BUENOS AIRES TUCUMAN 3 O 9 U. T. 31 - RETIRO - 7264 Aus dem Inhalt: Neue Aufgäben der Emi- gration Alpha: Das italienische Trauerspiel Hans Jahn: Das deutsche Komitee in Moskau S, Maiwald: Erziehung durch Abrüstung W. Keller: Das deutsche Volk als Bundesgenosse Die Lage der Flüchtlinge. Diskussionen über den kom- menden Frieden. Kongress der antifaschisti- schen Deutschen Boli- viens Der österreichische Sozialist Heute und Morgen r4 BARNA'S eröffnen ab Anfang September MAIPU 441 Telephone: 31 (Retiro) 4513 und 7427, - 32 (Hä sens) 1311 Tag und Nacht geöffnet Freie Deutsche Buehne teatro alemän independienie. Casa del Teatro, Sta. Fe 1243. U. T. 41-2932. Leitung: P. Walter Jacob. Sonnabend, 4. Ans. (1C.SO n. 20.30) Sonntag, Aiifnst (18 Ihr) FIRMA Komödie von Marjan Hemar Sonnabend, 11. Aus. <16 3i> u. 20.30) Scmit^sr. '2. Ausrast (18 Uhr) Gedächtnisfeier zum IO. ü ri eii Todestag von Max Alsberg Besucht das einzige ständige, unabhängige deutsrhspr.u chiye Theater Süd- Amerikas!! AUFBAU SDIf grösste an tlfa*ehtn tische Wo-* Eehenzeltun*; «1er Vereinigten Stan- E te* In deutscher und eng: Inoher Q Sprache. ; = Cliefrednktlon: Manfred George E Nachrichtendienst au» den freien U nn«l linterrtritrliton I.iliitlerii n ABONOS u. AVISOS durrh i Genernlren-. lll'F.XOe X'RRS 1 VICTORIA 2966 — U. T. 45 - 8569 F iAMBRERIA VIENESA A. WEINER E HIJO Spe/.iiililii teil: Ivner Wurst waren. Salate, Ma- >i!itiiise. Wieiter llehlsipiscii, Kii- ». Ki iiserveii. Weine. Hprince et<\ Prompte Lieferung ins Haus! Provinzversand! Bme. Mitre 4112 - U. T. 62-1587 DAS ANDERE DEUTSCHLAND LA OTRA ALEMANIA ORGANO DE LOS ALEMANES LiBRES DE LA AMERICA DEL SUR Editor y director: Dr. AUGUITO SIE MS EN. ex-diputaido del fUicbslap. TUCUMAN 309 - BUENOS AIRES - U. T. 31 - 7264 Jahrgang VI. — Nr. 70-71 — 1. September 1943 NEUE AUFGABEN DER EMIGRATION Die Aufgaben der politischen deutschen Emigration haben sich, seit Beginn der Hitlerherrschaft mehrmals in ihrem Wesen und in dem Grad ihrer Wich- tigkeit geändert. Die Rettung bedrohter Genossen aus Europa, die Unterstüt- zung von Neuankömmlingen oder von Gefangenen in den ausserdeutschen Kon- zentr: tionslagern gingen zunächst Hand in Hand mit der Aufklärung aes Auslands über Wesen und Absichten der braunen Machthaber. An diese Akti- vitäten schloss sich mit fortschreitender Entwicklung der Kampf gegen die Fünfte Kolonne, der zunächst von der Emigration last allein geführt wurde. Nachdem jedoch seine Bedeutung auch im alliierten Lager voll erfasst worden ist und er von dieser Seite mit weit grösseren Mitteln und Möglichkeiten in Angriff genommen wurde, hat auch er für die Emigranten an Wichtigkeit ein- geküsst. Die unerfreulichen Macht- und Dogmenkämpfe zwischen einzelnen Fraktionen, die unter dem Schlagwort „Einheitsfront" beklagenswerteste Un- einigkeit offenbarten, können und dürfen schon desnalb nicht unsere Kräfte absorbieren, weil sie niemals in der Emigration, sondern nur in Deutschland selbst entschieden werden können. Das enthebt uns natürlich nicht d>er Pflicht, uns naclj besten Kräften ouf die kommenden Ereignisse vorzubereiten. In dem Masse, in dem sich neben Hitlers Niederlage die Friedenspläne der Weltreaktion am Horizont abzuzeichnen begännen, konzentrierte sich unsere Arbeit mehr und mehr auf das Aufzeigen dieser Gefahr und auf die Kritik sol- cher dunklen und rückschrittlichen Machenschaften. In diesem Kampfe ste- hen wir in einer Reihe mit den Freien Spaniern, den Freien Franzosen, den österreichischen Sozi; listen, einem Teil der englischen Arbeiterpartei und mit allen weitsichtigen und fortschrittlichen Elementen der ganzen Welt. Aber der Emigration und ganz besonders der deutschen Emigration erwachsen noch ganz andere Aufgaben, und die Zeit dürfte reif sein, sie in Angriff zu nenmen. Neben das Ablehnen und Kritisieren hat das Aufstellen positiver For- derungen zu treten und zwar nicht als Formulierun? allgemeiner Schlagworte, sondern als Ausarbeitung detaillierter Vorschläge. Solche Programme sind be- sonders in den angelsächsischen Ländern schon geschaffen und diskutiert worden, in den deutschen Emigrantenkreisen hingegen ist man bisher kaum über das Grundsätzliche hinausgekommen. Fast alle Lebensgebiete haben in der Emigration hochqualifizierte Vertreter. Techniker und Wissenschaftler, Mediziner, Juristen, Wirtschaftsfachleute, Pädagogen, Schriftsteller und Phi- lologen könnten jetzt wertvollste Aufbauarbeit leisten. Zwischen der These und ihrer Durchführung klafft noch immer die Lücke der Alltagsoraxis. Wichtiie Kleinarbeit, handwerkliche Arbeit muss geleistet werden, Werkzeuge müssen geschaffen, Werkleute ausgebildet werden, um den voraussichtlichen Ge- gebenheiten des Tages nach dem Zusammenbruch der „Neuen Ordnung" ge- wachsen zu sein. Ganz gleich, ob Deutsche selbst die Regelung der Dinge nach Hitler in die Hand nehmen, oder ob eine Verwaltungsbehörde der Besatzungs- armeen sich damit befasst, je besser dig' notwendigen Massnahmen vorbereitet sind, desto schneller und reibungsloser dürfte sich der ganze Prozess des Ueber- ganges vollziehen. Am schwierigsten dürfte es sein, bei Unkenntnis der bevorstehenden Entwick- lungen, des Grades der Zerstörung und vor allem der Friedensbedingungen de- taillierte wirtschaftstechnische Massnahmen vorzubereiten. Dennoch sollte zu- mindest versucht werden, Richtlinien auszuarbeiten, die darauf abzielen, die wirklich verantwortlichen und für die Zukunft gefährlichen Kräfte mit den Hauptopfern der Wiedergutmachung zu belasten und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, dieses Gewicht wieder auf diejenigen abzuwälzen, die eine friedliche Fnt*"icklunp- garantieren. Sowohl den Herrn von Kohle und Stahl muss ihre Macht ein für allemal genommen werden wie den Grossgrundbesitzern östlich der Elbe der Brutstätte der Reaktion und Nährbeden des preussischen Milita- rismus. Pläne zur Aufteilung dieser Latifundien liessen sich ausarbeiten, Juri- sten hätten sich in diesem Zusammenhange und im Gedankenaustausch mit den Wirtschaftsfachleuten mit dem Schicksal der Erbhöfe zu befassen. Juristen hätten ferner die neuen Rechtsnormen innerhalb der deutschen Grenzen aus- zuarbeiten und in Vorschlag zu bringen. Das Recht auf Arbeit, in der Atlantik- charter prokl-miert und rasch versessen, müsste in einer neuen Staatsverfas- sung verankert werden. Die Aufhetzung zum Rassenhass wäre unter die Ver- brechen, die ein neues Strafgesetzbuch ahndet, aufzunehmen, die Grenzen der nationalen Souveränität müssten formuliert und juristisch unterbaut werden. Obwohl letztere Aufgabe wahrscheinlich und hoffentlich in internationalem Rahmen gelöst wird, könnten deutsche Rechtsgelehrte sn ihr mitarbeiten. Tech- niker müssten sich schon heute mit den Problemen befassen, die der Wieder- aufbau der zerstörten Gebiete aufwirft. Mediziner hätten ihr Gebiet aus einem Chaos von Rassenirrsinn und drakonischer Vernichtung alles Schwachen und Unerwünschten in eine Wissenschaft vom Heilen und Helfen zurückzuverwan- deln. Eine ganz ungeheure Aufgabe steht den Päd?.gogen bei der Erziehung einer ir- regeleiteten, zum Teil verwaisten, zerlumpten und hungernden Jugend, bei der Umerziehung einer ganzen Generation von Erwachsenen bevor. Wie das junge Russland nach den Wirren des Bürgerkrieges seine ..Besprisornis" zu arbeitenden Menschen und vollwertigen Staatsbürgern machen konnte, so lässt sich wohl augh in Deutschland durch gemeinsame Erziehung zu Arbeit und Verantwortung Aebnliches erreichen. Zuerst müsste einmal eine neue Lehrerschaft herange- bildet werden, und es ist hundertmal besser, Menschen mit anständiger Gesin- nung, seihst wenn ihnen zunächst das notwendige FacITwissen abgeht, heranzu- ziehen, als diese wichtige Aufgabe „Fachleuten" zu überlassen, die junge Men- schen mih ihren reaktionären Anschauungen erfüllen. An diesen „unentbehrlichen Fachbe?.mten" ist in Deutschland schon einmal das Aufbauwerk einer Revolution gescheitert. Heute schon könnten im Auslande die notwendigen Hilfsmittel für den Unterricht bereitgestellt werden. Wenn man in Betracht zieht, dass f?st alle brauchbaren Lehrbücher durch unwissenschaftliche Propagandaschmöker ersetzt worden sind, s» wäre die Ausarbeitung neuer Lehrbücher eine ebenso dankbare wie notwendige Arbeit. Ueber zehn Jahre ist Deutschland unter Hitler von dem kulturellen Leben der Aussen weit abgeschnitten worden. Hier muss der Schriftsteller und Uebersetzer eingreifen. Eine Unmenge von Büchern müssten ins Deutsche übersetzt werden und ?n die Stelle der heutigen offiziellen „Literatur" treten. Die Werke der emi- grierten Schriftsteller und Dichter müssten zusammen mit den verbotenen und verbrannten Büchern in grossen Auflagen dem deutschen Volke zugänglich ge- macht werden, die deutschen Theater und Opernhäuser müssten mit neuem Gei- ste erfüllt werden. Die Arbeit, die zu verrichten ist, wächst täglich, und sie könnte und sollte schon hier und heute in Angriff genommen werden. Wenn die Vernunft bei den Siegern die Oberhand behält und ihnen die Siche- rung der Zukunft wesentlicher ist als eine brutale und äusserst fragwürdige Ge- waltlösung. dann werden sie die lebendigen Kräfte der deutschen Emigration und der innerdeutschen Opposition zur Mitarbeit heranziehen müssen. Die deutschen E""i"ranten können schon heute ihre Bereitwilligkeit und Eignung zu dieser Mitarbeit unter Beweis stellen. Alpha: ITALIENS TRAGÖDIE Ein international bekannter ita- lienischer Sozialist, den wir um einen Beitrag- gebeten haben, sendet uns den folgenden Arti- kel: Wer heute über die Tragödie Italiens schreiben will, muss seinen Lesern und sich selbst von vornherein gestehen, dass er nichts Besseres zu geben hat als Randbemerkungen zu einem Text von sehr zweifelhafter Authentizität. Was uns berichtet wird, ist zum gro- ssen Teil tendenziös erlogen oder ver- rät völlige Unwissenheit über italie- nisches Sein und Wesen. Vielleicht er- möglicht die Kenntnis der Vergangen- heit, wenigstens etwas Licht über die künstlich vernebelte und in stetigem Fluss befindliche Gegenwart zu wer- fen. Ganz schematisch, wie etwa in einer Fibel, kann man feststellen, dass das italienische Volk in einen Krieg ver- wickelt worden ist, den es ohne Be- geisterung geführt hat und ohne Hass gegen den Feind, also, schlecht. An- statt daraus zu schliessen, dass ein Kulturvolk eben etwas ?.nderes ist als eine von oben angekurbelte Maschine, haben Alliierte und Nazis den Schluss gezogen, die Italiener seien schlechte Soldaten, und haben diesem Urteil ei- nen durchaus abträglichen Sinn gege- ben. Eines Tages ist dann der Mann und seine Clique gestürzt worden, der den Krieg aufgezwungen hatte, und das Volk konnte seinem Friedenswillen Ausdruck geben. Es tut dies in Massen- kundgebungen, wie sie Italien wohl noch nie gesehen hatte. Die Alliierten waren aber nicht gewillt, einem be- siegten Volk auch nur das Geringste zu ersparen. Sie lehnten Verhandlun- gen ab und forderten die bedingungs- lose Kapitulation. Diese könnte aller- hand bedeuten, z. B. die Abtretung Si- ziliens an England, Triests an Jugo- slawien, die Ablieferung aller Kunst- schätze an Nordamerika, die Entsen- dung italienischer Schiffe und Trup- pen gegen Japan. Man wendet ein: das wäre ja geeren alle feierlichen Erklä- rungen Roosevelts und Churchills. Nun, wir dürfen nicht vergessen, dass seit der Nichtinterventinn und der Preisgabe der Tschechoslowakei der Glaube an den Anstand der Grass- mächte sehr tief im Kurs steht. Die Haltung Grossbritanniens im spani- schen Bürgerkrieg hat nicht nur den heutigen Krieg ermöglicht, sie hat auch das schwache Flämmchen von Treu und Glauben im Verkehr der Re- gierungen ausgeblasen. Weil die Alliierten auf der bedingungs- losen Kapitulation, auf ihrem Pfund Fleisch, bestehen, sollen nun die Städte des besiegten Italien zerstört werden. Es ist keine blinde Zerstörung, man könnte sie zum Wegweiser einer Wirt- schaftsgeographie nehmen. In Rem hat man das Arbeiterviertel von San Lorenzo zerstört mit seinen vielstök- kigen Proletarierhäusern; es gab da Häuser, in denen tausend Menschen wohnten. Diese Teile der Maschine hat man abgetan — für die moderne Sachlichkeit ist ja der Arbeiter nur ein Teil der Maschine. Am 15. August wird ein Ueberfall von Fallschirm- springern auf Gomo (Seidenindustrie) gemeldet, und ein konzentrierter Bom- benabwurf auf eines der Zentren der italienischen Textilindustrie, auf die Efrianza. Wem zu Nutz? Die Zerstörung von Menschenleben und Wirtschaftsgütern, die sich heute in dem wehrlosen, an das Kreuz der Nazi-Besatzung genagelten Italien vollzieht, macht es den Italienern un- möglich, gegen die Nazis zu kämpfen. Die norditalienischen Städte werden „gesäubert", und die Nazis rücken ein. Werden dadurch die militärischen Ziele der Alliierten eefördert? Sie wol- len den Friedenswillen stärken, aber dieser bedarf der Stimulanz der Bom- ben nicht; was diese hervorrufen und stärken, ist ein abgrundtiefer Hass. Auf alle Fälle wird ja die entschei- dende Auseinandersetzung in der Po- Ebene stattfinden müssen, weil die Nazis alles aufwenden, das eigene Land nicht zum Kriegsschauplatz werden zu lassen. Je länger die Alliierten auf der bedingungslosen Kapitulation beste- hen, umso tiefer dringen die deutschen Heere in Italien ein. Gewiss werden die Italiener gegen die Invasionsheere kämpfen, mit oder ohne Friedens- schluss, aber sie werden durch die Rie- senzerstörungen geschwächt sein. Auch wird ihr Hass sich zu gleichen Teilen gegen Bombenwerfer und Nazis wen- den. Ich weiss, diese Erwägungen bewegen sich im diplomatieleeren Raum. Sie stehen eben auf dem Niveau der Kin- derfibel, wo noch Begriffe wie Ver- nunft und Menschlichkeit gelten. Wenn ein Staatsoberhaupt das Wort „bedingungslos" ausgesprochen hat, kann es auf hunderttausend Men- schenleben nicht ankommen. Ausser- dem kann der Wiederaufbau eines zer- störten Landes in den Zeiten der Ar- beitslosigkeit, die dem Kriege folgen werden, sehr profitabel sein und reich- lich Arbeitslose der Siegermächte be- schäftigen. „Bedingungslos" ist ein Wort unbegrenzter Möglichkeiten. Nun zu dem Volk, das dies alles erdul- det. Im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Ansicht war die grosse Mehrheit der Italiener nie faschistisch. Auf einem Konglomerat von Unzufrie- denen hat Mussolini seinen Faschis- mus aufgebaut, „mft republikanischer Tendenz" und antiklerikal. Er wusste selbst noch nicht, was er eigentlich wollte. Einem Interviewer sagte er kurz vor dem Marsch auf Rom: „Wir wellen Italien regieren". Die Bewegung war auf die Erfassung des Kleinbür- tums berechnet, das in dem Klassen- aufbau Italiens auch heute noch die breiteste Schicht bildet, und zwar oh- ne feste Abgrenzung nach dem mitt- leren Bürgertum: Aerzte, Rechtsan- wälte, Politiker und Journalisten stammten vorwiegend aus dem Klein- bürgertum, bis der Faschismus die Universitäts^ebühren so sehr erh^Me, d?ss dieses Übergehen der einen Klas- se in die andere sehr erschwert wurde. Das Kleinbürgertum war durch den Krieg aus seiner chronischen Unzu- friedenheit in die akute übergegangen. Im Krieg h?tte es eine grosse Zahl der Reserveoffiziere gestellt. Den Heimgekehrten passte es gar nicht, hinter dem Ladentisch zu stehen, im Büro zu arbeiten, Kindern Lesen und und Schreiben beizubringen. Auch hatten sie aus den Schützengräben dßs Bedürfnis nach starken Nervenreizen mitgebracht, das in Alkohol und Ko- kain nitiit sein Genügen fand. Dazu k?m der Hass auf die organisierte Ar- beiterschaft, die ihren starken Ge- werkschaften und der grossen Nach- frage nach qualifizierter Arbeitskraft sehr hohe Löhne verdankte, so dass mancher Universitätsprofessor es nicht auf das Einkommen eines Maschinen- bauers brachte. Diesen jungen stark antiproletarisch eingestellten Leuten, die zum Teil nie gearbeitet hatten, bot nun der Fa- schismus zunächst den Reiz des Kriegsspielens. Strafexpeditionen, Nie- derknüppeln oder Totschiessen Wehr- loser, sehr einträgliche Plünderungen der Privathäuser und der Kooperati- ven. Aber auf der blossen Gesetzlo- sigkeit liess sich der faschistische St2.at nicht errichten. Zwar hatte Mussolini selbst folgende Definition dieses Staates gegeben: „Der liberale Staat verteidigt sich, der faschistische greift an". Der eigene Staat die eige- nen Bürger! Etwzs wie Disziplin er- wies sich als nötig, und so verlor die Sache für die ersten Mitläufer an Reiz, während Mussolini seine Macht- mittel aufbaute: offizielle Anerken- nung und Bewaffnung der Miliz, das Recht, Dekrete mit Gesetzeskraft zu erlassen, die Sinnlesmachung der Ge- schworenengerichte durch Terror, Am- nestie für alle im Zusammenhang mit der faschistischen Revolution be- gangenen Verbrechen — mit einem ansehnlichen Spielraum für Verbre- chen, die noch zu begehen waren — Auflösung der Gewerkschaften und Einziehung ihrer Vermögen. Daneben Geschenke für das Grosskapital: Ein- stellen der Enquete über die Kriegs- gewinne, Erlass- von Steuern in der Höhe von vielen Millionen. Der kost- spielige Beamtenapparat der Partei machte grosse Anleihen nötig. In den ersten zehn Jahren faschistischer Re- gierung wuchs die innere Schuld von 95 auf 135 Milliarden in italienischen Liren, in runder Zahl 10 Millionen neuer Schulden täglich! Vor dem Fa- schismus hatte Italien nur zwei aus- wärtige Schuldenposten: die Kriegs- schuld an England und die an die Ver- einigten Staaten. In den Jahren von 1920—30 wurden im Ausland Darlehen im Betrag von 7887,7 Millionen Lire aufgenommen, von denen 6659 Millio- nen Lire aus den Vereinigten St-aten kamen, der Rest aus der Schweiz, Hol- land und Grossbritannien. Trotz der vielen Bewunderer, die der Faschismus in England zählte — Churchill war be- kanntlich der erste Staatsmann, der Mussolini nach der Ermordung Mat- teottis yeine Aufwartung machte und dann höflich bemerkte: „Wenn ich Italiener wäre, würde ich auch das Schwarzhemd tragen" — hat die City ihre Darlehen auf 3 Millionen Pfund beschränkt. Ihre Hochfinanz war zu klug, um an den Rummel zu glauben. Nachdem Mussolini seine Schzfe ins Trockene gebracht hatte, stand das Kleinbürgertum mit leeren Händen da, soweit es nicht einige seiner Leute an die reichgefüllte Krippe der faschisti- schen Partei gebracht hatte. Die Sa- turnalien waren vorüber, das kleinbür- gerliche Pack konnte gehen. Wer die Macht hat — modern bewaffnete Miliz, Beamtenapparat, Geld, ein von jeder politischen Betätigung ausgeschlosse- nes Heer — braucht keine Zustim- mung. Für den Faschismus waren nur die Hochfinanz und die Grossindustrie, der Hochadel hat sich bis auf wenige Ausnahmen vom Faschismus fernge- halten. Wenn Mussolini sich mit Für- sten und Grafen umgeben wollte, was ja jedem Parvenu eine Herzensfreude ist, so musste er sich diesen Adel selbst fabrizieren. So lag die Bleiplatte über dem Lande, die nach Matteottis Ermordung (10. Juni 1924) noch schwerer wurde. Das Ausland meinte: „Für Italien mag es gut sein." Die Diktatur, vom Volke gehasst und wegen der Käuflichkeit ihrer Funk- tionäre verachtet — es gab Preislisten für die Empfehlungen von Gerarchi —, wurzellos wie eine feindliche Besit- zung, folgte ihrer geschichtlichen Zwangsläufigkeit: Albanien, Abessi- nien, der spanische Bürgerkrieg und endlich der Weltkrieg. Mussolini such- te das wirtschaftlich ausgeblutete Land durch den imperialistischen Rausch aus seinem feindseligen Brü- ten aufzuwecken. Dann kam der 25. Juli 1943, der Tag der Beglückung, des befreiten Auf-tmens von Millio- nen: Mussolinis Sturz. Ganz Italien jubelte: der Faschismus ist tot, nun kommt der Friede! In ihrem Glücks- rausch sagten sich die Italiener: nun wir den Faschismus los sind, werden wir auch mit den Nazis fertig. Auf den grossen Jubel folgte die grosse Enttäuschung. Die Alliierten lehnten es ab, zu verhandeln. Sie forderten be- dingungslose Kapitulation. Und dann wurde das besiegte Land bombardiert, seine volkreichsten Städte wurden vernichtet. Während die Alliierten sich dieser Form des Krieges hingaben, warfen die Nazis Truppen um Truppen in die Po-Ebene, glücklich darüber, dass ihre Feinde die Italiener vernich- teten, den Deutschen diese Arbeit ab- nehmend. Am 19. August konnte man die Nachricht lesen, dass die Nazis den Krieg nach Rom verlegen wollten. Dasselbe scheinen die Alliierten zu wollen. Sie helfen nicht den Italienern gegen die Nazis, sondern den Nazis ge- gen die Italiener. Hier stehen wir heute. Fünf politische Gruppen fordern die Schliessung der Parenthese Badoglio, den sofortigen Frieden und die Republik. Es sind dies die christlichen Demokraten, die eine ziemlich starke demokratische Partei, vorwiegend des ländischen Klein- grundbesitzes, bilden. Ihr Führer ist der katholische Priester Don Stürza, der in Sizilien viel Anhang hat. Der bekannteste Märtyrer dieser Partei war der Erzpriester Don Minzone, den Italo Ealbo auf der Strasse ermorden liess. (Wie wenig man unter den Fein- den Italiens über dessen inneres Le- ben unterrichtet ist, geht aus der Tat- sache hervor, dass man einen Sender, der die Italiener zur Verteidigung ih- res katholischen Glaubens aufrief, ge- rade „Italo Balbo" nannte!!). Weiter gehören zu den Fünfen die Liberalen, deren Führer Amendola war, der im Auftrag des Faschisten Scorza ermor- det wurde, nachdem derselbe Scorza ihm ehrenwörtlich sicheres Geleit ver- bürgt hatte. Diese Liberalen — Amen- dola war Kolonialminister unter der Monarchie — sind erst durch den Fa- schismus zu Republikanern geworden. Es folgen die Sozialisten und Kommu- nisten, deren Opfer nicht aufzuzählen sind, wir erinnern an Matteotti und an den Kommunisten Gramsci. Be- greiflicher Weise handelt es sich nicht um Ueberbleibsel der alten Parteien, sondern um Keimzellen der neuen. „Giustizia e Libertä" ist keine Partei, sondern eine in der Emigration ent- standene Verbindung von Antifaschi- sten, die sehr viel für die Propaganda in Italien getan hat. Die republikani- sche Partei hat ihre besten Männer zum Kern dieser Gruppe hergegeben, der Sozialist Salvemini gehört ihr an, ebenso Emilio Lussu von der sardi- schen Volkspartei. Anhang unter dem Proletariat dürften nur die Kommu- nisten, die Sozialisten und die christ- lichen Demokraten haben. Alle waren entschlossen zur gemeinsamen Arbeit bei dem Wiederaufbau des Landes und der Schaffung einer demokratischen Verfassung. Wie sich das Zahlenverhältnis von Sozialisten und Kommunisten heute gestaltet, ist schwer abzuschätzen. Die qualifizierte Arbeiterschaft ist dezi- miert, schätzungsweise gehen drei bis vier Millionen Obdachlose dem Winter entgegen. Die Massen sagen sich: nach dem ersten Weltkrieg hat man uns kein Versprechen gehalten, dann hat die Monarchie uns dem Faschismus ausgeliefert, der goldene Berge ver- sprach und Hunger und Ketten g:.b. Und als der Faschismus gestürzt war, haben die Anglo-Amerikaner unsere Städte zerstört, unsere Kinder und Frauen getötet. Wir hatten gedacht, sie führten Krieg gegen den Faschis- mus und erfahren jetzt, dass sie ihn gegen das italienische Volk führen. Und so v/enden sich die Blicke n*ch Osten, denn an irgendetwas muss der Mensch doch glauben, auf irgendein Ziel seine Hoffnung richten. Allerdings dürfte kein Land Europas so wenig zur Einführung des Sowjet- Systems geeignet sein als gerade Ita- lien. Es ist müde und übermüde der Diktatur. Mit einem relativ armen Bo- den, reich an entwaldeten Gebirgen, ist es für ein Agrarland sehr dicht be- völkert — 140 Einwohner auf den Qua- dratkilometer —, kann sich nicht, wie Russland es konnte, abschlössen und durchhungern, hat nicht die Geduld und Hoffnungsfähigkeit des russischen Volkes, hat drei Jahrtausende Enttäu- schungen in seinen Gliedern. * Fragt man sich, wie dieser Ausgang zu vermeiden gewesen wäre, sc ist zu ant- worten: durch Eintritt in Verhandlun- gen, wie sie gleich nach Mussolinis Sturz angeboten wurden. Damit — wie immer diese Verhandlungen ausge- hen mochten — wäre das Bündnis mit Hitler-Deutschland zerrissen, die Ita- liener hätten sich gegen die Nazis ge- wendet, und die Engländer, die Nord- amerikaner und die Kanadier hätten ihnen zur Seite stehen können. Wahr- scheinlich wäre das gegen das Völker- recht und gegen die Haager Satzun- gen gewesen. Aber um diese brauchen wir uns wahrhaftig nicht Sorgen zu machen, solange Tag für Tag und Nacht für N:cht englische und nord- amerikanische Flieger die neutrale Schweiz überfliegen. Roosevelt schreibt am 19. August dem Erzbischof L. Martinez, dass „in die- sem Kriege für die menschliche Frei- heit keine Ausnahmen möglich sind, wenn es sich um militärische Objekte handelt". Was wir also gegen die Zer- störung Italiens sagen, wäre eben nur eine Anekdote, wie sich der kleine Mo- ritz einen Krieg vorstellt. Heutzutage weiss auch der kleinste Moritz, dass der Krieg kein Erbarmen kennt. Aber in Italien ist der Krieg zuende. Warum haben die demokratischen Nationen keine Ohren für den Friedensschrei des Volkes, warum verhandeln sie nicht, und sei es auch nur mit den Ge- spenstern eines abgetanen Königs und seiner H3ndvßll Generäle? England und Nordamerika haben er- klärt, dass sie den Krieg führen, um ein Schandregime zu stürzen, das von Raub und Blut lebt. Sie müssen die Wahrheit dieser Behauptung durch die Tat beweisen. Hans Jahn: Die Spannungen im Lager des Alliierten und das Deutsche Komitee in Moskau Wenn auch die Invasion Siziliens durch die englisch-amerikanischen Truppen ui.id das Verschwinden Mus- solinis als eine ihrer wichtigsten poli- tischen Folgen im Brennpunkt des öf- fentlichen Interesses stehen, W dürfen diese Ereignisse eben so wenig wie die Zerstörung deutscher Städte durch die Bomben der RAF die Tatsache ver- schleiern, dass die von den Russen immer wieder geforderte zweite Front in Europa, bisher noch nicht geschaf- fen wurde. Der moralische Schlag, den die Absetzung des Duce für das deut- sche Volk bedeutet, wurde z. T. da- durch pariert, dass es der Naziregie- rung gelang, Italien vorläufig bei der Stange zu halten. Militärisch mach- ten die verhältnismässig schwachen Truppeneinheiten, mit denen Deutsch- land der Gefahr in Südeuropa begeg- net, keinerlei Schwächung der Ost- — 6 — front erforderlich, und wenn die Rus- sen in diesem Sommer nicnt nur die deutsche Offensiv? im Keim erstik- ken, sondern selbst erfolgreich zum Angriff übergehen kennten, so h:ben sie diese Fortschritte ihrer eigenen Kraft zu verdanken. Die Zurückhal- tung der Angelsachsen bei der Eröff- nung der westeuropäischen Front ist um so unverständlicher, als jeder Tag eine Verstärkung der deutschen Ab- wehrbefestigungen und damit eine Er- höhung des Risikos und der Men- schenopfer bei ein:r späteren Lan- dung bedeuten muss. Es hat wirklich ■den Anschein, dass man in London und New York alles auf die Karte der Luftangriffe setzt und die Invasion nur nach dem Zusammenbruch der innerdeutschen Front in Form eiir.es militärischen Spaziergangs vornehmen möchte. Eine solche Haltung aber würde bedeuten, dass die USSR die ganze Last des Landkrieges , och für längere Zeit allein zu tragen hätte, und eine solche Einstellung müsste nach dem ungeheuerlichen Blutopfer, das die Russen der gemeinsamem Sa- che1 bisher brachten, in Moskau zu recht als illoyal und unfair empfun- den werden. Es hat sich im Laufe dieses Krieges immer wieder gezeigt, dass das angel- sächsisch-russische Bündnis nicht viel über die lockere Form einer Zweck- gemeinschaft zur gemeinsamen Errei- chung eines Nahzieles hinauskommt. Keiner der Partner hat jemals vor dem andern seine sämtlichen Karten aufgedeckt, und das gegenseitige Miss- trauen hat bisweilen zu deutlich er- kennbaren Spannungen geführt, die die Nazipropaganda auch immer zu verstärken und auszunutzen versuchte. Zu dem Fehlen einer wirklichen mili- tärischen Entlastungsaktion für die Russen seitens , der Angelsachsen kommt , der mangelnde Kontakt unter den Verbündeten auf politischem Ge- biete. Stalin war auf der Atlantik- kenferenz nicht vertreten, er nahm nicht an der Casablancakonferenz teil, und er wurde andererseits von den Angelsachsen bei der Beratung über die Politik gegenüber Italien nicht gehört. Auch in Quebek fehlten die Russen. Die Abberufung der Sowjet- botschafter aus London und Washing- ton mag verschiedene Gründe haben, aber ein Grund ist sicher die Unzu- friedenheit der Sowjetunion mit der Politik ihrer angelsächsischen Ver- bündeten. Es ist schon heute deutlich, dass jeder Alliierte, inbezug auf die Nachkriegspohtik, andere Ziele ver- folgt, und dass insbesondere Russland eigene Wege einzuschlagen gedenkt. Einen Schritt in dieser Richtung stellt such die Schaffung des Komitees der Fr-ien Deutschen in Moskau dar. Während offiziell von englisch-ameri- kanischer Seite bisher fast gar nichts über Nachkriegsziele inbezug auf Deutschland verlautet wurde, inoffi- zielle Aeuss rungen dagegen das Schlimmste befürchten liessen, wäh- rend keine Vertretung deutscher An- tifaschisten von Engländern oder Amerikanern anerkannt wurde, hat Mockau durch die Anerkennung oder doch zumindest Unterstützung des Ko- mitees der Freien Deutschen bewie- sen, d;ss es ihm nicht um die Austil- gung des deutschen Volkes, sondern um seine Engliederung in ein neues Europa nach der Befreiung vom Na- ziterror zu tun ist. Die USSR', das am furchtbarsten mitgenommene Opfer der braunen Kriegsführung, hat den ersten positiven Schritt zur Schaffung e:i es neuen Deutschland getan. Er muss bei den deutschen Massen selbst einen ganz andern Widerhall finden, als die vagen Aufrufe der Angelsach- sen. Wie ist nun d?s moskauer Komitee zusammengesetzt? Sein Präsident, der deutsche Arbeiter dicht r Erich Wei- nert kann als repräsentative Persön- lichkeit des deutschen Antifaschismus gelten. Ansonsten ist das Komitee ei- ne sehr handfeste Parteiangelegenheit, und es ist klar, dass die deutschen Kriegsgefangenen, die in ihm fungie- ret.::, von, den politisch erfahrenen Ge- nossen leicht zu leiten sind. Die Tat- sache, dass Graf Heinrich von Einsie- del, der seine Aufnahme ins Komitee der für unsere Freunde von links so charakteristischen Sucht nach dem Herausstellen tönender Namen in er- ster Linie verdanken dürfte, ein Ur- enkel Bismarks ist, macht ihn noch nicht zum grossen Staatsmann. Wur- de er doch erst vor fünf Monaten, am 20. Februar, in einem Spezialtele- gramm aus Moskau von Johannes R. Becher folgendermaßen charakteri- siert: "Vor mir liegt die Besprechung, die der Urenkel Bismarks, der in russi- sche Kriegsgefangenschaft geratene Oberleutnant der deutschen Luftwaf- fe, Heinrich Graf vcn Einsiedel, mei- ne.m Roman "Abschied" widmet:. Das Schriftbild des Grafen, der Gymna- sium und Universität besucht hat, ist primitiv, er m;oht sogar mehrere or- tographische Fehler. Mit solch einem Aufsatz wäre man früher in einer mittleren Gymnasialklasse durchge- fallen." Aber die Bedeutung, die das Bestehen des Komitees in Hauptstadt ein s der kriegführenden Länder überhaupt hat, die Propagandamöglichkeiten, die da- durch dem deutschen Volke gegen- über gegeben sind, mindern die Be- deutung solcher Schönheitsfehler. Wenn im ersten Aufruf der neuen Körperschaft für das deutsche Volk neben verschiedenen demokratischen Freiheiten auch die Freiheit der Wirt- schaft, des Handels, des Herdwerks, sowie Rechtsgarantien für den Privat- besitz gefordert werden, so sind sol- che erstaunlichen kapitalistischen Zu- geständnisse wohl gemacht worden, um im Sinne der Politik der breite- stfr. Einheitsfront Propagandawirkung auszuüben, und um den latenten Kon- flikt mit den Ang lsachsen nicht schon heute noch mehr zuzuspitzen. Dass wir diese Politik für falsch hal- ten, braucht wohl i.icht erneut betont zu werden. Russland hat in anbetracht seiner un- geheuren Leistung n in diesem Krie- ge gewiss das grösste Recht, ein ent- scheidendes Wort bei der Gestaltung der Nachkriegswelt mitzusprech n. Das Moskauer Komitee ist ein deut- liches Zeichen dafür, dass es von d e- sem Rechte Gebrauch machen will, und zwar in ein. r Weise, die dem deutschen Volke eine Lebens- und Aufbaumc'glichkeit lässt. Wem das Mosk uer Komitee durch die Einbe- ziehung antifaschist scher Persönlich- keiten d r deutschen Linken auf in- nerdemokratischer Grundlage erwei- tert würde, könnte es zu e:Vem Kri- starisa tienspunkt der gestaltenden Kräfte von Kfachkriegsd utschland und zu einem zukunft,-bildenden Fak- tor von grosser Bedeutung werden. Willy Keller: DAS DEUTSCHE VOLK ALS MÖGLICHER BUNDESGENOSSE Die psychologischen Methoden, deren sich die Alliierten bedienen, um die Ent- scheidung der Waffen zu beschleunigen, tragen der Wirklichkeit nicht Rech- nung. Immer noch behandelt man die Probleme der europäischen Widerstands- bewegung gegen den Nazi-Faschismus von aussen .anstatt aus dem Geist der unterdrückten Völker. Die beliebige Wiederholung des Wortes „boche" dürfte suf die Deutschen, die unter ihren seelischen und körperlichen Leiden stöhnen, nur einen dürftigen. Eindruck machen. Europa hat sich in seiner Entwicklung von der übrigen Welt getrennt. Unsere Vernunft, unsere Moral, die Ausdruck ganz anderer gesell- schaftlicher Verhältnisse sind, sind nicht mehr Vernunft und Moral des nazi- stischen Deutschland. Auch für die von Hitler nicht erzogenen Generationen (die immer noch eine überlegene Mehrzahl bilden), haben die Elthergebrachten Anschauungen keine Bedeutung mehr, da der Daseinskampf Farmen angenom- men hat, die die Anwendung herkömmlicher Begriffe nicht mehr zulassen. Das einem eisernen Zwang unterworfene Volk kann durch theoretische Erörterun- gen nicht, sondern nur durch eine aktive Unterstützung zum Widerstand gegen die nazi-faschistische Gewalt aufgerufen werden. Die wirkungslose Propaganda wird oft denen zur Last gelegt, die sich unemp- findlich zeigten. Wie oft h;ben wir schon die Drohung vernommen, die Deut- schen mit den Nazis gleichzusetzen, wenn sie nicht sofort die Waffen strecken und sich bedingungslos unterwerfen sollten. Und warum? Lediglich, weil sich die bisher angewandten Propagandamethoden als erfolglos erwiesen haben! Ein immer bereiter Chauvinismus benötigt keine weiteren Proben, um damit ▼on der Drohung zum verdammenden Urteil zu kommen. Deutschland hat in diesem Jahr schwere militärische Niederlagen erlitten; Nie- derlagen, die sich nicht verheimlichen liessen und die eine zersetzende Wirkung — S — auf das Volksganze ausüben mussten. Stalingrad, Nordafrika, Sizilien, Qrel — Karkow, der verstärkte Luftkrieg haben den Deutschen furchtbare Wunden geschlagen. Aus diesen Tatsachen ergeben sich bedeutsame Rückschlüsse auf die innerdeutsche Lage. Auch eine deutsche Mutter empfindet Schmerz über den Verlust ihrer Kinder. Auch ein deutscher Mann leidet unter Kälte und Hunger. Selbst der Nazi schreit und windet sich, wenn ihm eine Kugel den Leib zerfetzt. Nur eine wüste Radaupropaganda will uns erzählen, dass der Deut- sche, frei von allen biologischen Gesetzen, Leiden als Vergnügen empfindet. Wie aber erklären wir die erstaunliche Duldung, die der Deutsche dem Nazis- mus gegenüber beweist? Es ist die Stimme des Gewissens, der aufdämmernde Schein der Erkenntnis, die diesen Menschen ihre L:ge so hoffnungslos erscheinen lässt, dass sie sich re- signiert in ihren Untergang schicken. Sie sehen, dass ihre materiellen und gei- stigen Güter verschleudert sind. Ihre Existenz ist sinnlos geworden. Es lohnt sich nicht mehr zu leben. Adolf Hitler und seine nazihörigen Genossen führten das deutsche Volk vor- sätzlich auf die abschüssige Bahn des Verbrechens, um jede Hoffnung auf straflose Umkehr und Gnade zu zerstören. Nur um diesen Preis konnten sie ihre anarchischen Pläne durchführen. Durch eine barbarische Kriegsführung, durch offenen Mord, durch R:ub und Plünderungen bestrebten sie sich jeden einzel- nen Deutschen zum kriminellen Verbrecher herabzuwürdigen, um ihn unlösbar an sich zu fesseln. Der von Hitler erzogene Nazi kennt Gnade und Gerechtig- keit nicht, weil das Räuberevangelium „Mein Kampf" diese Begriffe leugnet. Der Nazi kann nur siegen oder untergehen. Der einer Erkenntnis fähige Deut- sche aber fürchtet, dass die ungeheuren Verbrechen Kein Verzeihen finden können. Er muss siegen oder untergehen. Wir müssen die Stimmung, in der sich diese Menschen befinden, zunächst durchbrechen, um wieder zu ihrer Vernunft reden zu können. Die deutschen Fürsten als Exponenten der herrschenden Klasse haben niemals Verbrechen begangen, die sich mit denen der Nazis vrgleichen liessen. Ihr Schicksal war mild, als sie die Hungerrevolte im Jahre 1918 vom Thrcne stiess. Die Nazis aber haben Millionen deutscher Menschen mit tödlichem Hass ver- giftet, der sich seine Opfer unter der Mörderbande Hitlers suchen wird, sobald die Zeit d:\zu reif sein sollte. Aber niemals hat sich eine Opposition, die not- wendigerweise auf den Sturz des Regimes hinarbeiten muss, in einer schwie- rigeren Lage befunden. kx Ein ungeheueres Bespitzelungssyste)Sr macht den Aufbau einer sich über das ganze Land erstreckenden und zentral geleiteten Organisation unmöglich. Die sentimentale Vorstellung, dass in Stunden der Gefahr Männer und Frauen Ueberzeugung und Gewissen zurückzustellen h:.ben, um dem Vaterland zu die- nen, lähmt heute noch die Aktionskraft weiter Kreise. Hier müsste die Propa- ganda einsetzen und mit unwiderlegbarem Material beweisen, dass das Nazire- gine sich zu einer Verbrecher Organisation ausgewachsen hat, der gegenüber die alten Begriffe der Legalität und Treue nicht anzuwenden sind. Gesetz und Militärgewalt, alle öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, selbst die Symbole mussten als Mittel der Naziherrschaft entlarvt werden, die Unterta- nen auszuplündern, zu vergewaltigen und abzuschlachten. Pausenlos müsste die RAF Prcpagandaschriften über Deutschl-nd ausschütten mit detaillierten Angaben über die deutschen Material- und Menschenverluste, Bildberichte über die von der englisch-amerikanischen Flugwaffe zerstörten Ge- biete, Ziffern über das Anwachsen der Kriegsproduktion, Sabotageanweisungen, Möglichkeiten des passiven Widerstandes und politische Flugblätter über den Aufbau eines sozialistischen, deutschen Volksstaates. Man müsste alle deutschen Hitlergegner zum individuellen Terror gegen die Na- ziherrschaft aufrufen. Dazu muss man der Hitlerregime zuerst die moralische Grundlage entziehen, um dann seinen materiellen Sturz einzuleiten. Wie die Russen dem eindringenden Feind nur verwüstete Gegenden überliessen, so darf der deutsche Antifaschist nicht davor zurückschrecken, Lebensmittel zu ver- nichten, den Naziapparat mit Falschmeldungen und Bereitung bürokratischer Hindernisse zu beschweren, um den Nazifeind zum Lande hinaus zu werfen. Jeder Einzelne muss sich als das Haupt der Rebellion betrachten. Gewiss, sein Georg Maiwcdd: ABRUESTUNG DURCH ERZIEHUNG Noch vor kurzem hallte die Welt wi- der von der Parole, dass das gzmaa deutsche Volk aus Verbrechern be- stünde und eigentlich ausgerollet werden müsste, wenn der Frieden der Welt für die Zukunft garantiert sein sollte. Auch in den Kreisen der deut- schen Emigration fanden sich Kurz- sichtige und Karrieremacher, die in dieses Horn stiessen. Inzwischen ha- ben Wallstreet und die Londoner Ci- ty, die von Sentiments nicht be- schwert zu sein pflegen, anscheinend eingesehen, dass mit einem ausgerot- teten Volk keine Geschäfte mehr zu machen sind. Di« Parolen l?,vten da- her jetzt etwas weniger rigoros. Man will das deutsche Volk nicht mehr vernichten, sondern erzieh En. In den USA und in England sollen Tagun- gen von Studenten und Intellp^t,nul- len sich mit dem Problem der für das deutsche Volk nötigen Erziehungsplä- ne und -Methoden beschäftigen, und in beiden Ländern soll man bereits Beamte heranbilden, die nach Krieg;encie die entsprechenden admi- nistrativen und pädagogischen Funk- tionen in Deutschland zu überneh- men haben. Schon in Versailles, wo eine der Hauptsorgen darin bestand, die wahr- haft demokratischen Ideen Wilsons unschädlich zu machen, ahrte man dunkel, dass man einen modernen Weltkrieg nicht mehr nach den poli- tischen M'tihoden des 18. Jahrhun- derts liquidieren könnte. Eine der Schöpfungen, durch die man dem Gei- ste der neuen Zeit Rechnung zu tra- gen gl-aubte, war die Abrüstungskom- mission, die dafür zu sorgen hatte, dass der militärische Apparat der Be- siegten restlos zerstört wurde. Diese Abrüstungskommission hat ihr Mög- lichstes geaan, um die ihr gestellte Aufgabe zu erfüllen (der Verf. hat z. B. selbst gesehen, wie in dem Ma- srhinenlabotorium einer deutschen Techn. Hochschule alte Flugmotore, die dort zu Studienzwecken dienten, von Beauftragten jener Kommission im Dienste des Weltfriedens mit der Spitzhacke bearbeitet wurden), ohne darum auch nur im mindesten ver- hindern zu können, dass Deutschland wieder vollständig aufgerüstet war, als. dort eins- kriegswillige Regierung das Ruder führte. Allerdings wäre diese verblüffende Aufrüstung Deutsch- lands niemals möglich gewesen, wenn nicht die Rüstungsindustrien in eini- gen der heute gegen Deutschland kämpfenden Ländern ihre schlechte- Konjunktur infolge mangelnden Be- darfs itirar eigenen Staaten durch reichliche Lieferungen an Hitler- Deutschland (ein Teil düser Liefe- rungen ist heute noch nicht bezahlt) kompensiert hätten. Dieser Tatsache verdankt Hitler seinen Rüstungs-Er- folg mindestens ebenso sehr wie dem latenten preussisch-deutschen Milita- rismus, dessen pädagogische Bekämp- fung heute zur Debatte steht. Und in Zukunft wird jede kriegerische Re- eitMing der -Welt der gleichen För- derung gewiss sein, die Hitler ge- nese. Wenn also die neue Abrüstung durch Erziehung nicht wieder ebenso- fehlschlagen soll wie die Bemühun- gen de- ?lten Abrüstunfskommi^ion, dann wird man diese Zusammenhän- ge im Av^e beliflten müssen. Wül man den Krieg für die Zukunft wirk- lich unmöglich machen, dann hat man Leben ist verpfändet. Aber ist es das so nicht auch? Ist es nicht besser int* Kampfe gegen den inneren Feind für ein Deutschi end der Freiheit und. der Gerechtigkeit zu fallen, als sich von Hitlers Schergen zur Schlachtbank führen zu lassen? Der deutsche Hitlergegner kann aber nur dann den Mut finden, die Nazi-Anar- chie durch die Anarchie des sich auf seine Werte besinnenden Individuums niederzuringen, wenn man den zusammengebrochenen Glauben sn eine bessere und sinnvollere Zukunft wiederaufrichtet, wenn man diesen Menschen die Ueberzeugung gibt, dass ihr Opfer nicht sinnlos ist, d-.ss sie damit einen has- senswerten Abschnitt der Geschichte zu Ende bringen und der Gerechtigkeit und der Freiheit das Tor öffnen. Gebt den in Deutschland lebenden Antifaschisten- das Bewusstsein ihrer europäischen Aufgabe und sie werden kämpfen! — 10 — nicht nur die militaristischen Ten- denzen in Deutschland zu bekämpfen, sondern auch die Gewirn-Inieressen der "Blutigen Internationale" der Kriegsindustrie: dann wird man nicht iivr den Leh^plänen und Lehrbü- chern der deutschen Schulen Auf- merksamkeit zuwenden müssen .son- dern auch jenen Geschäften, die über den Trading with the Enemy Branch (Treasury and Board of Trade) Ale- xandra House, Kingsway, W. C. 2, London. oder vielleicht auch hinter dessen Rücken gemacht werden. Wer glaubt, dass zu einer Erzie- hung des deutschen Volkes in eaiem reuen Geiste nichts anderes nötig sei -als ein Apparat, den man bloss nach Belieben anzukurbeln braucht, der wird eine furchtbare Enttäu- schung erleben, eb-nso wie alle die, die heute hoffen, in den neuen inter- alliierten Erzieh ungskommissienen ih- ren eigenen nationalen Chauvinismus gegen das besiegte deutsche Volk au:- tcben zu können. Die unerlässliche Voraussetzung für jeden pädagogi- schen Erfolg ist eine ans tändig-wohl- wollende Gesinnung des Erziehers ge- genüber dem Zögling. Wem Erzie- hung zum Verwände dient für irgend- welche un-ingestandenen Absichten, der muss notwendige rwei.e eines Ta- ges die von ihm „Erzogenen" in ge- schlossener Front gegEn sich haben. In der ganzen Welt wird der Begriff "Erziehung" in einer sträflich ober- flächlichen Weise gehandfrabt. Das liegt z. T. daran, dass üb-rall Schul- meister, deren Fähigkeit kaum zum einfachsten Unterricnten ausreichen, Lieh als berufene Füh.er und Erzieh.r der innen -nvertrauten Jugend auf- spielen und darum aen Ton angeben. Aus dieser Hypertrophie des Schulmei- sters erwachsen viele cter vora Gela- ge, die heute für die künftige Erzie- hung des deutschen Volkes gemacht werden. Durch eine blosse Beaufsichtigung des deutschen Erziehungsw Esens nach dem Kriege wird niemals etwas er- reicht werden. Es gibt in Deutschland ca. 15 Millionen Schulkinder, d. h., die Klasse zu 50 Schülern gerechnet, 300.003 Schulkl.-.ssen mit ebensovielen Lehrern. Wollte man nur 10 olo aes erteilten Unter.ichtes überwachen, so brauchte man dazu schon eine grosse Zahl von Aufsichts-Beamten. Will man für die übrigen neun Zehntel Spitzel und Denunzianten anstellen? Der Widersinn solcher Ueberwachun^splH- ne könnte kaum deutlich r gemuht werden als durch diese Zahlen. Aber cv-ch eine eingehendlere Ueb'rle- eung füh~t zu dem gleichen Ergebnis. Demagogen (wie z. B. die Nazis) kön- nen rasch-- Erfolge haben. Der wirk- liche Erzieher d?gegen muss notwen- digerweise auf lan?e Sicht arbeiten, rrziehuno- ist nla>1mH,=ci'VQ Vereinheitlichung gesellschaftlich he- terogener E^rr-ente. Jede neue Gene- ration z. B. stellt nach dem Ausspruch eines Soziologen fvr dl' bestehende Gesellschaft einen "Einfall einer Hor- de kleiner Wilder" dar, die durch Er- ziehung Essimiliert werden müssen. Wer da glaubt, dass die Neuerzie- hung des deutschen Volkes, die nach den g-eistigein und moralischen Verhee- rungen der Nazi-Dsmagogie unbed'n»t robwendig sein wird, in Ein rr°r Jäh- ren geleistet werden kann, der hat vom Wesen der E Ziehung noch nie etwas varst nden und tät; daher besser, sei- ne unberufenen Finger davon zj lai- F°n .Die wichtierste Folge aus diesem Wesen jeder Erziehung ist, dass nur solche Erzieher auf einen wirklichen Erfolg ihrer Arbeit rechnen können, die bereit sind, viele Jahre, vielleicht ihr ganzes Leben unter dem deutschen Volke zuzubringen. Schon daraus re- sultiert, dass in erster Linie Deut:che für diese Arbeit prädestiniert sind. Eine weitere wichtige Folge ist: Da die Erzieher, die nach diesem Kriege ihre Arbeit aufnehmen, bei weitem nicht ausreichen werden, um das ganze deut- sche Volk oder auch nur seine Schulju- gend unmittelbar zu erfassen, so wer- den sie eIs wichtigste Aufgabe zunächst einmal die Erziehung der zukünitigen Erzieher in Angrif zu nehmen haben. Wer über den deutschen Leh.er ur- teilt, m-ss scharf unterscheiden zwi- schen den Vclksschul-Lehrern und den Lehrern an höheren Schulen. Die deut- schen und österreichischen (genauer gesagt: Wiener) Volksschullehrer wa- ren die fortschrittlichsten der Welt. Die neuen pädagogischen Ideen der Nachkriegszeit und kaum iem;ls in grösserem Masstab* von den "Akade- mikern" ausgegangen oder auch nur im nennenswerten Umfange aufgegrif- fen worden, sondern von den Lehr-rn der deutschen und österreichischen Volksschulen, die in Klassen bis zu 60 — 11 — Schülern ihre unsäglich mühevolle Kleinarbeit leisteten. Trotz der geist- tötenden alten Seminar-Ausbildung und trotz starker Ue^eroürd^g cl-rch Stundenzahl und Klassenfrequenz hat- ten sich diese Lehier eine geistige Regsamkeit bewahrt ,auf der der oä- dagogische Fortschritt in Deutschland hauptsächlich deruhte. Die Avant- garde dieser Volksschullehrerschaft bildeten, wie Biemsen mit Recht be- tont, (DAD Nr. 68), die Lehrer der weltlichen Schule (sie führte in der Weimarer Republik offiziell den ver- schämten Namen "Sammel-Schule") die zum grössten Teil im sozialistischen Lager standen. Es ist nicht 'zuletzt das Verdienst der deutschen Volks- schulleh.er, dass in der von ihnen er- zogenen Proletarier] ugend die Nazi- Demagogie weniger Erfolg hatte als unter der Jugend der sogen, besseren Ständen. Ein grosser Teil dieser Leh- rer erträgt heute nur widerwillig das Joch der Nazis, und viele von ihnen werden gerne bereit sein, ihre päda- gogische Arbeit wieder im früheren Sinne und mit der alten Aufopferung und Begeisterung aufzunehmen. Ganz anders ist die Situation an den Höheren Schulen. Die deuts^e Ouer- lehrerschaft war, von Ausnahmen ab- gesehen, ein Hort finsterster Reaktion. Der Nazismus blühte in jenen Krei- sen schon längst vor der Machtergrei- fung1 und wurde auf die Schüler pl"er Fhrterrwohnung e?nem schlafenden Kind die Bettdecke geraubt habe, und dass eine Frau ein achtjähriges Mäd- chen in e'i'2 Flur gezogen und ihm dort seine Schuhe fortgenommen ha- be. In den Geschäften hänge folgen- des Plakat: Verbeten! Unterhaltungen im den Ge- schäft n sind auf den Hitlergruss und die zum Einkauf notwendigen Bemer- kungen zu beschränken". Die deutschen Studenten rebellieren. Die deutschen Universitäten waren eine der Hochburgen der Reaktion und des Nationalsozialismus. Die po- litisch links orientierten Studenten bildeten eine kleine Minderheit. Unter der Hitlerdiktatur wurden nur Stu- denten zugelassen, deren Zuverlässig- keit durch die NSDAP bescheinigt worden war. Wenn dennoch unter der deutschen Studentenschaft die Rebel- lion gegen das Naziregime begonnen hat, so kann man darin einen Be- weis' dafür erblicken, wie s~hr bereits die innere Front in Deutschland ins Wanken geraten ist. Die Mainummer der „Bewegung", der offiziellen nazistischen Studentenzei- tung, wendet sich gegen die Studen- ten, die unter dem Vorwand ihrer Studien sich dringender Aufgaben ent- zögen. gegen die, welche wilde Ge- rüchte verbreiteten, und endlich ge- gen solche, die das Volk zu passivem Widerstand und die Arbeiter zu Sa- botageakten aufforderten. Die Zeit- schrift berichtet dann von Reini- gungsmassnahmen. Komitees seien aus Rektoren Dekanen und den Füh- rern der Studentenschaft gebildet worden, um das Verhalten eines jeden Studenten zu prüfen und die "unwür- digen" Studenten auszuschließen. W'ssenschaftliche Leistungen könn- ten'dabei keine Rolle spielen. "Eine klare politische Hrltung, ohne Reser- ve und absolut loyal gegenüber ^taat i-.nd Partei, ist die Voraussetzung für den Besuch deutscher Universitäten. Wer unwürdig ist, wird als Opfer der hart:n Gesetze des Krieges fallen". Die Mobi?i lierung der Frauen in Deutschland: In einem Sonderdruck gibt die Zeitschrift "Social Research" einen inter \;s?nten Ueberblick über die Organisation der Frauenarbeit im Dritten Reich. Nachdem die Aufrufe zu freiwilliger Meldung keinen genü- genden Erfolg bracht n, musste man zu Zwangsmassnahmen schreiten. Salbst schwangere Frauen sind wäh- rend der ersten sechs Schwanger- schaftsinonate zur Fabrikarbeit ver- pflichtet. Im J hre 1940 gab >",Z bereits 8.4 Millionen weibliche Lohnempfän- ger. In manchen Industrien machten sie mehr als die Hälfte der gesamten Arbeiterschaft aus. Sogar in der schweren Metallindustrie waren bald 50 ojo Frauen. Seither ist ihr Anteil noch wesentlich gestiegen. Ein ausge- dehntes Netz von "Werkfrauengrup- pen", zusammenredetet aus den "ak- tivsten und ideologisch sichersten Arbeiterinnen", ist mit der Ueberwa- chung der Fr? uen in den Betrieben betraut. — 13 — DEUTSCHLAND NACH D Julius Bratththfcl: -• Wandiörtgen des deutschen Es'Äst pur .sicher,. dass .'d}6 Psychologie, des deutschen. Nationalismus," ti-fge- henden Wätid.Ungtiv uti cerwgrf eil, ist und noch, mehr se.n wir(5. Was man immsr über den deutschen Nationalis- mus denken mag, zweierlei muss man unbedingt zugeben: Erstens dass das Nationalgefühl verschiedenartig ist entsprechend der sozialen Zusammen- setzung dss deutschen Volkes; das Na^ titinälgeführ- des Bergarbeiters ist .in gähzanderes als das des Bergwerks- bes'.tizefs eder'deis Bea.nfcen. Zweitens, d^ufs^her 'Nationalismus als Ausdruck einet Ma$senpisycho"-dgJ e ist durch so- ziale und politische Umstände be- ding tt und- mit der glfciih n Schnel- ligkeit, Wie die?e sieh ändarn, ändert sich die Gtesfrmur. 3 äzä deutschen Vol- kfes. Ich rechne m't der Möglichkeit schneller und grd=s:r Wandlungen dss deutschen''' Geistes. Ich glaube sogar, dass diese Wandlungen der deutschen N&tionälpsychologie bereits grosse Fortschritte gemacht haben. Man bPät*cht 'r;.ur dir geringe Krte2slust des d£UtsCh6h Volkes'1939 ihlt; der Krisgs- bege'isttimng t9l4~-lmd 1870 zu verglei- chen. Die völlige Gleichgültigkeit ge- genüber • Edlen Nachrichten üb r die glorrfcitiisenheit zerstreut hätuc. Das war ai. grosse Chance für die Deutschen wie für al- le Völker der Welt. Desnalb war es Deutschland, das bestimmend für das ScnicKsal der Welt wurde. Di ss Chance blieo ungenutzt. Bald kam das raune Erwachen der Enttäu- schung. Nach ei.iem verzwenei^n Kdmpi der Kräfte des Sozialismus und des iVvriSwhi'niö gegen cLe Machte der Reakt.on, der inn ren wie der äusse- ren, uoeriluieten die düsteren Kräfte des Nationa-ismus wiederum Deutsch- land. Aoer eine neue Chance wird kommen: Kein Volk neigt zu rascherem Wecti- dis Fünlens und DdnKens, weil kein. Volk so tief uneinig und zersplit- tert ist und so wenig geistiges Gleich- gewicht besitzt wie das deutsche. Wenn die Deutschen aufs neue dte Vergeon^hkeit inrer nationalen Aspi- rationen eriahren und zugleich die Segnungen einer int rnationaUn Le- bensweise — als freies Volk unter freien Völkern, als gleichberechtigtes Mitg.ied einsr G'meinschaft von Glei- chen—, dann wird ihre erstaunliche Energie, die, jetzt der Verfolgung na- tionalistischer Wahnträume gewidmet wird, mit der gleichen glüh'nden Lei- dirschaft dem gemeinsamen Wohl det internationalen Völkergeme'nschaft sich hinseben. (Aus „Need Germany Servive?") August Siemsen: Deutschlands Zukunftsaufga.be Trotz der furchtbaren Unterdriik- kungsmethoden hat in Deutschland der Kampf gegen die natienalsoziali- scische Dictatur nicht aufgehört. Wir meinen nicht den Kampf der Ec- ken r.tn'spastor:n, die immer wieder ihre Loyalität gegen die Diktatur be- teuern. Die Opnosition, auf die es an- kommt, das sind die illegalen Grup- pen der Arbeiters:haft. Sie, di; in 'r- ster L'nie das andere, das europäi- sche Deutschland repräsentieren, um- fassen heute nur ?inen kleinen Bruch- teil des deutschen Volkes. Aber die — 14 — Weimarer Republik und das Dritte Reich haben dem deutschen Volke ei- nen Anschauungsunterricht Von uner- hörter Eindringlichkeit gegeben. Sie haben viele Illusionen, viel; Vorurtei- le, viele Kulissen so restlos zerstört, dass die Bahn frei geworden ist für eine Neuorientierung d:r breiten Schichten des arbeitenden Volkes in Stadt und Land. Sie haben die preu- ssischen Traditionen und Methoden, durch die das deutsche Volk vergiftet wurde, so ins Unerträgliche überstei- gert, dass nur noch die radikale Ab- kehr übrig bleibt. Wenn je, so besteht heute die Hoffnung, dass weite Kr"ise des deutschen Volkes erwachen, wie der vom preussischen Militarismus er- morde ;e Kapltänleutnant Hans Paa- sche es forderte, „zur Erbitterung ge- Sen das System, das sie zum Henker irer Nachbarn machte und sie schliesslich selbst zerschunden hat". Nur solchem Erwachen kann die Aus- wanderung aus dem alten preussischen in ein neues europäisches Deutschland folgen. Scheitert das Dritte Reich, so g«ht damit zuge'ch endgültig Preu- ssen unter. Deutschland wird dann seine radikale Umgestaltung erleben. Dieses kommende sozialistische Deutschland wird endlich seine grosse europäische Aufgabe erfüllen können: Es wird Kitt sein für die Vereinigten Staaten von Europa. (Aug? dem 1934 geschriebenen Buch "Preussen — Die Gefahr Europas") Lehmann-Russbüldt: Deutschland muss in Europa aufgehen Deutschland muss in Europa aufsehen Das freie Deutschland muss erklären, es sähe ?in, dass das deutsche Volk in der höheren Einheit Europa auf- gehen müsse ... Es ist die .schöpfe- rische Aufgabe ein?;s humanitären Deutschtums, diese europäische Idee ^»„i-^.^gnken und an ihrer Ver- wirklichung so intensiv mitzuarbeiten, dass das in der Vergangenh it Ver- säumte nachgeholt und durch beson- dere Leistungen ausgeglichen wird. Das ist Wiedergutmachung nicht im sientim ental -büsserischen, sondern im schöpferischen Sinne . . . Das Deutschtum muss seinen leiden- schaftlichen Eifer dafür einsetzen, nicht mehr Störenfried in Europa zu sein, sondern Bindegl'ed zwischen Ro- jnanentum und Germanentum, zwis- ZUSPRUCH Lass dich Schwermut nicht schwächent bleibe fest, halte aus! Einst wird die Zukunft dich rächen, Kommst du auch nie mehr nach Haus. Mag es leer um uns werden, schwinden, was Freud einst war, sind wir sch'iesslich auf Erden nur eine kleine Schaar, lächerlich und verachtet vor dem Tanz um die Macht, hüllt, was ihr buntes erdachtet heut noch in Dunkel die Nacht — einmal muss es tagen, ist der Wahn nicht mehr wahr. Soviel Jahre der Plagen schaffen das glückliche Jahr, das die Mörder entmachtet und die Lügen enthüllt. Was ihr gutes erdachtet hat sich dann endlich erfüllt. Wieder leuchten die Feuer einem befreiten Land, unseren Herzen teuer. sind wir aus' ihm auch verbannt, das wir töricht lieben, well es uns einst gebar. Die Standhaften blieben -stets eine kleine Schar, doch sie bewahrt für immer, was die Heimat besass einst an himmlischem Schimmer, Geist und Freiheit und Maass, und sie trügt es nach drüben, kommt sie auch nie mehr nach Haus. Lass dich Trauer nicht trüben, bleibe fest, halte aus! MAX HERMANN-NEISSEl. sehen Angelsachsentum und Slawen- tum . . . ljas Verdienst der Deutschen tim das Menschengeschlecht wäre dann gleich wertvoll wie das der Juden und d:r Griechen. Das jetzt heimatlose Deutschtum hätte für die Deutschen ein grösseres und sichereres Heimat- land durch Frieden und Föderation aufgebaut, als es das auf die hohe Kante der Tollwut aufgebaute Drütte Reich tun kann . . . Die glücklich- Lösung der Dauerkrise in Europa wird davon abhängen, ob es gelingt, mit so wenig wie möglich Oofern durch eventuell unvermeidli- che Zwangsmassnahmen die sozial- ethische Resultante in Deutschland so zu gestalten, dass die sozialkonstruk- tiven Kräfte die sozialdestruktiven Kräfte überwiegen und überwinden. (Aus der 1939 erschienenen Bro- schüre "Neue» Deutschland") 3 Americanus: DISKUSSION UEBER NACHKRIEGSFRAGEN IN U.S A Zwei Fragen stellen sich jedem, dem die Zmcunit Europas am. Herzen liegt: Was wollen die Massen Europas? Was haben die Sieger vor? Die bisherige Politik der Alliierten, besonders der Vereinigten Staaten — in Nordafrika, der De Gaulle-Bewegung gegenüber, den Exilsregierungen gegen- über — ist an 5 nderer Stelle der Zeitschrift untersucht und gekennzeichnet wor- den. Wird diese Politik der Regierung von der Bevölkerung der Vereinigten Staaten unterstützt? Vor uns liegt ein Bericht, „Was die Nordamerikaner über Nachkriegsfragen denken" (Foreign Policy Reports, Vol. 18, No. 14, New York). Er zeigt, dass die öffentliche Meinung uneinheitlich und unausgeprägt ist, so dass die offizielle Politik von dieser Seite nicht bestimmt, ja kaum beeinflusst werden kann. Es ist Interesse für internationale Zusammenarbeit vorhanden, die Notwendigkeit eines Neubaus der Wirtschaft wird noch nicht erkannt. Die Südstaaten haben von jeher Interesse für Völker bundsideen gezeigt. Hier gibt es eine Art permanenten Kongress für internationale Beziehungen, der 15 Untergruppen in verschiedenen Sta.ten eingerichtet hat zum Studium der Nach- kriegsira^en. Imperialismus und Ausbeutung anderer Völker wird verurteilt. An Gegenvorschlägen gibt es mehere: Federal Union, ein neuer Völkerbund mit Polizeigewalt, u. a. Von wirtschaftlichen Fragen aber wird noch nicht einmal gesprochen. In dem industriellen Nordosten, dessen Bevölkerung traditionsgemäss für die republikanische Partei stimmt, fehlt es an irgendeinem positiven Ziel. M;n ar- beitet und kämpft, um die Kräfte zu vernichten, die die herkömmliche Ord- nung bedrohen, hat aber noch nicht erkannt, dass eine neue Gesellschaftsord- nung nötig ist, um die Wiederkehr imperialistischer Kriege zu verhindern. We- nige fühlen sich den Massen Indiens oder Chinas verbunden; auch in den Rus- sen sieht man nur die Patrioten, die den heimatlichen Boden gegen die Ein- dringlinge verteidigen. Den Industrie rbeitern des Nordostens, die nach einer langen Zeit der Krise und Arbeitslosigkeit nun erleben, in welchem Ausmass die Produktivkräfte des Landes entfaltet werden können, drängt sich wohl die Fra- ge auf: sollte das nicht auch im Frieden möglich sein? Sie wären auch bereit, einen Plan zu unterstützen, der dies ermöglicht. Aber sie sind politisch unge- schult und haben keine Führung. Der vorwiegend agrarische Westen, weit von Europa-entfernt und bis Pe?rl Har- bour starr gegen jede Einmischung in die Konflikte Europas, befürwortet heute „internationale Zusammenarbeit" nach dem Kriege. Aber wie diese Zusammen- arbeit aussehen soll, darüber besteht keine Klarheit. Auf der einen Seite gibt m n zu, dass die Millionen Indiens, Indochinas, der holländischen Kolonien den gleichen Anspruch auf Freiheit haben wie die Tschechen oder die Polen. Es wird deutlich ausgesprochen, dass es paradox ist, gegen die sogenannten Raub- staaten Krieg zu führen, nur um das zu erhalten, was die älteren imperialisti- schen Mächte in früheren Epochen zusammen geraubt- haben. Andererseits be- fürwortet man eine Art wohlwollenden Imperialismus amerikanischer Prägung, wobei man in der Öffentlichkeit vermeidet, das Wort Imperialismus in diesem Zusammenhang zu gebrauchen. Man befürwortet die Aufstellung einer inter- nationalen Polizei und internationale Verwaltung der besiegten Länder, ja man betont sogar die guten Berufsaussichten, die sich hier für junge amerikanische Militärs und. Zivilbeamte bieten. Die „Verantwortung" zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Welt wird hier allgemein als eine langfristige Aufgabe, von man- chen 3 ls Dauerzustand angesehen. Von der Notwendigkeit einer wirtschaftli- chen Neuordnung wird auch hier nicht gesprochen. Die andere Frage, „Was wollen die Massen Europas?", haben Angehörige der verschiedenen europäischen Nationen in einer Round-Table-Konferenz erörtert, die auf Veranlassung der Zeitschrift „Free World" (Free World, Vol. 5, No. 6, New York) in New York abgehalten wurde. Ganz im Gegensatz zu dem, was wir eben von den Nordamerikanern gehört haben, sind sich die Teilnehmer an die- — 16 — ser Konferenz darüber einig, dass beim Neubau Europas die wirtschaftlichen Fragen im Vordergrund stehen müssen. Für die Mehrzahl ist der Sozialismus die einzige Lösung. Dise Lösung wollen, so gl- üben sie, auch die europäischen Völker. Es wird zugegeben, dass daneben ein starkes Verlangen nach persönli- cher Freiheit besteht, besonders in den von den Nazis besetzten Ländern. Frei- heit ist hier nicht ein abstrakter Begriff, sondern etwas sehr Reales. Man will nicht nur die Gestapo loswerden, sondern überhaupt vom Staat in Frieden ge- lassen werden, der heute verlangt, dass man sich erst eine behördliche Erlaub- nis besorgt, wenn man ein paar Schuhe kaufen will, der jeden Schritt der Un- tertanen überwacht. Bei der Besprechung über den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas traten Alvarez del Vayo und Pierre Cot, der frühere französische Minister, in ausführ- lichen Darlegungen und mit grossen Entschiedenheit für den Sozialismus cn Sie werden darin von Dolivet, dem Verhandlungsleiter, unterstützt: „In Eure,).; ist der Kampf gegen die Achse bei den unterworfenen Völkern gleichzeitig cm Kampf gegen die herrschende Klasse, der jedes Mittel, selbst ein Bündnis mit Hitler, recht war, um sich an der Macht zu halten." Norman Angell, englischer Friedenspreisträger, behauptet, dass es in England schon seit 30 Jahren eine sozialistische Entwicklung gegeben hs.be; im übrigen Könne er keine scharfe Grenze zwischen einem sozialistischen System und einem System freier wirt- schaftlicher Betätigung ziehen. Pierre Cot widerspricht heftig: Es genügt heute nicht mehr, gewisse kapita- listische Exzesse zu beseitigen. Der Kapitalismus führt, durch Konzentrie- rung wirtschaftlicher Macht und Ausbreitung der Monopole, zu einem korpo- rativen System, dem in der politischen Ebene der Faschismus entspricht. Man kann nicht die Wiederkehr des Faschismus verhindern, ohne seine Wur- zeln zu zerstören. Andererseits haben Faschismus und Krieg den Prozess der Prolet;risierung beschleunigt. Die Massen haben erlebt, wie sie von den Bür- gerlichen betrogen wurden. Der revolutionäre Wille der europäischen Völker ist heute noch nicht frei, da er von nationalistischen Antinazigefühlen über- deckt ist. Aber er wird mit Kriegsende die Massen beherrschen. Unter kei- nen Umständen dürfen wir erlauben, dass Exilregierungen oder Generäle auch nur provisorische Diktaturen errichten. Dem Willen der Massen muss sofort zum Durchbruch verhelfen werden, indem man Wahlen in den Ge- meinden und B'ezirken vornimmt; die so gewählten Vertreter bilden Provinz- ausschüese, diese wieder wählen die Landesvertretungen, die schnell eine neue Regierung bilden können. Das europäische Wirtschaftsleben kann nur nach den Grundsätzen der Planwirtschaft wieder aufgebaut werden. Planwirtschaft unter Beibehaltung des kapitalistischen Systems aber führt wieder zum Fa- schismus; nur sozialistische Planwirtschaft schafft wahre Demokratie. Der Verhandlungsleiter Dolivet stimmt Pierre Cot zu: nur ein wirtschaftlich gerechtes System kann das Verlangen nach politischer Freiheit befriedigen. Rückhaltlos pflichtet auch del Vayo den Ausführungen Pierre C'ots bei, aber er geht noch weiter: Die Nazigegner in Europa wollen nicht die N'zis vertreiben, um nachher zu erleben, wie am Tag der Friedensschlüsse eine neue Art Heiliger Allianz sich auftut. Sie sind täglich bereit, im Befreiungskampf gegen die Na- zis zu sterben; sie sind aber nicht bereit, unter irgendeinem halbfaschistischen oder reaktionären Regime zu leben. Bisher haben die Vereinigten Nationen selbst den grössten Teil des europäischen Chros verschuldet. Sie haben mit den Faschisten in Nordafrika geflirtet, Franco unterstützt, mal hier mal da einen emigrierten Erzherzog aufgegriffen. Damit haben sie die Massen verwirrt und die Kampfkraft der Männer und Frauen in der Antinazi-Bewegung geschwächt. Diese Gefahr sieht auch Pierre Cot. Hier in Nordamerika, sagt er, besteht eine starke Tendenz, den Völkern Europas eine Neuauflage des kapitalistischen Sy- stems, verbunden mit mehr oder weniger reaktionären Reiierungsformen, auf- zuzwingen. Gerade darum ist es unsere Pflicht, immer wieder auszusprechen: nach diesem Kriege besteht nicht mehr die Wahl zwischen Sozialismus oder einem mehr oder weniger reaktionären Liberalismus. Die Frage heisst: Sozia- lismus oder Faschismus. — 17 — PROGRAMME UND KUNDGEBUNGEN Roosevelt hat am zweiten Jahrestag der Atlantik-Charter zwei Ziele der Alliierten aufs neue nachdrücklich un- terstrichen, das Recht aller Völker, sich die Regierungsform zu wäh'en, unter der sie zu leben wünschen, und die ökonomische und soziale Gerech- tigkeit und Sicherheit. Er hat ferner versichert, dass die Alliierten nicht nur gegen die Achsenmächte, sondern gegen alle Kräfte der Unterdrükung, Intoleranz, Unsicherheit und Ungerech- tigkeit kämpften, die den Fortschritt der Zivilisation hinderten. Die Politik der Vereinigten Staaten steht in einem bedauerlich krassen Wi- derspruch zu diesen schönen Worten. Stalln formulierte im November 1942 folgende Forderungen: Abschaffung aller rassischen Bevorzu- gungen. Gleichheit al'er Nationen und Integri- tät ihrer Gebiete. Recht jeder Nation, ihre Angelegenheit selbst zu ordnen. Oekonomische Hilfe für die in Not be- findlichen Völker. Wiederherstellung der demokratischen Freiheiten. Die englische Kommnnistische Partei hat auf ihrer letzten Konferenz durch eine Rede Harry Pollits ihre Position formuliert. Dazu sagt der liberale „Manchester Guardian": „Es war eine Rede, die für den Leiter einer Konferenz der Labour-Party aus- gezeichnet gepasst hätte. Sie atmete den höchsten Patriotismus und die äu- sserste Mässigung." Manifest der Commonwealth-Partei, — Die neue englische Partei des Com- monwealth, die bei Nachwahlen gegen die Burgfriedensparteien mehrfach überraschende Erfolge erzielt hat, hat in einem programmatischen Manifest folgende Forderungen aufgestellt: Vergesellschaftlichung von Grund und Boden, Fabriken, Banken und Versi cherungsgesellschaften. Selbstverwaltung der Kolonien; sofor tige Freiheit für Indien. Regelung von Handel, Schiffahrt und Luftfahrt durch einen internationalen Rat. Allgemeine Wahlen in Grossbritannien. Durchführung des Beveridgde-Planea. In der Einleitung zu diesem Manifest heisst es: „Man kann nicht einen Weg, der zu einem Weg in den Tod gewor- den ist, als einen Weg zum Leben aus- geben. Wir sind überzeugt, dass das englische Volk nicht wieder in die alte Welt zurückkehren, sondern zu einer neuen Ordnung vordringen will." Ein Naehkrieffsplan amerikanischer Arbeiter Die Gewerkschaft der Autoarbeiter, eine der fortschrittlicher eingestellten unter den konservativen Arbeiterorga- nisationen der Vereinigten Staaten, veröffentlichte ein Forderungspro- gramm für die Nachkriegszeit, das ei- nige interessante Punkte enthä t: Voll- berechtigte Vertretung der Arbeiter- schaft bei den Friedensverhandlungen — 30 Stundenwoche ohne Lohnkür- zung — Festsetzung von Mindestnor- men für die Arbeiterschaft mit Gel- tung für die ganze Welt — Hebung des Lebensstandards auf der ganzen Welt — Ueberführung der Waffenfabriken nnd monopolisierte Industrien in Staatsbesitz — Vernünftige Höchst- grenzen für Gewinne und Einkommen. Die Vertreter von 68 kirlielien Organisationen aus 14 Ländern hielten eine Tagung in Princeton, USA., ab, um Nachkriegs- fragen zu besprechen. Sie befürworte- ten Auflösung der bestehenden Bünd- nisse zwischen den Vereinigten Natio- nen bei Kriegsende, und Einsetzung? einer Körperschaft in der alle Natio- nen gleich vertreten sind. Diskussion über die Intei Anschliessend bringen wir weitere Stimmen aus der von Laski angereg- ten Diskussion-: H. N. Brailsford, der bekannte engli- sche Sozialist: Ein Versuch, das künftige Europa auf der Grundlage des alten Gleichge- wichts der Kräfte, vielleicht mit ei- nem eingekreisten Deutschland, auf- zurichten, wird früher oder später ationale Arbeitereinheit abermals scheitern. Nur eine europäi- sche Föderation, wie sie die Labour Party am Beginn des Krieges verlangt hat, kann die Probleme lösen. Sie kann nur getragen werden von dm arbeitenden Massen Europas, die Bau- ern eingeschlossen. Darum muss die sozialistisch-kommunistische Spaltung überwunden werden. Wir müssen die Fragen mit den Kom- munisten offen diskutieren. Der näch- — 18 — ste Schritt sollte die Entsendung ei- ner Deputation nach MoskaClseiBijjT' Bert Locker, der internationale Vertre- ter d r palästinensischen Arbeiterpar- tei, erinnert daran, dass die S. A. I. ernsthaft versuchte, aussenpol:tische Konflikte zwischen den sozialistischen Parteien verschiedener Lärd'r ein- vernehmlich zu lösen. In der Arbei- terbewegung der Alliierten fehlt heu- te d r Glaube an die Fähigkeit der exilierten deutschen Sozialdemokra- ten, das deutsche Volk und den Gang des Krieges zu beeinflussen. Daraus leitet sich eine invertierte Rassen- theorie ab, die da,s ganze deutsche Wk als mitschuldig ansieht. Das "an- dere Deutschland" existiert, soll ge- stärkt und unterstützt werden und e:re Chance erhalten. Auf der ande- ren Seite sollen deutsche Sozialisten und Gewerkschafter. das Problem der Umerziehung Deutschlands als eine unbedingte Notwendigkeit verstehen and mit den Sozialisten aller rrderen Nationen in kameradschaftlich "m Geiste und gegenseitigem Vertrauen einen gemeinsamen Pi n für die Wie- derherstellt'«'g d"r wirklichen Freund- schaft zwischen einem neuen Deutsch- land und der freien Welt diskutieren. Julius Brannthal: Unter dem schrecklichen Erlebnis d?s Hitlerischen Eroberungszuges s'i d So- zialisten der Welle des" nationalen Hasses erlegen. Nationale und s:gar imperialistisch; Gedanken und Ge- fühle haben die Prinzipien des inter- nationalen Sozialismus schrittweise verdrängt. Diesen Sozialisten erschei- nen die Prinzipien der Gleichheit der Nationen und der internationalen So- lidarität der Arbeiter aller Länder als veraltert. Sie unterscheiden zwischen d n Arbeitern der Vereinigten Natio- nen und jener- der Achsenmächte. Sie betrachten insbesondere die deutsche Arbeiterklasse als ebenso für d n Krieg verantwortlich wie ihre Beherr- scher. Aber es scheint nicht, dass die Massen der europäischen Arbeiter eberso bereit sind, den Intern:tiona- Ksmus ihres sozialistischen Glaubens preiszugeben. Lask's Schlusswort: Die Diskussion hat drei Dinge erge- ben: l. Es ist allgemein anerkannt, dass wir trachten sollten, eine einzige »11- rumfas^^iMe , totsrrfrööfcale schaf- fen; noch, vor dem End3 dieses Krie- kes sollen Diskussionen zu diesem Zweck eingeleitet werden. 2. Niemand betrachtet die Beziehungen der Britischen Labour P rty .zu den Vertretern der ausländischen soziali- stischen Parteien in diesem Lande als befriedigend. 3. Es besteht allgemeine Ueberein- stimmung, dass wir eine Körperschaft schaffen müssen, die wenigstens im- stn de sein soll, die Aufgaben d r In- ternationale am Ende des Krieges ZU formulieren. Eine solche1 Körperschaft könnte kei- nen repräsentativ:n Charakter haben und die Genösser in den besetzten Ländern nioht politisch binden; aber sie könnte Ken takte mit den Genos- sen in den b' setzten Ländern organi- sieren und durch den Versuch zur Wiederbelebung der Internationale der antifaschistischen Bewegung neue Im- pulse geben. Zwei Probleme wären von besonderer Wichtigkeit. Das erste ist die Schaf- fung einer wirklichen Einheit mit der Sowjetunion. Die tragische Hinrich- tung ven Alt'r und Ehrlich zeigt, wie tief der Abgrund von Missverständnis- sen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten noch ist. Auch nach H.tlers Niederlage kann die Aufrecht- erhaltung der Sp-ltung den Sieg des Faschismus bedeuten. Das zweite Problem ist die Untersu- chung unserer Beziehungen zu den deutschen Sozialisten und zu Nach- kriegs-Deutschland. Wir müssen se- hen, dass >: in Teil der Sozialisten der Vereinigten Nationen die Unterschei- dung zwischen Nazi und Deutschen, die von Churchill und Stalin gemacht wird, nicht annehmen. Im Wider- spruch zur Geschichte halten sie die deutschen Sozialisten für bewusste Instrumente des deutschen Imperia- lismus. Die Notwendigkeit einer üb r- wältigenden Niederlage Hitlerdeutsch- lands, seine völlige Abrüstung sind au- sser Zweifel. Auch eine läng re Perio- de der alliierten Besetzung mag not- wendig sein. Aber wir müssen für un- sere Politik die Kooperation der deut- schen Sozialisten gewinnen. — fitv sozialistischer Beitrag zur Diskussion über der kommenden Frieden London als Zentrum der Emigrations- gruppen aus d n verschiedensten Län- den: ist der gegebene Ort zur gegen- seitigen Fühlungnahme und Erörte- rung der Friedensgestaltung. Leider fehlt es noch bei der Labour-Party an der Initiative, die gegebene Möglich- keit auszunutzen. Es fehlt noch das Verständnis d für, dass es sozialisti- schen Grundsätzen widerspricht, die Emigrations-Vertretungen nach "al- lii rten" und "feindl chen" Sozialisten zu .sondern. Umso erfreulicher ist es, dass sich trotz >cieser Scoderung so- zialistische Vertreter aus den zur Zeit gegnerischen Ländern zur sachlichen Diskussion des kommmden Friedens zusammenfanden. Einen wertvollen Beitrag zu dieser Diskussion bot das vor einigen Wcchen vom ISK in Lon- don veranstaltete Meeting. Henry Hauck, damals « och Arbeitsminister d r kämpfenden Franzosen, und Wil- li Eichler vom ISK w ren die Haupt- redner. Daneben traten Ricardo Lu- zatto, Präsident der Sozialistischen Partei Italiens, Georg Stolz, Präsident der tschechischen Gewerkschaftszrn- trale, und andere als Diskussions- Redner auf. Hauck begann mit einer Analyse der Wurzeln des Nazismus. Im Gegensatz zu Frankreich s:i man in Deutsch land zur Anerkennung unveräusserli- cher menschlicher Grundrechte ge- langt. Die Reaktion habe stets ihren starken Einfluss auf die Erziehung und ihre Stütz? im Heere behalten. So wurde der Nationalismus tief in die Geister der Deutschen einge- pflanzt. Es dürfe deshalb nicht über- sehen werden, dass man nicht nur ei- nem Nazi-Forbl m, sondern einem deutschen Problem gegenüberstehe. Das bedeute, dass Deutschland ent- giftet werden müsse. "Die deutschen Reaktionäre haben versucht, Europa zu germanisieren. Unsere Aufgabe ist es, Deutschland zu europäisieren. „Wenn wir s:.gen, Deutschland müsse europäisiert werden, 50 wixsehen wir aber nicht zu denjenigen gerechnet zi» w rden, die Deutschland nach dem Kriege aufteilen wollen. Eine solche Lösung wäre töricht, obwohl sie weit- hin und nicht nur in unverantwortli- chen Kreisen erörtert wird. Die Ein- he.t Deutschlands ist ein3 historische Tatsache, selbst wenn es möglich wä- re, das Deutsche Reich zeitweilig zu zerbrechen." Als einzige Lösung sieht demgemäss Hauck die soziale Revolution "inner- halb der deutschen Einheit", die end- gültig die reaktionären und kapitali- stischen Kräfte verschlägt, auf d'nen der deutsche Imperialismus aufgebaut ist. Hand in Hand damit hat die Be- strafung der Schuldigen und eine vollständige Abrüstn-g Deutschlands zu sehen. Die notwendig"n Kcntroll- massnahmen dürfen aber keinesfalls den Stempel der Rache oder der Will- kür trafen. , Soll aber die Befriedung Deutsch- lands und des übrigen Europas erfolg- reich. sein, so bedarf sie einmal der aktiven Mitarbeit der gesunden Ele- mente inn rha'b des deutschen Vol- kes. "Wir müssen das Beispiel der Aerzte nachahmen, die versuchen, den Kranken zu heilen, indem sie die ge- sunden Mikroben innerhalb des kran- ken Organismus dabei unterstützen, die schädlichen, die die Krankheit verursacht hab n, anzugreifen und zu zerstören." Und noch _etw;s: die Entwaffnung Deutschland hat der erste Schritt eu e'ner allgemeinen Abrüstung und Waffenkontrolle zu sein. Sie muss er- gänzt werd'n durch eine internatio- nale Organisation, die wesentlich kräftiger als der Völkerbund ist. "Macht muss hinter das internationa- le Gesetz gestellt werden." Schliess- lich ist daneben noch ein System all- geme'ner wirtschafti.ihher Sicherheit und Zusammenarbeit zu .schaffen. All dies aber kann nur erreicht werden, wem Russland und England gleicher- weise in die europäische Regelung einbezogen sind. Wenn der europäische Kontinent kei- nen Balkan in vergrößertem Mass- stab bilden solle, so erklärte Eichler, dürfe das künftige Europa nicht auf f inEr Politik 2 er Gewalt auf gbaut sein. Die Aufgabe Deutschlands ist es, frei- willig seinen Beitrag zur Organisie- rung Europas in einer Form zu lei- sten, die es aüsschliesst, dass Deutsch- — 20 — land jemals wieder eine Gefahr dar- stellt. „Versuche, einen Anteil an der Verantwortung für Hitler abzulehnen oder sie anderen Mächten zuzuschie- ben, sind fehl am Platze, wenn sie sich auch in gewissem Grade auf Tatsachen stützen. Solche Versuche, die Verantwortung abzuschieben, er- weck.n unwe gerlich den Eindruck, dass die Vertreter des anderen Deutschlands nach Ausreden suchen. Wenn andere Völker freiwillig ihren Anteil an der V- rantwortung zuge- ben, so ist das ihre Sache. Und sie werden umso eher gezeigt sein, das zu tun, je mehr sie .den Eindruck ha- ben, dass die Deutsch :n sich nicht d.eser unangenehmen und undankba- rer. Aufgabe entziehen... Es muss uns gelingen, die anaern Nationen davon zu überzeug n, dass ein Teil des deut- schen Volkes endgültig mit der frü- heren deutschen MachtpoLtik gebro- chen hat." Weiche Gargr.tieen aber kann das an- dere Deutschland einem föderierten Europa dafür bieten, dass die deut- sche Aggressivität sich nicht wieder- holen wird? Zunächst muss zusam- men mit der Zerstörung ces ges; ra- ten deutschen militaristisch.n Appa- rats dessen politische, ökonomische vi d ideologische Basis vollständig ausgerottet werden. Das bedeutet eine gänzliche Neuiori-ntierung der deut- schen Erziehung auf eine internatio- nale Verständigung hin. Dazu ist exe gründliche Siebung sämtlicher Lehr- Kiaite erivraerlioh. Es bedeut, t fer- ner eine fundamentale Aenderung der Struktur der deutschen Schwerindu- strie ii . a d.e Bes itigung des Gross- grundbesitzes. Deutschland wird schliesslich sich bereit erklären müs- sen, sich einer politischen Ueberwa- chung zu unterstellen, bis es öff n- bar ist, dass der Geist des deutschen Volkes sich geändert hat. Ein solches neues Deutschi: r.d hat aber im föderierten Europa >.in Staat mit gleichen Rechten und Pflichten zu sein. Sobald Schwerindustrie, Transport, bewaffnete Macht und ge- wisse weitere Institution, n internatio- nalisiert sind, werden Grenz- und Mi- nor.täten-Probleme an Wichtigkeit verLeren. Ohne eine europäische Re- volution wird allerdings dies alles i.icht zu erreichen sein. Hierbei wer- den die d utschen Arbeiter willig die Führerschaft der französischen Arbei- k terklasse anerkennen.' Ihr * gegenüber dem Nazismus hat nicht nur Frankreich sondere ganz Europa einen unschätzbar, n Dienst erwiesen. Und ihre ganze Vergangenheit lässt erwarten, dass die revolutionäre- Ini- tiative eher von ihr ausgehen wird als ven der unter d r langen Naziherr- sch: ft erschöpften und isoliert gewe- senen deutschen Arbeiterschaft. Es war im Rahmen eines kurzen Dis- kussionsabend natürlich nicht mög- lich, den Wied rauf bau Europas zu behandeln. Wesentlich und erfreulich an diesem Abend war jedenfalls, dass Sozialisten aus Ländern gegnerischer Lager ein3 gemeinsame B:,;is fanden, die als Ausgangspunkt für die Be- handlung" der Einzelprobleme dienen kann. "Man stelle sich vor...". Nach dem Sturze Mussoliris wurde in Deutschland ein illegales Flugblatt v rbreitet, das unter Anderem folgen- des sagte: "Man stelle sich vor:... Goebbels versucht den Umschwung in Italien zu beschönigen. Es handele sich um eine nerpolitische Angelegenh' it Italiens. Demgegenüber stelle m:nsich vor: Die Arbeiter legen de Arb.it nieder und rufen: "Wir wollen Frie- den". Hitler legt sein Amt nieder und zieht sich nach Obersalzberg zurück. Dia Soldaten erklären sich mit den Arbeitern solidarisch. D e Ausrottung der NSDAP beginnt. Alle führenden Nazis werden verhaftet. Ihre geham- sterten Vorräte werden unter der Be- völkerung verteilt. Die politischen Ge- fangener werden befreit und die Ge- stapotramten festgenommen. Stellen Sie sich das alles vor, und Sie ver- WT? in Tf-alfon o-ocphe^Pri -'st." Eduard» Beneseh in einem Vor- trag- vor dem Rat für auswärtige An- gelegenheiten in New York am 19, Mai: Nach der schwierigen Uebergangszeit innerer Kämpfe und Gewalt, muss das Preussen von 1913 mit seinem Herren- volk und seiner Parademarsch-Menta- lität neu organisiert, muss seine Offi- ziers- und Junker-K asse für immer durch ein demokratisches Regime er- setzt und ganz Deutschland für eine bestimmte Zeit unter eine sehr stren- ge internationale Aufsicht gestellt werden. Aber lasst uns doch nicht Klauben, dass irgendjemand ander* als das neue Deutschland selbst die XVie- dererziehmis' wirklich durchführen — 21 — Lotte Hirsch: ' WIR FRAUEN UND DER FRIEDE Frauen in der ganzen Welt harren mit Sehnsucht des Friedens. Der Faschismus, der Krieg hat die Familien auseinandergerissen. Unmündige Kinder, in frem- den Ländern aufgewachsen, sahen seit Jahren die Mutter nicht mehr. Irgend- wo sind Männer, Söhne oder Töchter in einem Lager und warten auf die Be- freiung. Wird es nicht bald Frieden geben? Ist die ständige Frage. Warum muss man noch kämpfen, wenn jetzt ein Mussolini zurücktrat und wohl bald auch ein Hitler seinem Beispiel folgen wird. Ist es nicht gleich, welche Regierung dann kommt, wenn nur der Faschismus nicht siegt? Gewiss sind wir Frauen von den Auswirkungen des Krieges besonders schwer betroffen. Und doch, seien wir nicht vergesslich und gedankenlos. Es ist auch für uns nicht gleichgültig, ob ein Frieden um jeden Preis geschlossen wird, der dcch nur von kurzer Dauer sein könnte. Wir haben zu viel gelitten, um nicht um Ende dieses Krieges eine entscheidende Wendung erwarten zu dürfen. Der Nazismus, der den Frauen so viel versprach, hat sie zu Arbeitstieren er- niedrigt. In seinen Kerkern liessen entmenschte B'estien ihren Sadismus auch an weiblichen Gefangenen aus. Vergessen wir nicht, wie Hitler an die Macht kam: Er w r das Sprachrohr der Grosskapitalisten, der preussischen Junker- und Militärkaste. Sein Sturz bedeutet noch nicht den Sturz seiner Hinterman- ner. „Der Kaiser ging, die Generäle blieben", hiess es nach dem letzten Kriege. Der Führer ging, doch die Verführten blieben", müsste es heute heissen, wenn die Alliierten sich durch den Rücktritt nur einer Person zum Friedensschluss verleiten liessen. „ . .. ,, , .. Noch gilt es zu warten. Doch diese Wartezeit soll keine verzweifelte und müssige sein Schliessen wir uns denen an, die für eine bessere Zeit, für den allgemei- nen Fortschritt der Menschheit — und damit auch für den geistigen und wirt- schaftlichen Aufstieg der Frau kämpfen. Noch hat jede reaktionäre Regierung die Arbeit der Frau verachtet und ihre Mitwirkung in öffentlichen Angelegen- heiten mit Hohn zurückgewiesen. Noch hat jede freiheitliche Regierung die Frauenarbeit zu schätzen gewusst. . .. , ... . ____. Wir wollen den Frieden. Aber nicht den, den man uns jetzt bieten konnte. Lasst uns nsch einem besseren streben und ihn durch unsere eigene Anstrengung mit vorbereiten. — HYSTERISCHE TROMMLEREI Die folgenden Zitate sind den paganda, denn sie erfüllt ihren Zweck Zeitschriften „Der Tromm'er" ja nur in den Strassen von Wohnvier- und Der Deutsche in Argen- teln. Nur das Verbrecherhirn der An- tinien" entnommen. gelsachsen, der Yankees, kann das Le- ben von Kindern und Frauen so miss- Vergeltongr. achten und alte Kulturdenkmäler sinn- Seit einem halben Jahr bombardieren los vernichten. Hunderte von anglo - nordamerikam- zu der Behauptung, dass sich in den sehen Flugzeugen Tag und Nacht of- genannten Städten keine Rüstungsin- fene europäische Städte, wo sich keine dustrien befänden, gehört eine eiserne Rüstungsindustrien befinden, Städte Stirn. Aber wie war es mit Guernica alter Kultur wie Lübeck, Rostock, und Coventry? • Freiburg, Nürnberg, Köln. Auf solche dIe Nazls Hitler verdanken: Städte werden die sogenannten „Stadt- viertel-Zerstörungsbomben" von 2.000 „Der Führer hat uns ein Dasein ge- lt g. abgeworfen, denen dann die „Bro- schenkt, das wieder wert ist, gelebt zu te Molotows", nämlich die Brandbom- werden, einen Glauben, eine Würde, ben folgen. Die neueste Erfindung der eine Ehre und das Leben selbst. Fm Angelsachsen ist flüssiger Phosphor, Lump nur gibt mehr als er hat. Was der von den Strassen in die Kellerlö- wir aber haben und durch ihn empfin- cher eindringen so 1, damit die dort gen, das bieten wir ihm an für seinen Schutz suchenden Personen umkom- Kampf: den Glauben, die Würde, die men sollen. Diese Erfindung reisst Ehre und das Leben." den Mantel von der feindlichen Pro- Würde und Ehre wurden schon längst — 22 — -preisgegeben. Wir würden von Herzen*«. Nerrcaltrlae. begrtissen, wenn die Nazis hier in Lue- Am 6. August ist „Der Trommler" so mos Aires nun auch noch ihr Leben dar- völlig aus dem Takt gekommen, dass bieten würden. Wir sind nur neugie- den Betrommelten wirr werden muss, rig, wie sie ihr Gelübde erfüllen wol- als ging ihnen ein Mühlrad im Kopf len. Wir schlagen ihnen vor, dem Bei- herum. Da geht es los gegen die „Pes- spiel der arischen Achsenbrüder im simisten", die „mit langem Gesicht" Fernen Osten folgend, Harikari zu ma- oder „pharisäerhaftem Dünkel" „ihre chen, spätestens nach dem sich schnell Weisheit mit Gewalt unter die Leute nähernden Ende ihres Lebensspenders. bringen müssen" und „den Einbrecher Nervöse Zuckungen im Nebenraum hören, sobald nur ein „Während die Yankees an der Aussen- Mäus*ein über den Boden raschelt.™ sphäre herumnaschen, bleibt Japan Die Leute, die da meinen, die Nieder- Zeit, um sein Reich in der Südsee in lagen in Russland und in Sizilien und die Grundlage seiner Machtstellung zu die Vernichtung ganzes deutscher evrwandeln. Die nordamerikanischen =tadte seien mehr als ein raschelndes Aktionen sind weiter nichts als ner- Mauslein, werden mit Hasenfuss, vöse Zuckungen Onkel Sams, der in Angsthase, Tropf, Hans Trankopf ti- Impotenz das Stärkerwerden seines tuliert, weil sie auf den „bolschewisti- Feindo« betrachtend muss" sehen Trick' und auf „das zähneflet- *eincies Detrachtend muss . sehende Gekläff der Bluthunde dev Mnnnenmorde und enKllscke Kirche feindlichen Presse und Propaganda „Wir nehmen es zur Kenntnis, dass die nereintaiien. englische Kirche sich in keiner Weise Weit bedeutungsvoller als alles, wo- über die Massenmorde der bolschewi- rüber sich solChe „Biertischpolitiker" stischen Bundesgenossen aufregt. Die aufregten, sei die Unabhängigkeitser- führenden Kreise der englischen klärung von Burma, an der man er- Hochkirehe sind der Meinung, dass es kennen könne, dass Deutschland und durchaus Christ ich sei, im Kriege kei- Japan den Völkern die Freiheit bräch- nen Unterschied zwischen Soldaten, ten. Es sei einfach unbegreiflich, dass Frauen und Kindern zu machen, dass angesichts dieser Tatsache China noch also alles unterschiedslos umgelegt immer den „Büttel raumfremder Im» werden könne. Die Bolschewisten sind perialismen und Herrschaftsbestrebun- stets dieser Ansicht gewesen, und so gen" spiele. kann man wohl argumentieren, dass __ der Bolschewismus nicht religions- Verw^r™ng gera^ sind koi^t zum feindlich ist, wenn er mit der engli- Schmss tofe^der kranvolle^ Tornv sehen Hochkirche in seinen AnechaU- me/wirbei- kraftvoller Torrn ungen übereinstimmt. Wir werden uns ' jedenfalls der phantastischen Lehren „So slhen wir als Ergebnis der letzten £eL en5llschen Kir„che z"r gegebenen Entwicklung nichts als Misserfolge Zeit erinnern und die Engländer darauf auf seiten der Gegner der neuen Ord- stossen. Denn es ist zu befürchten, dass nungr, sowohl militärisch als auch po- sie den Schjeier des Vergessen» über litisch. Und diese Misserfolge sind so die schönen christlichen Grundsätze schwerwiegend in ihren Auswirkun- ziehen, wenn das Blatt sich wendet gen, dass sie uns dem Siege ein erheb- end England an der Reihe ist, bombar- liches Stück näher bringen." diert zu werden." . _ _ ■ . . .. . .. Auch „Der Deutsche in Argentinien" Wir haben immer geglaubt, „Umlegen" hat sich leider durch das raschelnde entstamme dem Nazilexikon. Mäuslein so erschrecken lassen, dass . . . _ . - er in seiner Augustnummer schreibt: Ritter ichen Ekel. „Es ist eine Tatsache, dass englisch- äussert Alfred Rosenberg in folgender nordamerikanische Sprengbomben in Ergiessung: verschiedenen Städten gro&se Zerstö- „Wenn man heute seinen Gegner has- rungen angerichtet haben, und dass sen muss, so paart sich dieser Hass für viele Frauen und Kinder ums Leben uns mit einem Gefühl der Verachtung kamen. Es ist ebenfalls eine Tatsache, und des Ekels. Es fehlt in der Kamp- dass die Arbeiter im Ruhrgebiet nicht fesweise unseres Feindes unter der jü- mehr in ihren eigenen Betten schlafen, dischen Führung jenes Mass Von Rit- dass die Frauen der Arbeiter nicht terlichkeit, das auch in härtesten Krie- mehr in ihren Küchen im eigenen gen der Vergangenheit auch den er- Heim das Essen zubereiten, sondern in bittertsten Kämpfen einen geschichtli- . Gemeinschaftsküchen. Aber die Arbeit chen Glanz verlieh." geht weiter. Die Läden und Kolonial- Nicht jeder kann das Mass von Ritter- Warengeschäfte sind grösstenteils ge- lichkeit aufbringen, dass sich in den schlössen. Die Lebensmittel werden Folterkammern, den Konzentrationsla- vom Wagen verkauft oder gratis ver- gern, den Geiselmorden, der Verga- teilt, aber die Arbeit geht weiter . . ." sung im plombierten Viehwagen so Was wird „Der Trommler" dazu sa- herrlich manifestiert hat, gen? — 23 — Zur Karte des Nazi- zuchthauses Deutschland Die nebenstehende Karte des Zucht- hauses, in das der Nationalsozialis- mus Deutschland verwandelt- hat, führt eine beredte Sprache. Nach glaubwürdigen Angaben sind rund 3 Millionen Menschen in den hitlerschen Konzentrationslagern in Deutschland gewesen, 300.000 sollen sich zur Zeit in ihnen befinden. Die nebenstehen- de Karte und diese blossen Ziffern beweisen, welch ein Schwindel es ist, wenn die Nazis behaupten, Deutsch- land und die NSDAP., d:s deutsche Volk und Hitler seien eins. Nie hat es ein Land und ein System gegeben, in dem man mit solchen Zwangs- massnahmen. mit solchen Massenein- kerkerungen und Folterungen gegen Mitglieder des eigenen Volkes vorge- gangen ist: vorgehen musste, zu ver- hindern, dass der heldenhafte Kampf der Illegalen gefährdet werde. Denn aus den blassen Ziffern geht hervor, d ss die Mehrzahl der Konzentra- tionslagerhäftlinge politische Gegner des Nazisystems sind. Damit sind alle diejenigen — nicht durch Worte, sondern durch die denk- bar eindrucksvollste Tatsache — wi- derle?t, die nicht müden werden zu be- haupten, das ganze deutsche Volk stehe hinter Hitler, es sei von Natur bösartig und müsse als Feind der Ge- sittung und der Menschheit behandeh werden. Jeder, der solche Ankl:ge ge- gen des deutsche Volk in seiner Ge- samtheit erhebt, möge sich einma:- selbst fragen, was denn er gegen ein srlches — allzu lange Zeit vom Aus- land wohlwollend gefördertes! — bi : ins letzte ausgebildetes teuflische ; Terrorsystem getan haben würd(, wenn er selbst im Hrierzuchthau. ■ hätte leben müssen. Wenn er ehrlici ist, müsste ibn solche Selbstprüfun;-' zu eigener Bescheidenheit und zu: Bewunderung: der illegalen KämDfe ' in Deutschland ver nlassen. Wei wichtiger aber n:ch wäre es, wen:; aus der Tatsache der Konzentrations- lager und des illegalen Kampfes die notwendigen politischen Konsequen- zen gegenüber dem deutschen Vol : v.nd dem Neuaufbau Deutschland zogen würden. — 24 Die Lage der Flüchtlinge in Europa und Afrika Von befreundeter Seite wird uns ge* echrieben: Laut Verordnung dürfen in der Schweiz bleiben: Frauen mit Kindern, gränze Familien, Alte und Kranke, po- litische Flüchtlinge, denen es gelingt, hinter die Grenzlinie zu kommen. Hingegen werden Einzelpersonen, männliche und weibliche, zwischen 16 und 60 Jahren, die arbeitsfähig sind, wieder in ihr Ursprungsland zurück- geschickt. Der Begriff „Grenzlinie" hat eine sehr extensive Ausdehnung erhalten, indem Orte 10 und mehr km. hinter der Grenze noch als Grenzge- biet betrachtet werden. Tatsächlich wurden auch politische Flüchtlinge zurückgewiesen. Diejenigen, die hier- bleiben- können (es sind fast 600 und es kommen fast keine mehr durch) werden in Auffanglagern auf- genommen, die recht primitiv aber im ganzen annehmbar sind. Die Eidge- nossenschaft stellt das Unterkunftslo- kal, das Stroh, zwei Wolldecken, das sehr einfache, ziemlich fettarme Es- sen. Für alles andere-: Kleidung, Wä- sche, .Toilettenartikel, Medikamente, Handtücher, Taschengeld, Zusatznah- rung müssen die privaten Organisatio- nen sorgen. Diese Auffanglager stehen unter militärischer Bewachung. Es sind etwa 800 bis 1.000 Kinder dabei. Alle arbeitsfähigen Personen sollen in Arbeitslager kommen, ebenso wie die Emigranten, die bereits in der Schweiz sind. Hier haben sie Nahrung und Arbeitskleidung, recht anständiges Es- sen, einen kleinen Sold, regelmässi- gen Urlaub mit bezahlter Freikarte an ihren Standort. Die Männer werden verwendet zur Melioration von Boden, Strassenbau, Torfstechen usw. Die Frauenlager waschen, stricken, nähen für die Männer in den Arbeitslagern, und zwar verarbeiten sie das von der Eidgenossenschaft gestiftete Material. Frauen mit Kindern unter vier Jah- ren kommen in besondere Heime; Ar beitsu-n,fähige und Alte müssen auf Kioisten der Komitees privat versorgt werden. Bei den bisherigen Flüchtlin- _gen war es so: von ca. 5.500 Perso- nen waren 800 bis 900 als lagerfähig erklärt; alle anderen leben auf Ko- sten der Komitees. Bs ist ohne wei- teres anzunehmen, das's "unter den Neuhinzugekommenen der Prozent- satz der nicht arbeitslagerfähigen mindestens so gross ist. Da die Ge- werkschaften, die Partei und die Ko» mitees immer grössere Schwierigkel- ten haben, die dringendsten Mittel aufzubringen, wird eine Hilfe vom Ausland immer zwingender. Für die Hilfe der In Frankreich unter sehr schlimmen Bedingungen, zum Teil versteckt lebenden Flüchtlinge er- halte ich keinerlei Zuschüss, ich bettle alles von einzelnen Freunder: und Kol« legen in ununterbrochenen Vorträgen zusammen . . . Was eine etwaige Hil- fe des Hohen Flüchtlingskommissare anbetrifft, bei der Schweizerischen (Regierung bei "Ausschaffungen" zu intervenieren, so hat es wohl nur ei- nen platonischen Wert. Die Auswei- sungen werden gleich an der Grenze von den Grenzorganen vorgenommen; die "Zuürckgestellten" werden der französischen Polizei in die Hände ge- geben, die sie in den meisten Fällen zuerst wegen Benützung falscher Aua- weise festnimmt, um sie nach einigen Tagen in das Deportiertenlager Rive- salies zu befördern. Von dort gibt ee keine Möglichkeit der Rettung mehr. Von den meisten erfahren wir erst nach Wochen, durch Freunde, dass sie den Grenzübertritt versuchten und seither verschollen sind; andere schreiben uns aus Rivesaltes ver- zweifelte Briefe und Telegramme . „ Materielle Hilfe aus dem Ausland» wird diß. Frage beantworten, wie lau- ge wir überhaupt noch in solchen be- sonderen Notfällen individuell helfe» können, auch für Saarflüchtlinge, die nicht mehr rechtzeitig zu uns kom- men konnten . . In Portugal und Spanien Viele Flüchtlinge, die im Laufe de* letzten Monate illegal nach Portugal gekommen sind, wurden jetzt in Zwangsaufenthalt nach einem kleinen Küstenort — Ericeira — geschickt« Das ist für alle Verschickten eine Verbesserung ihrer Situation, sie -'kommen damit aus den Gefängnissen und werden auf diese Weise "legali- siert". Da viele Flüchtlinge ohne Pa- piere von Frankreich durch Spanien nach Portugal gekommen sind, ist dies besonders wichtig. Voraussetzung für die Verschickung ist allerdings, dass sich ein Komitee findet, dass die Verpflichtung für den L«ebensunteTr halt des Betreffenden übernimmt. In dem spanischen Konzentrationsla,- — 26 — ,g-er Ebro de Miranda, sind noch ca. 4.000 Flüchtlinge versammelt, viele davon sind in den letzten Monaten über die Grenze gegangen und wur- den dann dort interniert. Eine grosse Anzahl anderer Flüchtlinge dürfte al- lerdings auch noch in den spanischen Grenzgefängnissen, wie Fiegueras, sitzen, wo die Bedingungen offenbar sehr viel zu wünschen übrig lassen. Freunde von uns sitzen in derartigen Gefängnissen seit fast 20 Monaten, schuldlos, und ohne dass sich ein Richter findet, der ihren Fall behan- delt. Obwohl einiges besser geworden ist, ist doch die allgemeine Unsicher- heit und der Mangel an einem geord- neten Rechts verfahren sehr bedrük.- kend. — Im Träger Miranda sind auch noch viele Franzosen sowie deutsche Flüchtlinge, die aus dem grenznahen Vichy-Intern ierungslager Gur? ent- kommen sind. Eine Zeitlang waren aiuch Frauen in Miranda, man hat sie aber entlassen, weil man den Platz für die Männer brauchte. Die Polen, die bisher im Lager waren und beson- ders schlecht behandelt wurden, sind und werden entlassen. In Nortliifrika Ueber die Lage in Nlordafrika schreibt uns die Zentrale der Quaker in Phi- ladelphia am 9. Juli: Richard Bombach: "Wir haben in Nordafrika in den letz- ten Monaten zusammengearbeitet mit dem von der Regierung eingesetzten Komitee, das der frühere Gouverneur Lehmann präsidiert. Wir hatten vier Delegierte in Nordafrika. Ihr Haupt- quartier war in Casablanca. Sie ha- ben ihre Hauptaufmerksamkeit den Flüchtlingen in Marokko und Algier zugewandt. Zuerst waren die Flücht- linge in den verschiedenen Interme- rungslagern und Arbeitslagern, aber nach und nach wurden sie freigelas- sen, sodass nach unseren Informatio- nen zur Zeit alle Lager praktisch li- quidiert find. Zahlreiche Flüchtlinge sind dabei, sich für die britische oder amerikanische Armee zu melden. An- dere, z. B. Russen, die in den Lagern waren, sind in die URSR. zurückbe- fördert worden. Die polnische und tschechische Exilregierung hat die Verantwortung für ihre Staatsbürger übernommen. Kürzlich haben wir ei- ne grössere Sendung von Kleidungs- stücken an die Flüchtlinge verteilt. Wir sind auch autorisiert worden, Geld an Einzelpersonen in Nordafri- ka zu senden, das ihnen Verwandte oder Bekannte zukommen lassen wol- len. Wenn die Freunde des DAD. da- von Gebrauch machen wollen, so ste- hen wir Ihnen zur Verfügung." LANDESKONFERENZ DER DEUTSCHEN ANTIFASCHISTEN BOLIVIENS In Durchführung der Beschlüsse des Kongreses der deutschen Antifaschi- sten Südamerikas in Montevideo hielten in den Tagen vom 5. bis 8. Augunst die antifaschistischen Orga- nisationen Boliviens die erste L?ndes- tagung in Cochabamba ab. Der Sinn und der Zweck dieses erstens Kon- gresses der Vereinigung Freier Deut- scher war ein doppelter:g 1. Zusamenfassung aller Organisatio- nen in einem Landesverband Boli- vien. 2. Stellungnahme zu den Kongressen in Montevideo und Mexico. Beide Fragen wurden in vorbildlicher Weise gelöst. Nicht nur wurde einmü- tig der Zusammenfassung aller anti- faschistischen Organisationen in Boli- vien zugestimmt und der Aufgaben- kreis des neugegründeten Landesver- bandes genau umrissen, sondern dar- ber hinaus ebenso einmütig die poli- tische Linie des Landesverbandes fest- gelegt. Die T'grng war he^M^H von D'Re- gierten der Organisationen La Paz, Oruro, Tariia und Cochabamba. Es war eine Tagung der Antifaschisten aller Richtungen, derer, die sich zu den Beschlüssen von Montevideo be- kennen und der anderen, die den An- schluss an Mexiko erstreben. Trotz dieser grundsätzlich verschiedenen Auffassungen verlief die Tagung har- monisch. Es gab nur eine Meinungsverschieden- heit, das war die Fra»e des Anschlus- ses an Montevideo oder Mexico. Ben- der - La Paz, vertrag im Wesentlichen die Auffassungen des Lateinamerika- nischen Komitees in Mexiko und hier, aber auch nur hier, waren die Meinun- gen der Delegierten geteilt. Bänder — 27 — plädierte nicht für den absoluten An- schluss an Mexiko, obwohl er schliess- lich den Aultrag dazu von der Zen- trale in Mexiko bekommen hatte, son- dern hielt es für richtig, für die Flie- ge freundschaftlicher Beziehungen so- wohl mit Buenos Aires (Montevideo) als aacn zu Mexiko und Moskau ein- zutreten. Die Mehrzahl der Diskus- sionsredner erstrebte restlose Klärung in dieser Frage und trat für den un- bedingten Anschluss an Buenos Aires ein. Wenig Erfolg versprach man sich auch von Bänders Vorschlägen zur Werbung neuer Mitkämpfer unter den Kleinoürgern, ausgerechnet unter der Kategorie derer, die zuerst zu Hitler übergelaufen sind, die noch heute auf Gedeih und Verderb zu ihm halten lnd z. in den ausserdeutschen Ländern das Rückgrat der 5. K:lonne bildeten. In einer geschickt zusammengefassten Resolution wurden schliesslich die ge- genteiligen Meinungen in dieser Fra- ge überbrückt und die Resolution in namentlicher Abstimmung einmütig angenommen. Höhepunkt der Landeskonferenz wa- ren weiter die beiden grossen Refera- te: Arthur Gross, La P-z, über: Die Stellung der deutschen Antifaschisten zu den Alliierten und Richard Hertwig, Cochabamba über: Deutsche Nach- krie^sprobleme im Blickfeld der deut- schen Antifaschisten. Da*; Referat von Gross klang aus in der Forderung, dass dem totalen Krie- ge, der totale Frieden feigen müsse. Nur die Gilberten geben die Gewähr dafür, das heisst, wenn sie zu dem ste- hen, was sie der Welt in dieser Bezie- hung verkündet haben. VansiUart, um einen Begriff in einen Namen zu klei- den, ist die Zustimmung zu neuer Ge- waltpolitik. Niemand in der Welt hat ein Recht, Hitler und das deutsche V-clk gleichzustellen und das deutsche Volk als alleinschuldig zu erklären. Die Frage von Schuld und Sühne kann nur vom Standpunkt der Ge- rechtigkeit und der Verhütung neuer Konflikte betrachtet werden und Deutschland kann nur dann die reak- tionären Kräfte restlos vernichten, wenn es einen gerechten Frieden be- kommt. Die Diskussion stand auf derselben Höhe wie das Referat. Sämtliche Red- ner betonten die bedingungslose und restlose Unterstützung der Alliierten durch die deutschen Antifaschisten aber zugleich sei zu fordern, dass man nicht ein neues Unrecht über das deutsche Volk und damit eine Gefahr für die gesamte Welt heraufbeschwö- re. Hertwig - Cochabamba, stellte u. a. die Frage in seinem Referant: Worin be- steht das Wollen der in Deutschland lebenden Antifaschisten? Was ist das grosse, geheime Sehnen Milli.nen Un- terdrückter in Hitlerdeutschland? Es ist das heisse Verlangen nach den sittlichen Postulaten von Menschen- tum und Menschenwürde. Und unser Weg ist die politische Demokratie, un- ser Ziel die sozialistische Republik in einem sozialistischen Europa. Wir An- tüaschisten müssen uns vorbereiten, die Führung des deutschen Volkes zu übernehmen, denn mit uns geht das Sehnen der Millionen nach Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Den von Hertwig formulierten Vor- schlägen zur Sicherung der sozialen Republik wurde einmütig zugestimmt. Bolivien hat wehl als erstes Land in Südamerika durch die Abhaltung des Kongresses in Cochabamba und Schaf- fung eines Landesausschusses die Be- schlüsse von Montevideo in die Tat umgesetzt, soweit sie sich auf die or- ganisatorischen Massnahmen bezie- hen. Darüber hinaus aber gab der Kongress nicht nur dem Landesaus- schuss, sondern auch seinen ange- schlossenen Organisationen wertvolle Richtlinien für ihre Arbeiten mit auf den Weg. Die Organisationen, in ih- rer grossen Mehrheit auf die Be- schlüsse von Montevideo eingestellt, werden dafür Sorge tragen, dass diese Beschlüsse restlos in die Tat umge- setzt werden. Die Antif: schisten in Bolivien werden der übrigen Welt den Beweis erbringen, dass sie, jeaer ein- zelne, wahre Kämpfer im Kampf um die Befreiung der Menschheit von der Geisel des Faschismus und für Neu- ordnung Europas und der übrigen Welt sein werden. Obwohl Dreiviertel der Delegierten nicht der Meinung Bän- ders waren, stimmten sie alle geschlos- sen für die E'inheitsresolution, damit den Beweis erbringend, dass ihnen die Einheit der Aktion höher steht, als ir- gendeine taktische Frage. Es ist zu hoffen, dass man diesen festen Willen zur Zusammenarbeit Juch in dem la- teinamerikanischen Komitee in Mexi- ko beachtet und anerkennt. — 28 — ANGENOMMENE RESOLUTIONEN I. In Durchführung der Beschlüsse der Konferenz von Montevideo und des von ihr geschaffenen Ausschusses gründet die vom 5. — 7. August 1943 in CocJia- biimba tagende Landeskonferenz der Delegierten der deutschen Antifaschi- sten in Bolivien den vom Ausschuss vorgeschlagenen Landesterband: „Ale inania Democr&tica" en Bo'ivia. Oer Landes verband wird zur engsten Zusammenarbeit mit «lein Ausschuss in Ituenos Aires verpflichtet. Eine weite- re Aufgabe des Landesverbandes ist die kameradschaftliche und freund- schaftliche Zusammenarbeit mit dem Lateinamerikanischen Komitee der „freien Deutschen" in Mexiko. Kftetiso muss er die Verbindungen mit allen anderen Organisationszentren deutscher Antifaschisten, besonders in jXew Yorik und London, aufnehmen und pflegen. Der Landesverband hat unter sorgfäl- tiger Respektierung der Gesetze uns! Dekrete unseres bolivianischen Gast- landes folgende Aufgaben: 1 . Pflege der Beziehungen mit den Autoritäten des Landes, der Alliier- ten und mit den freien Organisatio- nen der unterdrückten Länder. 2. Erfassung aller deutscher antifa- schistischen Gruppen, Clubs und Einzelpersonen in Bolivien; die „Strasser Gruppe" wird alrs nicht dazugehörig betrachtet. -!. Kampf gegen den Nazis a seh ismiis und die 5. Kolonne. ■4. Organisierung von Aktionen zur moralischen und materiellen Unter- stützung der Alliierten. 5. Erteilung organisatorischer und ideologischer Richtlinien an die an- geschlossenen Gruppen. <> • Schlichtung von Differenzen, die die Erfüllung der Aufgaben des Lan- desverbandes gefährden. T. Stellungnahme zu den Prob einen des kommenden demokratischen Deutschlands. s. Archivierung von Namen und Da- ten von Naziverbrechern und ihren V erbrechen. !!. Sammlung und Auswertung der Do- kumentation über die geleistet^1 Ar II. Site- Landeskonferenz der vom 5. bis 7. Augiist 1843 in Vochabamba tagenden Hülesierten der deutschen Antifaschi- sten in Bolivien begriisst die Gründung des Komites „Alemania Libre" in Mos- kau und seine Anerkennung durch die BJ.egierung der Sowjet-Union. III. Die auf der ersten Landestagung der antifaschistischen deutschen Organi- sationen Boliviens in Cocliabamba vom .*»■ bis 7. August i;»i:5 versammelten De- legierten danken dem Lande Boliviern für die Freiheit, die es den von dem faschistischen Ländern Verfolgten ge- währt und erneurn gegenüber der im Kriegszustand mit den Achsenmächte* sich befindenden Regierung ihres Gast- landes ihr Gelöbnis, sie in ihrem Kampfe gegen die staatszersetzende Tätigkeit der 5. Kotonne und derem Sabotageversuche zu unterstützen. AUS UNSERER BEWEGUNG CHILE Auch in Chile macht unsere Bewegung Fortschritte. Das gilt vor allem für Südchile, wo unser bewährter Ver- trauensmann Oscar Chylik-Osorno weiterhin erfolgreich tätig ist. In Mit- telchile ist unter anderen der frühere Reichstagsabgecrdnete des Zentrums, Hesslein-tiantiago, der dem sozialen Flügel dieser Partei angehörte, für uns tätig; in Nordchile der frühere Flie- geroffizier Wilhelm von M.yenberger- Vallenar. Der Absatz unserer Zeit- schrift hat sich in der letzten Zeit un- gefähr verdoppelt. URUGUAY Der Tätigkeit der in neuer Form zu- samengefassten Freunde des Anderen Deutschland in Montevideo ist es zu danken, dass auch hier der Absatz un- serer Zeitschrift sich mehr als verdop- pelt hat. BRASILIEN Unser alter Freund Friedrich Knie- s t e d t, der sein ganzes Lebendem" Kampf um die Freiheit gewidmet hat, und der den Teilnehmern am Kongress in Montevideo in unvergesslicher Erin- nerung sein wird, sendet uns den fol- genden Reisbericht: Der Zysarrenschluss der deutschen Anti-Nazisten Brasiliens Schon seit langem hatte ich eine Rei- se durch die Süd- und Mittelstaaten Brasiliens geplant, um den Zusam- menschluss der dort lebenden deut- schen Hitlergegner herbeizuführen. Am 20. Juli reiste ich von Pcrto Ale- gre ab. N;ch mehr als. dreitägiger Fahrt kam ich am 24. Juli in Ponta Grcssa an, einer Campstadt im Staate Faranä. Fünf alte Freunde erw. rteten mich dort. Nach einer am gleichen Abend abgehaltenen Sitzung reihten sich alle fünf Freunde unserer E'ewe- — 29 — gung ein. Am folgenden Tage brachte die in Ponta Grossa erscheinende Zei- tung „Diario dos Campos" einen aus- führlichen Bericht über Zweck und Ziel unserer Bewegung. Dann ging die Reise weiter nach Curitiba, der Haupt- stadt von Paranä, wo ich die Tage vom 25. bis 27. Juli verbrachte. An der Abendsitzung nahmen etwa ein Dut- zent unserer Gesinnungsfreunde teil. Man wurde sich einig, auch dort mit schärferen Mitteln gegen den Natio- nalsozialismus vorzugehen und eine Vertretung der deutschen Anti-Nazis zu schaffen. Die in Frage kommenden Behörden zollten in der anerkennend- sten Weise unserer Arbeit Beifall. Als ich am 27. Juli meine Reise nach Sao Paulo fortsetzte, war die Zahl unserer Freunde schon auf 22 gestiegen. Zwei der in Curitiba erscheinenden Tages- zeitungen „O Dia" und „Diario da Tarde" brachten gut gehaltene Aus- führungen zu meiner Reise. Am 28. Juli kam ich nach 26stündiger Fahrt in Sao Paulo an. Ich traf die deutsche Anti-Nazi-Bewegung Sao Paulos in ei- nem ziemlich trostlosen Zustand. Seit über einem Jahr hatte dort eine Be- wegung unter dem Namen „Movimen- to dos Alemaes Livres" bestanden, des- sen Komitee von dem tschechischen Staatsangehörigen Karl von Lustig- Prean geleitet wurde. Diese Bewegung hntte es angeblich auf nahezu 350 Mitglieder gebracht und war der F. D.- Bewegung mit dem Sitz in Mexiko beigetreten. Die grossen, anfänglichen Versprechungen waren alle unerfüllt geblieben. Bei meiner Ankunft in Sao Paulo fand ich nur noch einen Trüm- merhaufen vor. Aus diesen Trümmern galt es, das noch brauchbare Material herauszusuchen und eine neue Bewe- gung aufzubauen. In vier Sitzungen, mit über 40 Freunden, gelang es mir, die deutschen Anti-Nazis Sao Paulos zu einer neuen Bewegung zusammen- zuschweissen. Auf Grund der vorher- gerpachten Erfahrungen war es zu- nächst schwer, bei den Behörden das für unsere Arbeit notwendige Interes- se zu erwecken. Aber im Verlauf von vier Konferenzen gelang es mir doch, die vorhandenen Schwierigkeiten zu beheben und die Voraussetzungen für den Neuaufbau unserer Bewegung zu schaffen. Sehr verständnisvoll für un- sere Situation zeigte sich der U.S.A.- Generalkonsul, Mr. Cecil M. P. Gross. In einer mehr als halbstündigen Un- terredung, besprach ich mit ihm alle uns betreffenden Fragen. Am 3. Au- gust ging es weiter nach Rio de Ja- neiro. In Rio gingen die Arbeiten rei- bungsloser vonstatten. Ich fand nicht die Trümmer einer zusammengebro- chenen Bewegung vor. Ein Kreis von Freunden hatte bereits gute Vorarbeit geleistet. Sie waren, wie ich, davon überzeugt, dass der Kampf gegen den Nazismus, wie gegen jede Barbarei, die Zusammenfassung aller unserer Kräfte erfordert. Ihre Bemühungen gingen infolgedessen schon lange in der Rich- tung, einen Zusammenschluss aller deutschen Nazi-Gegner herbeizufüh- ren und jede Zersplitterung zu ver- meiden. In Rio war ich an dem Regie- rungssitz der Bundesbehörden ange- langt. Es musste mir darauf ankom- men, von diesen Behörden eine Bestä- tigung der Notwendigkeit unserer Ar- beit zu erlangen. Ich führte alle Ver- handlungen allein, doch muss ich er- klären, dass ich angenehm überrascht war, nach mehr als zehnjähriger Ab- lehnung endlich Anerkennung und Verständnis auch bei den Bundesbe- hörden zu finden. Alle Erleichterun- gen, die man mir im Staate Rio Gran- de do Sul schon seit längerer Zeit zu- gebilligt hatte, wurden mir auch für die übrigen Gebiete Brasiliens zuge- billigt. Die Einheitsfront aller in Bra- silien kämpfender Anti-Nazisten ist damit geschaffte worden. Der erste Teil der Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, ist zum Abschluss gekommen» Der Beschluss von Montevideo, eine Einheitsfront aller deutschen Anti- Nazisten herbeizuführen, ist für Bra- silien verwirklicht worden. Jetzt heisst es, unsere Bewegung schrittweise zut erweitern und alle aufrichtigen und ehrlichen Nazigegner zu erfassen. Um dies durchzuführen, müssen vor allem die nutzlosen und unerfreulichen. Streitereien zwischen Buenos Aires und Mexiko aufhören. Ich glaube, dass meine Freunde in allen Teilen Brasi- liens die ihnen übertragene Aufgabe mit voller Hingabe erfüllen werden» Unser nächstes Ziel ist es, den noch vorhandenen Nazi-Fanatismus zu bre- chen und die Anhänger des Haken- kreuzes aus Südamerika zu vertreiben. Auch in Rio hatte ich Besprechungen mit führenden Zeitungen, die sich leb- haft für unsere Probleme und unsere Arbeit interessierten. — 30 — BRIEFE AN DIE REDAKTION Sehr geehrter Herr Biemsen, Ihr Aufsatz „Die Erziehung des deut- schen Volkes" (Nr. 68 d. A. IX vom 1. 7. 43) verdient grösstes Interesse. Ich kann Ihnen aus vollster Ueberzeugung beistimmen, wenn Sie Fremde praecep- tores germaniae ablehnen. Es ist ja nicht nur dem deutschen Volke ge- schehen, dass es im Massenwahn hin- ter „Führern" blind einherläuft. So et- was ist zu allen Zeiten vorgekommen ■und kann nur verstanden werden, wenn man den Ursachen und den gei- stigen, politischen und wirtschaftli- chen Bedingungen auf den Grund geht, die zu solchen Massenerschütterungen führen. Ich habe von 1935 bis 1940 in Ita'ien gelebt und festgestellt, dass auch das im Grunde nicht fanatische, sondern duldsame, menschliche und reichlich skeptische italienische Volk den ganzen Unsinn, den ihm seine Führer vorschwatzten, als letzte Heils- wahrheiten anerkannte, ob es sich ntln tim die jungen Völker „denen die Welt gehört" oder um „die Engländer, die bis zum letzten Franzosen kämpfen" oder um „il Duce ha sempre reggione" drehte. Nein, wenn man künftig in Europa „auf freiem Grund mit freiem Volk stehen" will, dann muss man denen, -die die Völker bilden, also den Massen, Bedingungen schaffen, die ihnen das Leben lebenswert machen. Das ist kei- ne Arbeit für Erzieher, die aus ande- ren Völkern daherkommen und ihre Anschauungen auf das „Schülervolk" tibertragen. Mögen diese kaum etwas anderes sehen, als so etwas ähnliches wie die berüchtigten „Schnüffelkom- missionen" nach dem 1. Weltkrieg. Ein geistiges Versailles. Und damit wäre man glücklich wieder soweit wie anno 1918/19. Eine geistige Neugestaltung des deutschen Volkes wird nur dann geschehen, wenn die ganze europäische Völkerfamilie das ihre dazu tut, Eu- ropa nicht wieder in Sieger und Be- siegte zu scheiden. Ich hoffe, dass end- lich den europäischen Völkern Männer geschenkt werden, die den Gedanken: Europa ist eine geschichtliche Einheit, verwirklichen werden. Das ist nach meiner Ansicht das Ziel, zu dem die europäischen Kulturvölker geführt werden müssen. Iii einem geistig und wirtschaftlich freien Europa wird sich auch das deutsche Volk wiederfinden, während die fremden Heilande nur das Gegenteil dessen, was sie wollen, er- reichen würden. Ein schwieriges Vorhaben, diese euro- päische Einheit. Gewiss. Aber schwie- rig sind nur die Dinge, an die man .sich nicht herantraut. Man hat 1918/19 wiederum nur einen mehr oder we- niger langen Waffenstillstand geben. Das Schlimmste, was Fruropa passieren kann, wäre eine Wiederherstellung der WER STREIKT IN USA? berüchtigten balance of power. könnte Heinrich Heine variieren: „Und als ich über den St. Gotthard floK, da sah ich Europa raufen, es schlug sich da unten in böser Hut von sechsunddreissig Autarken". Mit freundlichsten Grüssen K. I >. Dass die Kohlen-Bergarbeiter in U.S.A. gestreikt haben, weiss bald jedes Kind. Für die Verbreitung dieser Kenntnis haben die Presse und die Verhandlungen im Kongress hinreichen gesorgt. War es die Papierknappheit, die die Zeitungen dazu zwang, keine Einzelheiten über die wirtschaftlichen Gründe jenes Bergar- beiterstreiks zu bringen? Dass nämlich die Lebensmittelpreise in den Kohlen- bergwerks-Bezirken bis 124.6 % von 1939 bis 1943 gestiegen sind. Dass die Ar- beiter der Anthrazit-Bergwerke kaum mehr als die Hälfte der Werftarbeiterlöh- ne, 30% weniger als die Automobilarbeiter etc. erhalten. Dass man den Koh- len-Arbeitern das verweigerte, w.s die Bergleute der Erzbezirke selbstverständ- lich erhalten. Bezahlung von durchschnittlich einer Stunde für den Weg, den die Arbeiter innerhalb des Bergwerks zurückzulegen haben, bevor sie an ihren Ar- beitspdatz gelangen. Wer die nordamerikanischen Kohlen-Bergarbeiter leichthin verurteilen will, soll- te doch diese Einzelheiten kennen. Er sollte aber auch wissen, dass in U.S.A. Streiks wüten, über die die Presse beinahe völlig schweigt. Allerdings handelt es sich hier nicht um Streiks, die von Arbeitern geführt werden. Dafür tragen die- se Streiks aber die Schuld an der Fleischknappheit, unter der die nordamerika- nische Bevölkerung leidet. Diese Knappheit ist nicht etwa auf Viehmangel zu- rückzuführen. Im Gegenteil, auf den nordamerikaniscnen Weiden grasen mehr Rinder, als jemals in der Geschichte des Landes der~Fall war. Nur einen kleinen Haken hat die Sache: die Farmer weigern sich, zu den Preisen zu verkaufen, die ihnen die Schlachthäuser auf Grund der amtlich festgesetzten Höchstprei- es für Fleisch bieten können. Die Lagerhäuser der Getreidezone können bald die vorjährige Ernte nicht ber- gen. Dennoch haben verschiedene mitten in jener Zone gelegenen Getreide- Ii ffinerieen ihren Betrieb schliessen müssen. Ihre für den Krieg so lebenswich- tige Alkohol-Produktion ruht. Warum? Die Getreides armer wollen nicht zum festjesetzten Höchstpreis verkaufen. Warum schweigt die Presse? Warum beschliesst der Kongress kein Gesetz, das de n Fanr. erstreik ein Ende setzt? Nun, es handelt sich ja nicht um eine halbe Million wirtschaftlich und politisch machtloser Bergarbeiter, sondern um 6 Mil- lionen einflussreicher Farmer. Mit denen möchte es keiner so leicht verderben. Andere, beinahe noch schlimmere Streiks stehen bevzr: Die Konservenfabriken haben angekündigt, dass sie Riesenmengen von Tomaten, Bohnen und anderem Gemüse verfaulen lassen werden, wenn die Regierung ihnen nicht Höchstpreise zugesteht, die einen entsprechenden Reingewinn lassen. Bei der von den Berg- arbeitern nicht geförderten Kehle, ja. selbst bei den von den Bauern zurückge- haltenen Produkten, handelt es sich um Material, das ninht ohne weiteres ver- loien ist. Das verfaulte Gemüse aber ist unwiederbringlich dem Konsum der Soldaten und der Bevölkerung entzogen. Ein Skandal, der buchstäblich zum Himmel stinken wird. Aber auch hier handelt es sich ja nicht um einen Arbei- ter-Streik. — 32 — DAS GESICHT DER ZEIT Eignungsprüfung in Washington. — In „The Nation" kritisiert ein h:her Staatsbeamter, dessen Namen nicht genannt wird, die „Charakter-Unter- suchung", der alle Regierungsbe :mten in Kriegsämtern unterworfen werden. Er versichert, dass Erhebungsorgane des FBI (Federal Bureau of Investi- gation) und des Civil Service bei der Prüfung der „Angemessenheit" eines Kandidaten für eine Regierungsanstel- lung seine Freunde und Nachbarn fra- gen: ,,Hat er jemals für Arbeiterge- werkschaften agitiert? . . . Scheint es, d?ss er zu viele jüdische Freunde hat? , . . Hat er jemals d;s Dies-Kommit- tee kritisiert? (das DK ist das Zen- trum der Hetze gegen Rote) ... Ist es wahr, dass er The Nation und The New Republik liest . . . Leuchtet sein Gesicht auf, wenn die Rote Armee er- wähnt wird? (Time, 27. 7. 1943). New Deal überlebt? New Deal war die Parole, unter der Präsident Roosevelt in seiner ersten Präsidentschaftsperiode weitgesteckte Ziele einer Gesellschaftsreform ver- fechten und zum Teil verwirklicht hat, die ; lle fortschrittlichen Geister der Nation um ihn einte. Einen Einblick in die Schwenkung, die seither einge- treten ist, obgleich der Mann an der Spitze immer noch derselbe ist, ge- winnt man aus dem Kommentar, den Time, Chicago (26. Juli), an die Ent- hebung des Vizepräsidenten Wallace vom Amt des Chefs der ökonomischen Kriegsführung knüpft. Aufmerksame Zeitungsleser werden sich daran erin- nern, dass diese Absetzung eine F:lge des Konfliktes war. in den Wall"ce mit Jesse Jones, dem Kontrollör der Kriegsfinanzierung, geraten war. Ti- me schreibt unter dem Titel „Der letz- te New Dealer": „Einige der wärmsten Freunde des New Deal begannen letzte Woche sich zu wundern. Henry Agard Wallace, der Mann, den Franklin Roo- sevelt zur Vizepräsidentschaft erhoben hatte, weil er dem idealen lOOprozenti- gen New De? ler am nächsten kam, war v"n seinem Chef ausgeschifft wor- den. Warum war er ausgeschifft wor- den? Weil er erwischt worden war, als er Konservative besänftigte oder mit dem Kapitalismus lipbnn be . . . Dieses Gerücht jedenfalls war keine Phantasie. Gemeiner William McRae, "ein Schofför, war wirklich an- geschossen und schwer verwundet wor- den . . . Anscheinend hatte Oberst Colman knapp vor ein Uhr mcrgens einen Wagen verlangt, um heimzufah- ren. Sein regulärer Wagenführer war dienstfrei. Durch einen unglücklichen Zufall wusste, der neue Expeditor nichts von Oberst Colmans Daueran- ordnung, dass kein Negersoldat seinen Wagen führen dürfe. Als McRae im Hauptquartier sich meldete, zog Col- man seinen Dienstrevolver und feuer- te". (Time 17. V. 1943). Literatur in Texas Das Abgeordnetenhaus von Texas, Ver- einigte Staaten von Nordamerika, hat letzte Woche befunden, dass einige von Lord Byrons Schriften „für jedwede Person, innerhalb und ausserhalb der Universität nicht als Lektüre geeignet sind." Das Haus hat beschlossen, die Frage des Ankaufs von Frühdrucken — 34 — der Werke von Byron, Browning, Lamb, Shelley, Tennyson und Petro- nlus Arbiter (alles Klassiker der engli- schen Literatur) um 20.000 Dollar für die berühmte Sammlung seltener Bü- cher der Universität zu untersuchen. Sie alle bezichtigte das Haus „obszoen" oder „atheistisch" zu sein. (Time, d. 5. 1943). Bündnis mit dem Teufel Aus Vincent Sheans Buch „Zwischen Gewitter und Sonne", einer Deutung der Gegenwart in autobiographischer Form, zitiert Time (3. 5. 1943) Begeg- nungen des Autors mit britischen Per- sönlichkeiten an der Cote d'Azur im Chateau de l'Horizon der reichen Ame- rikanerin Maxine Elliot, kurz vor Kriegsausbruch. Winston Churchill kam zu Gast. Seine ersten Worte, an die Hausfrau gerichtet, waren: „Meine liebe Mexine, Sie haben keine Idee, wie leicht es geht, auch ohne Diener zu reisen. Ich bin die ganze Strecke vcn London hierher ganz allein ge- kommen, und es war angenehm". „Wie mutig Sie sind!", war die Ant- wort der Hausfrau. Zu dieser Zeit, sagt Shean, war Chur- chill pro-Franco und sehr besorgt über die russische Intervention in Spanien. „Später war er bereit, mit der äusser- sten Linken zusammenzuarbeiten, wenn es nötig war, um den Erzfeind zu schlagen". Sheean war in der Lage, Churchills ideologische Entwicklung in den entscheidenden Jahren aus näch- ster Nähe zu beobachten. Er hörte, wie Churchill einmal den Herzog von Windsor, den abgedankten König von England, durch sein Drängen n-ch ei- nem Bündnis mit Russland schockier- te: Der „eigenwillige, vergnügungs- süchtige kleine Prinz" sagte: „Von al- len Leuten sind Sie der letzte, von dem ich das erwartet hätte, Winsten!" „Sir, ich würde mit dem Teufel selbst Freundschaft schliessen, wenn es Eng- lands Rettung gälte", gab Churchill zur Antwort. Volkes Stimme diesseits und jenseits des Atlantic In USA und England wurde die Mei- nung des Durchschnittspublikums dar- über eingeholt, welchem Land das grösste Verdienst am Sieg im Kriege zuzuschreiben sei. Ergebnis in USA: USA 55 Prozent (der Befragten), Russ- land 32 Prozent, Grossbritannien 9 Prozent, China 4 Prozent. — In Eng- land: Russland 50 Prozent, Grossbri- tannien 42 Prozent, China 5 Prozent, USA. 3 Prozent. Woraus sich ergibt, dass die Yankees sich selber am höch- sten einschätzen, während die Schät- zung der Briten für die Yankees und vice versa gleich hoch ist. „Antifaschisten" Unter ein Porträt des italienischen Königs und seines M^rschall-Minister- präsidenten Badoglio setzt „La France Nouvelle", Buenos Aires, die folgenden treffenden Worte: „Der König und Kaiser VE und Marschall Badoglio. Es ist ihnen gelungen, während mehr als 20 Jahren ihre zutiefst antifaschisti- schen Gefühle zu verstellen. Mit einem Wort zwei Helden des Untergrund- kampfes." Spanisches Reisefieber Durch Vermittlung der United Press erfuhr man aus New York den Inhalt eines Briefes, den der spanische Kron- prätendent an den spanischen Dikta- tor Franco geschrieben hat. Der Brief war an den Aussenminister Jordana adressiert, aber in Wirklichkeit an die anglosächsische Koalition gerichtet, wie man ja zuch aus dem Ort ersieht, wo er das Licht der Welt erblickte. Denn Conde Jordana, hat ihn gewiss nicht der United Press zur Veröffentlichung übergeben. Sein Inhalt war die Emp- fehlung einer Aenderung der spani- schen Aussenpolitik, Abkehr von der Achse, Wendung zu den Alliierten und, um diesen Frontwechsel zu ermögli- chen, die Restauration der Monarchie. So wird den Alliierten unverblümt zu verstehen gegeben, dass die Restaura- tion ihre Zwecke fördern würde (wo- raus sich wieder ergibt, wie nützlich es wäre, die Restauration zu fördern.) Der Brief trug das ominöse Datum des 1. April, das Kabel der United Press datiert vom 22. Juni. In der Zwischen- zeit haben die Zwischenträger des spa- nischen Monarchismus eine reiche Reisetätigkeit entwickelt, deren Frucht die Veröffentlichimg des Briefes in New York gewesen zu sein scheint. Die erste sichtbare Frucht zumindest. An den derzeit noch nicht ausgereiften wird, wenn alles nach Wunsch geht, das spanische Volk gehörig zu würgen heben. Der Infant Don Juan ist durch seine Mutter, die Exkönigin Victoria Euge- nia, ein Urenkel der Königin Victoria von England. Der englische König ist — 35 — sein Bluts vetter. Auch bei Königs mochte man die Mischpoche gerne versorgt wissen. Don Juan ist seit 1933 in England gewesen, wo seine Mutter heute noch lebt, während er dem Schauplatz seiner künftigen Untätig- keit näher, nach Bern übersiedelt ist, Für die obersten Zehntausend gibt es keine Passchwierigkeiten, seine Mutter hat ihn kürzlich besucht, sein Vetter Alfons d'Orleans kam zu ihm in die Schweiz, reiste dann nach Spanien weiter. Seines Vaters Ratgeber, Juan Ventosa, tauchte in London auf, soll mit Churchill konferiert haben; der Herzog von Alba, spanischer Botschaf- ter in London, war im Frühjahr in Bern. Etwas braut sich zusammen. Schwerlich ein Zufall dürfte es sein, dass an der Spitze der spanischen Per- sönlichkeiten, die dem General Franco ein Memorandum überreicht haben, in dem sie Ablösung seines Regimes durch die Monarchie verengen, der Herzog von Alba steht, der als Gesand- ter in London in enger Fühlung steht mit jenen Kreisen der anglosächsi- schen Welt, denen das Memorandum die Monarchie als „festen und nicht zu brechenden Damm gegen die Wo- gen der zersetzenden und revolutionä- ren Element" empfiehlt. Nationalismus in der Sowjetunion? Louis Fischer war 14 Jahre lang nord- emerikanischer Korrespondent in Mos- kau und einer der leidenschaftlichsten Verteidiger der Sowjetunion in der li- beralen nordamerikanischen Presse. Ei- berichtete über Wandlungen der letz- ten 9 Jahre: „Seit 1935 wird die zari- stische Vergangenheit verherrlicht. Zar Ivan, der selbst unter dem Zaris- mus den Beinamen „Der Schreckliche'" hatte, heisst jetzt Ivan der Vierte. Sergei Eisenstein, der früher die Revo- lutionsfilme „Potemkin" und „Octo- ber" schuf, arbeitet jetzt En einem Filmwerk zur Verherrlichung Ivans. Früher hatte die Sowjetunion andere Verbindungen mit der Vergangenheit Russlands: Herzen, Belinsky, die De- zembristen und andere Revolutionä- re. Heute sind an ihre Stelle Zaren, Fürsten, Generäle und mittelalterli- che Ritter getreten. — Die Sowjetzei- tungen, die jetzt herüberkommen, sprechen ständig von „slawischen Blutsbrüdern", vom „Kampf für das Vaterland", oder vom ..Ringen um den Boden". — Die ncrdameriksnische kommunistische Partei gibt sich grosse Mühe, die Sympathien der slawischen Gruppen in Amerika zu gewinnen. Zu Lenins Zeiten wäre dies unvorstellbar gewesen." Englische Jugend. Barbara Ward, die frühere Herausge- berin der angesehenen Zeitschrift „The Economist", schreibt im Juli in „Foreign Affairs": „Die Meinung der Jugend in England ist radikrl. Die jungen Menschen.wol- len eine Aenderung. Sie sehen, dass die Zeiten revolutionär sind. Sie wollen Reform und Fortschritt." KAPITALISTISCHES GANGSTFRTUM AN WERK? Wir entnehmen dem „Aufbau" (Nr. 24): „Zeitungsnachrichten zufolge ist Georg- von Schnitzler, der Vorsitzende des Vor- stands von IG-Farben, nach Spanien geflohen. Es kann wahr sein, und wir wer- den noch manche solche Fluchtmanöver erleben. Vielleicht wird Herr Schacht ebenfa'ls eines Tages im neutralen Ausland auftauchen und Herr Thyssen versu- chen, seine Komödie zu wiederholen. Deshalb muss es schon heute und immer wieder gesagt werden: Die Nazihenker in den Konzentrationslagern, diese be- rufsmässigen Verbrecherbullen aus Neigung oder von Geburt, sind schlimm und werden dem verdienten Gericht nicht entgehen. Viel, viel schlimmer und gefähr- licher als die Untiere der SA und SS sind aber jene tadellos manikürten und äusserlich mit keinem Blutstropfen bespritzten Helfershelfer und Drahtzieher aus der deutschen Industrie und dem deutschen Hände". Schnitzler ist solch ein Typ. Er ist der Schwager des Generalfeldmarschalls Bock, und Bock gehört zu der Generalsklique, die die ihren Untergang fürchtende deutsche Industrie als eine Gruppe Darlan dem Ausland präsentieren möchte, ehe es zu spät ist. Nicht Herr Hitler . . . ist die Gefahr der kommenden Stunde, sondern die Schnitzler und Genossen, die sich heute in eine Scheindistanz stellen möchten und mit Hilfe ihrer internationalen Verbindungen die Alliierten um die Früchte des kommen- den Sieges pre.len wollen. Kein Zweifel, wir werden noch viel von dieser ge- fährlichen Gesellschaft hören, und es passt nur zum Bild, dass Schnitzler, Typ der Typen, auch noch mit dem Papenbankier Schröder verschwägert ist, und dass seine Tochter den früheren Legationsrat Herbert Scholz von der deut- schen Botschaft in Washington zur Frau hat." — 36 — Kurt R'ess: "Total Espionage". "Peace for our time", cieses absurde- ste aller politischen Schlagworte, das einer waff nstarrendci:, weltkriegs- schwangeren, konfliktsgeladenen At- mosphäre der blutigsten Unterdrük- kungen, Verfolgungen und Bürgerkrie- ge ins Gesicht geschleudert wurde, war nicht nur das Etikett für die, es scheint uns heute bereits, der grauen Vorgeschichte angehörenden Pakte von München und Godesberg, "Peace for our time" stellte die ideologische Spiegelung des politischen Sumpfes dar, indem sich die gigantischste al- ler subversiven Organisationen der Weltgeschichte, das braune Netz der Deutschen fünften Kolorr e verber- gen konnte. Es ist viel geschrieben und gesagt worden über dieses toll- kühn e Produkt 1en~r mit teuflischer Klarheit und Zielbewusstheit kalku- lierenden und doch nur mit trüben, blutigen Kleister gefüllten Deutschen Paschistengehirne, "Total Espionage", von Kurt Ri~ss stellt nur eine neue, systematische, dem amerikanischen Zeitungsstil sngepasste Schilderung dar, T Wir sehen vor allem mit eindrucks- voller. Klarheit, warum die altbewähr- ten Methoden der letzten Weltkriegs- spidnage in der Gegenwart unzuläng- lich wurden, warum die plumpen Sa- befcageversuebe eines Papen, die Ver- führungskünst-1 zahlreicher Mata Ha- ris nicht ausreichten, um den moto- risierten Mordkolcnnen des Hitlerfa- schismus den We» zu bahnen. Man erkennt aus diesem Buch, warum im Zeitalter c'es totalen Krieg's, der voll- kommen Anspannung des gesamten Industriepotentials eines Landes, des rücksichtslosen Einsatzes seiner Men- sch' nreserven, der Bedeutung seiner wissenschaftlichen und technischen Rüstung, und der gesteigerten Wich- tigkeit des psychologischen Faktors Volksmoral die w:rksrme Spionage, Sabotage und Zersetzunffsarh°it n'chfc mehr all'in die Sache von einzelnen, hochgeschulten Agenten werden konn- te, sondern den breiten Schultern ideologisch gedrillt r Massenorgani- sationen im Ausland aufgebürdet wer- den musste. Da marschieren auf: Arbeitsfront, Ge- st7 ro, Bund der Deutsch n im Aus- land, Fichtegesellschaft, Verbindungs- stab, Ortsgruppen, Stützpunkte, Psy- chologisches Laboratorium der Reichs- wehr und andere Dutzende von orga- nisatorischen Höllenmaschinen, die im traut n Verein mit den altbewähr- ten Mitteln der gekauften Presse der Nachrichtensendungen "schlagartig" eingesetzt werden sollten, um Hitlers phantastischen Tägtraum wahrzuma- chen, jener aus Karl May und Lu- dend:rff gemischten Vision, nach der deutsche Truppen mitten im Frieden die feindlichen Hauptstädte b setzen, die Regierungen stürzen und die Län- der ohne Blutvergiessen erobern soll- ten. Es ist ein Verdienst dieses Buches, eie politischen Hintergründe für ein derartiges Vorhaben, da,s zum Teil ja auch wirklich durchgeführt worden ist, wenigstens angedeutet zu haben, etwas g zeigt zu haben von den In- trigen des "Cliveden set", dem Kamp- fe, den Männer wie Mndel, Chur- chill, Duff Cooper und Eden mit den "Freunden des Neuen Deutschlands", cen Laval, Baldwin, Chamberlain zu führen hatten, wie sie gegen und oh- ne ihre eigenen Regierung "n den Warnungen und Informationen ihrer eigenen Spionageabwehr Gehör ver- schaffen mussten, wie di? Korruption der herrschenden Schichten in Frank- reich soweit gedrungen war, dass eine Reinigung des französischen Heeres von verdächtigen Elementen, ja selbst des berühmten "Deuxieme Bureau" nicht möglich w-r, weil die Zahl der faschistischen Sympathisierenden zu hoch, der Einfluss der deutschfreund- lichen Kliquen zu mächtig war, um den Quislings das verräterische Hand- werk legen zu können. Die tiefere Ursache jenes, erstaunli- chen Phänomens d"r Weltgeschichte, dass gerade die extremsten Vertreter des Nationalismus, des Imperialismus, d"r faschistischen Grossbourgeoisie ihre eigenen Rüstungen sabotieren v.nd dem Erbfeinde die Hand reichten, dBss n'cht .ms r"en Kreisen der pazi- fistischen Intellektuellen, • der Links- parteien, d:r Arbeiter und Bauermas- sen der R'uf nach Frieden und Ver- ständigung erscholl, sondern dass reaktionäre Minister, Trust- und Bankroasnaten, konservative Zeitun- ben, bleibt dem Erkenntnisvermögen der Leser vorbehalten. Hermann Serner. — 37 — DER OESTERREICHISCHE SOZIALIST Diese Seiten erscheinen unter Verant- wwrtnne der Österreich! sehen So*l»li«ten Wiener Neustadt Mit einem heiteren, einem nassen Au- ge haben wir die Nachricht über die Bombardierung Wiener Neustadls durch amerikanische "Fliegende Fe- stungen" gelesen; bei aller Einsicht in dis Erfordernisse der Kriegführung, bei aller Konzentration auf den Ge- danke« ., dass das Ziel der Angrifer die Schwächung der Kampfkraft der deutschen Wehrmacht und damit der Naziherrschaft über unser Land ist, greift die Gewissheit, dass die Sehrek- Jken des Krieges die Heinut heimsu- chen, doch :ns Herz. Und es krampst ö ch zueammen bei dem Gedanken, dass das nächste Ziel, notwendiger- weise, Wien sein muss, wohin die Na- zis wichtigste Kriegsbetriebe verlegt haben. Wie immer trifft die Geissei des Schicksals die Unschuldigen mit den Sctm'digen. Die Arbeiter der Nacht- schicht in der Wiener Neustädt r Flugzeugfabrik und in den Da mlor- werk'«:, auf die die Tonnenlast der Bomber entladen wurde, .sind keine Nazis. Im ersten W ltkrieg ist hier der Jännerstreik 1918 ausgebrochen, der ein für allemal dem Hurrap tric- tismus der Durohhalte-Hinterlands- helden ein Ende setzte, l>:d als letzte in ganz Oesterreich sind die Wiener Neustädter Arbeiter dazu zu bewegen gew ssn, wieder in die Betriebe zu- rückzukehren. Parteileitung und Ge- werkschaft skemmission haben es da- mals nicht gewagt,ihre Referenten vor die Massen zu stellen, unbekann- te G nossen und Genossinnen von der Zimmerwalder Linken mussten es auf sich nehmen, de Erregung abzuwie- geln. Auch damals, wie heute, v.Ur Zie bodenständige Arbeiterschaft mas- senhaft mit Arb itern fremder Zun- ge durchsetzt, aber der rete genius loci der allzeit der Sozialdemokratie getreuen Stadt hat eine unüberwind- liche Assimilationskraft erwies n und das Samenkorn der sozialistischen Heilslehre in Tausende von Herzen und Hirnen gesenkt, die es d nn heimtrugen nach Polen, Serbien, Ru- mänien. Und so wird es wohl heute wieder sein. Die Nazis in Kärnten und Salzburg, im Waldviertel und im Inntal, Bau- ernsöhne und Kleinbürger, sind kei- me Attraktion für die Royal Air For- ce. Wie im aktiven Abwehrkampf ge- gen die Naziinvasion sind es auch hier die Proleten, die bluten. Wien, Wien, nur Du... Ruth Mitchell war während der deut- schen Invasion in Jugoslawien, schloss sich den Tschetniks an, wurde geian- g n, zum Tode verurteilt; n:ch einem Jahr im Gefängnis wurde sie freige- lassen. "Interaliaio" druckt Bruch- stücke aus e'i.em ihrer Artikel über ihre Erlebnis.se in deutscher Gefan- genschaft, ven ihrer Wanderung aus einem Gefängnis ins andere: „Wenn wir zt: der Bestimmungsstation anka- men, führten sie uns aus den .Wag- gons in Vierrerreihen, Gestapomän- ner gingen hint r uns. Die Leute lie- fen in den Strassen zusammen, um uns schweigend und feindselig zu be- trachten. Nur in Wien wendeten sich die Leute.^ ab. als wir vorübermar- schiert n, als ob sie ihre Beschämung zeigen wollten, dass j re unglaublich schöne Stadt einem Schaussiel sol- cher Art beiwohnen müsse. Sudeten-Teutsche. Dem SS Sturmführer Dr. Viktor Ko- pez in Mährisch Trübau (der seinen Namen in Berghofen germanisiert hat) und seiner Gattin, geborenen Dworsky, wurde ein Sohn geboren, der die teutonischen Namen Heimo Rü- diger erhielt. Dr. Karl Wyslouzil in Pilsen gibt bekannt, dess er seinen Familie« namen in Wen dt geändert hat. Zwei antägliche Anzeigen aus sudetendeutschen Naziblättern, die wir nur nachdrucken, um zu illustrie- ren, dass im Gebiete d s alten Öster- reichs Namen nichts über die natio- nale Zugehörigkeit ihrer Träger aus- sagen. Die österreichischen Partisanen in Kärnten Nationalismus und Lüge sind un- — 38 — trennbar mit einander verbunden. Nur ganz eingefressene, in ihrem Bestand völlig konsolidierte Nationen können auf das Requisit der Lüge verzichten. Die chinesische Nation etwa, die s chs Jahrtausende einer ununterbrochenen Geschichte vorbeiziehen sah, Fremd- herrschaften, die sich spurlos verloren haben, und Invasionen, die sie restlos assimilierte, hat in den letzten zwei Jahrtausenden ihre Geschichte und Dichtung von der Heldcnlegeir.de frei gehalten. Aber ein sc brandneuer Na- tionalismus wie der österreichische — in sich selbst, in seinem blossen Be- stände, eine ethnographisch und hi- storisch unhaltbare Legende — kann auf das Requisit der Heldenlegende nicht verzichten, umso weniger als der österreichische Stamm der deut- schen Nation immer eine gewisse Im- mun ität gegen den Chauvinismus ge- zeigt hat, viel mehr sls die anderen deutschen Stämme. Die vielen Prügel z. B., die die alte kaiserliche Armee seit dem Aussterben der Habsburger, unter den unterdurchschnittlich be- gabten Herrsch rn aus dem Hau.se Lothringen auf allen Kriegsschauplät- ze!. bezogen hat, haben das Gemüt der Oesterreich er niemals erschüttert. Die Preussen ha.L'n von Jena und Auerstädt emen Minderwertigkeits- komplex zurückbehalten, den sie bis auf den heutigen Tag nicht zu über- w:'r den vermochten. Auf die Oester - reicher hat das korrespondier en de Er- eignis der Drei-Kaiser-Schlacht von Austerlitz gar keine Wirkung ausge- übt. Mein alter Geschichtsprofessor in d r k. k. Franz-Josefs-Rralschule hatte für die Darstellung der vielen Schlachten, in denen das kaiserliche Heer den kürzeren zog, ein stereotypes Schema entwickelt: "Bss fönf Ohr abends", dröhnte sein B «?>?,?. "sägten onwedersprochen de Oesterreicher; da plätzlich in der Demmerung das abends greff der töckische Foind de tanfren kaiserlichen Treppen em Röcken an. Ond so erlagen se der Hinterlist ond Oebermacht!" Vierzig junge österreichische Patrioten quit- tierten jede dieser Schlachtn",Schil- derungen mit einer dröhnenden Lach- salve. Die österreichische Republik, aus der Niederlage der kaiserlichen Armee im Weltkrieg geboren, war kein Boden für das Aufkommen des österreichi- schen Chauvinismus, der erst geboren ward, als sie am Boden lag, aber in der Periode des Austrofaschismus nur dasselbe Echo fand, das mein guter alter Professor Queiss mit seiner schwarzg.lben Heldenlegende erzielt hatte: er wurde ausgelacht. Ernst ge- nommen wird er erst im der Emigra- tion (wiewohl der Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Er- finder und Propagandisten der öster- reichischen Nation den Ernst nur fin- gieren) . Die österreichischen Arbeiter stehen in einem Kimpfd gegen den Nazifa- schismus, für den Dutzende von Hin- gerichtete« mit ihrem Blute zeugen. Sie führen ihn als einen Kampf der Ausgebluteten und Unterdrückten ge- gen ihre Ausbeuter und Unterdrücker, wie sie vorher g gen Ausbeutung und Unterdrückung durch den bodenstän- digen Faschismus gekämpft haben. Aber den österreichischen Chauvini- sten genügt das nicht. Dem Kibitz ist bekanntlich kein Spiel zu hoch. Die Franzosn haben Partispnen, die Griechen, die Jugoslawen, also müssen auch österreichische Partisanen her. Partisanen sind eben d-s Attribut der unterdrückten Nation in diesem Krie- ge. Eine tiefer gehende historische Analyse würde ergeben, dass gerade weil die Oesterreicher die Naziherr- schaft zwar als politische und soziale, nicht aber als nationale Unter drük- kung empfinden, die Fcrmeo des öster- reichischen Antinazikampfes andere sind sls in den Ländern, wo d'e Na- ziherrschaft als nationale Fremdherr- schaft empfunden wird. Da es nun österreichische Partisanen, das heisst aus dem österreichischen Stamme der deutschen Nation hervorgegangene Partisanen, nicht gibt, hat sich der neuösterreichische Nationalismus P r- tisanen im Wege der Annexion be- schafft. Dabei kann der Zeitgenosse dem seltenen Schauspiel der Fabrika- tion einer Geschichtslüge b'iwehnen. Nach der Niederwerfung Jugoslawiens an ektierten d e Nazis Teile des einst- mals österreichischen Sloweni n. In diesem dem dritten Reich einverleib- ten Gebiete hausten sie wie die Be- sti n. Sie mordeten, deportierten, be- raubten die ortsansässige slawische Bevölkerung. Die Vertriebenen und Bedrückten flohen in die Berge und bildeten Partisanengruppen, die zeit- weise den Nazis zu schaffen gaben. Dieser Partisanenkrieg der Slowenen hat nun über die frühere Grenze in des von Slowenen bewohnte Gebiet Stidkärntens hinübergeschlagen, in die slowenischen Gebiete, die nach dem ersten Weltkrieg bei Oestereicn ver- blieben, so wie er auch in die slowe- nischen Gebiete hinübergeschlagen hat, die Italien nach dem ersten Welt- krieg annektierte. Die United Press, die in einer aus London, vom 1. August datierten Depe- sche über diese P rtisanenkämpfe be- richtet, beginnt ihren Bericht mit der Behauptung, "unterirdische Inlorm - ticnen besagen, dass sich österreichi- sche und italienische Patrioten an die Armee patriotischer Jugoslawen des Generals Michailovich anschließe n": ohne hinzuzufügen,, dass es sich in beiden Fällen um Slowenen in Oester- reich und Italien, nicht um Italiener und deutsche Oesterreicher handelt. Dabei ist es noch ausser dm nicht wahr, tirs.5 die an der österreichischen und italienischen Gr:nzs "operieren- den jugoslawischen Partisanen dem Michailovich vntersteh n; es sind viel- mehr Kräfte der jugoslawischen Volksarmee des Generals Tisso, den die United Pre.ss totschweigt. Die Uni- ted Press ist so unvorsichtig zu ent- hüllen, das ihr" Quelle das Free Au- stria, Movement in Lndon ist. Das FAM verbreitet seit Monaten syste- matisch die Geschichte ven den Par- tisanenkämpfen österreichischer Pa- trioten. Aber die Unit d Press w:r andererseits auch vorsichtig genug, "einen Vertreter der ju?"s1awrrhen Regierung" zu befragen, der ihr sag- te, „dass die Informationen über die Tätigkeit seiner Kompatrioten an der österreichisch-kroatischen Grenze sehr wage" £ei°n. Nun hat die österreichische Naz'presse über .einen Prozess gegen 37 Partisa- nen aus Kärrten berichtet, der in Klagenfurt stattgefunden hrt, in dem 12 Todesurteile und über die anderen Angeklagten schwere Kerkerstrafen verhängt wurden. Ut ter den 37 Na- men, die veröffentlicht wurden, fin- det sich ein deutscher (W inzierl) und ein zweiter, der zwar in seiner Schreibweise slawisiert ist, aber rho- netisch deutsch klingt (Rozmai:n). Und aus diesen beiden Nam n z eht die österreichische . chauvinistische Presse in London den Schluss, dass deutsche Oesterreicher an den Parti- sane».: kämpfen beteiligt gewesen seien. Aber jeder gelernte Oesterreicher weiss, dass nirgends Name mehr Schall und Rauch ist, als in dem Wirrsal" der deutsch-slawischen Gr nzgebiete. Wieviele Wokurkas, Navratils und Pospi. ils gab es unter unseren All- und Gross deutschen! Mit da. Partisanenkämpfen hat sich auch der Gauleiter Ra.ner in ein.r Versammlung beschäftigt, die in Fer- lach, das anscheinend einer der Brennpunkte der Partisanentätigkeit war, stattgefu d n hat. Rainer hat ein Flugblatt verlesen, das die Par- tisanen verbreit: t haben. "Die ersten Kärntner Part.sa.nen bringen die er- ste B:tschaft d r Freiheit nach Kärn- ten", heisst es d:, "indem sie sich den zahlreichen slowenischen Vorkämp- fern der Freiheit anschliessen. So stellt sich Kärnten in die R ihe der anderen kämpfenden slowenischen G;b ete. Die stunde wird kommen, da auch Kärnten sich erhebt und sich dem Volksauf.;tand anschliesst. Das ganze slowenische Land ist geeint im Kampf für das nationale Recht". Wie man sieht, ist hier von Kärnten als ei- nem slowenischen Gebiet die Rede und d:s nationale Recht für das das gan- ze slowenische Land, (einschliesslich des slowenischen Kärntens) im Kampf ge int ei treten soll, ist das R'echt der slowenischen Nation, nicht der öster- reichisch :n. Man kann ohne Ris.ko hindert zu eins wetten, dass nach dem Kriege das wieder erstandene Ju- goslawien Kärnten mindestens im Aus- m'Jtsse de,s Volksabstimmungsgebiet :s von 1919 eis slowenisches Land rekla- mieren wird und dass ihm bei den Siegermächten die Tatsache der Par- tisane i käm"se im Kärntner Grenzge- biet als Stütze seiner Ansprüche die- nen wird. Die Ironie des Schicksals mag es dann wollen, dass man uns Oesterreichern die beg isterten Publi- kationen der österreichischen chauvi- nistischen Presse als Beweisstücke präsentierten wird, um ein wunder- schönes Stück Oesterreich von Oester- reich abzutrennen. Wohin, um Gotteswillen, werden die österreichischen Patrioten vom Londo- ner Free Austria Movement dereinst auf Url' ub gehen, wenn Pörtschach und Velden nicht mehr zu 0?sterr ich gehören? Alle nach Ischl? Sehnsüchtig werden ihre Gedanken zu jenem Steinmal am Wörther See wandern, das s it 1919 der Nachwelt kündet: "Bis hierher und nicht weiter — ka- men die serbischen Reiter". — 40 — HEUTE UND MORGEN Nr. 26-27 JAHRGANG III. 1. September 194} DREI IDYLLEN UND IHRE „TIEFERE" BEDEUTUNG DIE geschichtliche Ueberlieferung . erzählt von jenem schwachsinni- gen Zaren iPeter III. von Russ- land, der gegen Mitte des 18. Jahr- hunderts sein Unwesen trieb, dass er in seiner Residenz eine Abteilung von Soldaten zu. seiner ständigen Verfü- gung hatte, mit denen er je nach Ein- fall "Krieg" spielte oder sie durch die riesigen Hallen des moskauer Zaren- palastes "exerzierte". "Stillgestanden! Rechtsum kehrt, marrrsch! Halt! Linksum kehrt, geradeaus marsch!", so mag es da (auf russisch natürlich) geklungen haben und die Soldaten, athletische Figuren in Prunkunifor, men und mit eisernen, Gesichtern, mar- schierten durch die Pr->^hträume, an Säulen, Tischen und Stühlen vorbei, über Teppiche und über spieg.Indes Parkett, Treppen herauf und Treppen herunter. FRIEDRICH Wilhelm I., König von Preussen um die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, Vorgänger des Anek- dotenkönigs "Alter Fritz" (Friedrichs II, des "Grossen"), war, wie uns got- tes- und königsfürchtige Geschichts- bücher miyuteilen wissen, "eine der- be Soldatennatur, allem äusseren Schein abgeneigt, begabt mit sparsa- men Sinn, voll tiefer Gottesfurcht", und "gab in seinem Privatleben das Beispiel strenger Sittlichkeit". Neben anderen Privatvergnügungen wie es die des Suffs und des "derbe Witze" machens sind, hatte er auch als be- sonderes Steckenpferd eine Potsdamer Leibwache der "langen Kerls", die zum Teil aus den "stattlichsten Bur- schen" seiner "geliebten Landeskin- der", zum Teil aus in anderen Lan- den "angeworbenen" (lies: geraubten oder gekauften!) jungen Männern be- stand, die über 1.85 Meter gross wa- ren. (Die Herren jener Zeit, über die die Geschichtsverfälschung so viele schöne Anekdötchen zu erzählen weiss, pflegten, wenn sie in Geldnöten wa- ren, ihre Landeskinder zu verscha- chern). Und der "allem äusseren Schein abgeneigten Soldatennatur voll tiefer Gottesfurcht und strenger Sitt- lichkeit", war es höchstes Glück, wenn sie mit ihren "langen Kerls" exer- zieren und sie nach Herzenslust ver- prügeln oder sonstwie ihre "Kurzweil" mit ihnen treiben konnte. So begann Preussens vielgerühmter "Aufstieg"... CIN anderes "Idyll". Auf einem qua- dratischen Hof, der von rechtecki- gen hohen Kasernen umgeben ist, scheint der Wahnsinn einer aus dn/r Fugen geratenen Welt konzentriert zu sein. D-, toben und kreischen und ren- nen scheinbar ziellos etwa ein halbes Tausend Menschen durcheinander. In einer Ecke steht einer und ruft mit immer krächzend^rer Stimme unauf- hörlich "kikerikiii!", ohne das sich ir- gendjemand darum kümmert. Nur hin und wieder, wenn er Pausen eintreten lässt, tönt es ihm aus dem allgemei- nen Gewimmel entgegen: "Weiter- schreien. Kerl! Ich verstehe immer noch nicht!" Aus einer anderen Ek- ke schallt es aus vollem Halse "määäh, ich bin ein Riesenfäultier, määääh!" Seit wann meckert ein Rie- senfaultier "määäh"? fragt man sich, aber Fragen werden nicht beantwor- — 41 — let. Im Gegenteil schreit ein anderer, der es anscheinend "zu sagen" hat, in regelmässigen Abständen dazwischen: "Lauter"!, während er eine F.ont von starr geradeaussehenden Leuten Ge- wehre präsentieren lässt. — Hier krie- chen und hüpfen ganze Gruppen quer über den Hof und durch Pfützen, die noch vom letzten Regen stammen, dort wird mit Hülfe von Schnüren, die gezogen werden, festgestellt, ob ICO Stierelspitzan genau in einer Rei- he stehen; jemand kommandiert: "eiiiisern! eiiisern! Kopf hoch, Brust rauj! Augen gerrrradeaus!" und ein anderer haut mit der flachen Hand jedem einzelnen der "eisern" daste- henden von hinter in die Kniekehlen, um seine "Standfestigkeit" zu prüfen. Nach dem Takt abgehackter Schreie: "vor marsch marsch! Hinlegen! Auf marsch marsch!" stolpert ein atem- loser Haufe geradeaus auf eine Mauer zu, und im Eilschritt in entgegenge- setzter Richtung marschierend krei- schen 50 Mann todernsten Gesichts etwas Liedähnliches: "Ja die Mäaäd- chen, ja die Määädchen___", während ein "schneidiger" Kerl um die Brül- lenden herumläuft wie ein Schäfer- hund um eine Schafherde und daxwi- schendonnert: "Ihr singt ja! Schreien sollt ihr!!!" — Auf einmal rast ein mit "vor marsch marsch!" in Bewe- gung gesetzter Schwärm, der das Kommando "Halt!" überholt hat, ge- gen eine mit steifen Beinen quer über den Hof hastende Front von Leibern, deren Köpfe nach rechts verdreht sind und deren Augen starr auf einen Mann gerichtet sind, der in heller Aufre- gung am Ende cjpr Reihe mitläuft und mit übergeschnappter Stimme das allgemeine Geschrei vergebens zu übertönen bemüht ist: "Eins, zwei! Eins, zwei! Eins, zwei! Der Dritte von hinten 10 Zentimeter weiter vor! Der Letzte weiter zurück! Links, rechts! Links, rechts! Der Fünfte die Beine höher! Der dahinter die Bei- ne gerade! Der Letzte weiter vor! Links, links, links, drei, vier! drei, vier.. So schwirren, auf engem Raum oh- ne Horizont,^umgeben von hohen Mau- ern, Gruppen und Grüppchen durch- einander, jede ziellos-zielbewusst, wie von einer fixen Idee besessen. — Mit- ten drin fängt einer, der eben noch unaufhörlich geschrien hatte: "Mit waagerecht vorgestrecktem Gewehr Kniee beeeuuugt!", sanften Wortes und freundlichen Lächelns mit "sei- nen Leuten" eine Konversation an: "sagt mal', fragt er, langsam und be- dächtig die Worte wägend, "könnt nicht, oder w p I lt ihr nicht?". "Wir können nicht!' erhält er zur Antwort. "Ach, ihr KOENNT nicht? Na, dann können wir's ja mal üüüben!" Und zu- rücktretend und die Abteilung mit finsterer Miene betrachtend beginnt er wieder zu schreien: "Mit vorgestreck- tem Gewehr Kniee beeeuuugt...!" Inzwischen bleiben immer weniger auf dem Hof. Die meisten sind mit "marsch marsch auf die Stuben, ich will nur noch Hacken sehen!" schon davongescheucht worden. Nur die sind noch geblieben, die es "üüüben" sol- sen. Etwas abseits stehen sich noch Zwei auf ein Meter Entfernung ge- genüber und schreien sich aus vollem Halse gegenseitig an: "Ich bin ein Idiot", brüllt der eine dem anderen ins Gesicht. Und dieser antwortet ebenso brüllend: ''Ich auch!" und der, der es mit den anderen "üüübt", tobt dazwischen: "Lauuuter! Ich verstehe immer noch nichts! Waaas? Ihr lacht ja! Na, wartet, Kerls!" WIR mögen auch darüber lachen. Sowohl über das Treiben Peters III. in den Prunkhallen des Moskauer GRUNDSAETZE IN ANBETRACHT DESSEN. Dass die Emanzipation (Emanzipa- tion heisst etwa: Befreiung und Gleichberechtigung, d. R.) der Arbei- ter nur das Werk der Arbeiter selbst sein kann; dass die Bemühungen der Arbeiter zu:- Erlangung der Freiheit nicht da- zu führen dürfen, neue Privilegien einzuführen, sondern dazu, für Alle Gleichheit und damit die wahre Frei- heit zu verwirklichen; dass die Versklavung der Arbeiter durch den Kapitalisten die Quelle al- fer politischen, moralischen und ma- teriellen Knechtschaft ist; dass aus diesem Grunde die wirt- schaftliche Emanzipation der Arbei- ter kein ausschliesslich lokales oder nationales Problem ist, sondern dass dieses Problem im Gegenteil die Ar- beiter aller Staaten angeht und dass seine Lösung notwendigerweise ihrem — 42 — Zarenpalastes als über den gottes- fürchtiqen Friedrich Wilhelm I. und das Potsdamer Idyll. Aber lachen wir zu recht? Peter III. war schwachsin- nig. Der preussische König, von dem die Rede war, war der "Grundstein- leger" der preussischen Macht. Und das Potsdamer Idyll?... Seine Konse- quenzen kennen wir zur Genüge... Ist es nicht bezeichnend, dass das Treiben eines Wahnsinnigen so viel Aehnlich- keit hat mit dem Treiben von Herr- schenden, die genau wissen, was sie wollen? Ist es nicht das System, in dem wir heute leben, das es möglich macht, die Menschen zum Werkzeug in den Händen weniger herabzuwürdi- gen? Ist es nicht das System, das wahnsinnig ist, gleichgültig, ob nun Verrückte oder kühle Rechner, Macht- Besessene, Grössen wahnsinnige oder Gewinnsüchtige sich in ihm breitma- chen und das Werkzeug Mensch handhaben ? Es liegt ein "tiefer Sinn" im schein- bar blöden Spiel. Hier schuf und schafft sich der Kapitalismus aus dem Menschen das Instrument, das er braucht. Hier soll der Rest von Geist und selbständigem Willen ausgetrie- ben werden, den Volksschule und Fa- brik noch gelassen haben mögen. Diese geschilderten "Idyllen" sind im Grunde nichts anderes als auf klei- nem Raum konzentrierte Ausdrücke jenes würdelosen Zustandes, in dem sich heute der überwiegende Teil der Menschheit befindet. Eine kleine Min- derheit der Gesellschaft wirtschaftet auf ihre Weise und wirtschaftet die ganze Menschheit zugrunde. Die All- gemeinheit hat keinen Einfluss dar- auf. Aber die Allgemeinheit ist es, die die Werte schafft, mit denen die- se kleine Minderheit Hazardspiele ver- anstaltet. Einige wenige kommandie- ren, und die Menschen gehorchen, nicht anders als auf einem Kasernen- hof. Zisllos-zielbewusst rennen alle durcheinander und gegeneinander und keiner weiss, wczu? Es ist ein dauern- der Kreislauf ohne Lösung und ohne Weiterkomiron, dessen d"ü~kende und kranke Atmosphäre durch Explosionen unterbrochen wird, durch Kriege, in denen der Mensch sich selbst und das wieder zerstören muss, was er vorher aufgebaut hat. So arbeitet jeder Einzelne gegen =ich selbst und gegen alle, denn die Wer- te, die e" schafft, werden mis^hr^ucht zu Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Krieg. Jeder Einzelne befindet sich in einem mauerumgebenen Hof, in dem das Chaos herrscht und in d?m kein Horizont zu sehen ist. Jeder Ein- DER ARBEITERPARTEI theoretischen und praktischen Wett- bewerb überlassen bleiben muss; AUS DIESEN GRUENDEN erklärt die französische sozialistisch- revolutionäre Arbeiterpartei: 1. — dass das von ihr angestrebte Endziel darin besteht, die völlige Emanzipation aller menschlichen We- sen ohne Unterschied des Geschlech- tes, der Rasse und der Nationalität zu erreichen; 2. — dass die Emanzipation erst dann auf dem- richtigen Wege zu ihrer Ver- wirklichung sein wird, wenn durch die Sozialisierung der Produktionsmittel (d. h. durch deren Uebergang aus Privatbesitz in allgemeinen, gesell- schaftlichen Besitz, d. R.) die sozia- listische Gesellschaftsform näher kommt, in welcher "ein Jeder, der nach seinen Kräften gibt, auch nach seinen Bedürfnissen empfängt"; 3. — dass, um auf diesem Wege wei- terzukommen, es durch die historisch gegebene Tatsache der Klassenunter- schiede notwendig ist, eine ausgespro- chene politische Partei den verschie- denen Schattierungen der bürgerlichen politischen Parteien gegenüberzustel- len; . So also sieht in dem unbefange- nen Urteil der klassenbewußten Ar- beiter das Gebäude des modernen wis- senschaftlichen Sozialismus aus, wel- cher dazu berufen ist, die kapitalisti- sche Gesellschaft, das heutige System der individualistischen und anarchi- stischen Form des Eigentums, von Grund aus umzuformen, damit es ei- ner auf der Sozialisierung der Produk- tionsmittel und des Güterverkehrs aufgebauten Form der Gesellschaft, einer solchen der Gleichheit Platz macht..." (Aus einem Programm der "PARTI OUVRIER SOCIALISTE REVOLU- TIONÄRE", Paris 1901). — 43 — zelne steht abseits. Jeder Einzelne könnte schreien; "Ich bin ein Idiot!" Aber er könnte auch seine Lage er- kennen, Eich mit seinesgleichen zu- sammentun, die Mauern niederreisserv und den Weg ins Leben beginnen. Pieter Siemsen. FUER DAS WOHL DER ALLGEMEINHEIT Die heutige Gesellschaftsordnung gründet sich auf die wirtschaftliche, politische und soziale Versklavung des werktägigen Volkes und findet einer- seits im sogenannten "Eigentums- recht", d. h. im Monopol des Besitzes; andererseits im Staat, d. h. im Mono» pal der Macht, ihren wesentlichen Ausdruck. Durch die Monopolisierung des Bo- dens und der übrigen Produktions- mittel in der Hand kleiner privile- gierter Gesellschaftsgruppen sind die produzierenden, Klassen gezwungen, ihre geistigen und körperlichen Fä- higkeiten den Eigentümern zu ver- kaufen, um ihr Leben fristen zu kön- nen. Auf diese Weise in die Stellung rechtloser Lohnsklaven gedrängt, 'm- ben sie keinerlei Einfluss auf den Gang und die Gestaltung der Produk- tion, die ganz und gar dem (unkon- trollierten) Selbstbestimmungsrecht der Kapitalisten überlassen bleibt. Es ist daher auch, ganz natürlich, dass bei einem solchen Zustand der Dinge die Grundlage der heutigen Güterer- zeugung nicht durch die Bedürfnisse der Menschen, sondern durch die Vor- aussetzung des Gewinns für den Un- ternehmer bestimmt wird. Da aber dasselbe System auch dem Austausch und der Verteilung der Produkte zugrunde liegt, so sind die Folgen auch auf diesem Gebiete die- selben und finden in der rücksichtslo- sen Ausbeutung der breiten Massen zugunsten einer kleinen Minderheit Besitzender 1ihren Ausdruck. Ist die Beraubung des Produzenten der mehr oder weniger verschleierte Zweck der kapitalistischen Produktion, so ist der Betrug an den Konsumenten der ei- gentliche Zweck des kapitalistischen Handels. Unter dem System des Kapitalismus werden alle Errungenschaften der Wissenschaft und des geistigen Fort- schritts den Monopolisten Untertan gemacht. Jede neue Entwicklung auf dem Gebiete der Technik, der Che- mie usw, trägt dazu bei, die Reich- tümer der besitzenden Klasse ins Un- gemessene zu steigern, im schauerli- chen Gegensatz zu dem sozialen Elend breiter Gesellschaftsschichten und zu der andauernden wirtschaftlichen Un- sicherheit der produzierenden Klas- sen. Durch den ununterbrochenen Kampf der verschiedenen nationalen kapita- listischen Gruppen um die Beherr- schung der Märkte, wird eine ständi- ge Ursache innerer und äusserer Kri- sen geschaffen, die periodisch in ver- heerenden Kriegen zur Entladung kommen, unter deren schrecklichen Folgen wiederum die unteren Schich- ten der Gesellschaft fast ausschliess- lich zu leiden haben. Die gesellschaft- liche Klassenteilung und der brutale Kampf "Aller gegen Alle", diese cha- rakteristischen Merkmale der kapita- listischen Ordnung, wirken in dersel- ben Zeit auch degenerierend und ver- hängnisvoll auf den Charakter und das Moralempfinden des Menschen... ...Die Interessen der Allgemeinheit müssen den Privilegien einer Minder- heit das Feld räumen, die persönliche Initiative dem Befehl von oben, die Verschiedenartigkeit der Uniformität, die innere Verantwortlichkeit einer toten Disziplin, die Erziehung der Persönlichkeit einer geistlosen Dres- sur — und das alles zu dem Zwecke,, loyale Untertanen haranzubild n, die an dem Fundament des Bestehenden nicht zu rütteln wagen, willige Aus- be utungsobjekte für den kapitalisti- schen Arbeitsmarkt... ... Die Syndikalisten stehen auf denn Boden der direkten Aktion und unter- stützen slle Bestrebungen und Kämp- fe des Volkes die mit ihren Zielen — der Abschaffung der Wirtschaftsmo- nopole und d°r Gewaltherrschaft des Staates — nicht im Widerspruch ste„ hen. Ihre Aufgabe ist es, die Massen- geistig zu erziehen und in Organisa- tionen zu vereinigen und sie d?r Be- freiung vom Joche der Lohnsklaverei und des modernen Klassenstaates ent- gegenzuführen. (Aus einer Syndikalistischen Schrift, publiziert vor dem ersten Weltkriege in Deutschland). — 44 — IER sind Siellen aus Briefen an signieren. Darum muss (und es kann) "Heute und Morgen" abgedruckt. jeder die Gewissheit haben, dass an Solche Gedanken, wie sie hier jedem Ort, in jeder Stadt, in jedem ausgedrückt sind und andere Meinun- Land, auf der ganzen Welt Kräfte am gen mehr, haben sicher viele von uns. Werke sind, die in unserem Sinne ar- Mancher mag den Wunsch haben, mit beiten, auch wenn wir oft nichts von Gesinnungsfreunden in Kontakt zu ihnen wissen oder nicht von ihnen kommen, um mehr Halt zu haben und hören. Sie alle helfen mit, jeder in gewiss sein zu können, dass er nicht seiner Weise, in Gruppen, Organisa- alleine für die so einfachen aber so tionen oder, wo es nicht anders geht, schwer zu erreichenden Ziele des So- einzeln, der Forderung der Zeit, dem .zialismus wirkt. Doch der Kontakt ist Sozialismus zum Siege zu verhelfen, heute oft schwierig herzustellen zwi- Dieser Sieg alleine wird der Ausweg sehen denen, die verstreut sind. Die aus dem fürchterlichen Chaos sein, Organe der Reaktion sind wachsam. das heute herrscht, und mehr und Es besteht die Gefahr, sich isoliert, mehr werden es, die das wissen, vereinsamt vorzukommen und zu re- Liebe Genossen! Aus einer Camp-Kolonie. Das "Campleben" bringt es Mit sich, dass einem nur wenig Freizeit zur Verfügung steht und deshalb komme ich erst heute dazu, Euch jür die* uns eingesandten Exemplare eurer Zeitschrift zu danken, in der ich ei- ne wertvolle Waffe für dit Propagierung d^r weltumfassenden und menschheitsverbrüdernden Idee des kämpfenden Sozialismus sehe. Jun- ge Menschin, die eine Lebensform gewählt haben, in der sie durch ihrer eigenen Hände Arbeit Produktives schaffen, sind viel eher gezwungen, sich mit den grossen ökonomischen Problemen auseinanderzusetzen. So gibt es auch hier Jugendliche, die gefühlsmässig seit langem dem So- zialismus nahe stehen, denen es aber an thsoretischem Wissen fehlt, denn die eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse können nicht immer den Zusammenhang der Dinge erklären. Da erfüllt "Heute und Morgen" die wichtige Aufgabe, aufklärend einzugreifen• Besonders gut fanden wir (die interessierten Frtunde, dis die Zeitschrift lesen} den Artikel von Pieter Siem&en über die historische Bedeutung des 1. Mai. Solche Auf- sätze über Idesnfragen dis Sozialismus sind gerade da sehr wesentlich, wo es wie hier keinerlei sozialistische Literatur gibt■ . . R. S- „Heute und Morgen" hilft uns . • . Wir haben hier regelmässige Zusammenkünfte, bei denen wir uns btmühen, manche grundsätzliche Fragen des Sozialismus zu diskutie- ren und zu klären. Dabei hilft uns "Heute und Morgen" sehr gut und, wir freuen uns jedesmal, wenn wieder eine neue Nummer kommt. Be-* sonders wichtig schiinen uns die ausführlichen Behandlungen grund- sätzlicher Fragen zu sein, wie z. B. die Artikel über den 1. Mai, die Dar. st:ilung der französischen Revolution, über den Zweck der Rassenhetze und die Veröffentlichungen von Dokumenten der sozialistischen Lite- ratur- Trotzdem bleibt noch sehr vieles ungeklärt und nicht verstanden. Es gibt unter uns hier keinen, dir ganz genau Bescheid weiss über di* Forderungen des Sozialismus oder der Marx so gründlich studiert hat, dass er andere belehren könnte. Darum möchten wir euch fragen, cb es nicht möglich wärt, in "Heute und Morgen" direkt einen Platz für Fra- gen einzuräumen, die wichtig sind. . . . Womit kann man zum Beispiel Menschen nur erst mal dazu bringen, dass sie sich für solche Dinge in- teressieren?. . . . . . Ich glaube, es würde sehr gut sein, wenn in ein und demselben Heft von "Heute und Morgen" konkrete Fragen gestellt und beantwort tet würden. H L — 45 — Liehe Redaktion! Wohltätigkeit oder Solidarität? Da ihr immer dazu auffordert, "Meinungen zu sagen", möchte ich mich- kurz zu dem Thema "Wohhätigkeit" äussern: Mit Erstaunen lese ich manctvmal in Publikationen von linken, fort schrittlich.n Organisationen von "Wohltätigkeitsveranstaltungen"! Ge- nossen: "Wohltätigkeit" ist eine Einrichtung d.r herrschenden Klasse. Sie ist nichts anderes, als wenn ein Räuber einen Beraubten, dem er al- hs abgenommen hat, vielleicht mit tiner faulen Kartojfel "entschädigt" und sich dabzi noch edel und gut vorkommt (und was schlimmer ist: manchmal von dem Beraubten selbst als edel angesehenvwird). Nachdem- das Grosskapital die Gesamtheit der Völker in furchtbares Elend ge- stossen hat, missbraucht es diese Tatsachs auch noch dazu, sein "gutes Herz'" und seinen "guten Willen" zu> heucheln. Wenn also Sozialisten das Wort "Wohltätigkeit" über ihre Arbeit setzen oder eins Veranstaltung mit "Wohltätigkeitsveranstaltung" bezeichnen, dann zeigen sie damit, dass sie nicht sozialistisch denken• Sie vergessen» sich selbst und beschmutzen ihre Ideale. SOLIDARITAET muss der Begriff sein, den wir gebrauchen und verste- hen. Es wäre gut, wenn in "Heute und Morgen" einmal etwas darübet* gesagt würde! W. W., Bolivien. Liebe Genossen! Arbeitszirkel Eure Zeitung, d. h. den Anhangt an die >Zeitschrift des DAD habe ich mit Aufmerksamkeit verfolgt und ich möchte meine Zustimmung zu den Prinzipien ausdrücken, wie ihr sie zum Ausdruck bringt• . . Heute ist eine Periode des organisatorischen Rückgangs (die Ausgangspunkt eines organisatorischen Neuaufbaus und einer Reinigung sein muss. Anm. d. R.) und es gilt, theoretisch nicht weggeschwemmt zu werden. . . Aus den Artikeln von "Heute und Morgen" geht hervor, dass bei euch ein Kern\ vorhanden ist, um den man euch beneiden kann. Habt ihr sonst mit Gesinnungsgenossen in USA Verbindung oder bin ich der Einzige? (Mit einzelnen, aber nicht mit Gruppen bisher R.). Es gibt hi.r in der Stadt eine ganze Reihe von Organisationen und Jugendgruppen, die sü eher auch bei euch in ihren Abarter, existieren. Dia sehr schwache "kom- munistische" Gruppe tarnte sich bei Ausbruch des Krieges und machtö in Pseudo-Pazifismus. Die grosse Mehrheit b&siand aus Unpolitischiii Sprösslingtn unpolitischer Wirtschafts-Emigranten. Politik war bei die- sen Leuten verpönt. ("Was kümmert um die Politik, wir tanzen uns die Wadard dick"). Heute gebärden sie sich allerdings als Ueberpatrioten und schreien sich die Hälse wund, sind auch als gesellschaftsfähig in den bürgerlichen Organisationen anerkannt worden. Daneben existierem deutsche Jugcndgemeinschaften, die sich sozialdemokratisch orientieren und womöglich noch unpolitischer sind als di6 anderen• Allerdings haben "Ncu.Beginnen" (Neu-Beginnen steht auf dem Bod.n des rev. Sozialis- mus. D. R.) und S.A.P. einzelne Sympatisierende unter diesen Jugend- gruppen. (Das ist schon ein Anfang! d- R.). Die Jugend ist aber da- bei, sich in zwei Teile zu sondern. Entweder ist sie mit der dauernd schwankenden Politik des Opportunismus einverstanden, das sind vor allem die Unpolitischen, Nichtdenkcnden, oder sie stellen sich auf derf Boden des konsequenten revolutionären Sozialismus. Die Letzteren sind* aber dabei, in der Minderheit, waren erst m den vorgenannten Jugend- gruppen und entwickelten dann Arbeitszirkel etc. ... Hans Schwarz. — 46 — Öie -Initiative Von „Heute nnd Mor- gen", Auszüge aus sozialistischen Autoren zu veröffentlichen, deren Werke selten für die Interessenten er- reichbar sind, verdient alles Lob und man kann nur wünschen, dass von jetzt an mehr Raum den belehrenden Materien gewidmet wird, was ich für höchst wichtig erachte. Bs muss für uns Hauptaufgabe sein, die Erwer- bung von soliden Kenntnissen von Tatsachen und Informationen zu erwer- ben, was unumgänglich ist und ohne die die Diskussionen ihres Wertes ent- behren und nicht über blosse Hypothe- sen hinausgehen. Ich habe Mitleid mit den jungen Deut- schen — bis 25 Jahren und mehr — die in den letzten 10 Jahren miss- braucht wurden und die heute gewisse Tatsachen überhaupt nicht wissen, nicht weil sie das so wünschten, son- dern wegen des Pehlens von Möglich- keiten, sich über die ,,Wahrheiten" zu vergewissern, die man ihnen einge- trichtert hat. Selbst in den Jahren vor 1933 verlief der Schulunterricht in TA- teratur und Geschichte in recht ein- seitigen Bahnen, wofür ich hier nur ein Beispiel nenne, das ich in einem Handbuch von 1928 vorgefunden ha- be, das in den Gymnasien verwandt wurde, und wo man liest: „Der Neid gen-en die, wie die Arbeiter meinten, glücklichen Resit.zemien". Man emp- fiehlt zur gleichen Zeit dem Schüler zur Lektüre das Buch: Bismarcks Frömmigkeit, Bismarcks, der, wie man weiss, die Sozialisten eine „bedrohliche Räuberbande" nannte. In dem von Zola zitierten Abschnitt (13/18) sind verschiedene Namen ge- nannt wie Saint Simon, Comte. Fou- rier. Ich frage mich, wie viele Leute mit diesen Namen einen Begriff ver- binden. Ich schlage deshalb vor, dass „Heute und .Morge#." veröffentlicht: . Biogra- nhien der wichtigsten Persönlcihkei- ten, wobei m&n ihre Besonderheiten und Ideen hervorhebt. Das kann in chronologischer Folge geschehen oder in geographischer (England, Frank- reich, Be'gien, Deutschland, Russland) oder in Lektionen (sogar in Form von Unterricht) oder unter anderen Ge- sichtspunkten. Ich verlange nicht eine ganze Wieder- holung der Geschichte, sondern nur ei- ne grundsätzliche und abgekürzte Zu- sammenfassung. Man soll nicht wie- derholen, was man leicht bekommen kann, sondern man soll sagen, was in den verfügbaren Büchern nicht ohne weiteres enthalten ist. Und dass man fortfährt mit den originellen Auszü- gen, von deren Wirksamkeit Ihr Euch schon überzeugt habt und die im Wert des ursprünglichen Wortes über das Kommentar und der Interpreta- tion liegt. Ich bin sicher, dass die Leser Artikel in der _ obenerwähnten Form zu schät- zen wissen werden und sie Artikeln wie „Strom der Zeit", Gedichte, „Sche'nbildung, echte Bi'dung" vorzie- hen. Wenn Ihr mir eine Kritik erlaubt, halte ich derartige Veröffentlichungen für überflüssig. Ich sehe sehr wohl die Nachteile und sosrar Gefahren, die ein solcher Unterricht in sich birgt, aber- d*e Interpretation ging so stark nach der andern Seite, dass es nur wün- schenswert sein kann, wenn wir unft etwas anders orientieren. Ich schlage vor: gestalten wir „Heute und Morgen" zu einem „Leitfaden, Schulungi^heft, Arbeitsbuch für Ar- beitsgemeinschaften". Immer zu Eurer Verfügung, WIIl-Haits Hein (Rio) (Anm. der Redaktion: Die S. 45 aufgeworfene Frage: Womit kann man jemanden dazu bringen, sich zu interessieren... kann eigentlich nur so beantwortet werden: die Ereignisse uns rer Zeit an sich fordern so zwin- gend jeden einzelnen auf, sich für sie zu interessieren, dass wir wenig mehr1 tun können, w'nn das Interesse nicht vorhanden ist. Wir können unsere Energien nicht mit "hoffnungslosen Fällen" vergeuden. Wohl aber ist es richtig, sich zu fragen: wie können wir denjenigen, die nach einrm Ausweg suchen, klarmachen, dass nur der Sozialismus der Aus- weg sein kann? Wie können wir sie gewinnen? An der Lösung dieser Frage zu arbeiten, ist Aufgabe von "Heute und Morgen"). — 47 — HAENDE WEG VON S PA N I EM "Espana Republicana" beschäftigt sich am 14. August mit der Behauptung des Generalvertreters der offiziösen Reuter-Agentur, in Bolivien, d:ss man das Francoregime respektieren werde, wenn es seine Neutralität auf- recht erhalte. "Wir verstehe« nicht recht, was Mr. Chancellor sagen well- te, od'r wir verstehen es zu gut. Der spanische Staat kann den Respekt beanspruchen, den die Vereinigten Naticneii für die Souveränität und die Unabhängigkeit der Völker fordern. Man braucht keine Erklärung sbzu- geben, um zu sagen, dass am Mor- sen die Sonne aufgeht. Aber wenn Mr. Oh. sagen wollte, dass der Pran- quismus die Unterstützung d'r Ver- einigten Nationen finden werde, um an der Macht zu bleiben, nachdem er die Unterstützung des Nationalsozia- lismus verloren hab-, so bedauern wir Mr. Oh. Lxd diejenigen, deren Mei- nung er wiedergibt oder wiederzuge- ben gl: übt. Niemand hat von den Engländern verlangt, dass sie den Spaniern ihre Regiern: g ändern. Was wir verlangt haben und weiterhin verlangen ist, dass England nicht, so wie es s"ine entschlossene Unterstützung bei der Erdrosseln "g der spanischen Republik geleistet hat, sie auch den Manövern gewährt, durch die man verhindern will, dass das spanische Volk seine Freiheit wieder erlangt. Man soll das Sache des spanischen Volkes sein las- SCI";". FREIHEIT! GLEICHHEIT! BRUEDERLICHKEIT! Wofür kämpfen wir? Wofür leiden wir All' diese Analen des Krieges? Worauf hoffen wir? Worin finden wir Sinn und Gesinnung des Sieges? Sind wir nun blindlings und stumm eingereiht In die Vernichtung des Lebens? Sind uns're Waffen im Blutstrom entweiht, Kämpfen wir wieder vergebens? Wer weist uns den Weg? Wer gibt das Signal Des letzten, grossen Gefechtes? Wann tragen wir wieder zum ersten Mal Die Fahnen des Menschenrechtes? Wann reift aus der Völker blutigem Leid Das starke, kühne Bekennen? Wann wird uns die neue, erlöste Zeit Die Worte des Friedens, nennen? Wann werden wir uns bewusst und bereit Zu einem Ziele verbünden? — Wenn Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Die Stunde des Sieges uns künden! j <-1 ' H »in & Silber FREIHEIT! GLEICHHEIT! — 48 BRUEDERLICHKEIT! M m m n m n n PN COBIS BROT Telef. Anruf U. T. 51 - 6034 ■feiblieihek r-CEEEEEEEl ABONNIERT UND LEST DIE AUSTRIAN LABOR INFORMATION! Sie berichtet über Aufgaben und Auffassungen der Arbeiter in Oester- reich und in anderen europäischen Lünern. Sir informiert über die Untergrund- bewegung in Europa in Origiralbe rifht^n „Aus dem Gefesselten Eu- -cpa". . . Sie stellt Verbindung her zwischen den früheren Mitgliedern der öster- reichischen Arbeiterbewegung, die -v-s den Hitler Ländern entkommen Fin l! Haltet die Verbindung mit Vergan- genheit und Zukunft aufrecht! He ft mit, damit die Stimme der österreichischen Arbeiter gehört w"rHrn könne! Abonnements durch Wilhelm Flei- scher, c/u DAD, Tucumän 309, Bs. Aires. Einze'exemplare in allen Buch- handlungen. Einzelnumer: 75 cts. (arg.) H Ja bresabonn^ment: 4,50 $ arg. Jahresabonnement: $ 9.-, arg. Casa Filatelica — de — ROBERTO POMMER comprn y ventn de estamplllas Itnrn ooleoclön RECOXQT TSTA 20« — Bs. Aires u. T. 33 (Av.) 5758 A. A. R. A. ENRIQUE U. CORONA MARTINEZ A B O G A D O l,4vau,r 12«R T. 35 - 518«» corrientes IMPRENTA "ELIDOR" LUE DRICKElIEl DER deiitschsprechenden RIO BAMBA 627 U. T. 41, Plaza 7512 ^l]|lllllllll!llll!lll!lllllllllll!lllll!lll!!l!ll!l!ll!llllll!lllllllll^ I In Montevideo | 1 ist DAD zu beziehen durch g = Federico Dörries, Feliciano W H Rodriguez 2708 und in den D Z freien Buchhandlungen. D PENSION SCHIFFER Amenaliar 2040 L. T. 76 - 170!?, 1 Qua- der Oibildo vermietet put möbl. Stra - Skenzimmer mit Pension, rute btirg'l. Küche, Warmbäder u. sonst. Bequem- lichkeiten. Tischgäste willkommen. Massige Abonnementspreise. TALLER DE COMPOSTURAS Schuhe, Handtaschen, Koffer, alle I.tMlerarbelten holt all B. ZIELKE I . T. 73 - 2414 CONDE lSlfl HONIG ernrnntiert erstklassig: (color rojo) In Büchsen frei an Jede Poststation 5 Ker.-Btichse ......I 4.70 2.5 Kjr.-BUchse.....» 2.AO Carlos Lewin - ROMANO (S. Fe) | HERRENHUETE NACH MASS Reinigruner und Lfmartieitiin«:en werden fachsremäsg ausgeführt. U. T. 32-1381 — Reconquista 487 WALTER PRINZ, KOvIUfTC TNF? HATTF PRECIOS DE VENTA Y SUSCRIPCION Sliscripcion Numero anual suelto BOLIVIA:................. Bolivianos 90 Bs. 6.— BRASIL:................... Vruzeiros 30 2$000 COLUMBIA: .. ............... P 6.— 20 cts. COSTA RICA:............... Colones v 60 cts. CUBA:.................... $ 1.50 10 cts. CHILE:................... 45.— $ 3. — DOMIN IC ANA: . . . . ......... S 1.50 10 Cts. ECUADOR:................. Sucres 22.50 s/. 1.50 EL SALVADOR:.........- .. . $ 3.75 25 cts. GUATEMALA:............... Quetzal 1.50 10 cts. HONDURAS:............ .. .. Lcmplras 3.— 20 Cts. MEXICO:................. $ 7.50 50 cts. NICARAGUA:............... Dollars 1.50 75 centavos de cordoba PANAMA Y ZONA DEL CANAL: . . B. 1.50 10 cts. PARAGUAY:............... ? 525 35 pesos PERU:.................. Soles 9 60 cts. PUERTO RICO: .. ......... l>o.l irs 1.50 10 cts. Dollars 2.— 15 cts. URUGUAY:.............. i cro 3.— 20 eis. VENEZUELA: . , . . . .. ^ 7.50 Bs 0 50 ENGLAND......... ........ 4 sh. i d. ARGENTINA . . .. ■ .. . . .. . . . 6 pesos SO ctvs. | VEREIN VORWÄRTS ! \ Rliicon 1141 (U. T. 23-3483) Buenos Ai es I I WERDET UND WERBET MITGLIEDER! j I_____________________________________________________i rn iidaf iha DAS > N' ri' »»I'VT CHI,A' rrl» ii'tlivli l»r| Ä. FUTR IN, BOOKSELLER .1 o H * \ \ « n ! R O ANZEIGENPREISE I I Seite............$ 40.— 1/2 Seite .. .. ..........20.— 1 4 Seite .. ........ „ 12 — 18 Seite.............. 7 50 EL CAPRICHO Damen ■■ Herrvn-F'riseiir-Snlon WIliES U»76 — TT. T. 78 - 131S zwischen Conesa und Znn'oli r'efte Dauerwellen $ 2 5o ab Leser 20 Prozent Eimässigrijng In Austr lien Ist DAS AM)FnR pE' TSCHLAND erh'Ut'V-li bei EFG English & Foreiqn Librarv nnd Bookshop S 1 D N K V