliebene von Getöteten oder Angehörige von Ver- urteilten unterstützt werden. Bei Kriegsausbruch gab es kaum einen grösseren Betrieb oder eine irgendwie bedeutende Industriestadt, in der nicht in einem aus Sicherheitsgründen stark dezentralisierten und verschach- leiten System von Verträ-iietlsleuteil illegale Gruppen arbeiteten. Tausende haben ihren- Idealismus und ihrem un- beugsamen Widerstandswillen mit dem Tcde, zehntausende mit Zuchthaus und Konzentrationslager bezahlen müssen. Ein zwar lautloser und gröss- tenteils unsichtbarer, aber desto zähe- rer und unerbittlicher Kampf im Dunkeln wurde und wird geführt. Was sich später auf dem Gebiet der Illegalität in den besetzten Ländern abspielte, war im wesentlichen nur ei- Lie Wiederholung, die z. T. auf den Er- fahrungen der deutschen Illegalen auf- baute. Die deutsche Arbeiterschaft war das erste Opfer und der erste Gegner des Nationalsozialismus. Die un- menschliche Brutalität des Naziterrors in den unterjochten Ländern hat die Solidarität aller Illegalen, ohne Rück- sicht auf ihre nationale Zugehörigkeit, nicht erschüttern können. Nicht nur in den besetzten Gebieten, sondern auch in Deutschland selbst* führen sie mit den deportierten Zwangsarbeitern ihren Abwehrkampf gegen den ge- meinsamen Feind. Heute versuchen bestimmte Kreise die Bedeutung die- ses Kampfes zu verkleinern. Es liegt eine gewisse Tragikomik darin, wenn gers.de jene Elemente, die mit ih- rer Befriedungspolitik dem „anderen Deutschland" das Leben und die Exi- Ulrich Becher: Stenz schwef gemacht haben, heute die Bedeutung und sogar das Vorhanden- sein einer solchen Opposition über- haupt, leugnen. Hier im Lande leben politische Flüchtlinge, die z. T. bis kurz vor Kriegsausbruch mit in der vordersten Linie gestanden haben. Sie können aus verständlichen Gründen weder Zahlen noch Namen oder a.ni- dere Einzelheiten als Gegenbeweis an- führen. Die immer noch gefüllten Konzentrationslager — nach sehr vor- sichtigen Schätzungen gab es bei Kriegsausbruch weit über 200.000 poli- tische Häftlinge —, die auch jetzt noch laufend in der deutschen Presse veröffentlichten Todesurteile und ver- hängten Freiheitsstrafen wegen Hoch- verrat, Sabotage etc. sprechen für sich. Und dabei handelt es sich nur um die Fälle, die man unschädlich machen konnte und deren Aktivität man zu- geben wollte. I Obwohl der Einfluss dieser Opposition nicht überschätzt werden soll, darf ih- re Bedeutung keineswegs verkannt werden. Jene Männer sind durch eine harte und erkenntnisreiche Schule ge- gangen. Sie werden im gegegebenenl Augenblick handeln und für die Ge- staltung des neuen Deuftschland — so- weit dabei innerpolitische Elemente ei- ne Rolle spielen — von auschlaggeben- der Bedeutung sein. IN DER ALPENKATAKOMBE II Bis auf den heutigen Tag war das Europäische Gleichgewicht Illusion. Ein seit Jahrhunderten von Krank- heiten (die iah als Kinderkrankhei- ten anschaue) heimgesuchtes Europa, zerfressen und zerfetzt von innern Machtkämpfen, gleich ob das Feld- geschrei Religion oder Vaterland heisst, ein Europa, dessen Blüte zu namenlosen Malen weggerafft wurde ven den grossen Geschäftemachern, gleich ob sie sich Kreuzritter, Gross- inquisitor, König, Minister, Schwer- industrieller oder Führer betiteln, ist zu fortgesetztem Straucheln ver- dammt. Einzig ein wahrhaft Frei Und Eins gewordenes Europa, erlöst von der Raffgier machtgekrönter Räuber und Schieber, verschworen zu einem Ewigen Bund, Demokratie durch eine Revolution zum Menschen hin ver- wirklichend, wird europäisches und damit Weltgleichgewicht schaffen. Mit der vollkommenem Vernichtung des europäischen Gleichgewichts im Jahre i94ü verlor die Schweiz eine sehr mächtige Stütze ihrer Unabhäng- igkeit, ward ihre Existenz paradoxal. General Guisan hatte das Schwerge- wicht der Landesverteidigung auf die 'grossdeutsche' Grenze gehäuft — ur- plötzlich raste die deutsche Roboter- armee bis vor die Tore Genfs. In jenen Sommertagen, da der Völker- freiheit die Totenglocken läuteten, zog ich von Genf über Zürich ins Tessin. Genf, das Antlitz gezeichnet mit dem gespenstisch verödeten Hau- se des Völkerbunds, war in Lähmung erstarrt. Doch als ich in die Inner- schweiz, die Heimat meiner Mutter, einkehrte, die Bauern der Alten Kan- tone, fast brannten sie darauf, nach altehrwürdigem Herkommen den Al- penhort gegen Ueberaicaht zu vertei- digen und den "Fronvögten etwas zu zeigen". In den Prüfungen des Vier- ziger jatyres bewies sich der Gros steil des Volkes seinen UeberlitVeruingen und seiner Erziehung getreu — sein leuchtendes Glück, Freiheit als Ue- berlieferung und unsterblich-wirksam gebliebene Erzieher wie Nikolaus von der Flüh, Pestalozzi, Gottfried Kel- ler zu besitzen! Mählich jedoch er- spähte es die Kluft, die zwischen Ge- sinnung und Wirklichkeit aufgetan war. KFa'cht um Nacht, Stunde um Stunde konnte es die endlosen Güterwagen- kolonnen der Deutschen Reichsbahn über die Gotthardlinie ziehen sehen, die Kriegsmaterial auf kürzestem Weg nach Italien schafften. Neutralität? Im November ward auf Druck der deutschen Gesandtschaft in Bern — die unvermerkt auf nahezu tausend Köpfe angewachsen war! — die tota- le Verdunkelung eingeführt. Pfarrer Genosse Leonhard Ragaz in Zürich weigerte sich zu verdunkeln — und ward mit Gefängnis bedroht. Allerorts erschienen Plakate mit der Aufschrift "Wer nicht schweigen kann, schadet der Heimat!" Neutralität und Demo- kratie, hiess das schweigen müssen zu himmelschreienden Greueln? Die Zen- sur rottete alle offen empörte Kritik ah der 'neuen Ordnung' aus, während es den von den Nazis Gekauften zu- stand, sich das Maul schiefzulügen. Die Zeitungskioske wurden mit Na- zipropaganda in allen Landessprachen überschwemmt, indes die Zeitungen der Gegenseite verschwanden. Waf- fenfabriken, so die Oerlikon, began- nen, unter Aufsicht deutscher Beam- ter, für Deutschland zu arbeiten. All- um gezäunt von Sklavenheeren, auf Einfuhr von Lebensmitteln und Koh- le angewiesen — Drohung, Lockung, Erpressung die Mittel, mit Hilfe derer das Dritte Reich die 'normalen Be- ziehungen' zur Eidgenossenschaft auf- rechterhielt. "Weshalb", so feixte der Reichspro- pagandagnom ins Mikrophon, "soll- ten wir die Schweiz angreifen? Da leben fünf Millionen Gefangene, die für uns arbeiten und sich selber er- nähren!" In jenen Tagen stieg die Wahre Schweiz in die Katakomben hernie- der. Was an der Oberfläche blieb, waren die Diplomaten, die Unter- händler, die 'Füdlibürger', die erst bedenklich wurden, da der Käse ra- tioniert wurde, jene, deren Wahl- spruch lautet "Wo das Geschäft ist, da bin ich", und die Verwandten der Vichysten: die Zuhälter. Stalin sprach 1936 von einem inter- nationalen Bürgerkrieg, der von Schanghai bis Madrid tobe. Dieser gi- gantische Bürgerkrieg, der 1933 ent- brennen konnte, weil das zum Him- mel scheiende Blut der im Alten Krieg gefallenen Millionen ungehört geblieben war, dieser Bürgerkrieg, von der einen Seite geführt für die Freiheit und Gleichheit des Mannes, für Wohlstand und Würde einer er- wachsenen Menschheit, von der an- dern für das Taylor-System der to- talen Unterdrückung und Ausbeutung, für die Verhexung des Mannes in ei- nen Demolierungsmaschinenbestand- teil, erfasste im Lauf eines Jahr- zehnts alle Ecken und Enden der Welt. Auch in der Welt ältester lebenden Demokratie reckt jener seltsam ge- würfelte Zuhälterverein seine Medu- senhäupter: Schwerindustrielle wie die (aus Deutschland stammenden) Herren von Oerlikon neben gestran- deten Abenteurern wie Grassi, Fasci- stenhäuptling von Lugano, einst Bar- mixer in Buenos Aires. Gekaufte Re- volverjournalisten wie Oltramare, der in Genf ein 'Stürmer.qhen' heraus- gibt und später eifrig im besetzten /Paris scharwenzelt, neben senilen Grosswürdenträgern wie Altbundesrat Musy oder Schulthess; Offiziere, die verzückt nach dem kropfbürgerlichen Satansolymp Obersalzberg hinglot- zen, wie Oberst Fönjallaz, und Oberst, leutnant Huber, neben wohlbestallten Romansudlern wie John Knittel, die der 'Kultur bolschewisten' Konkurrenz fürchten; tretsüchtige Polizistensee- len, deren ich bereits Erwähnung tat, neben Patriziern, die der Französi- schen Revolution nicht verzeihen wol- len, wie Gonzague de Reynolds, Au- tor eines patriotischen Schinkens. Er verkündete nach dem Niederbruch Frankreichs: "Die Schweiz hat sich der Achse einzuordnen!" Bezeichnend, dass eben die Patrizier- und Finanz- cliquen der französischen Schweiz, die im Alten Krieg aus nimmerver- - 4 - stummendem Ressentiment gegen die französische Republik das wilhelmini- sche Deutschlandd offen begünstig- ten — Guy de Pourtales schildert es im "Wunderbaren Fischzug" —, heute» wieder am Werk sind. Indes "Die Front", das Hetzblatt der Zürcher Nazis Tobler und Henne, an Leser- schwund einging, reden französisch- schweizer Zeitungen wie "La Luisse", der Einordnung in die Hölle der 'neu- en Ordnung' putzanunter das Wort. Doch lassen wir sie, die in ihrem eig- nen Unrat ertrinken werden. Gehen wir auch an jenen vorüber, denen nichts vorzuwerfen ist, als dass sie im vorigen Jahrhundert wohnen, in den Kämpfen zwischen Konservativismus und Freisinn erstarrt sind. Steigen wir in die Katakomben hinab, zu de- nen, die die Zukunft hüten, zu; ihnen, die dem Sinnen und Trachten von Millionen Ausdruck zu leihen bestrebt sind. Da sind die sozialistischen Zür- cherpfarrer Ragaz, Gerber, Lejeune; ihre Zeitschrift "Neue Wege". Die unerschrockenen linksrepublikanischen Journalisten J. B. Rusch, Herausge- ber der "Republikjanischen Blätter", und Eduard Behrens, dessen Sonn- tagszeitung "Demokratie im Angriff", kurz vor dem Krieg schon, weigern Beschimpfung der faschistischen Re- gierung Italiens verboten wurde. Die Arbeiterdichter Mühlestein, Humm, Jakob Bührer. Der Urner Geschichts- professor Karl Meier, dessen Vorle- sungen in der Zürcher Universität überlaufen sind, weil er sagt, was er dGikt. Der junge tejssiner Sozialist und Lyriker Vinicio Salati, der in Lu- gano die Abwehrarbeit gegen den Faschismus leitet. Das Wandercaba- ret Cornichon Walter Leschs. Der von urchristlicher Einfalt erfüllte Zürcher Lyriker Hiltbrunner. Die sozialisti- schen Zeitungen Volksrecht, Volks- stimme, Tagwacht; Die Nation — Bern, die von Witz redigierte Zeit- schrift DU, Der Nebelspalter — alle- samt im Krieg gegen die Zensur, für die Menschenrechte. Einen Ehrengast nicht zu vergessen: Ignazio Silone. Viele andere. Mit dem Naziüberfall auf Russland geriet die Eidgenossenschaft in ein neues traradoxon. Einer der wenigen Staaten Europas, die Aufnahme di- plomatischer Beziehungen mit Sow- jetrussland abgelehnt hatten — ein- zig sowjetrussischer Widerstands- macht hatte er Befreiung zu danken vom allgegenwärtigen Damokles- schwert des Achsenheeres. Da der Druck von aussen nachliess, drückte auch die schleichende Knechtschaft gelinder. Mitte 1942 wagte man es, drei Unteroffiziere der Armee, der Nazispionage überführt, zum Tode zu verurteilen. Und als sich ein neuer Flüchtlingsskandal zutrug, diesmal blieb er nicht vertuscht wie zwei Jah- re zuvor, diesmal durfte er ruchbar werden, loderte er zu heller Empö- rung auf. Geschehen aber war dies: Flüchtlin- ge zuhauf, der Deportation nach Po- len entsprungen, :untc(r namenloser Gefahr und Münsal in die Schweiz gelangt, gerettet! gerettet!--von Rothmunds emsigen Schergen wur- den sie ergriffen und nach Deutsch- land 'zurückgeliefert'!! Grauenver- störte, Halbverhungerte, Misshandel- te, die um ihre Freiheit, ihr Leben gelaufen waren wie gehetzte Hasen, als sie die herrliche Oase des Frie- dens erreichten, darüber der altehr- würdige Spruch 'Asyl den Verfolgten' prangte — stämmige Fäuste packten sie, wohlrasierte Polsterbacken wieg- ten sich gewichtig-verneinend, bierge- blähte Bäuche schoben sie, servier- ten sie kaltblütig dem Moloch in den Rachen, stiessen sie mit wohlüberleg- tem Fusstritt hinaus auf die Folter- bank, in den Martertod. Wer ver- meint, er habe es hier allein mit der sturen Phantasielosigkeit ungeschlach- ter, spiessbewehrter Polizeibürokra- ten zu tun, irrt: I.n der Gemeinheit steckt Methode! Wer's bezweifelt, las- se sich erzählt sein, dass in Roth- munds Haus eine Plakette Hinden- burgs feierlich prunkt! Wer's bezwei- felt, höre sich an, was Bundesrat von Steiger, Vertreter der Grossindustrie und Oberster Polizeiherr, zur Be- schwichtigung des Pressesturms wört- lich erklärte: Zwar werde man in Zukunft gewisse 'Härtefälle' wie die geschehenen zu vermeiden suchen. Einmal indes müsse man die eigene Ernährungslage berücksichtigen, und zum andern "kann eine Zeit kommen, wo in der Schweiz Würdigere werden Asyl finden müssen". Grossindustrie - Vertreter von Steiger, wer sind diese deine 'Würdigeren'? Sind es dei- ne altvertrauten Artgenossen, die deutschnationalen Junker? die Kano- nenkrupps? oder gar deine neurei- chen Bundesbrüder wie jener ordens- gespickte Blähwanst etwa, der die Aktienmehrheit der Hermann-Göring- Werke in seinen fetten Händen hält und bereits seit Längerem auf schweizer Banken camouflierte Rie- senguthaben , und in Graubünder. Grundstücke besitzt? Während "Die Nation" — Bern An- stalten traf, Flüchtlingen Aufnahme in Schweizersamilien zu schaffen; während "Der Nebelspalter" in Baum- gartners kollwitzhaften Bildern das undenkliche Elend der Gejagten und Gepeinigten beschwor oder als Titel- bild einen Ertrinkenden unter einem Rettungsring zeigte, der mit einem schweizer wappengezierten Schloss an einen Pfahl geschlossen blieb; wäh- rend "DU" die historische Pflicht der Asylgebung bewies, begnügte sich der Grossteil der Presse mit dieser Erklärung. Ja, verschiedene katholi- sche Zeitungen explizierten sogar: "Der Flüchtling hat keinerlei An- recht auf Asyl. Die Schweiz hat kei- nerlei Verpflichtung, Asyl zu gewäh- ren." So die patentierten Christen. So die patentierten Humanisten und Demo- kraten. So die Nachfahren Lavaters, Pestalozzis, Dunants. Das kleine Schweizervolk, im grossen gehört es unzweifelhaft zu den er- wachsendsten Völkern der Erde. Es lässt sich keine Lügenmärchen auf- schwatzen. Die Schalmeien der Rat- tenfänger hatten ihm wenig an. Ein Kuhhirt vom Rigi, so ihn der Jod- mangel nicht zum__Idioten verunstal- tete, hat wacheren politischen Instinkt, selbstständigeren politischen Verstand als bislang je ein jodhaltiger Mini- sterialdirektor der Wilhelmstrasse. Goethe beklagt — mit ungezählten Landsleuten — das zwiespältige We- sen des Deutschen: der Eine so rechtschaffen und gewissenhaft, das Ganze so wahrhaft gewissenlos und unerzogen, Herde, die allein die Knu- te ehrfürchtet. (Dringlicher als ir- gendwo sonst erwartet in Deutsch- land den »Sozialismus die heilige Auf- gabe, die Masse zu persönlicher Ver- nunft und Gesittung zu erwecken). Anders der Schweizer: ihm und sei- ner Würde gab die Geschichte Vor- schuss, indem sie ihm Freiheit gab und Mass zudem (nichts selbstmörde- rischer als Freiheit ohne Mass!). Drum ist die soziale Schande in sei- nem Haus geringer, die Demokratie wirklicher als andernorts. Wenn es alle Parteien und Zeitungen vereint für opportun halten, anlässlich eines Volksentscheides ein Bestimmtes zu propagieren, das Volk bewahrt sein Urteil, es läuft nicht mit, es stimmt auch gegen die eigene Partei, die ei- gene Zeitung — keineswegs aus Dis- ziplinlosigkeit, vielmehr aus der Dis- ziplin eines lebendigen, tätigen Ver- antwortungsbewusstseins, das ihm von der Freiheit auferlegt ist. In einem jedoch ist des Schweizcr- volkes Blick getrübt: dieweil es seine Obrigkeit anblickt. Nachdem es seine obersten Magistraten indirekt ge_ wählt hat, zieht es heim und meint: sie werden's schon rechtmachen. Soll- te sieh's hierin täuchen, wird ihm die Täuschung erleichtert, weil die Bundesregierung, jeder andern Regie- rung verglichen, anonym waltet. Sie steht nie im Rampenlicht besonderer Popularität. "Hier gibts keine Kom- plimente", singt ein altes Bernerlied, "Jedem sagt man einfach Du: Ist's der Milchbub mit der Brente, Oder trägt er R'atsherrnschuh". Der Bun- despräsident wird jedes Jahr neuge- wählt, auf dass es keinem einfalle, sich in seiner Stellung zu sonnen. Hauptkennzeichen der Bundesregie- rung: ihr Mittelmass. Der Bundesrat nennt sich bei jede? Gelegenheit christlich. Was ihn nicht abhält, dem Antichrist gegenüber, dessen Schergen an die Türen defit- scher Dome "Judenjunge Jesus, ver- recke!" schrieben, 'integrale Neutra- lität' zu üben. Aber gegen den Ein- tritt Sowjetrusslandä in den Völker- bund, das damit besten Willen in der verfahrenen Sache Europas bewies, verwahrte man sich. Aber die Ausül- gung der Tschechoslowakei beeilte man sich anzuerkennen; beglaubigte zuvorkommend einen der illustertsien Verräter an der befreundeten Repu- blik und berüchtigtsten Tisofascei- sten als slowakischen Konsul in Bern. Aber Eidgenossen, die sich für die spanische Republik in den Kampf gewagt hatten, strafte man schwer; dafür schickte man der Nsziarmee nach ihrem Ueberfall auf Russland bereitwilligst schweizer Aerzte und Krankenschwestern zuhilfe. Aber Ni- cole, linkssozialistischer Ex-Ratsprä- Sident von Genf, ward verflucht wie niemand im Land. Aber den Sozial- demokraten, der weitaus stärksten Partei, blieb der Eintritt in den Bun- desrat verwehrt. Als sie 1940 einen Kandidaten aufstellte, der, gewählt, dem entehrenden Treiben der Frem- denpolizei Einhalt geboten hätte, ta- ten sich die Lenker sämtlicher bür- gerlicher Parteien gegen ihn zusam- men und beriefen stattdes ebenjencn Generaldirektor, der den Spruch von den unwürdigen Emigranten der Ge- genwart, den würdigen der Zukunft prägte. Verschollen, verschollen die Tage, da die Schweiz vernichtungum- brandeter Hort war der jungen Re- volution um des grossen Aufbaus, des ewigen Friedens willen; da Wladi- mir Iljitsch Uljanow und die Seinen im Zürcher Universitätsstrassencafe Pan berieten. Wo sind sie, deren Brüderschaft, kriegtrctzend, die Ei- nigkeit der Völker hütete, Romain Rolland, James Joyce, der junge Le- onhard Frank? Als der kranke James Joyce, vom Blitzkrieg in Frankreich überfallen und in ein französisches Konzentrationslager verschlept, Ein- lass ins alte Asylland erflehte, darin er sein Hauptwerk geschaffen — dem N ach-Dunkerque-Briten blieb der Grenzbalken geschlossen. Erst nach langwierigen Verhandlungen seiner schweizer Freunde mit den Herren über Leben und Tod von der Schwa- nengasse ward ihm aufgetan. Zu spät. Die allzu länge Lagerhaft hat- te den Kranken gemordet, er starb nach Tagen in einem Zürcher Spi- tal... Ein letztes Paradoxon: der Schwei- zersoldat. Indes er allzeit und allum bis hinan zu den Firnen auf Frie- denswacht steht, in Schützengräben, Tunnels und Stollen wohnt, ein ruhmloser Katakombensoldat; wäh- rend er von welchen Grenzposten im- mer hinausspäht in den allum lau- ernden, lautlosen, gespenstischen Krieg, der sich ihm allein in ver- härmten, verschreckten, verhungerten Gesichtern offenbart, im weitherhal- lenden Krachen der Exekutionspelo- tons — während er vorwärtswacht ziehen in seinem Rücken die Frach- ten des Menschheitsfeindes vorbei, hämmern in seinem Rücken die feindhörigen Waffenschmieden, ist in seinem Rücken das Gefeilsche der Zuhälter. Weiss er, wofür er wacht? Ja, er weiss es. Nikolaus von der Flüh, der einfache unterwaldner Bauer, der grosse Schlichter und Mahner, er, der den Teufel der Gewaltherr- lißhkeit, der Eroberungs- und Hän- delsucht aus seinem Volke trieb, er, der Millionen lain Sinnbild ewigen Friedens in Würde und Freiheit ist, hat es ihm gesagt. Auch dies weiss er: Ein Tag wird kommen, da die Achse entzweigebro- chen wird. Da der Befreiungskrieg, von den Russen getragen, über den Balkan heranrast. Da Italien, von den angelsächsischen Heeren betreten, fällt oder im Bürgerkrieg auflodert. Das sind die Tage höchster Gefahr, höchster Kampfbereitschaft. Wenn der Endkampf die Schweiz umbran- det (Mitteleuropa wird den letzten europäischen Schauplatz dieses Welt- bürgerkriegs stellen, wie es den er- sten stellte). Wenn die Naziarmee in tollwütend-verzweifelter Verteidi- gung eine Bastion in den Alpen er- strebt, fürchtend, die Verbündeten kämen ihr zuvor. Der oder jener aber weiss noch an- dres: Datss sein Heimatland, darin vier Sprachen in Eintracht leben, dessen Söhne nachwievor zur Tag- satzung ziehn, wie ein unentwegtes Menetekel glimmt inmitten der nationalistisch - totalitär gekleideten Zwingherrschaft des Bösen. Er weiss, dass er ein Vorbild bewacht, Vorbild zum Ewigen Bund der Freien Abend- lande. ACHSENFREUNDLICHE SCHWEIZ Im Februar traten etwa 200 junge Ei- sässer auf Schweizergebiet über, um sich dem Kriegsdienst gegen .Russ- land zu entziehen. Darauf wurde "im Einverständnis mit den deutschen Mi- litärbehörden" die schweizer Grenz- wache im Jura verstärkt;. Am 22. III. zitierte ein A. P.-Korrespondent in Bern eine schadenfrohe Notiz aus der achsenfreundlichen Zeitung La Suisse: "20 Franzosen überschritten die Grenze bei. 8t. Gingolph. Sie würden sämtlich zur Rückkehr nach Frank- reich gezwungen, weil sie sich 'der Erfüllung der in ihrem Bande gülti- gen Arbeitsgesetze widerrechtlich ent- zogen' hätten und darum nicht als po- litische Flüchtlinge anzusehen wa- ren. (Vgl. hierzu Beschlüsse von Mon- tevideo No. 60, S. u. Artikel III rieh Bechers in voriger Nr. u-nd in dieser). — 7 — Ilse Cohneri: DEUTSCHE BUECHER IN ÖFiFENTLICHEN ENGLISCHEN BIBLIOTHEKEN In allen Teilen Englands bestehen Volksbibliotheken. Vor nahezu zwei Jah- ren wurde ich aufgefordert, in den vier Public Libraries des Bezirkes City öf Wesfcminster, London, die gesamte deutschsprachige Literatur zu ordnen, zu katalogisieren und dem Publikum in weitestem Masse zugänglich zu machen. Meine Aufgabe kann ich so gut erfüllen, weil sie sich von selbst gestaltet. Die Bücherbestände waren vor dem Kriege vorhanden, und der Krieg hat an ihnen nichts geändert, sie nicht vermindert. Ich habe die Pflege des deut- schen Sprachgutes nur fortzusetzen, weil es in künftigen Tagen zum geisti- gen Wiederaufbau erforderlich sein wird. Ich kann der Aufgabe alle Liebe und Begeisterung zutragen: von englischer.Seite wird dem europäischen Be- wusstsein keine Begrenzung oder' Einschränkung auferlegt. Bei der Gruppie- rung und Anordnung in Ausgabe und Magazin, beim Ankauf von Neuerschei- nungen, lässt man mir volle Freiheit. Auch darf ich in der Anläge der Kar- tothek kontinentalen Richtlinien folgen. Unser Budget ist hoch gegriffen und soll nach Beendigung des'Krieges erweitert werden. -j Die deutschen Abteilungen unserer Bibliotheken enthalten Werke -von der Mitte des 18. Jahrhunderts .bis in unsere Tagt. In weitem Ausmasse wird auch denjenigen Bücäiern zugesprochen, welche ausserhalb des deutschen Kel- ches seit 1933 erschienen sind. Das englische Publikum zeigte von je her be- sonderes Interesse für dp-s deutsche zeitgenössische Buch. Bei der soziologischen Schichtung unserer Leserschaft entfallen ca. 50 % auf Angestellte der städtischen und staatlichen Behörden. Die Buchauswahl der liyi. Auswärtigen Amt (Foreign Office) Beschäftigten ist für uns die aufschluss- reichste. Sie wollen ihre Sprachkenntnisse erweitern und zugleich die natio- nalen Eigenheiten in der politischen, historischen und belletristischen Gat- tung des deutschen Schrifttums studieren. Sie greifen zu den Klassikern, zu Anthologien wie "Deutsche Erzähler", einer romantischen und einer modernen Serie von Kurzgeschichten, wie sie Hugo v. Hofmssnnsthial mit feinsinnigem Vorwort zusammenstellte, Unsere Epoche brachte die biographische Studie wieder zur Blüte. Die englische Leserschaft wählt sie auch gern in der aus- ländischen Literatur. Hauptmanns Dramen, die Bücher Franz Werfeis wer- den in regelmässigen Abständen verlangt. Ich habe wenig Interesse angetrof- fen für den politischen Roman, für den Ronjan des ersten Weltkrieges, wie E. M. Remerque, Ludwig Renn, Heinrich Mann, Alfred Neumann, ihn uns gäben. Zu den stets begehrten Büchern gehören Briefsammlungen. Viele An- fragen kommen uns — zumeist von Frauen — nach R. M. Rilkes Werken. Bei unseren Bemühungen, das Bedürfnis Bach Literatur zu klassifizieren, hat HS sich; gezeigt, dass die Ausleihe schöner Literattsr in den letzten zwei Jah- ren tyn ungefähr 20 % gestiegen und weiter im Steigen begriffen ist. Es mag dies auf die Tatsache höchster Kräfteanspannung zurückzuführen sein, die von dem Menschen unserer Epoche gefordert wird, und der im Ruhezustand auf leicht zugängliche Weise Anregung zu erhalten sucht. Um den1 Wünschen unserer Leser nachzukommen, unterhalten wir regen Verkehr mit den Buch- händlern, die, nicht nur wirtschaftlich interessiert, Aufträge zu bekommen» in ganz ausgezeichneter Weise — oft unter schwierigen technischen Bedin- gungen — den Anfragen gerecht werden. Wir haben im Lauf© des vergan, genen Jahres eine Anzahl guter Tatsachenberichte politischer und militäri- scher Art, sowie auch neuere philosophische Schriften und eine Fülle von Romanen und Werken, welche zeitlose Gegenstände behandeln, angeschafft. Darstellungen des geistigen Lebens Europas zwischen den beiden Weltkrie- gen sind begehrt. Die jüngere Generation unter .unseren Lesern untersucht Fragen der Regierungssysteme, forscht in geschichtlichen Abhandlungen nach Parallelen zur Gegenwart, um so aus dem Studium der Vergangenheit Gewiss- heut für die Zukunft zu schöpfen. Literatur zur Geschichte der alliierten Staaten, ihrer Leistungen und Leiden im Kriege wird verlangt und solche,, in der die Probleme der europäischen Zukunft in den Vordergrund treten. Oft erbeten, jedoch auf unseren Regalen nicht erhältlich, sind Werke über das faschistische Italien, über die Vorgeschichte und das Wesen des Natio- nalsozialismus. Auf diesem Gebiete besitzen wir allein Hermann Rauschnings Bücher. Volksbibliotheken der umliegenden Bezirke bereiten uns die Freude, in vie- len Fragen der ausländischen — speziell deutschen und französischen — Li- teratur Rat von Westminster einzuholen. Im Einzelnen ist mein Kontakt mit dem kontinentalen Publikum intensiver als mit dem englischen. Die Eng- länder sind zurückhaltend im Verkehr mit Fremden, auch Hassen sie ungern Unkenntnis auf einem Gebiete erkennen. Hin und wieder jedoch ist es mir vergönnt, auch ihnen ein Werk zu empfehlen. AUS UNSERER BEWEGUNG Bolivien Eine Gruppe von Freunden des An- dern Deutschland in Cochabainba hat zur Selbstverständigung in einer politischen Platform ihre Auffassun- gen und Ziele formuliert. Es heisst darin: "... In diesem Kampfe halten wir es für unsere Pflicht, gegen jene Auf- fassungen aufzutreten, die heute dias gesamte deutsche Volk für die von Hitler begangenen Verbrechen und Schandtaten verantwortlich und schul- dig gesprochen haben wollen. Demgegenüber erklären wir, dass es dieses gesamte deutsche Volk nicht gibt. Das deutsche Volk ist, wie alle anderen Völker, keine Einheit, diie nach einem Standardmass gewertet werden kann. Bs gibt Teile des deutr sehen Volkes, vor allem die fortge- schrittensten Teile der Arbeiter^ schaft, die nicht nur Jahrzehnte hin- durch gegen Kapitalismus und Reak- tion gest enden, sondern die auch die Brutalität des Nazifaschismus in Kon- zentrationslagern und Zuchthäusern als erste kennen gelernt haben. Bis zum heutigen Tage sind sie die nicht totzuschweigenden, konzessionslosen Gegner des Hitlerregimes; und wenn die faschistische Presse jede Woche von Hinrichtungen und Erschiessun- gen überführter Hoch- und Landes- verräter zu berichten gezwungen ist, so handelt es sich fast ausnahmslos um Arbeiter, die mit ihrem Heldentod die chauvinistisch-reaktionäre Phrase Vansittarts widerlegen..." Brasilia nt RIO DE JANEIRO. Blutspender. Acht unserer Freunde in Rio de Janeiro haben ihre Solidarität mit dem Gast- lau de dadurch bekundet, dass sie sich als Blutspender zur Verfügung ge- stellt haben. Sympathiekundgebung für die Tsche- choslowakei. Unsere Freunde in Rio de Janeiro haben folgenden Brief an den Vertreter der Tschechoslowakei gerichtet, auf den dieser mit herzli- chem Dank geantwortet hat: Euer Exzellenz, die deutschen antifa*- schistischen Freunde der Zeitschrift "Das Andere Deutschland", die in Buenos Aires unter d'er Leitung des bekannten früheren Reichstagsabge- ordneten Dr. A. S'iemsen erscheint, wollen den 93. Geburtstag des Präsi- denten Massaryk nicht vorübergehen lassen .ohne ihre Sympathie und So- lidarität mit dem tschechoslowaki- schen Volk auszudrücken. Auch für uns war die Gestalt des Philosophen und Staatsmannes Massaryk stets ein Gegenstand der Bewunderung. Die Tschechoslowakei war der einzige Nachkriegsstaat, der im Bewusstsein seiner europäischen Aufgabe, sich mit Erfolg bemüht hat, innerhalb seiner Grenzen die Grundsätze der Freiheit und Gerechtigkeit zu verwirklichen. Wir hoffen, dass die philosophischen und politischen Ideen des verstorbe- nen Präsidenten Massaryk dem künfti- gen Europa als Quelle der Anregung dienen werden. Willy Keller Kurt Uebel Unser Freund Fritz Kniesteda — Porto Alegre wird in der nächsten Zeit in Sao Paulo erwar- tet, wo er vor den deutschen Anti- faschisten über den Kongress von Montevideo zu sprechen gedenkt. Neue Gruppen wurden im Staate JParanä, und Santa Catarina gegrün- det, die den Kontakt mit der von Kniestedt geleiteten Bewegung in Rio Grande do Sul aufgenommen haben. Die Zähl der Freunde des DAD ist in Sao Paulo in ständigem Wachsen begriffen; sie halten engen Kontakt miteinander. EINHEITSFRONT Das auf dem Kongress in Montevi- deo zur Organisierung der Einheits- front der antifaschistischen Deut- schen Südamerikas gewählte Zentral- komitee in Buenos Aires, hat an die Gruppen antifaschistischer Deutscher in Südamerika folgende Richtlinien versendet. ORGANISATION 1. Name: Alemania Democr&tica (Co- mit§ Central Sudamericano) 2. Zentralausschuss': Sitz des Zentral- ausschusses ist Buenos Aires. Der vom Kongress in Montevideo ge- wählte Zentralausffchuss übt seine Funktion bis zum nächsten Kongress aus. Der Zentralausschuss hat folgende Aufgaben: a) Gesamtvertretung der deutschen Demokraten Südamerikas nach aussen. b), Korrespondenz mit den Lawdesaus- schüssen. c) Aufstellung allgemeiner Richtlinien zur Ausführung der Kongressbeschlüs- se. d) Schlichtung von Differenzen inner- halb der einzelnen Landesgrupipen. 3. Erweiterter Zentralausschuss: Je- der Landesausschuss bestimmt vorläu- fig einen Vertreter für .den erweiter- ten Zentralausschuss. Vor Fassung wiohtiger Beschlüsse und Entscheidungen hat der Zentralausl- schuss in Buenos Aires? iden erweiter- ten Ausschuss zu fragen. 4. Die Liänderausschüsse: In allen Südamerikanischen Staaten sind nach dem Muster der Comisiön Coordina- dora in Argentinien Landesausschüsse zu bilden. Name: Alemania Democrätica (Comi- te Argentino, Boliviano, etc.). Ihre Aufgaben sind: a) Vertretung der deutschen Dem»- kraten' vor iden Behörden und nach aussen, b) Korrespondenz mit dem Centralaus. schuss, an den regelmässige Berichte zu senden sind. c) Koordinierung der in den Kon- gressbeschlüssen geforderten Arbeit in den Ländern. d) Gemeinsame Aktionen. e) Einsetzung von Schiedsgerichten. Die Antworten auf die Uebersen- dung dieser Richtlinien stehen z. T. noch aus. Es scheint aber, dass sie bis auf wenige Ausnahmen Zustim- mung finden. Diese Ausnahmen haben Beziehun- gen zum Organisationskomitee in Mexiko, das sich die Schaffung ei- ner lateinamerikanischen Einheits- front zum Ziel gesetzt hatte. Eine solche lateinamerikanische Ein- heitsfront unter Leitung eines Ko- mitees in Mexiko ist nicht möglich, nicht nur wegen der gegenüber Süd- amerika peripherischen Lage Mexi- kos, sondern weil in Südamerika die Einheitsfront in hohem Masse be- reits durch DAD geschaffen wor- den war, was von Seiten Mexikos gänzlich unbeachtet blieb, und weil nach unserer Meinung die Leitung in Mexiko parteipolitisch zu einsei- tig zusammengesetzt ist. Nach Lage der Dinge muss die Or- ganisierung der Einheitsfront für Südamerika nach den einstimmig ge- fassten Beschlüssen des Kongresses in Montevideo erfolgen. Das Organi_ saticnskomitee in Mexiko muss sich bei seinem Vorhaben auf Mittelame- rika beschränken. Dann kann eine Zusammenarbeit des Komitees in Buenos Aires und in Mexiko erfolgen. Eines ihrer Ziele müsste die gemein- same Einwirkung auf die übrigen deutschen Emigrationszentren zur Schaffung eines Zentralkomitees der gesamten deutschen Emigration sein. „Die Affäre Dreyfuss in der F. D. B." Die Freie Deutsche Bühne beginnt ihre neue Spielzeit am 17. und 18. April mit dem ausserordentlich wirksamen und hochpolitischen Schauspiel "Die Affä- re Dreyfus" von Herzog und Rehfisch. Wilhelm Herzog, der eine der Verfais- ser, hat ein grundlegendes, reich dokumentiertes Buch über den Fall Drey- fus geschrieben. In Deutschland war er einer der Wenigen, die während des ersten Weltkriegs unentwegt gegen Imperialismus und Krieg geschrieben haben, soweit das die Zensur zuliess. Als Herausgeber von Zeitschriften und als1 Schriftsteller hat Herzog, von dem wir in der nächsten Nr. Aeusserungen aus dem Kriegsjahr 1915 abdrucken', von damals bis ' heute 'unentwegt gegen die Gewalt und die Gewalttäter für Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Sozialis- mus gekämpft. Wir fordern unsere Freunde und Leser auf, die Aufführung der FDB am 17. odei* am 18. April zu besuchen und verweisen zugleich auf diese und die spä- teren Anzeigen der FDB in unserer Zeitschrift. 10 — LA OTRA ALEMANIA AH» VI N» 63 Qrgano de los Alemanes Libree de la America del Sur TUCUMAN 309 — BUENOS AIRES — U. T. 31 - 7364 EL BUEN SENTIDO Y NO EL CIEGO ODIO A LOS PÜEBLOS Con este titulo, el conocido publicista norteamericano Wi- lliam Henry Chamberlin escri- biö el siguiente interesante ar- ticulo: Los corresponsales de guerra ambu- lantes y los cronistas depcrtivos que se han ocupado de la politica mui?_ dial, asi como los autores de narra- Siones policiales, son a menudo pesi- mos historiadores. En su teoria del odio ilimitado —no contra los culpa- bles nazis y el nazismo sino coatra los alemanes— incurren en tres evi- dentes sofismas que podemos inva- lidar con dos o tres frases: 1) "En la pasada guerra mundial los alemanej fueron demasiado bien fcra. tadlos". — Esta es una interesante novedad para los centenares de miles de familias alemanas cuyos hijos murieron de hambre y de desnuLri- ciön, no solamente durante la guerra sino tambien despues de concertado zl armisticio. El bloqueo lue mante- nido aün despues que los alemanes depusieron las armas. Esta teoria pa~ sa asimismo por alto la influencia destructiva de la inflaciön, que fue principal, sino ünicamente la con- vecuencia de las excesivas exi- gencias de las reparaciones. Ellas consumieron los ahorros de la gran masa del pueblo, provocaron una or- gia de especulaciön y en la desespe. raciön de la clase media sembraron un excelente terreno para el ulte- rior exito de Hitler. 2) "Desde tiempos remotcs los ale- manes han sido empedemidos e in- coriegibles a,gresores". — Desde u- nes de la Edad Media hasta el siglo diecinueve, Alemania, debilitada a causa de su subdivisiön en nurnero- sos estados, sufriö los golpes de toda- Europa. Durante ese siglo ocurrierjn mäs invasiones de Alemania por par„ te de los franceses, suecos, y duran- te la guerra de los siete anos hasta de los rusos, que las realizadas por los alemanes contra otras naciones. Solamente es exacto que, despues de haberse convertido en ia potencia. mäs fuörte de Europa, Alemania hi- zo mal uso de su fuerzai, como an- tes lo habian hecho tambien Fran- cia y otros paises. 3) "Despues de la guerra. mulndial par sada, todos los alemanes insistieren en pedir la revancha y se prepara. ron para la pröxima guerra". — En reälidad el promedio de alemanes, obreres, empleados, campesinos, y es- pecialmente los que de 1914 al 18' co- nocieron la vida de trinciieras, re- /Saazaban tanto la idea de una, nue- va guerra como el termino medio de persona« de cualquier otro pais. L.3, repüblica de Weimar se derrum- toö en parte porque la revoluciön de. mocrätica en Alemania no fue im» pulsada con suficiente intensidad, porque el ej6rcito quedö a las 6rde- nes de los reaccionarios, el nido de terrateriientes no fue destruido so- cial, y econömicamente, porque los magnates de la industria pesada con sus intereses armamentistas no fue- ron sometidos al control publica, v en parte tambien porque la presiön de la erisis econömica mundial fue de- mäsiado fuerte parai esa nueva erga. nizaeiön democrätica. Le siguiö el regimen totalitario de Hitler. Y el simple ciudadano de semejante esta- do tiene tantas posibilidades de im- fedir las depredacienes que comete tal estado, como las tendria el hom- bre que quisiese detener a un tan- que acoständose en el suelo- por don- de va a pasar. Pero el fracaso de un experimento no demuestra que en Alemania la demoeracia deba siem_ pre fracasar. Predioar el odio eSti Europa es como llevar carbön a Newcastle. El odio es un articulo que no escaseara cuando se termine la guerra. El odio ciego — 11 — COMO ARRUINO SU EXISTENCIA UN OBRERO QUE NO QUISO HACERSE NAZI La seflora Gert Reisner, social- demöcrata alemana, pronunciö el siguiente discurso ante el mi- ■cröfono de la radioemisora WTBL, de Filadelfia, Estados Unidos. Desde que hui de Alemania se me pregunta a menudo: "dPcr que abän- dernd usted a Alemania, no siendo ju. dla?" Siempre tuve que constatar con gran sorpresa, que en vastos circulos de los paises democräticos no se te- nia idea alguna de lo que la dicta- dura hitlerista era y es para la vida de todo aquel que no se adhiere al nacionalsocialismo. Con frecuencia me decian: "A los obreres les va bien en Alemania", o bien: "Aunque al piinqipio los obreros estaban contra Hitler, entretanto este los ha con- quistado probablemente con su inten- siva propaganda". A los obreros no les va bien bajo el sistema hitlerista fascista. La Propa- ganda de Goebbels no ha conseguido ganar a la clase tratoajladcra. alema- na para el nacionalsocialismo, y es- te es uno de los principales meritos de los sindicatos alemanes y de la socialdemocracia alemana. Por eso es que los campos de con- centraciön alemanes estän llenos principalmente * de obreros. Gatorce personas condenadas a muerte por el tribunal del pueblo de Mannheim, fueron ejecutadas. A diez de esos des- graciados los conocx personalmente; uno era un buen amigo y companero de excursiones. Todos ellos eran obreros o hijos de trabajadores. Ha- ce once anos los vi por ultima vez, que no conoce difcrencias, empleado contra pueblos enteros —no sola- mente la condenaciön de los nazis y de los militaristas japoneses—„ al ser propagado tambie'n en America, im- plicaria prepararle al mundo un fu- turo nefasto. Esa forma de odio no contribuirä. a: ganar la guerra. El ver- dadero soldado tiene muchas otras cosas que hacer que ocuparse de es.»s cosas. Pero tal odio es el mejor par i consegTiir con seguridad que a una guerra ganada le siga uitia paz perdi- da. durante alegres excursiones, en la practica con esquies, en las veladas de conferencias y discusiones de las organizaciones obreras. Once anos han transcurrido desde eritonces y nunca pude suponer - que hubiesen modificado su ideologia demoerätica. Lo que no podia saber es que once anos despues, en plena guerra, bajo el legimen mäs cruel de todos los tiem- pos, iban a tener el coraje de difun. dir • propaganda. ilegal contra la ti- rania nazista. Para ello se requiere muchisimo heroismo y fe en la pro- pia causa. Por eso, mis estimados oyentes, deseo lelatarles hoy cömo fue arruinada la existencia de un obrero alemän — uno entre muchos miles— que si bien no partieipö en el trabajo pro- pagandistico ilegal, fue fiel a sus ideales socialdemöcratas y no quiso hacerse nazi. La historia de este obrero no es un caso aislado, es la de miliares de ellos. Lo elijo preci- samente a el (llamemosle el obrero Fritz Schulze), porque conozco muy bien su vida. Es mi propdo padre. Fritz Schulze es lo que los nazis califican de "Blubo" (Blut und Bo- den) , sangre y terruno. De ojos azu_ les y rubio, descendiente de una an- tiquisima f amilia de campesinos y ar- tesanos, es un excelente represen- iante de la viej'a estirpe alemana". La finca rural en que naciö estaba en medio del bosque. Hasta los 14 anos de edad no viö mäs que bos- que y campos, y de cuando en cuan- do, especialmente durante el invier. nc, asistia a la escuela de la aldea, donde aprendla un poco de cuentas, escribir y leer. Generaciön tras gene- raeiön, la finca rural quedaba en po- der del primogenito, los demäs hi- jos aprendian un oficio. Fritz Schul- ze ,se hizo herrero. oficio pesado pero bien pagado. A los 14 anos viö por primera vez la ciudad. A los 14 anos trabajaba 14 horas diarias en una gran empresa. Para el todo es nue- vo y aprende räpido. A los 15 anos se afiliö a la asociaeiön de obreros metalürgicos y desde entonces mar. chö en las filas de los que querian — 12 — progreso y llbertad y mejores cöndi- ciones sociales. Se hizo un luchador incansable. En los escasos momen- tos que le quedaban libre asistia a conferencias y a cursos de las Orga- nization es obreras. Llegö luego el ano 1919 y un nuevo dia alboreö para Alemania>. Los obre- res de su empresa —una de las ma- yores de Alemania— lo eligieron su represenfcante en la comisiön obrera de su taller; era un buen orador y sabiai des ender sus intereses.. Vino luego el nombramiento de Hitler !omo canciller del Reich. D-urante los arrestes en masa de trabajadores, despues del incendio del Reichstag, la hija de Fritz Schulze, dirigente de la organizaciön juvenil y de horas li_ bres del movimiento obrero local, fue llevadai a un caimpo de concentraciön. Dur ante dos mesea no supo el donde ella estaba. Este fue el primer golpe. Su hijo se preparaba para presen- tar su tesis doctoral. Debido a su ac- tividad en or&anizatianes estudian- tiles democraticas, se le suprimiö la beca. Le dieron a elegir: incorporar- se a las organizaciones nazis y de- mostrar asi su lealtad al regämen dictatorial, o renunciar a terminar sus estudios. Para el no habig, ne. cesidad de reflexionar. No podia con- ' vertirse en traidor. En esas conditio- nes no queria el titulo de doctor. Na- die le daba trabajo. Los patronos eran muy preeavidos. "£Por que tu- vo usted que interrumpir sus estu- dios?", le preguntaban siempie de nuevo. "Por carecer de los necesarios recursos". iEso le pasaba precisa. mente en la epoca en que Hitler asu- mia el poder? Parecia scspechoso. Nadie se atrevia a darle oeupaeiön. Y tuvo que pasar hambre durante dos afios, hastai que encontrö un ps- queno trabajo. Este fue el segundo golpe para Fritz Schulze. No es que desaproba- se la decisiön de su hijo, al contra- rio, estaba orgulloso que permanecie- ra fiel a sus ideales. Pero le dolia pensar que tuvo que privarse de mu. chas pequenas satisfacciones materia- les de la vida diaria para facilitar los estudios de su hijo, y que ahor.i los nazis lo echasen todo a, perder. Recibiö luego el tercer golpe:' el Frente del Trabajo alemän, organis- mo sindical nazi que entretanto se hablä creado, lo Ilamd a sus ofifcinäs. "Hemos estado pensando detenerlo", comenzö el funcionario nazi", "pero su edad nos infundiö compasion". Luego, despues de esa iiermosa intro- Juciön, le hizo conocer su propuesta. Querian que Fritz Schulze aceyrase un puesto bien rentado en el "Fren- te del Trabajo Alemän", porque ne- cesitaban experimentados dirigentes obreres ty ' propagandistas paxa tga. nar a los trabajadores a la causa del n acionalsocialismo.. Su garganta pa- reciö secarse. Lenta y dificultosa- mente saliö de ella la respuesta: "Per- manezco fiel a mi bandera". AI dia siguiente fue despedido sin preaviso de su fäbrica. Yi Fritz Schul- ze pasö hambre, como su hijo. De- jö su vivienda, vendiö sus muebles, con cuyo produeto viviö corto tiem_ po. Transfcrmö el cuadro de flores de su j ardin obrero en tabla de manti- lo, y fue de casa en casa /endiendo verduras frescas y plan- ;ss. con lo cual apenas se ga- na,ba el sustento. Se habia vuelto triste. Su hija. seguza en ei campo de ocncentraciön, donde se habia enfer-, mado, y el no podia ayudarla. Su hi- jo tratö de conseguir que la> Gesta- po la pusiese en libertad. Para ello saliö a relucir su propio prontuario. "iAh! iAsi que usted tampoco es idicto su nuestra causa! jsi no se marcha inmediatamente lo retendre. mos aqui!" La Alemania hitlerista comenzö a armarse febrilmente y sin molestias. Todo obrero, fuera enemigo del es- tado o no, fue necesitado. A los 63 anos tuvo Fritz Schulze que volver a martillar hierro enrojecido, para tan- ques y aviones, diariamente de 12 a 15 horas, sin domingos, sin vacacio- nes. Hace cuatro anos que realiza su trabajo de esclavo para un gobierno dictatorial cuyo derrumbamiento de- sea con toda su alma. Le pagan por las horas extras y por los domingos perdidos. tFero con su jorral no pue- de comprar nada. El dinero que el gana no tiene valor alguno. No hay nada. Todo estä racionado. Otra vez estä, desnutrido, como en la guerra mundial pasada, sufre de frio cuan. do vuelve a casa, porque no üene carbön nara la calefacciön de su cuarto. No tiene miedo a la muerte. Estä, viejo. Por cada escuadrilla de bombardeo inglesa que aparece sobre — 13 — CONDBNAS A MURRTE Y ARRES- TOS EN ALEMANIA La B. B. C. (British Broadcasting Cor- poration) informö que durante un sölo mes se dictaron las siguientes conde- nas a muerte en Alemania: Mannheim: Ejecutadas, catonce perso- nas, ©ntre ellas una mujer, acusadas de organiza.r cSlulas' partidistas ilega- les con el objeto de minar el frente interno y el ejSrcito alemän, y de di>- fundir noticias transmitidas por las radioemisoras extranjeras enemigas. Log nombres de los ejecutados son: Georg Lechleitner (57 anos), Jacob Faulhaber (42), Rudolf Langendorf (47), Ludwig Molderzyk (43), Anton Kurz (36), Eugen Siegel (39), Philipp Brunnemer (75), Max Wintherthaler (40), Robert Schmoll (46), Rudolf Moll (40), Daniel Salzinger (45), Kä/te Brun- nemer de Veit (49), Adolf Veit (49), Johann Kuka (42). Co nuna sola ex- cepciön, todos .pertenecieron al parti- do socialdemöcrata y a la Reichsban- ner hasta 1933. Oldenburgoi Un hombre ejecutado, acu- sado de espionaje en favor de un pais enemigo. Breslau: Dos obreros de una fäbrica de municiones ejecutados, acusados de sabotaje. Berlin: Dos personas ejecutadas, entre ellas una mujer de 21 anos, acusadas de espionaje en favor de un pais ex- tranjero. Muiiioht Un hombre ejecutado, acusado de alta traiciön y de intentar ayudar al enemigo. Bochum-Schwerte: Diez obreros ejecu» tados, desconociöndose de qu6 eran acusados. Kassel: Un matrimonio ejecutado. Acu- saciön: aunque antes hablan cumplido condenaa de prisiön por actos- de trai- ciön, al ser puestos en libertad reco- menzaron su actividad anterior y di- funSieron "informaciones del enemi- go". Berlin: Dos personas, un artista y un religiöse, ejecutadas por es'cuchar t.ransmisiones de radio extranjeras. Poco despu€s la B. B. C. informö que en Berlin fueron arrestadas unas mil personas, entre ellagi mSdicos ,aboga- dos y artistas. su ciudad, experimenta alegrla por- que aproxima el sin. Tainbien su pro- pio sin.. Y con las mejillas hundi- das y odio en los ojos sigue marti- llando dia tras dia, esperando en la. salvaciön. Lo mismo que el, muchos miles trabajian en las fäbricas aie- manas, en profundo silencio y con este juramento en el corazön: "[Per. manezco fiel a mi bandera!" QUINTACOLUMNISTA CON PASAPORTE INGLES Es archisabido que a los quintacolum- nistas ningun medio les resulta dema- siado sucio si les permite perseguir sus fines siniestros, y mäs si les favorece para enriquecerse. Un ejemplo elo- cuente de cömo trabaja esta clase de gente tambien en las republieas sud- americanas nos lo da un tal Otto Spindler, presidente del Club Alemän de Altos (Paraguay). Oriundo de la parte del Africa meri- dional que pasö a poder de los ingle- ses, goza de la ciudadania britänica y posee pasaporte ingles. Pero como hijo de alemanes y oficial de 1» armada vlemana durante la guerra pasada e,s tambien poseedor de un pasaporte ale- män y verdadero nazi cien por cien. Ahora bien, muri6 hace poco en el Africa ingles» un pariente pudiente de ese hombre. Y como ya lo expresö el emperador Vespasiano de la antigua Roma, el dinero no huele. Por eso nuestro heroe venciö sus simpatias nazis y valiendose de su pasaporte in- gles solicito al gobierno britänico la transferencia de la lind-a- herencia que ie habi'a dejado su pariente. iTodavIa pasan milagros! Aunque Spindler deberia ser bien conocido co- mo nazi y soplon de la Gestapo, se aprobö la entrega de la considerable fortuna al notorio enemigo de la "per- fida Albiön". Como ünioo. condiciön se exigio la afirmacion jurada de que el nazi no usarä el dinero heredado con fines pronazis. Sin embargo, jque vale el juramento de un quintacolumnista! Segtin los ejemplos dados por sus superiores, el perjurio Ie pareciö una cosa meritoria. Y, conforme a esto, el feliz heredero no solo organizö el boycot contra la "Pension Central", del conocido anti- nazi y colaborador de la OTRA ALE- MANIA Wenderoth, de la vecina Co- lonia San Bernardino, sino que tam- bien sigue financiando al Club Ale- män, centro de actividades nazis, y trabajando como agente de la Gesta- po. iCUändo llegarä por sin el moment© en c;ue los quintacolumnistas no puedan mäs 'abusar de nuestra generosidad...? — 14 — Lotte Hirsch: MENSCHEN, DIE AUF KEINER LISTE STEHEN Ein Schlagwort unserer Zeit heisst Schwarze Liste. Die Nazis brauchen sie, um Antifaschisten an ckn Pran- ger zu stellen, die Freunde,-des mensch- lichen Fortschritts, um die Welt vor dem barbarischen Gegner zu warnen. Sie ist im Laufe des Kampfes zu ei- ner Notwendigkeit geworden. Aber selbst in den Händen des grössten Idealisten vermag sie nur ein Werk- zeug der Zerstörung und. nicht des Aufbaues zu sein. Es gilt vielmehr schon jetzt, jene Menschen zu sam- meln, die nach einem Siege der Alliier- ten willens und fähig sind, an der Schaffung einer ne,uen Welt mitzuar- beiten. Sie befinden sich allen Ver- leugnungen zum Trotz noch immer in Deutschland und den von den Nazis besetzten Gebieten. Fast jeder, der als Kämpfer gegen die Faschsiten, als Ju- de oder Angehöriger irgendeiner ver- folgten Minderheit fliehen musste, ist ihnen begegnet. Wäre es nicht von grösster Wichtigkeit, auch ihre Na- men im Gedächtnis zu behalten? Allein auf meiner Liste stehen die, Namen von 7 Berliner Frauen, die mir während 14 Tagen der Verfolgung in aufopferndster Weise halfen. Noch dürfen ihre, Namen nicht in der Oef- fentlichkeit genannt werden. Ich will sei darum durch Zahlen ersetzen. Nummer 1: Die Inhaberin einer Pen- sion im Westen, die mich, obgleich sie, die Gefahr kannte, ohne polizeiliche Anmeldung aufnahm. Nummer 2: eine junge Studentin, kurz vor dem Abschlussexamen, die mich — nur auf Empfehlung eines Bekann- ten — mit in ihrem Bett schlafen liess. Nummer 3: Deren Wirtin, die meinen Aufenthalt in der Wohnung vor den anderen Mietern (einem Gestapobe- amten und einem hohen Parteifunk- tionär) verbergen half. Nummer 4: Eine einfache Frau im Norden von Berlin, die selbst in stän- diger Angst vor der SA lebte. Auf Bit- ten dieser Studentin nahm sie mich für eine Woche auf freundlichste Wei- se auf. * Nummer 5: Eine ehemalige Soziali- stin, die sich von der Partei zurück- gezogen hatte, um nur noch dem An- denken ihres verstorbenen Mannes zu leben. Sie erklärte, dass ein Berühren der hinterlassenen Sachen durch die SA für sie unerträglich sein würde. Dennoch durfte ich mich zwei Nächte bei ihr aufhalten. Nummer 6: Die Tochter eines hohen Offiziers, die mir während dieser Ta- ge mit Rat und Tat beistand. Sie hat ihren jüdischen Mann und dessen Verwandtschaft auch heute nicht ver- lassen. Nummer 7: Eine Aufräumefrau, deren Sohn von den Nazis erschlagen wor- den war. Sie ging in meine — bereits von der Gestapo heimgesuchte Woh- nung — und brachte es fertig, den Rest der Sachen ins Exil nachzusen- den. Ich weiss, dass die Zahl der Flüchtlinge, die ähnliche Erfahrungen machten, sehr gross ist; nur vergessen manche die Schlüsse daraus zu ziehe#. Es gilt, nicht sich in blindem Hass zu vergraben. Es gilt, nicht die Verant- wortung, die auf jedem Wahlfähigen des früheren Deutschlands ruht, nur auf jene abzuwälzen, die, noch heute unter dem Joche leben. Pflicht eines jeden ist es vielmehr, die wahren Bür- ger eines anderen Deutschlands der Zukunft in ihrem Kampfe für die Be- freiung und in dem späteren Aufbau zu unterstützen. Berücksichtigt unsere Inserenten Ulrich Becher: OSTERSEGEN ■ Geht von Ast zu Ast ein Hauchlelswlspern i ' Knösplein, springet! Gilbt des Allschlafs linnenwelsses Antlitz: Schilee, verwelke! Dröhnt das unterirdisch Lied der Aecken Erde, öffne dich dem Lichte! Schwillt aus jedem Fluss ein donnernd Rufen: Ei«, wir rissen dich vom Throne! Singt ein schwiller 'Wind durchsichtigen Hälmchen Wiegen weisen: Werdet Helfer einst der hell'gen Gottesmühe, aller Armer Hungerleid zu stillen! Sprengt das Stierleiiij kraftgestirnt, die Stalltür: Führt mich a^is dem dumpfen Dunkel! Hallt villi Berg zu Berg ein kehlig EScho: Hirten, rüstet euch zum Jahrwerk! Zirpt ein Brunn vorm winterstillen Sennhaus: Naht gedankenlos - bedächtig, spiegelt eure stets erstaunten Augen In mir, Kühe — kehrt zur Tränke! Bürstet, Burschen, eure schwarzen Kleider; hüllet, Mädchen, euch In weisse! Hinzieht paarweise, Atem neben Atem, Stampfen, werkbefreites, kflumplg schweres, neben ro'ckgefangnem Trippeln; hinzieht, Lächeln neben Lächeln, unter Himmels erster Bläueahnung, hinzieht, Liebe neben Liebe! Allem Sein verkündet sich der Weckschrei: Leben, Leben, werde, werde! Geht von Ast zu Ast ein Hauchleisseufzenj Nehmt uns unsre grause Bürde! Nehmt sie ab, die bar der Schuld Gehenkten! Gilbt das allerweckte Antlitz. Dröhnt das unterirdisch Lied der Kerker: Rettet uns vor unsern Mördern! Zirpt aus Trümmergräbern Kinderweinen: Mutter! Wo ist meine Mutter! Singt ein Wind verwesungshauchgeschwängert Totenwelsen: Wäret Streiter T In dem Guten Kampfe, allen Völkern Recht und Freiheit zu erzwingen! Hallt von Land zu Land ein brausend Echo: Stürzet, stürzet die Tyrannen! Schwillt aus jedem neuen Grab ein Rufen: Richtet auf aus unserm Opfer! Richtet endlich auf das Neue, Grosse, Dine Abendland, auf immer unzerbrechlich! Haus des Grossen Bundes! Heim der grotssen, kleinen Völker! Hof und Garten, drinnen die Gerechtem, Friedlichen und Selbstbescheidnen, all die freudlos, mühsam und beladen, ihre Menschenrechte finden! Reich, darin der Mutige mitnichten seine Herzkraft hinter Gittern aushaucht: Stolz beweist Im Dienst am Bruder! Reich des demutvollen Wissens! Reich, darin die Schwachen von den Starken , drin die Müden von den Wachen, drin die Wisser von den Gläub'gen, Gläub'ge von den Wissern lernen, lernen! Reich, darin Be'l&uerung, Verleumdung, Vergewaltigung, Versklavung, Ausplünderung des arbeitenden Volkes mahnungsvolle Märchen wurden ... Donnert aus Geschützen ein Versprechen: Dies der letzte Allkrieg! Schwingen aus verbrannten Domen Glockenchöre: Guter Friede, werde, werde! — 15 — MITTEILUNGEN DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIAUSTEN Diese Seiten erscheinen unter Verantwortung der österreichischen Socialisten. OESTERREICH NACH FUENF JAHREN Dem Austrian Labour Comittee in New York ist von einem Oesterreich- cher, der Gelegenheit hatte in ein neutrales Land zu reisen, ein Bericht über die innere Lage in Oesterreich zugekommein. Der Berichterstatter ist kein Flüchtling. Er ist wieder nach Oesterreich zurückgekehrt. Er lebt nicht in Wien sondern in einer In- dustrieprovinzstadt. Der Bericht ist nüchtern, sächlich. Er enthält keine von den Erfindungen der Emigration, nichts über einen bewaffneten Auf- stand im< Süden Oesterreichs, obgleich der Gewahrsmann in der Gegend war, wohin die Phantasie des Londoner Free Austrian Movement diesen Auf, stand lokalisierte, noch auch über eine illegale "nationale Einheits- front" mit geheimen Konferenzen "irgendwo im Gebirge", bei der auch der sehnlichst erwartete Pfarrer nicht fehlte. Dafür ist er umso glaubwür- diger. Eine illegale Arbeiterbewegung Sagt unser Gewährsmann, wie wir sie un- ter der DolilfussnSlQhuschnigg-Dikta, tur kannten, besteht nicht, weder bei den Sozialdemokraten, noch bei den Gewerkschaften oder den Ko- munisten. Es bestehen keine regel- mässigen organisierten Zusammen- künfte und keinerlei illegale Zeitung. Auch bei den katholischen Organisa, tionen gibt es keine illegale Arbeit in diesem Sinne. Aber es gibt eine münd- liche illegale Tätigkeit mit unterir- dischen Verbindungen bei den Sozial- demokraten, bezw. Gewerkschaften. Bei einer Unterredung mit einem, führenden Mann der illegalen sozia- listischen Bewegung von 1934|38 konnte dieser Vorkommnisse in ganz Oesterreich, die sonst unbekannt wa- ren, berichten. Die Nazis versetzen frühere Vertrau, ensmänner der Arbeiterschaft hun- derte Kilometer weit von ihrer Hei- mat, um Verbindungen zu unterbre- chen. Dass in vielen österreichischen Fabriken die Ausländer zahlreich sind, erschwert die Opposition. Unser Gewährsmann hatte zahlreiche Gespräche mit österreichischen Sol- daten, die am russischen Feldzug teil- genommen haben. Die Gespräche landen vor der Offensive der Low, jetarmee statt. Der grösste Teil die- ser Soldaten waren frühere Sozial- demokraten. Sie sind ihrer Gesinnung treu geblieben, sie sprechen immer noch von "unserer Partei" von "un- seren Genossen" usw. Sie haben oh- ne Begeisterung und ohne Elan ge. kämpft, aber sie erklären, dass es unmöglich war, innerhalb der wohl- organisierten deutschen Kriegsma- schine Sabotage zu treiben. Die Pro- paganda der Nazis gegen Sowjetruss- land hat bei diesen politisch und weltanschaulich geschulten Menschen nicht verfangen. Doch was sie in Russland an sozialen Tatsachen zu sehen Gelegenheit hatten, hat sie in der sozialistischen Beurteilung des Bolschewismus bestärkt. Interessant ist der' Bericht des Gewährsmannes über Gespräche mit zwei ehemaligen aktiven kommunistischen Funktion ä_ ren, die an der Ostfront waren. Er konstatierte bei diesen eine merkwür- dige Wandlung. Sie sind enttäuscht von dem, was sie im Laufe des Feld- zuges in Russlajid zu sehen beka- men, und sind heute kritisch einge- stellt. Weder die Sozialisten noch diese Kommunisten schimpfen über die Sowjetunion, noch entstellen sie das Erlebte, und Gesehene wie es die Nazipropaganda tut, sie sind nur sehr kritisch geworden, aber ihre kritische Einstellung kommt nicht den Nazis zugute.. Die Stimmung zwischen Oe- sterreich ern und Deutschen in der Armee ist eher feindselig. Die öster- reichischen Soldaten haben für die reichsdeutschen eme Reihe beleidi- gender Spitznamen. Auch zwischen den Offizieren gibt es merkbare Span- nungen. Diese Beobachtungen mach- te der Gewährsmann in einer Stadt- des besetzten Gebietes. Die deutschen Sendungen des englischen Rundfunks werden von den Soldaten, deutschen und- österreichischen, allgemein abge_ hört. Unser Gewährsmann weiss von einem Fall, wo unter der Soldaten- gruppe ein Nazi war, ein Wiener An- gestellter, der mithörte und nichts verriet. Der Terror in der Armee ist sehr stark, besonders gefürchtet sind die Strafkompagnien. Ein dem Ge- währsmann bekannter Soldat, der ei- ne Zeitlang der Bewachung einer Strafkompagnie zugeteilt war, erklär- te, sich lieber eine Kugel in den Kopf zu schiessen, ehe er in eine sol- che Strafkompagnie gehe. Die nich- tigsten Gründe, z. B. dreimaliges Nichtgrüssen eines Offiziers, führen schon zu dieser Strafversetzung. Die Verluste der österreichischen Regi- menter sind sehr gross. Dem Ge- währsmann ist ein Provinzort be- kannt, aus dem 300 Männer einrück- ten; bis Herbst 1942 waren 165 ge- fallen. Unser Gewährsmann berichtet noch über Gespräche, die er mit sozialde- mokratischen Arbeitern einer Indu- striestadt in der Provinz über die Zukunft Oesterreichs hatte: Der An- schluss an Deutschland wird abge- lehnt. Man erwartet eine weitere Verschärfung des Drucks, den die Nazis ausüben, gegen Kriegsende und damit eine weitere Verschärfung der Gegensätze zwischen Deutschen und Oesterreichern. Jeder in Oesterreich befindliche Reichsdeutsche wird als Nazi angesehen. Von einer Wieder- einführung der Habsburger Monar- chie wollen sie nichts wissen. Die Re„ stauration wird nirgends innerhalb Oest erreichs ernstlich propagiert, auch nicht von den Katholiken, weil man solche Pläne für lächerlich hält. Ein selbstständiges Oesterreich wird nicht abgelehnt, aber man hat in Arbei- terkreisen Angst, dass eigene Staaten imi mitteleuropäischehRaum die Wie- deraufrichtung von Zollmauern be- deute. Mit dem selbständigen Oester- reich verbindet sich für die Arbeiter die Furcht vor Arbeitslosigkeit und die Erinnerung an das Regime Sei. pel und das 'Regime Dollfuss-Schusch- nigg-Starhemberg. Für Schuschniggs Schicksal empfindet man kein Mit- leid, ja in weiten Kreisen der Arbei- terschaft herrscht eine gewisse Ge- nugtuung. "Er spürt jetzt am eige- nen Leibe, was er uns angetan hat", hört man oft. Die Arbeiter machen sich keine Il- lusionen darüber, dass beim Zusam- menbruch Hitlers die katholische Kirche als einzige sdfort über eine Organisation verfügen wird, während die Arbeiter erst eine aufbauen müs. sen. Der Versuch einer Rückkehr zu den Vorkriegsverhältnissen würde stärke Gegensätze auslösen. Die Ar- beiter wissen, wer ehrlich geblieben ist und um diese Personen werden sich sofort die Arbeitermassen scha- ren. Der Gewährsmann bat, an die in Fra- ge kommenden Stellen der Alliierten folgende Fragen weiterzuleiten: 1. Welche Haltung werden die Sieger zu dem Versuch einer Wiederaufnah- me der bis März 1938 betriebenen ar. beiter- und sozialistenfeindlichen Po- litik einnehmen? — 2. Wie würden sie sich zu einer demokratisch-sociali- stischen Arbeiterbewegung in Oester, reich und ihren Zielen stellen? — Die Arbeiter sind sich klar darüber, dass die neue Arbeiterbewegung in Oesterreich etwas durchaus anderes sein wird als ihre Vorgänger vor und nach dem Februar 1924, wenngleich sie an die Tradition der früheren Partei anknüpfen wird. Damit schliesst der Bericht. Die Klarheit der Erkenntnis, die Einsicht in die Gefahren der Zukunft und das ruhige Abwägen und Verstehen ihrer Erfordernisse waren immer die höch- sten Tugenden der österreichischen Arbeiter. ES ist aufs tiefste beruhi- gend, aus diesem Bericht zu ersehen, dass sie in vier Jahren vaterländi- scher und fünf Jahren nazistischer Diktatur nichts davon eingebüsst ha- ben. Anis London erhält das ALC folgen- den Bericht: Ein Konsulatsbeamter eines neutralen Landes, der Wien vor kurzem verlassen hat, berichtet, dass die Oppositionsstimmung in Wien, als die Landung der Alliierten in Afrika bekannt wurde, einen bis da- hin nicht verzeichneten Höhepunkt erreichte. Sie ksm so deutlich zum Ausdruck, dass die- Menschen auf den Strassen demonstrierten. Die Nazi- Polizei schritt rücksichtslos ein. Es gab Massenverhaftungen besonders unter den Arbeitern. MAERTYltER DES OESTERREICHI- SCHEN PROLETARIATS Am 18, November 1943 mordete die Gestapo in Wien abermals fünf Ge- nossen: Josef 'Andersch, Karl Angel, Rudolf Bardstöber, Rudolf Hlobil und — 18 — Franz Jaresch. Am 10. Dezember wur. den In Wien wegen Hochverrats hin- gerichtet: Michael Haas, Karl Hodac, Otto Mike^hka, Johann Sebasta, al- le aus Wien; am 18. Dezember: Felix Israel Grase, Robert Mikes, Maxta Peachek, Ferdinand Platzer, Anton Strömer, Franz Zach aus Wien und FranzTastl aus Klosterneuburg. Am 7. Januar wurden 13 Personen in Wien hingerichtet. Zum Tode verur- teilt wegen Vergehens der Verord- nung über das Rundfunkhören wurde Oscar Uebel aus Hollabrunn. Eduard Reissmann, Bezirksv ertrau, ensmann von Meidhng und Gemein- derat von Wien, von den Nazis wie- derholt in Konzentrationslagern und Gefängissen gemartert, ist gestorben. 1934 wurde er wegen der Kämpfe in Meidling vom Standgericht gesucht. Nach kurzem Aufenthalt im Ausland kehrte er illegal nach Wien zurück und nahm am Aufbau der RS teil. Verhaftet, verbrachte er ein Jahr in Schuschniggs Gefängnissen. Dort verschlimmerte sich sein chronisches Leiden, das jetzt zu seinem Ableben geführt hat. Bolivien In La tFaz, Bolivien, ist die kleine Gruppe der österreichischen Soziali- sten, die zusammen mit deutschen und tschechoslowakischen Gesin- nungsgenossen den Klub "Freund- stihaft" bilden, der Vereinigung der Freien Oesterreicher in Bolivien bei- getreten, nachdem dieser Schritt durch das Bekenntnis der Vereinigung zur demokratischen Republik ermög- licht werden war. Auf ihren Vorschlag hat die Vereinigung eine Gedächt- niskundgebung zum 12. Februar 1934 veranstaltet, bei der Genosse Silbe, rer eine Rede hielt. Der uns verfüg- bare Raum gestattet es nicht, ihren vollen Wortlaut zum, Abdruck zu bringen (so lehrreich es wäre, den Bonaerenser Freien Oesterreichern von der Volksblatt-Gruppe an einem 'Beispiel zu demonstrieren, wie man •spricht, ohne seine Gesinnung als ■Sozialist zu verleugnen); wir können im nachfolgenden nur die wichtig- /steh Teile reproduzieren. , : Oesterreichs sozialistische Arbeiter- schaft hat 1918 bewiesen, dass sie ihve politischen Gegner wohl be. kämpft, aber nicht als Freiwild er- klärt und behandelt. Oesterreichs so- zialistische Bewegung hat in den Jahren der ersten demokratischen Republik in vielfacher Hinsicht be- wiesen, dass auch in Zeiten schwer- ster Krise der Aufbau im fortschritt, liehen Sinr.e möglich ist, ohne zu den brutalen Terror- und Gewaltmass- nahmen übergehen zu müssen, die von unseren Reaktionären zur Nie- derschlagung des freiheitlichen Oe- sterreichs gewählt wurden. Jahrelang wurden die österreichischen Sozialisten bezichtigt, den Aufstand gegen die rechtmässige Regierung: des Landes zu planen. Ihr Defensivkampf geaen die von der Regierung beab. sichtigte restlose Ausschaltung der demokratischen Freiheiten wurde in einen 'verfassungswidrigen Offensiv- kampf umgemünzt. Wie es in Wirk- lichkeit war, hat vor kurzem einer der Hauptverantwortlichen an den blutigen Kämpfen im Februar 1934, der Fürst Ernst Rüdiger von Star- hemberg, in seinem Buch "Zwischen Hitler und Mussolini" zugegeben, Zy- nisch und frech, wie nur ein Reak- tionär sein kann, berichtet dieser politische Gangster über seine Ge- spräche mit dem "Duce". Er schreibt: "Wir — Starhemberg und Mussolini — besprachen dann die Details der Waffenbelieferung. Ich machte den Vorschlag, den ich früher Gömbös — dem ungarischen Ministerpräsiden- ten — gemacht hatte, und Mussolini stimmte zu. Alte österreichische Ge- wehre und Maschinengewehre, die 1918 als Kriegsbeute genommen wa- ren, seilten in eine Österreichische Waffenfabrik gesendet werden und von dort sollten die Ungarn den Transport besorgen. Der Duce nahm Kenntnis von der Tatsache, dass ich mit Gömbös vereinbart hatte, dass ich, mit Zustimmung von Dollfuss, 50 000. Gewehre und eine Anzahl Ma- schinengewehre für Oesterreich« zu- rückbehalten sollte." "Ein Teil der Hilfe, die in früheren Jahren verlangt worden war, war be- reits gegeben worden. Die Waffen waren an einem sicheren Platz unter der Verfügung der Heimwehr für den Ernstfall. Nun wollte ich Geld. Mus- solini wandte dieser Frage sofort sei- ne Aufmerksamkeit zu. "Wie viel brauchen Sie?" Ohne viel Aufhebens antwortete ich: "Ich brauche zwei Millionen Schilling so bald als mög- lich". Mussolini sagte mir, dass die Summe, die ich verlangt hatte, zu meiner Verfügung wäre und mir bin- nen weniger Tage in Wien von sei- nem Agenten ausgehändigt würde." "Ich kehrte nach Wien zurück, sehr zufrieden mit dem Ergebnis meines Besuches und begann sofort, das empfohlene Programm in die Wirk- licnkeit umzusetzen." In diesem Zusammenhang, sei es ge- stattet, einen der grössten Führer des freiheitlichen Oesterreichs, den in der Emigration verstorbenen Otto Bauer, zu zitieren. Am 19. Februar 1934, also wenige Tage mach den Fe. bruarkämpfen, schrieb er in einer Broschüre, die den letzten Ereignissen in Oesterreich gewidmet war, folgen- des: "Die Diktatur Dollfuss-Fey wird nicht lange dauern. Hitler kann sich auf die straff geführte 3A und SS, Mussolini auf seine Schwarzhemden stützen. Dem österreichischen Fa- schismus fehlt eine solche faschisti- sche Gewaltorganisation. Er hat da- für die — Vaterländische Front. Aber das sind keine SA und keine Schwarz- hemden. Das ist ein Sammelsurium von jüdischen Bourgeois, die den An- tisemitismus Hitlers fürchten, von monarchistischen Aristokraten, kleri- kalen Kleinbürgern, von Heimweh- ren, die täglich gegen Dollfuss meu. tern und an ihm Erpressungen ver- üben, von Ostmärkischen Sturmscha- ren, die gegen die Heimwehren orga- nisiert werden, von einem, grossen Tross armer Teufel, dessen eine Hälf- te N;zi und dessen andere Hälfte So- zialdemokraten sind, die beide das rot-weiss-rote Bändchen nur tragen, um eine Arbeitsstätte nicht zu ver- lieren oder zu bekommen. Eine sol- che Spottgeburt ohne Feuer ist keine zureichende Stütze einer dauerhaften faschistischen Diktatur." Mancher, der 1934 diese Worte las, mag .sie als engstirnig und als zu sehr vom Parteistandpunkt aus niederge. schrieben bewertet haben. Die Ge- Geschichte hat gesprochen und hat Otto Bauer mehr als recht gegeben. Wir Sozialisten, die wir 1934 Emi- granten wurden, haben in den letzten Jahren Zuwachs erhalten. Oesterrei- chische Emigranten wurden so man- che, die im Februar 1934 gegen uns kämpften, wurden österreichische Kle_ rikaie, Aristokraten und andere, die es sich 1934 nicht haben träumen lassen, dass sie mit ihrer Verhaltungs- weise gegenüber dem freiheitlichen Oesterreich nur Hitler den Weg eb- neten. Der geschichtliche Verlauf ist nur für solche Menschen sinnvoll, die be- reit sind, aus ihm zu lernen. Und wir Oesterreicher, die wir uns in der freien österreichischen Vereinigung Boliviens zusammengeschlossen ha- ben, sollten aus den letzten Jahr- zehnten politischen Geschehens vie- les gelernt haben! Im gegenwärtigen Krieg sollte es manchem von uns noch mehr zum Bewusstsein kommen, als es nach dem ersten Weltkrieg ge- schah, dass der Traum von Oester- reich als Weltmacht, den die Gene- rationen vor uns noch hatten, end_ gültig ausgeträumt ist. Die unrevi- dierbaren Ereignisse der letzten fünf- undzwanzig Jahre sprechen eine zu deutliche Sprache. Oesterreichs Volk, durch die Dollfuss- und Hitlerdiktatur gejagt, wird die vor ihm liegenden schweren Aufga- gen nur meistern, wenn es die Vor. ' rechte der ehemals herrschenden Klassen gründlichst beseitigt und wenn es nur die als vollwertige Staatsbürger betrachtet, die das Ge- meinwohl als das Primäre ihres Han- delns ansehen. Das neue Oesterreich darf darum Probleme, wie wir sie bis. zum Februar 1934 kennen gelernt ha- ben, nicht mehr kennen. Oesterreich muss demokratisch und fortschritt- lich_sozial so fest fundiert sein, dass jeder als Staatsfeind unschädlich ge- macht wird, der an den Grundprinzi- pien des neuen Staates zu rüttein wagt. Die Menschen der Freiheit, zu denen wir freien Oesterreicher uns zählen, müssen in Zukunft, nachdem ein so schicksal-, enttäuschungs- und lehrreiches Vierteljahrhundert hinter uns liegt, Menschen der Tat, der zu allem entschlossenen Tat sein. Zu dieser Tat uns zu entschliessen, ist die Verpflichtung, die wir haben, ge_ genüber den vielen illegalen Kämp- fern und den unzähligen Märtyrern für die österreichische Freiheit, ge- genüber all denen, die in Oesterreich unter der Dollfusschen Kliquenherr- sehaft und jetzt unter der Hitierdik- tatur ihre Freiheit und ihr Leben einsetzten — 20 — HEUTE UND MORGEN Nr. 18 JAHRGANG III. 15. April 1943 DER_WAHRE_KAMPF (Aus einer Schrift von EMILE ZOLA, Ende des Ii). Jahrhunderts Ich glaube, dass der Krieg in einer nicht mehr allzufernen Zukunft unnötig werden wird. Ich denke dabei an die demokratische Bewegung, an die grosse sozialistische Bewegung, die in den letzten hundert Jahren so mächtige Fort- schritte gemacht hat. Für mich spielt sich der wahre Kampf der Menschheit nicht mehr auf den Schlachtfeldern sondern, wenn ich mich so ausdrücken darf, auf den Arbeitsfeldern ab, in der Industrie, in derAgrikultur, mit einem Wort, überall dort, wo die Menschen Anstrengungen für die Produktion und das Glück machen. Die grosse Schlacht, die heutzutage geschlagen wird, ist die der Arbeiterschaft gegen das Kapital. Ich bin davon durchdrungen, dass wir in diesem Augenblick Zeitgenossen einer sozialen Umwälzung sind, die ebenso wichtig, ebenso entscheidend ist, wie diejenige war, die im Altertum entstand, als man vom Zustande der Sklaverei in den Zustand der bezahlten Arbeiter- schaft überging. Heute ist die Situation ungefähr die gleiche. Man sagt: "Wie kann eine Nation ohne bezahlte Arbeiter bestehen? Wie soll die Arbeit ge- leistet werden, wenn man den Arbeiter nicht bezahlen würde? Und wodurch wollen Sie ihn ersetzen?" Es gab Vorläufer, Apostel, wie Saint-Simon, wie Proudhon, Auguste Comte und vor allem Fourier, die von den zukünftigen Ge- sellschaften sprachen, in denen der Lohn nicht mehr die Bedingung für den Arbeiter sei, wo es Zusammenwirken gäbe, Solidarität, mit einem Wort, einen ganz neuen Stand der Dinge, der schliesslich die ganze gegenwärtige Lohnar- beiterschaft verdrängen werde. Und es ist evident, dass wir dorthin steuern. Die Kämpfe zwischen Arbeiterschaft und Kapital, die wir jetzt miterleben, führen uns zu diesem neuen Zustand, den wir noch nicht vollständig begrei- fen, der aber sicherlich die zukünftige Gesellschaft sein wird. Diese wird eine vollständige Reorganisation der Arbeit mit sich bringen und damit eine neue Verteilung des Reichtums schaffen. Und ich sage, dass diese zukünftige Ge- sellschaft, mit der wir schwanger gehen, von der man die Völker entbinden wird, die morgen aus ihnen geboren werden wird und deren Geburtswehen wir jetzt verspüren, ich sage, dass dies neue Ideal, dem wir zustreben, der absolute Gegensatz zu dem kriegerischen Ideal ist, das so lange die Völker begeistert hat. Es ist ganz sicher, dass es in dieser zukünftigen Gesellschaft keinen Krieg mehr geben wird, denn die Reorganisation der Arbeit wird in jedem Volk grö- ssere Solidarität bewirken und zwischen den verschiedenen Nationen immer engere Bande knüpfen, sei es durch Schiedsspruch, sei es durch Mittel, die man noch nicht begreift. Der Krieg wird aufhören, ein sozialer Faktor in die- ser zukünftigen Gesellschaft zu sein. Der soziale Kampf des zu Ende gehen- den Jahrhunderts wird dem beginnenden Jahrhundert als Erbe vermacht wer- den. Der Krieg wird verschwinden müssen, weil er mit dem neuen Stand der Dinge nioht mehr vereinbar sein wird. 21 — blE REVOLUTION L06ST £>AS RASSSEN PROBLEM (Abs ueui joerielit eint» ueutsenen f iu«-iii-iu^ aui der «eise uurut Hn&^iuiiu vor wem aazi-teuertaii). Am späten Nachmittag des 10. Dezem>- uer stiegen wir mit emei" gewissen Angst in uie uiäciiugen vV agen uer u.ant>äibiiiyenen üaun. i\eun i'age im •u.iöGuua.iinzug ä. Klasse, hart. Wie wird, uas genen C v orweggeaitgi.: es' ging uus- ije^eiciiiiet und' vv ir w unsenen jeuem eine so angenehme Reise wie wir sie genaue Hauen, iiifc' ist unmöglich alie jcjiiiuiucKe wiederzugeben. kiuirien ist niene nur oteppe und Wald, zjwisunen oem Ural unu aem japani- scuen Meer liegt ein unenuiicn weites unu relCiies Latiü mit fc>teppe und Waia, Iii iL xaiern uiia tieun ge, mit ueni her'r- ncnen r>eitvai,geDiet, uas an aie senon- SLcu i'ai'uen uer tocnwtiz ermneri. Al- te rruvinüsiaaie wecnsein au inic neu- en Siedlungen. eue ±' aoriKaniagen ja- gen voruei, uazwiscnen uie laiiuwirt- t,onai uicneii oieatungen ciiüsj 111 iivieni bjnnee uegiauen. An einem y^a-^en Aueni» nait uer ZiU'g an einem i-ijuiiiciiueei', wir slliu in cinfer licuen oiaul. iNuvo bluiroK, aie Hl wenigen •tüLiii en aui uOv uuv ainwunner gewaen- sen isl. uer -tuesenoannhoi ist noch im r$au. Uaa Ganze sisnt gespensuscn aus. »Natürlich ist uie ganze strecke • voiitifccn . An jeder Station sind Bil- ucr ouer otatueii von istaiin, l-.enin, »vj-oiotov una anaeren. foenr ort sieiiu man .tvaganow ltscn, der m Westeuro- pa so oiv totgesagt ist. «ian soii mene giauuen, dass, so eine lteise lang'wenig ist. wir natten seur viel ueKLure mit, auer wir sind ment uai-vi geivommeri. uaueuiQ i»t luan ioux'. ivxan oesucht .freunde, aie rei- unen i.' reunde in der ' weichen" Klas- se, uenen wir oft galten mut zuspre- chen mussten. ADer vor allem hatten wir i? reunuschaiten in unserem, dem harten wagon, in dem wir mit aus- nanme eines jüdischen Emigranten aus JL-rag aie einzigen Ausländer waren. Vieneicnt war aas das grosse Los. Wir wurden verwöhnt una vtu zogen. Vv ir lernten mit russischen Eisenüannfunk- tionären nach einem in Kussland ge- arucKten aeutsenen Lenrbuch — uas Lehrbuch kannte nebenbei nur Ge- dichte von Heine — wir übten mit Artisten zum Teil auch jüdischen Ar- tisten jiddische Lieder und manchmal auch hörten wir auf das russische Ra- dio, das sehr oft jiddische Lieder brach- te, hörten auf russische Volksgesänge und revolutionäre Lieder. Es wäre so viel von unseren russi- schen Freunden zu erzählen. Sie stan- den vollkommen auf der richtigen Seite. Sie hassten Hitler und sie wa- ten so sehr "richtig", dass sie das DER STROM DER ZEIT in dem Artikel "Heute und Morgen, eine Notwendigkeit" in der vorigen Nummer, wurde in grossen Zügen die Richtung aufgezeigt, in der zu arbei- ten wir uns zur Aufgabe gemadjit haben. Wir betrachten uns als 1 eil, ajs kleinen Teil jener gro- ssen Strömung, die unaufhaltsam zum Sozialismus vorwärtsdrängt. Diese Strömung war nicht im- mer eine grosse Ström eng. Ihr An- fang war ein kleiner Queil, geboren aus den unmenschlichen und darum unhaltbaren Zuständen in unserer Welt. Tatsachen kamen hinzu, Fol- gerungen aus diesen Tatsachen, Ideen, Kampi um diese Ideen, unsagbare Op- fer in diesem Kampf, unfassbares Leid der Menschheit kam hinzu, um aus diesem kleinen Quell diesen gro- ssen Strom zu entwickeln, in dem wir uns alle heute befinden, ob wir es wissen oder nicht, ob wir wollen oder nicht. Es sind keine schönen Landschaf- ters, die der Strom, von dem wir spre- chen, der Strom der menschlichen Geschichte bisher sah und die er heu- te sieht. Oede ist bisher sein» Um- gebung, das Leid sein Ufer, der Tod sein Element. Aber an all dieser Oe- de vorbei, durch das Leid hindurch, Judenproblem gar nicht verstanden. Wir können nur die Meinung Hugos bestätigen, der in einem Gespräch mit Arnehim sagte, dass Russland das Ju- denprobiem löst, indem es den Juden assimiliert. Wir sprachen mit jü- dischen Künstlern, die noch völlig den Typ repräsentierten, der einst im Ghetto gelernt hat. Sie waren Russen mit Leib und S'eele und wir mussten erst die jüdischen Kindheit seindrücke hervorrufen. Wenn Lotte "Aeufm Pri- petschik" sang, suchten sie in der Er- innerung nach den Worten und began- nen langsam mitzusingen. Ihr sollt aber nicht denken, dass sie sich ihres Judentums genierten. Ganz im Gegenteil; sie fühlten und bekann- ten sich als Juden und ihr Hass ge- gen Hitler war stark jüdisoh geprägt. So entsannen sie sich vor Jahren das Lied von der jüdischen Mamme gehört zu haben, quälten uns nach der Melo- die und waren ganz beglückt, als wir eines Tages mit einem orthodoxen Ju- den aus Hamburg ankamen, der ih- nen das Lied von ihr vorsang. Nicht — 22 — über rlen Tod fort, fträngt er dem Ziele, der 'Frlösung. seiner Mündung ienem Raum der unahs^tibp^n Weite. der seiner harrt und in dem Befreiunq findet au« der fürchtsr- Hch oepressten Priae seines iemar^r- ten Dareins, seines mühseligen We- rtes. PnM: wird pr seine unterdr-ück- ten Kräfte. sein» vergewaltigten Fnergicn frei entfalten können, — drnn der Raum i>t grnits genug für alle-., was er mit sich führt. Nie wird rr zurü^kqeworfpn Verden können auf seinen Weq der Oual, von neuem ein- nezwänot in d'« Enge seines Zwanas- jackenhettes, in die erstickende At- •"osohSf». der Verwesung — denn der Raum ist unendlich geworden, die L»- b^nsmöglichkeiten unerschöpflich für -der. was er m:* sich führt- Noch hat der Strom sein Ziel nicht gefunden. Aber seine errürnt»n Wüs- ter treten schon über das Ufer, das sie einpfercht- Immer breiter und rei- e^enrler w'rd de" Rtrom. S^Hon ahnt er die nahende Mündun"- Zwar gibt ei Stürm«», die ihm den Weq verleoen wo'len, dunkle G^w'tter peitschen ihn rurück. Ab*r sein« Waw»p bäi'nsii»n -iif und brechen den Widerstand. Irrlichter wollen ihn ablenken vom Weg zur Befreiung, er folgt ihnen, ahe*" er erkennt den Irrtum, "»ht zu- rück und sucht den rechten Weg von rouem. Furchtbare Trockenheit und Hitze wollen ihn zum Versiegen drin- r"°n die Gefahr scheint gross, seine Kr^ft scheint zu erlieaen, fcr muss zurückweichen, seine Reserven dro- Zl, »chwinden. aber von allen Feiten strömen ihm neue Arme z>> und f" bricht den Widerstand des Fein- des. Von neuem, stärker als vorher, "türmt er vorwärts. In d->r Zeit, die naih dem Kriene von 1914lf^ folgte, teilte sich ein beson- ders starker Arm von diesem Strom und rties'j wie e"> Erscheinen von "Heute und Morgen". Durch das nun- nitlhr zweimalige Erscheineiii des DAD, erscheint zwar auch "Heute und Mor- gen" jetzt zweimalig. Es steht aber noth nicht fest, In welchem Umfange jede« Mal. Es ist natürlich nicht mög- lich, nun zweimal mit acht Seiten her- auszukommen. Wir glauben aber, dass "Heute und Morgen" den genügenden Raum zur Verfügung haben wird, um die wichtige Aufgabe der grundsätz- lichen SchulujjigsRT'beit wirksam ge- stalten zu können, die die Vorausset- zung ist für die Stellungnahme zu den entscheidenden Ereignissen in der Welt. In der nächsten Nummer wer- den wir schon die neue Erscheinungs- form von "Heute und Morgen" be- kanntgeben können. Wahrscheinlich wird ''Heute Und Mor- gen" den Tatsachenbericht über die Hitlerjugend fortfallen lassen müssen, dsi der Platz zu beschränkt ist und die autorgetreue Widergabe Jahre in Anspruch nehmen würde. Vielleicht kann er auch In Form von kurzen In- haltsangaben zuende geführt werden, wenn er du mit auch seine eigentliche Wirkung verliert. Die Redaktion bit- tet aber, ihr andere Meinungen darüber zukommen zu lassen. . Theater in Birobidjan zu dessen Ein- weihung Kaganowitsch aus Moskau ge- kommen war, der ein besonderes In- teresse an der Entwicklung des Lan- des nimmt. Sie erzählten von den mo- dernen Krankenhäusern und dem un- glaublichen Entwicklungstempo. Es sollen jetzt ca. 150 000 Juden- in Bi- robidjan leben. Der zentrale Sowjet des Landes ist jüdisch. Es war für uns ein eigenartiges Er- lebnis diese Reise im transsibirischen Zug und -ganz besonders die Reise durch Birobidjan. Wir mussten in den transsibirischen Zug steigen um glück- liche Juden zu sehen: Sie können nicht glücklicher in Palästina sein. Die Aus- wanderung nach Birobidjan ist übri- geng völlig freiwillig; es geht nur der Jude dorthin, der will. Die überwie- gende Mehrzahl der russischen Juden ist bereits so assimiliert, dass sie in den russischen Städten bleiben und sich dort mit der Bevölkerung ver- mischen. Unsere- jüdischen Artisten hatten alle russische Frauen. Solomon Scheinigk FREIHEIT! GLEICHHEIT! BRUEDERL1CHKEIT! — 24 — COMISION COORDINADOHA DE LOS ALEMANES DEMOCRATICO S EN LA ARGEN TINA. Arbeit sausschuss deutscher Demokraten In Argentinien Tucum&n 309 — Buenos Aires — U. T. Retlro 7364 Alle antifaschistischen Deutschen in Buenos Aires besuchen die MAIFEIER im "Verein Vorwärts" EL CAPRICHO Damen u. Herren-Frlsenr-Salon AVTLES -976 — U. T. 73 - 1818 zwischen Conesa und Zapiolia Beste Dauerwellen von $ 2.5o ab. Leser 20 Prozent Ermässigung:. A. A. B. A. ENRIQUE II. CORONA MARTINEZ A B O G A D O I.AVALLE S-68 U. T. 35 - 3863 Deutsche Schneiderei „Kundendienst" Wenden, Reinigen, Bügeln, Färben, Reparaturen, Modernisieren, Neuan- fertigung von Damen- u. Herrengarde- roben in preiswerter u. guter Ausfüh- rung. Guanacache 2464. U. T. 73-5868 PENSION SCHIFFER Amenabar, 2040 U. T. 76 - 1703, 1 Qua- der Ciabildo vermietet gut möbl. Stra- ssenzimmer mit Pension, gute bürgl. Küche, Warmbäder u. sonst. Bequem- lichkeiten. Tischgäste willkommen. Massige Abonnementspreise. IMPRENTA "ELIDOR" DIE DRUCKEREI DER DEUTSCH SPRECHENDEN RIO BAMBA 627 U. 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