A OTRA ALEMANIA KMWW ORGANO DE LOS ALEMANES DEMOCRATICOS DE LA AMERICA DEL SUR Fundado el 7 de junio de 1937 Redaccidn y administracion: CALLE TUCUMAN 309 Buenos Aires (Argentina) U. T. Retiro 7264 Diciembre de 1944 Ano VII No. 89 AUS DEM INHALT Georg W-r: die deutsche Sphynx. Hans Lehmann: Internatio- nale Information und Friedenssicherung. Willi Keller-Rio: Bei Philippi sehen wir uns wieder. Paul Hagen: Sozialismus und Freiheit. August Siemsen: Gespräch mit Fritz Busch. Das Gesicht der Zeit. Aus der deutschen Opposi- tion. Stimmungsbarometer. Neue Bücher. Der jüdische „Bund" gegen Rachefrieden. Reinh. Hardt: Ja zu Thomas Mann - (Diskussionstri- büne). Ernst Lakenbacher: Aus der österreichischen politi- schen Emigration. August Siemsen: ZUSPITZUNG IM KAMPF UM EUROPA Im Augenblick, in dem diese Zeilen g e s c hrieben wer- den, haben die gros sen Offensi- ven gegen die "Fe- stung Deutsch- land" im Westen und im Osten be- gonnen. Im Nazi- staat». ist Hitler, sei es aus w e 1 c hen G r ü n d en, durch Himmler e r s e tzt worden. Der Ueber, gang der Führung an den widerlichsten Sadisten, über den der Nazigang verfügt, bedeutet die äusserste! Gipfelung der deutschen Schmach, des Terrors und der Kne. belung des Volkes; zugleich-aber be. weisen cie Meldungen von Massen- verhaftungen und Hinrichtungen, wie sehr die Schwierigkeiten für das Na- ziregime im Innern wachsen. Nieder- lage und Zusammenbruch rücken na- her Sie würden weit schneller erfol- ger vielleicht schon erfolgt sein, wenn der' Krieg als Krieg der Ideologien, als Krieg der Völker gegen Faschis- mus und Nationalsozialismus gefuhrt worden wäre und geführt würde, wie ■das — lang, lang ist's her! — zu Be- ginn des Krieges und solange der Sieg zweifelhaft war; zur Anfeuerung der Völker behauptet wurde. Statt dessen sehen wir, wie die Welt- reaktion zugleich mit dem Krieg ge- gen Hitlerdeutschland den Kampf ge- gen die revolutionären Kräfte der eu- ropäischen Neuordnung, d. h. gegen Europa führt. Das hat man festzu- stellen, auch wenn man nicht so weit U A<, . Manns Bücher wurden 1933 nicht verbrannt und er ging erst 1936 zum offenen Kampf über. Das ist eine Tat. sache, die niemand abstreiten kann. Der nichter selbst hat eine Erklärung •dafür in seinem offenen Braief an den Dekan der philosophischen Fakul- tät in Bonn gegeben. Ob jemand diese Erklärung als volle Rechtfertigung gelten lässt, bleibt ihm selbst über- lassen, wer sie aber nicht einmal ge. fühlsmässig versteht, hat von den mannigfachen Bedingtheiten künstle- rischen Schaffens niemals auch nur ei- nen Haucfh verspürt. Der Dichter de. darf der Resonanz, er wurzelt mehr als jeü'er andere im Leben und in der Sprache seiner Heimat. Sie sind ihm Element, ohne das er nicht schaffen und oft sogar nicht leben kann. Nicht ofhne Grund ist die deutsche Emigra- tionsliteratur so arm an wahrhaft grossen Werken und nicht ohne Grund haben gerade so viele emigrierte Schriftsteller als einzigen Ausweg den Freitod gesucht. Gewiss, wir hätten gern schon da- mals, 1933, laut und deutlich die Kampfansage des gesamten geistigen Deutschland an die Diktatur der Bar- barei gehört. Th. Marax zögerte, aber er hat nie auch nur ein Wort für sie gesagt; er verliess Deutschland sofort und aus allen seinen Artikeln und Vorträgen zwischen 1933 und 1936 spricht deutlich Abscheu und War- nung. Dass der Patrizier und Nur. Künstl-er nicht sofort das ungeheure Geschehen in seinen politischen Ur- sachen und unabwendbaren Folgen erkannte und durchschaute. kann man bedauern, muss es aber verste- hen. Dass er dann, als er diese Er- kenntnis erlangt hatte, den Kampf aufnahm, nicht mit blindem Hass und Ressentiment, sondern positiv, mit dem Blick auf den einzigen — den sozialistischen — Ausweg verdient un- sere ehrliche Anerkennung, ohne etwa deshalb aus ihm den Repräsentanten des deutschen Antifaschismus ma- chen zu wollen. Der zweite Teil der besagten Kritik an Th. Mann, die auf dessen Artikel "Schicksal und Aufgabe" basiert, gip- felt in dem Vorwurfe des "Irrationa- lismus". Bereits im Jahre 1930, als sich Mann zum erstenmal politisch äusserte, betitelte er seine Rede im Berliner Beethovensaal, die ochon von den Nazis gestört wurde, "Appell an die Vernunft", und gerade in "Schicksal und Aufgabe" verteidigt er "den ideen-iKomplex von Freiheit und Portschritt, Humanität, Zivilisation, den Anspruch der menschliehen Ver. nunft auf Vorherrschaft über die Dy- namik der Natur, der Triebe, des Biu- tes, des Unterbewussten". "Ich war überzeugt", sagt er ,n dem- selben Artikel, "dass nichts anderes als Krieg und äusserste Zerstörung das Endergebnis der irrationaHsti- schen Geistesorgie sein könne. Huma- nes Pflichtgefühl muss uns bestim- men, das schwache Flämmchen des Geistes und der Vernunft auf Erden zu schützen und zu nähren, damit es ein wenig besser leuchte und wär me". Dem Schreiber solcher Worte "Irra- tionalismus" vorzuwerfen und mit Ironie zu behandeln, dürfte doch wohl verfehlt sein. Weit wichtiger als die- ses und die Beurteilung der Psycho- analyse ist aber für uns die Frage: Welche Stellung nimmt ein deutscher Schriftsteller, dessen Stimme von der Welt gehört und beachtet wird, zu den jetzt brennenden politischen Frar gen ein, zu Nachkriegsproblemen, so- zialer Revolution, Sowjetrussland, Be- strafung des gesamten deutschen Vol- kes, seine Umerziehung aus eigener Kraft oder von aussen her etc. Um davon ein Bild zu geben und so den wirklichen Tiaomas Mann zu zeigen, sei in Folgendem ein Auszug der dies- bezüglichen Stellen aus den Radiore- den an das deutsche Volk und einigen anderen Veröffentlichungen wieder- gegeben. "Wir (d. h. die Demokratien) werden den Krieg verlieren, wenn wir einen falschen Krieg führen und nicht den rechten, der ein Krieg der Völker für ihre Freiheit ist. Was am Ausgang dieses Krieges stehen muss und wird, ist klar. Es Ist der Beginn einer Welt- vereinigung, die Schaffung eines neu- en Gleichgewichts von Freiheit und Gleichheit, der Abbau der nationalen Staatssouveränität und die Errichtung1 einer Gesellschaft freier, aber der Ge- samtheit verantwortlicher Völker. Nie- mand kann auch nur daran denken, diese neue VÖIkerordnung unter Aus- schluss Deutschlands verwirklichen zu wollen. Die acht Punkte der Atlantik Charter. . gelten selbstverständlich auch für Deutschland. Ich bin, so ant- — 17 — worte ich den Fremden, gutgläubig und vaterlandsliebend genug, dem an- deren Deutschland, das sie lieben, dem Deutscmand Dürers und Bachs, und Goethes und Beethovens, Jen länge- ren historischen Atem zuzutrauen. Dem hitlersehen wird der Atem auagehen — sehr bald. Immer widersprecne ich denen, die für die Zeit nach dem Zu- sammenbruch des Hitlertums eine Zwangserziehung des deutschen Volkes von aussen empfehlen. Jede Umbil- dung, antworte ich ihnen, ist Sache des deutschen Volkes selbst, muss sei- ne 'Sache allein sein. Man wird die innerpolitische Gestal- tung Deutschlands den Deutschen selbst überlassen müssen, wobei die Aufgabe deutschen Volkes und der unentbehrlichste Beweis seiner künf- tigen Vertrauenswürdigkeit sein wird, dass es sich zu einer Reinigung sei- nes sozialen Körpers aufrafft, die gründlich sein muss und sich nicht auf die Ausbrennung der Nazipest be- schränken darf. Sie muss die ganze Menschenschicht treffen, deren Macht- und Habgier sich des Nazitums als In- strument bediente und die nie wieder imstande sein darf, das Deutschtum zur Geissei des Menschengeschlechts zu machen". (In politischer Terminologie bedeutet das: Nicht nur der Faschis- mus, sondern auch seine ökonomisch- politischen Voraussetzungen müssen beseitigt werden.) In "Mass und Wert", 1- Jahrg., Heft 1 sagt Th. Mann: •^Sozialisten? Wir sind es. Sozialismus ist nichts anderes als der pflichimäs. sige Entschluss, den Kopf nicl^-^for den dringendsten Anforderungen der Materie, des gesellschaftlichen, kol- lektiven Lebens in den Sand der me- taphysischen Dinge zu stecken, son- dern sich auf die Seite derer zu schla- gen, die der Erde einen Sinn gehen wollen, einen Menschen sinn". In einem Briefe an AI exej Tolstoi schreibt er: "Es eribt Gruppn und Personen, die •den Sozialismus fürchten, weil «ie ei- ne Entwicklung hassen, auf die wir anderen all unsere Hoffnung setzen: die Verbindung von Sozialismus und Demokratie". Ueber die soziale Revolution . und F.ussland heisst es in den Radioreden: "Die Revolution, die das Eigentliche und Wirkliche ist. wird die Oberhand gewinnen über den Krieg als Raib- ztisr. Die Ergebnisse alles Blutver- giessens werden revolutionäre TCrereb- nlsse sein. Russlarid hat eine echte Re- volution erehabt, und von dem Glau- ben an sie ist es getragen in "einem 'dip e'an-'e Weit zur Bewunderung hin- reissenden Abwehrkampf. Die Nazi- Lügen-Revolution ist auf eine echte und wirkliche Revolution gestossen, eine, von deren Entschlossenheit im Aufräumen ihr manches werdet ler- nen können, ihr Deutschen, wenn eure Stunde kommt". An die Adresse der Ungeduldigen im Ausland, denen die wirklichen Zu- stände in Deutschland fremd sind, wendet siih Th. Mann indirekt wenn er sagt: "Man soll euch nicht zum Aufstand er- mahnen, soll euch nicht fragen: wann werdet ihr endlich den höllischen- Strizzi verjagen, der das deutsche Antlitz zur Medusenfratze gemacht hat: wann werdet ihr's aufgeben und vor der Vernunft kapitulieren? Es hat keinen Sinn, so zu drängen und zu fragen, wir sehen das alle ein; denn ihr könnt nicht. Es ist nicht wie 1918. als Deutschland zusammenbrach. Ein Volkskörper, der in das Eisen des Ter- rors geschient ist, wie der eure, bricht nicht zusammen, sondern steht schau- erlich aufrecht, auch wenn unterm Ei- sen schon alles verfault ist. Aber es geht zu Ende — nicht mit euch, nicht mit Deutschland. Die sogenannte Ver- nichtung Deutschlands ist ein ebenso leeres Wort, ein ebensolches nichtexi- stentes Unding, wie der Sieg Hitlers. Deutschland wird gereinigt werden von allem, was mit dem Unflat des Hitlerismus auch nur zu tun gehabt und was ihn möglich gemacht hat. Und eine Freiheit wird errichtet wer- den in Deutschland und in der Welt, die an sich glaubt und sich zu wehren weiss". Das sind Worte eines Menschen, der die Forderungen unserer Zeit erkannt hat und sich zu ihnen bekennt. Wir hoffen, dass Thomas Mann nicht mü- de wird, sie immer wieder — und ge- rade jetzt — klar und eindeutig zu vertreten. Denn Gefahren bedrohen die Mensch- heit und wie 1933 die deutsche, so be- reitet sich, heute die Weltreaktion vor. die sich überall machtvoll anzeigende Freii.ieitssehnsucht der Völker zu er- sticken. Dunkle Mächte arbeiten, um die Völker um die "revolutionären Ergebnisse des Blutvergiessens'', von denen Th. Mann spricht, zu betrügen, und aus dem Befreiungskrieg doch ei_ nen imperialistischen "Raubzug" zu machen. Dies zu verhindern ist heute die vordringlichste Aufgabe aller frei- heitlichen Kräfte. 18 - Aus der Österreichischen politischen Emigration Vision in Lissabon (Meldung unseres AEIÖU-P Sonder- berichterstatters) . Das riesenhafte Sondeif lugzeug der Panair senkte sich rollend, stampfend, dröhnend auf die weiss leuchtende Fläche des Lissabo- ner Flugfeldes herab. Die sichere Mei- sterhand des Chefpiloten, der sich sei- ner hohen Verantwortung voll be- wusst war, brachte es in sanftem Gleit- flug zur stossfreien (Landung. Die Tür sprang auf und in ihrem Rahmen zeigte sich, hoch aufgereckt die anmu- tige Gestalt des österreichisch-ungari- schen Tronerben. "Lasst uns seiner Väter Trone schützen wider jeden Feind!", sangen gerade die weissge- kleideten Schulmädchen. Die zahl- reich versammelte österreichische Ko- lonie brach in tosende Hoch-, die gleichfalls vollzählig versammelte un- garische Kolonie in nicht minder to- sende Eljen-Rufe aus. Wieviel Tosend es waren, hat der Chronist zu ver- zeichnen vergessen. Der erlauchte Reisende näherte sich elastischen Schritts — der elastische Schritt ist eine altehrwürdige Familientradition des Hauses Habäburg-Lothringen — der wartenden Menge. In E:iren er- grauten kaiserlichen und Kommer. zialräten rannen die Tränen die Baa- ken herab, und selbst die schon längst pensionierten Hofräte konnten sich der aufsteigenden Rührung nid.it erwehren. Frauen hoben ihre Kleinen hoch, um ihnen den unvergessliohen Anblick tief ins empfängliche Gemüt einzuprägen. Indessen hatte sich eine kleine Gruppe in festliches Schwarz gekleideter Gestalten von der Menge losgelöst, die Herren des ad hoc ge- bildeten Comitao Austriaco, in Klam- mern: Austria liberao; an ihrer Spit- ze in der reich galonierten Festklei- dung der alt österreichischen Diploma- tie — das feine Aroma langjähriger Einbalsamierung in Kampfer und Naftalin zwang die übrigen, ihm ehr- furchtsvoll einen Abstand von drei Sehritten einzuräumen —. der eme- ritierte k. u. k. Gesandte der öster- reichisch-ungarischen Monarchie am Hofe des (gleichfalls ex-) Königs Ma- nuel von Portugal. Sr. Exzellenz stell-' te die Herren des Kommitees ihrem: künftigen Monarchen vor. Kaiser Ii-, eher Rat Doderer aielt eine kurze, markige Ansprache; Frau Kommer- zialrat Ploderer trug ein sinniges Ge- dicht vor, das sie einst als Kind ini Ischl bei der Feier des 70. Geburtstag ges Sr. Majestät Franz Markgrafs von Mähren usw., apostolischen Königs von Ungarn gesprochen hatte. _ So- dann entnahm der hohe Herr einem Portefeuille ein fürsorglich von Ma- ma Zita vorbereitetes Pergament und in die feierliche Stille verlas er mit fester männlicher Stimme die geflü- gelten Worte: "Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut", denen er so- gleich in streng verfassungsmässiger Treue die ungarische Uebersetzung folgen liess: "Nagiyon szep volt, na-' gyon örültem". Dann fuhr auch schon ein Auto heran, leutselig winkend ent- glitt seine Erscheinung den Augen der Zurückgebliebenen. Ein Flüstern ging durch Europa. Der österreichische Tronprätendent sei mit Wissen, mehr: mit Zustimmung; ja im Auftrag der Aliierten nach Eu- ropa zurückgekommen, um seine historische Mission zu erfüllen. Schon einmal, 1848. haben russische Armeen den Tran der Habsburger gerettet; es war die letzte Tat der Heiligen Al- lianz Metternichs. Warum sollte nicht im Gefolge der demokratischen Allianz 100 Jahre später der Grossneffe Franz Josefs in die Burg seiner Väter einzie- hen und das Bollwerk gegen die all- seits gleich unbeliebte drohende Re- volution aufrichten, nach, dem die; Al- lianz verzweifelt Ausschau hielt. Aus London telegrafierte der UP-Korres'- pondent Robert Frey einen Plan zur Vierteilung Deutschlands (12. XI.), der mit dem Absatz schloss, dass tn diplomatischen Kreisen die Anregung gegeben wurde, Oesterreich die An- nexion Bayerns zu gestatten. Nimmt man Ungarn dazu, so wäre damit der Kern jenes katholischen mitteleuro- päischen Reiches gegeben, von dem schon zur Zeit der Spartakistenkämjj- fe die vatikanische Diplomatie geflü- stert hat. . 19 — Restauration contra Revolution Im Schutze der englischen Diploma- tie bereitet die Königinmutter von Spanien die Rückkehr ihres Sohnes, des Enkels der Königin Viktoria, in den Escorial vor; eine alliierte Besat- zungsarmee stellt die Garde vor dem Quirinal; die Hohenzollern in Rumä- nien und die Koburg in Bulgarien se- hen ihren wankenden Tron wieder gefestigt, seit die Rote Armee die Na- zis aus dem Lande gejagt hat. Peter von Jugoslawien und Georg, König d«r Hellenen, vertrauen in Gott und Winstcn Churchill ihr Schicksal. Warum nicht auch Habsburg? Soziologie der österreichischen Emigration Die östereich ische Emigration ist zer- rissen. Nicht nur, weil die Sozialisten abseits stehen; das ist bedeutungslos, wir wissen hier in Buenos Aires aus der aufklärenden Tätigkeit der Herren Freund, Kibel und Pintar nur zu gut, ■dass die Sozialisten ein unbedeuten- des Häuflein sind, dass es nur aus prinzipiellen Gründen — ich bitt Sie: heintzutag Prinzipien, dass sind Nar- rischkatten!" — hartnäckig abge- lehnt. sich mit der auf dem Boden des nationalen Freiheitskampfes stehen- den Einheitsorganisation zu vereint, g-en. Die Masse der österreichischen Emigration ist in drei annähernd gleich grosse Gruppen zerrissen. Die eine Gruppe sieht ihre Emigration als endgültig an und naturalisiert sich im Zufluchtsland. Das gilt vor allem von der Emigration in Nordamerika, wo die österreichischen Emigranten Orga- nisationen immer kleiner werden, ;e mehr von ihren Mitgliedern die fünf Jahre zurücklegen, die mit der auto- matischen Zuerkennung der amerika- nischen Staatsbürgerschaft enden. Und vom American Citizen zum öster- reichischen Staatsbürger degradiert zu werden, ist für die Herrschaften keine Lockung. In England, wo man den (Emigranten nicht einmal dann die Staatsbürgerschaft verleiht, wenn sie heldenmütig in H. M. Forces ge- kämpft haben, ist ihr Patriotismus weitaus wetterbeständiger. — Die zweite Gruppe hofft die Wanderung durch die Wüste der Emigration im gelobten Land zu beenden; in England und in den Vereinigten 3taten sind die auf jüdisch-nationalem Boden ste- henden Organisationen der OesterreL eher die grössten. Die dritte Gruppe, jene die dem Gedanken, nach 2000 Jahren ins Land der Väter heimzu- kehren, keine Sympathie abgewinnen können, bildet das grosse Gefolge der freiösterreichischen Weltbewegung. Die freiösterreichische Weltbewegung ist ihnen schon darum sympathisch, weil der Anschluss an sie kein Be- kenntnis zu irgend einer politischen Gesinnung voraussetzt. Bei der Un- möglichkeit einer verlässlichen Kon- junkturprognose in Wirtschaft und Politik im Sturme eines sechsjährigen Weltkrieges offerieren sie am lieb- sten, wie sie aus ihrer geschäftlichen Vergangenheit und Gegenwart in be- wegten Zeiten der Geld- und Gesin- nungsinflation gewohnt sind: frei- bleibend. Man beobachte nur, wie sie der Frage nach der künftigen Staats, form Oesterreichs um den Brei gehen. Gewiss, auch die Kommunisten ge- hören der frei-österreichischen Welt- bewegung an. Darüber, dass die Kom- munisten ein fest umrissenes politi. sches Ziel verfolgen und als einzelne, wie als Gruppe treu zu ihrer Gesin- nung steinen, besteht kein Zweifel. Nur wer am Ende wen hineingelegt haben wird, ist noch zweifelhaft. Aber in- nerhalb der freiösterreichischen Welt- bewegung besteht die objektive Funk- tion der Kommunisten zur Zeit nur darin, die Sozialisten zu diffamieren, sie als Grossdeutsche zu "enthüllen", als Saboteure der nationalen Einheits- front zu denunzieren, sie wieder ein- mal als vaterlandslose Gesellen zu brandmarken. Den Reingewinn aus diesem Geschäft hofft die Reaktion einzuheimsen. Diese Hoffnung ist ei- ne der stärksten Klammern der na- tionalen Einheitsfront. Kaum, dass sie diese Hofnung erschüttert sahen, sind die Monarchisten in London aus dem Free Austrian Movement ausgetreten. Die politische Zweideutigkeit der österreichischen Bmigration ist der Nährboden, aus dem immer wieder die Habsburg-Intrigue aufkeimt. Klärung1 Eine UP.Depesche aus London vom 15. XI. berichtet über eine interes- sante aussenpolitische Debatte in Westminster. Sie bewies, dass das Un- terhaus die Entwicklung auf dem — 20 — Kontinent aufmerksam verfolgt- Un- ter anderem stellte der Abgeordnete G. Strauss die Frage an den Staats- sekretär des Aussenamtes, ob sich der Ministar darüber Rechenschaft gäbe, dass die dem Erzherzog Otto kürzlich eingeräumten Erleichterungen zu ei- ner Rückkehr nach Europa in Krei- sen der demokratischen Oesterreic h er und bei den alliierten TsJ.iechoslowa- ken und Jugoslawen Beunruhigung erweckt haben. Mr. Law erwiderte, dass die Ankunft des Erzherzogs Ot- to in Portugal in keiner Weise bedeu- te, dass die britische Regierung die AUS UNSERER GALERIE FREIHEITSHELDEN 1. Spuk in Born Nach dem Einmarsch der Alliierten in R;m spielte sich eine skurille Szene ab. "Baron" Egon Berger-Waldenegg ergriff im Namen eines "Oesterrei- ehischen Befreiungskomitees" Besitz vom Gebäude der ehemaligen öster- reichischen Gesandtschaft und eta- blierte sich als Vertreter des künfti- gen freien und unabhängigen Oester- reich. In seiner Gesellschaft befand sich Bischof Hudal, Rektor der Ani- ma in Rom. Das Abenteuer war nach zwei Wochen liquidiert, dank dem energischen Eingreifen unserer Ge- nossen in London und New York: am 21. Juni erklärte Eden im Unter- haus, er habe die notwendigen Schrit- te unterncir.men, um die alliierten Be- hörden in Rom zum Einschreiten zu veranlassen. Der Steckbrief des Berger-Waldenegg weist folgende Daten auf: Mitbegrün- der steirischen Heimwehren, Haupt- drahtzieher des Pfriemer'schen Heim- wehrputsches, Justizminister des Dollfuss, seine wichtigste "Justiz".Ak- tion war die Hinrichtung des jungen reichs an Italien, organisiert die Sa- botage der Völkerbundsaktionen nach dem Ueberfall Italiens auf Ethiopien; im Mai 1936 östereichischer Ge- Rudolf Gerl; als Aussenminister Schiuscihniggs vollendet er die von Dollfuss seinem Vizekanzler Starhem. bete1 angebahnte Lieferung Oester- sandter in Rom, wo er nach der An- nexion Oesterreichs unter dem per- sönlichen Schutz Mussolinis ver- bleibt, auch nachdem die Deutschen Sache der Habsburger in Zentraleuro- pa unterstütze. Die Politik der Regie- rung in Bezug auf Oesterreich bleibe weiterhin die gleiche, die in der Mos- kauer Deklaration vom 1. November 1943 ausgedrückt worden ist. Der Ab- geordnete Strauss gehört zu jenen Mitgliedern der Labour Party, die mit den Österreichischen Sozialisten in London enge Fühlung halten. So ist es unserer kleinen und bedeutungslo- sen Gruppe gelungen, die Schwaden zu zerstreuen, mit denen die öffent- liche Meinung Europas vernebelt wer- den sollte. OESTERREICHISCHER Rom besetzen; Mussolini hat ihm ei- ne Sinekure bei der Assicurazioni Ge- nerali verschafft. Herr Llergdr-Wal. denegg ist ein Schulbeispiel der all- täglichen Erscheinung, dass Afustro- faschisten bei irgendeiner österreichi- schen Freiheitsbewegung Unterschlupf suchen, um ihre Vergangenheit in Vergessenheit zu bringen und ihre Zukunft zu sichern. Aber die Herr- schaften werden sich verrechnen- Bischof Hudal ist kein Austrofaschist sondern ein waschechter Nazi. Er war der Führer des nazifreundlichen Flü- gels im österreichischen Klerus. Sein politisches Hauptwerk, das seinerzeit grosses Aufsehen erregte — nicht we- gen der Qualität seines Inhalts, son- dern wegen der Person seines Ver- fassers — sind die im Jahre 1937 ver- öffentlichten "Grundlagen des Natio- nalsozialismus", im Vorwort erinnert Bischof Hudal daran, dass er schon am 1. Mai 1933 als erster deutsch- sprachiger Bischof eine Feier in An- wesenheit der beiden Botschafter des deutschen Reiches, der NSDAP uind der Hitlerjugend von Rom gehalten habe — ein Nazi der ersten Stunde. Jetzt ist auch er draufgekommen, dass er aufs falsche Pferd gesetzt hat. Wä- re er nur ein Austrofaschist gewesen, so hätte er eine schon seit langem schmerzlich empfundene Lücke aus- füllen können: gewisse österreichische "Patrioten" suchen mit Leidenschaft nach einem katholischen Prälaten, mit dem sie ihre bunte nationale Ein- heitsfront aufputzen könnten. — 21 — Der Wetter-Fahnenträger von Rio de Janeiro Einem Berufskollegen des Herrn Ber- ger-Waldenegg, dem ehemaligen Ge- sandten Oesterreichs für Süd-Amerika mit dem Amtssitz in Rio de Janeiro, Herrn Ketsch ek, ist bereits "der gros- se Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein". Er ist in die öster- reichische Freiheitsfront nicht nur mit offenen Armen aufgenommen, er ist an ihre Spitze gestellt worden. Er ist Vorsitzender der Oesterreich er-Or- ganisation in Brasilien, die dem. österreichischen Zentralkomitee für Lateinamerika nur deswegen nicht angeschlossen ist, weil Herr Reschek fürchtete, mit den brasilianischen Ge- setzen in Konflikt zu kommen. Er ist auch gemeinsam mit Herrn Erich Kleiber Ehrenpräsident des Comite Austriaco in Buenos Aires. Seit Monaten gehen uns von Lesern in Brasilien Berichte und Ausschnitte aus brasilianischen Zeitungen zu, die ein Zeichen dafür sind, dass sich ge- gen das Verbleiben Herrn Retscheks und seiner engeren Freunde in der Leitung der Oesterreicher-Organisa- tion wachsender Widerstand geltend macht. Die Sendungen waren von der Aufforderung begleitet, über diese Blätter auch die österreichische Oef- fentlichkeit zu warnen. Erst der Handstreich des Berger-Waldenegg l.;at uns davon überzeugt, dass wir diesem Verlangen Rechnung tragen müssen. Herr Retschek war Gesandter und bevollmächtigter Minister der öster- reichischen Republik, er blieb es un- ter der vaterländischen Diktatur. Dann ging auch diese zu Ende und es kam wie es kommen musste: Nach dem gewaltsamen Anschluss Oester- reichs an Hitler-Deutschland lehnte Herr Retschek die ihm angebotene brasilianische Staatsbürgerseih aft ab und nahm die deutsche an. Er über- gab die östereichische Gesandtschaft in Rio und die Amtsräume der öster reichischen Vertretungen in ganz Südamerika den Nazis, die auf diese Weise in den Besitz wertvoller Do- kumente und von Material über die Gesinnung der östereichischen Staats- bürger in diesen Ländern kamen. Am 14- Mai 1938 erklärte die Gesandt- schaft der brasilianischen Presse, dass die österreichische Kolonie in Brasi- lisn den Anschluss unterstütze. Be- reits in den ersten Stunden des 13. März 1938 hisste die österreichische Gesandtschaft in Rio die Hakenkreuz- flagge des Dritten Reiches und erteil- te den unterstellten Konsulaten den Auftrag, in gleicher Weise den vollzo- genen Tatsachen Rechnung zu tragen. Am 16. März 1938 leistete Herr Ret- schek gemeinsam mit seinem Lega- tionssekretär Faccioli-Grimani, einem Haimwehrler. den Treueid auf den Führer Adolf Hitler. Sein Wohltun trug zunächst die eihofften Zinsen, er wurde der deutschen Gesandtschaft eingegliedert. Am 30. März 1938 ge- noss er die Genugtuung, Seite an Sei- te mit seinem Ohes, dem deutschen Gesandten von Ritter, die deutsche Dornier-Wal Fluggeschwader, die auf einem Propagandaflug in Rio landete, festlich empfangen zu dürfen, und am 7. April erschien er, wieder in Be- gleitung seines Chefs, an Bord des deutschen Dampfers "Monte Olivia", um für den Anschluss Oestereichs an Deutschland zu stimmen. Aber, ach, die Nibelungentreue hielt nicht lange vor; wenige Wochen später wurde Herr Retschek entlassen, fristlos und ohne Pension. Da nun besann er sich wieder des al- lerersten von den mehreren Treueiden, die er im Laufe seiner Karriere hin- ter sich gebracht hatte, der Liebe und Treue zu seinem angestammten Herr- scherhaus und widmete sich von da ab, und bis auf weiteres, der Sache der Restauration Sr. M. des Kaisers Otto auf dem Trone seiner Väter. — "Erz:: erzog" Felix, der im Jahre 1942 zum erstenmal nach Brasilien kam, übertrug ihm die Vertretung der In- teressen des Erzhauses. Zum ersten Male seit Jahrzehnten war dem ver- dienten altösterreichischen Beamten die Möglichkeit gegeben, seine Gesin- nungsfestigkeit, die er so oft auf dem Altar des Vaterlandes selbstlos zum Opfer gebracht hatte, fromm und bie- der, treu und offen zu bekunden. Er vereinigte seinen Anhang in der öster- reichischen Kolonie zu Gedächtnisfei- ern für den verewigten Märtyrer- Kanzler Dollfuss. Als am 12. Novem- ber 1943 die Austrian Acciön in Rio einen Aufruf zugunsten einer demo- kratischen und republikanischen Ge- — 22 — staltung des befreiten Oesterreich er_ liess, wusste Herr Retschek den üblen Streich geschickt zu parieren: erwähl- te den 15. November, den Tag des heiligen Leopold, des Herzogs aus dem Hause der Babenberger. Landespa- trons von Niederösterreich, zu einer Radicansprache auf Kurzwellen (da- rr.it die Oesterreicher ihn auch hören konnten). Herr Retschek rechnet bestimmt dar- auf, das befreite Oesterreich wieder als Gesandter zu vertreten. (Das ein- zige, was ihm Sorgen machen muss, ist die strategische Lage auf dem eu- ropäischen Kriegsschauplatz — ob die Russen oder die Angelsachsen früher in Wien sein werden — wegen des rechtzeitigen Umstellens der Wetter- fahne, Richtung Sow'etdemokratie oder westlicher Demokratimperialis- mus) : Aber dass er Führer des öster- reichischen Freiheitskampfes qualifi- ziert ist, ja auch, nur zum Ehren- präsidenten einer Organisation öster- reichischer Emigranten, erscheint mehr denn zweifelhaft. liiiiiniiiiiiiiimiii Soeben eingetroffen! AUSTRIAN LABOR INFORMATION New York Zentral-OrKnii der österreichi- schen Sozialisten In deutscher Sprache. MIT DER BEILAGE FREIE TRIBUENE des Internationalen Soziallsmus Herausgrepreben von Wilhelm Ellenbogen. Einzelexemplare und Abonne- ments durch die Buchhandlun- gen: Barna, Maipü 441 und Ju- ramento 2368, Cosmopolita, Co- rrientes 424; Herzfeld, Recon- quista 424, und durch das Büro des DAD, Tueumä-n 309 (U. T. 31-7264). 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OSCAR MEYER, Demokratie marschiert HERRMANN STEINHAUSEN, Die Rolle des Bösen in der Weltgeschichte CARDINAL JEAN VERDIER, Die Kirche und die soziale Frage F. C. WEISKOPF, Vor einem neuen Tag. barna MA'PU 441 SUC. BELGRANO: JURAMENTO 2368 — U. T. 73 - 4777 U. T. 31-4513 y 7427 Buenos Air es VEREIN VORWAE II TS j AUSTRIA 2064 U. T. 72 - Parque - 6058 I IM NEUEN HAUSE JEDEN DIENSTAG j AB 21 UHR KLUB- UND LESEABENDE GAESTE HERZLICH WILLKOMMEN — EINTRITT FREI JEDEN SONNABEND AB 21 UHR, JEDEN SONNTAG AB 17 UHR J TANZ | — 24 —