DAS. ,A N P E R E D-E gyggR ORGANO ; DE " LOS ; , A L E M A N E S ' DEMOCRAT1CO S7"dE f ■ A M b R 1 C A ^ D E L * S U j AUS DE M INHALT: ALGO SOBRE LOS CRIMENES NAZIS EN ALEMANIA Augiiit Siemsen: DER BEWAFFNETE FRIEDE Dipl. Ing. G. Maiwald (Bolivien): VOM ABTRANSPORT DEUTSCHER FABRIKEN Hatte Lehmann: ERNST POENSGENS UNGEWOLLTE SELBSTANKLAGE _ SS-VERWALTUNGSMETHODEN UND INTERNATIONALE SOLIDARITAET IN DEN KONZENTRATIONSLAGERN Werner Guftentag (Bolivien): SOLLEN WIR DIE ERZAEHLUNGEN DES GRAUENS AUSBEUTEN? BERICHTE AUS DEUTSCHLAND AUS DER ARBEITERBEWEGUNG NACHRICHTEN AUS SUEDAMERIKA BUENO S " AIRES • TUCUMAN 309 • ä 1 r R Ii 1 f K O 7 2 6 4 NUMERO 105 • 1o DE NOVIEMBRE DE 1945 • A N O VII, Deutsche BlUiOfctek Frankfurt errt Main IDeu 13 DAS ANDERE DEUTSCHLAND DAS ANDERE DEUTSCHLAND LA OTRA ALEMANIA (fundado et 7 de junio de 1937) Registro nacional de la Propiedad Intelectual No. 178.948. Autorizado por Resolution no. 214 del Ministro del Interior (11 abril 1945) Confirmado por Decreto No. 20.916 (6 sept. 45) del Superier Gobierno de la Naciön. Editor y Director: Dr. Auguste Siemsen. Tesorero: Juan Carl. Avisos: Guillermo Fleischer Redacciön y Administration: Tucumän 309, Buenos Aires (U. T. 31-7264) Einzelnummer: 20 Cts. Jahresabonnement: 4.80 Pesos argentinos (im voraus zahlbar) Geldbeträge' erbitten wir aus- schliesslich per Giro oder Bono Postal oder Scheck auf Sr. Juan Carl, Tucumän 309, Bs. Aires. DAS ANDERE DEUTSCHLAND ist kein auf Profit ausgehendes Geschäftsunternehmen. Es lebt nur dank der Unterstüttung sei- ner Freunde. Spendet für den Pressefonds! Erscheint am 1, und 15. eines jeden Monats. Der Prozess in Lüneburg ist durch die \rt, in der er gefühlt wird, zu einem Skandal geworden, gegen den kein Protest zu scharf ist. Da wer- den die jüdischen Häftlinge nicht nur für unglaubwürdig erklärt, son- dern in unerhörter Weise als „Ab- schaum des Ghetto" beschimpft, da wird, ein russischer Film über die Greuel als Propagandamache hinge- stellt; da wird erklärt, dass die Ter- rormethoden der Nazis auch anders- wo in der Welt üblich wären. — Das letztere stimmt sogar, bis zu einem gewissen Grade, aber es ist so gesagt worden, als ob diese Folterungsme- thoden ganz in der Ordnung wären. Statt dass der Prozess vor aller Welt die ungeheuerlichen Verbrechen der Nazibestien gegen Unschuldige und Wehrlose an den Pranger stellt, macht er fast den Eindruck eines Rechtfertigungsversuches für die Na- zis. Jedenfalls können sich die Na- zis händereibend auf unglaubliche Ausführungen der Verteidiger beru- fen. S. P. D. in Berlin In einer grossen Versammlung legte nach einem Bericht von United Press der Vorsitzende Max Fechner die Po- litik seiner Partei dar. „Wir bekämp- fen", so sagte er, ,,alle die, welche die andern unterdrücken oder aus- beuten, den Nationalsozialismus, den Militarismus und den Kapitalismus". Er erklärte weiter, dass die S. P. D. in Berlin zur Zeit 65.000 Mitglieder zähle gegenüber 100.000 vor der Na- • zidiktatur, und dass sie damit die stärkste Partei sei. K. P. D. in Berlin Vor 5000 Personen sprach der Vor- sitzende der K. P. Walter Ulbricht im Patest-Theater. Er sab die Zahl der Parteimitglieder nfit 78.000 an, gegenüber 38.000 vor Hitler IN EIGENER SACHE! AUSNAHME VOM ACHSEN-REGISTER Von behördlicher Seite wurde erklärt, dasis nicht damit zu rechnen ist, dass die beim Innenministerium beantragten Befreiungen von den Bestimmungen der Registrierung der feindlichen Ausländer innerhalb von kurzer Frist erledigt werden können. Wir haben feststellen kön- nen, dass die ausführenden Organe jeden einzelnen Fall sorgfältig prüfen, bevor er dem Innenminister zur Entscheidung vorgelegt wird. Im Falle, dass die Polizeibehörden die definitive Registrierung, die mit dem Entzug der normalen Identitätskarte verbunden ist, vor- nehmen, bevor über das Befreiungsgesuch eine Entscheidung gefällt ist, ist selbstverständlich, dass die normale "Cedula de Identidad" im Falle einer Genehmigung des Gesuchs zurückerstattet wird. x Wegen der damit verbundenen Unkosten hat DAD die Zustellung von unberechneten Probenummern an Interessenten einstellen müssen. Wir bitten unsere Freunde, diejenigen, die sich für unsere Arbeit interessieren, zu einem Probeabonnement zu veranlassen, das für drei Monate gültig ist, und für das wir 1,20 argentinische Pesos oder den Gegenwert berechnen. Der Betrag ist im voraus zahlbar. ZWEI SCHWESTERN, UEBERLEBENDE VON AUSCHWITZ, IN ASUNCION Nazis und sonstige Ungläubige, welche noch immer die schaurigen Be- richte und Filme von den deutschen Konzentrationslagern als Märchen bezeichnen, haben jetzt auch in Südamerika Gelegenheit, sich durch Augenscheinnahme von deren Richtigkeit zu überzeugen. Seit dem 6. September befindan sich in Asunciön die beiden Schwestern Esther und Sonja Brom, welche wohl als erste Ueberlebende des berüchtigten Aus- rottungslagers Auschwitz (Oswiecim) den amerikanischen Kontinent betraten. Die Ankunft dieser beiden jungen Mädchen, die sich im Alter von 20 und 22 Jahren befinden, hat hier grosses Aufsehen erregt. Alle Zeitungen bringen spaltenlange Berichte über ihre Erlebnisse in der Hitlerhölle. Präsident Morinigu versprach ihnen jede Erleichterung bei dem Erwerb der paraguayischen Staatsbürgerschaft. Die Schwestern Brom stammen aus Lcroza (Polen), wo bis zum Kriege 20.000 Juden wohnten, darunter etwa 50 Verwandte der Schwestern. Alle diese Men- schen sind von den Nazis auf die grauenvollste Weise getötet worden. Den grössten Teil ihrer Leidenszeit verbrachten diese Unglücklichen, auch die Schwestern Brom, in dem Vernichtungslager Auschwitz, wo eine Zeitlang unter vielen anderen Verbrechern die jetzigen Angeklag- ten des Lüneburger Prozesses schrankenlos herrschten. An die beiden *' jlutrünstigen Bestien Joseph Kramer und Irma Grese erinnern sich die Schwestern nur mit tiefstem Entsetzen. Für ihre Grausamkeit und ihren Sadismus hat noch keine Sprache einen passenden Ausdruck gefunden. Die Schwestern Brem erzählen, dass die Grese, ein sehr schönes, damals erst 18 jähriges Mädchen in brutalster Weise gerade ihre eigenen Geschlechtsgenossen behandelte, die armen Frauen furcht- bar schlug, Eisenstücke In ihre Körper trieb, bis sie qualvoll starben, Mütter ihre eigenen im Feuer gebratenen und gevierteilten Kinder zum Essen vorhielt, sodass diese Bedauernsweiten wahnsinnig wurden, und anderen mit glühenden Zigaretten die Augen ■ausbrannte. Für Kramer war es die grösste Wonne, die' Familienmitglieder die Torturen ihrer nächsten Augehövigt-n mitansehen zu lassen, weiche schliesslich erschlagen, vergast oder lebendig verbrannt wurden. Beide Schwestern tragen, was fer ungläubige Nichtig ist, genügend Narben am Körper, welche ihre unmenschliche Behandlung mit gröss- ter Deutlichkeit erweisen. Ferner wird an ihrem linken Unterarm, wie es sonst nur bei dem Vieh geschieht, Erkennungsnummern einge- brannt, und zwar 29.457 bezw. 29.458. Während des russischen Vormarsches wurden die letzten Insassen von Auschwitz nach dem Westen getrieben, wobei die Ermordungen in erhöhtem M&sse fortgesetzt wurden. Die Verwirrung unter den Na- zis wurde allmählich gross. Sie verrieten sich gegenseitig, kämpften miteinander und töteten sich wie Bestien. Wie durch ein Wunder sind die letzten Häftlinge schliesslich durch die Amerikaner gerettet wor- den, darunter auch die beiden Schwestern Brem, die damals inur . notjh 25 bezw. 35 kg. wogen und sich erst ganz allmählich .wieder erholt haben. Heute zeigen sie schon wieder ein gesundes und liebliches Aus- sehen. Aber die verdeckten Narben und die eingebrannten Nummern der Schmach werden wohl niemals von ihrem Körper und aus Ihrer Seele entfernt werden können, dauerndes Zeichen der grössten. Schande unserer Zeit. . .Dr. Jnlius Preuss—.Asunciön '"v > y v DAS ANOIRt OCUTfCHLAND 3 DER BEWAFFNETE FRIEDE ALGO SOBRE LOS CRIMENES NAZIS EN ALEMANIA La prensa diaria esta repleta de informes verdaderamente atroces acerca de las condiciones en que fueron encontrados los campos de concentraciön en el territorio alemän. Los horrores -no son producta de, una fantasza enferma, sino terribles realidades. Ni pueden ser desmentidos, si serän suficientemente condenados. Unänimemente y como obedeciendo a una orden, todos los infor- mes, con unas pocas y notables excepciones, guardan silencio sobre un punto. Los campos de concentraciön no fueron creados despues del comienzo de la guerra, ni para judios y extranjeros solamente. Ya en el verano de 1938, antes de la gran persecu- ci6n contra los judios, habia cerca de 250 mil personas en 112 campos. Tratgrbase, generalmente, de enemigos politicos del sistema nazi, a quienes se torturaba, mds o menos lentamente, hasta que morian. Cuando los obreres organizados llamaron la ateneiön sobre este esedndalo fueron presentados, como trafi- cantes de guerra y diseminadores de historias de atrocidades. En todo caso, sölo se trataba de obreres. Y, hasta ahora, aunque pocos relativamente en nümero, eran los representantes de esta obra tan despreciada y calumniada Alemania. Quizd se abran los ojos del mundo y pueden apreciar el espiritu de sacrificio que era necesario para luchar por los ideales de la humanidad en los anos de calma. Quizd se pueda comprobar ahora que no se puede organizar mejor una resistencia ni llevarla mds vigorosa- mente adelante. El tiltimo balance de la Gestapo contribuirla materialmente a un mejor entendimiento. Un informe del minisrtro de justicia da las siguientes sentencias de muerte aprobadas por tribunales especiales solamente: / • • 1939 1940 1941 1942 1943 99 926 1.292 3.660 5.336 Las tres quintas partes de estas sentencias, aproximadamente, han sido aplicadas a los llampdos traidores y personas convictas de "alta traieiön, Sabotage, resistencia armada, propaganda sub- versiva, etc. Y 6stos son los asesinados oficialmente declarados que se dice han sido sometidos a procedimiento judical, y que han sido cogidos en la trampa del terror. Sölo en los seis pri- meros meses de 1944, la Gestapo detuvo a 310.000 personas. Aproximadamente, dos terceras partes de estos detenidos pro- ceden del Viejo Reich, lo que no quiere decir que sean principal- mente alemanes. Oasi todos los dias pagan con su libertad, y frecuentemente, con su vida, su oposieiön al sistema nazi, unas 2.000 personas. Y esto ocurria antes de las detenciones en masa despues de la tentativa de revuelta ocurrida en el mes de julio de 1944. POLITIK IST PFLICHT ,.Wir überlassen dts Sorge für die öffentlichen Angelegenheiten den Mittel- mässigeo und den Schlechten. Das ist ein Verbrecht« und eine Dummheit. Die Politik müsste die Sache der Besten sein, weil sie die beste Sache ist". (Anatoie France) ZU UNSEREM TITELBILD Auf unserem Titelbild der vorigen Nummer erkannte einer unserer Leser in Buenos Aires in dem am meisten rechts stehenden Gefan- genen den 56jährigen Bruno Glaser aus Berlin, der 1935 nach Brüssel emigrierte, im Juni 36 nach Buenos Aires kam, um dann im Oktober 1938 nach Europa zurückzukehren. Bruno Glaser ist schrift- stellerisch tätig gewesen. Er übersetzte u. a. Jack London, H. G. Wells und Arnold Bennett ins Deutsche. Von Dr. August Siemgen ; Washington, 22 Oktober (A.P») — Die Mehrheit der Parteien ist trotz ihrer entgegengesetzten Meinungen über zwei Tatsachen einig. Erstens: die Vereinigten Staaten müssen so stark an bewaffneter Macht und wissen« schaftlichen Waffen sein, dass keine Nation es wagt, sie anzugreifen. Zweitens: das wird durch viele Jahre eine Menge Geld kosten. Die Sach- verständigen sprechen von taueenden von Millionen Dollars. Niemand wagt noch, irgendeine Vermutung über die Kosten der Verteidigungsanlagen in der Nachkriegszeit zu äusssrn. Die Kommandanten der Armee, der Flöt, te und der Luftstreitkräfte sagen» dass die Vereinigten Staaten über eine hinreichende Macht verfügen müssen, um auf die andern Nationen Eindruck' zu machen. Der Kriegssekretär Pat„ terson erklärte vor dör Militärkom- mission des Senate, dass die Verei. nigten Staaten "jetzt und durch ei- nige Jahre immer eine militärische Macht bereit halten müssen, die gross genug iet, um den Führern und Be. rufsmilitär« der anderen Nationen den Eindruck zu vermitteln, dass die» see Land wirklich entschlossen ist, einen dauernden Frieden zu errei- chen." Admiral Frederic Hörne sagte, dass die Machtentfaltung der Ver* einigten Staaten so lange andauern müsse» bis "alle internationalen Pro- bleme gelöst sind". Es war kurz vor dem ersten Welt* krieg, dass Friedrich Naumann, der spätere erste Vorsitzende der Deut« Sehen Demokratischen Partei, eben- falls die These vom bewaffneten Frie« den vertrat. In einer seiner glänzen» den Reden führte er in Dortmund aus, dass Aufrüstung und starke Bewaff. nung der Grossmächte am besten den Frieden sichern würden, da dann das Risiko des Krieges zu gross sei. Nach meinem Gefühl sank damit der de- mokratische Politiker auf das Niveau der blutigen Rüstungsinternationale, und unsere politischen Wege trenn- ten sich. Uebarraschend schnell zeig, te der erste Weltkrieg, was von der Naumannechen Argumentation zu hal- ten war. Kaum Irgendjemand wagte denn euch, nach dem ersten Weltkrieg Nau- manns These vom bewaffneten Frie» den öffentlich zu verfechten. Statt dessen erhob sich überall der Ruf nach Abrüstung, nach Kontrolle Und Verstaatlichung der Rüstungsindu- strie; es sollte der letzte Kfieg seinj die pazifistischen Organisationen wuchsen; "nie wieder Krieg!" war der Ruf von Millionen. Es war eine tragische Entwicklung, die diese Stimmen erstickte und die Geschäftemacher und Nutzniesser des Krieges triumphieren liess. Heute, nach dem zweiten, ungleich entsetzlicheren Weltkrieg ertönen diese Stimmeny n weit schwächer, scheint man aller Erfahrung und sL Itr Vernunft zum Trotz von vorn« 4 DAS ANDERE DEUTSCHLAND herein im bewaffnetein Frieden auf» neue das beste Mittel zur Vermeidung des Krieges zu erblicken. Soll man sich mit dem naiven Glau- ben auseinandersetzen, dass es dies- mal doch anders sei, weil die Verei- nigten Staaten wirtschaftlich und militärisch so übermächtig seien, dass sie den Frieden erzwingen könnten? Einmal müsste ein solches Ueberge. wicht, wenn wirklich vorhanden, die andern grossen Mächte zu gesteiger- ter Kriegsrüstung zwingen, da natür. lieh keine Grossmacht abhängig sein will von dem guten Willen einer an. deren. Ferner aber müssten die Ver- einigten Staaten, um ihr Ueberge. wicht richtig zu benutzen, über die Allweisheit und die Allgüte verfügen, die uns im Konfirmanden unterricht als spezifische Eigenschaften des lie- ben Gottes hingestellt wurden. Nein, man sollte den bewaffneten Frieden, in dem wir uns jetzt nach dem Krieg befinden, mit dem gebüh- renden Ernst behandeln. Dann stellt er sich dar als Ausdruck einer furcht- baren Situation, die die Welt mit dem Untergang bedroht. Für den Denkenden liegen die Ursachen, auf die wir immer wieder hinweisen, klar zutage. Die Organisierung des mensch- lichen Zusammenlebens ist wirt- schaftlich, sozial und politisch so weit zurückgeblieben hinter der er- reichten Stufe der Produktion, dass sich daraus die schwersten, uner- träglichsten Widersprüche ergeben. Die dank den Fortschritten der Tech, nik erreichte Produktionskapazität könnte die Bedürfnisse aller Men- schen reichlich und in dauernder Steigerung befriedigen, wenn Produk- tion und Konsum sozialistisch orga- nisiert würden —• statt dessen wird, ausser in der Sowjetunion, festgehal- ten an dem einer überwundenen Pro- duktionsstufe entsprechenden kapita- listischen Profitsystem mit seiner Klassenscheidung und seinem Klas- senkampf und mit dem heutigen Zu- stand der Dauerkrise, der Massenar- beitslosigkeit, des Faschismus; der weltwirtschaftlichen Verflechtung, der Ueberwindung von Zeit und Raum müsste eine internationale Weltorga. nisation entsprechen — statt dessen wachsen die Gegensätze der Grossen und der aus Angst geborene Natio- nalismus der Kleinen; die Gewalt der modernen Zerstörungsmittel erforder- te ihre Unschädlichmachung, sie müsst» zu gemeinsamen Anstrengun- gen führen, um die Gegensätze durch Beseitigung ihrer Ursachen zu über- winden — ytatt dessen haben wir den kevyaffneten Frieden. Ueden Tag bringen die Zeitungen Nachrichten, die diesen Zustand des bewaffneten Frieden, diesen Zustand der Friedlosigkeit unserer Welt illu. etrieren. und die Militäietats der grossen und teilweise der kleineren Mächte verschlingen in unseren Zei- ten des furchtbarsten Massenelends weiterhin Riesensummen. Die Menschen, die gehofft hatten, dass die Niederringung der faschisti. sehen Diktaturen zugleich die Ueber- windung der Grundlagen und der Methoden des Faschismus, den Auf- bau einer neuen friedlichen Welt be- deuten würde, sind enttäuscht. Re- signation und Verzweiflung wachsen gerade bei den denkenden, kritischen Menschen. Und ist das Wort wirklich sehr übertrieben, das man tiören kann: Hitler ist besiegt, aber der Hitlerismus triumphiert in der Welt? H. G. Wells, der Verfasser der viel- gelesenen "Geschichte der Mensch- heit", hat im ''Sunday Express" kürz- lich einen Artikel veröffentlicht, in dem er sagt: "Das Ende alles dessen, was wir Leben nennen, ist sehr nahe u(id un- vermeidlich. Die Welt steht am Ende ihrer Entwicklung . .. Unsere Welt ist wie ein Schiff, verloren in der Dunkelheit, an einer bekannten Küste voller Klippen, gelenkt von Pi- raten, die streiten und schreien, wäh. rend das Schiff scheitert und jene es plündern und Böses tun nach Belieb- ben. Der menschliche Geist macht, am Rande der Erschöpfung, seine letzte nutzlose Anstrengung, um den Ausweg zu finden, um herauszugelan. gen oder dem verhängnisvollen Zirkel zu entrinnen. Das ist fast das Einzi- ge, was der Geist tun kann. Und es sind die letzten Anstrengungen des Todeskampfes. Sie zeigen, dass die Tür sich für immer geschlossen hat. Es gibt keinen Weg des Entkommens oder der Ueberwindung der Situa- tion." H. G. WeHs ist ein kluger Mann. Er vermag die Dir^je wie wenige im gro- ssen Zusammenhang zu sehen. Wenn er resigniert vor dem, was er sieht, co ist das also eine ernste, eine sehr ernste Mahnung. Aber Wells ist 69 Jahre alt. Wäre er halb so alt — wer weiss, ob er resignieren würde. Denn auch unter dem Damoklesschwert sucht der Mensch nach einem Aus- weg, auch unter der Atombombe muss ihn die Menschheit suchen. Wir sprachen in der letzten Nummer von der Linksentwicklung in Europa als von einem Silberstreifen am Ho- rizont. Wir erhofften von ihr den Aufbau eines sozialistischen Europas unter Mitwirkung der Sowjetunion. Inzwischen haben die Wahlen in Frankreich' diesen Linksruck bestä- tigt und gezeigt, dass das französi- sche Volk gewillt ist, neue Wege ein- zuschlagen, die weit weg führen vom französischen Konservatismus und der Korruption, Aber zugleich haben diese Wahlen und andere jüngste Vorgänge in Europa — z. B. die Wah- len in Norwegen, Luxemburg, Buda- pest — gezeigt, dass weder der ge. waltige Prestigegewinn der Sowjet- union, noch die durch die Erlebnisse mit der grosskapitalistischen Fünften Kolonne und durch die gewaltig fort- geschrittene Proletarisierung mächtig gestiegene "anti kapitalistische Sehn- sucht der Massen" ausreichen, um sie politisch in die Linie des Partei- kommunismus einschwenken zu las- sen. Es ist nicht die sowjetrussische Wirtschaftsform, es ist vielmehr das bolschewistische Einparteien- und Diktatursystem, das heute nach dem Terror der Hitlerdiktatur von den freiheitsliebenden westeuropäischen Massen mehr noch als bisher abge- lehnt wird. Trotz des mehr oder we- niger starken Anwachsens ihrer Or- ganisationen und Anhänger werden deshsib die Kommunisten kaum in irgendeinem Lande Europas bei freien Wahlen die Mehrheit erhalten. Sie sind deshalb auf die Zusammenarbeit mit den Sozialisten angewiesen. So wird die Kooperation zwischen der Sowjetunion und dem europäischen Sozialismus für beide Teile zur Not- wendigkeit. Erste Voraussetzung für ihr Zustandekommen — wir sagten es schon in der letzten Nummer — ist die Ueberwindung des Mise- trauens. Die Sowjetunion, sollte, statt sich dureti neue strategische Grenz. Ziehungen, begleitet von Massenver- treibungen, und durch Absperrung sichern zu wollen, die beste Siehe, rung in den Vereinigten Sozialisti- schen Staaten Europas erblicken, de- ren Verwirklichungsmöglichkeiten sichtbar wachsen; und sie dürfte nicht dem europäischen Sozialismus die russischen Methoden vorschreiben. Der westeuropäische Sozialismus müsste die unbedingte Gewähr geben, dass er sich unter keinen Umständen zur Bildung eines Westblocks gegen die Sowjetunion missbrauchen lässt, dass er vielmehr zur engen Zusam_ menarbeit mit der Sowjetunion ge- willt ist. Bei solcher beiderseitiger Konzeption würde der alte unselige Kampf zw!, sehen den sozialistischen und kern, munistischen Parteien sein Ende fin- den und die Vereinigung möglich werden. Eine neue Gesinnung, eine neue Kameradschaft, ein neuer Glau- be und ein neuer Wille würden die arbeitenden Massen Europas nach -911er Not und aller Enttäuschung er- füllen und fortreissend wirken. Inner- halb Europas aber zum mindesten, innerhalb des riesigen europäisch, asiatischen Gebietes sogar, das von Wladiwostik bis Cadiz reicht, würde der bewaffnete Friede durch den echten Frieden, den Frieden gemein- samen Aufbaus ersetzt werden kön. nen. Die Landesgruppe der deutschen Ge- werkschaftler in England löst »ich entsprechend einem Beschluss des Exekutivkomitees des I. G. B. auf. Das Gleiche gilt für die tschechi- sche, polnische, österreichische Grup- pe. Die Gruppen seilen nach Möglich- keit dafür Sorge tragen, dass ihre Mitglieder in die Heimatländer zu- rückkehren, um dort am Aufbau der Gewerkschaftsbewegung teilzuneh- men. In einer Mitgliederversamm- lung der deutschen 'Gruppe wurde der Beschluss des I. G. B. begrüsst. Es wurde ferner beschlossen, eine Abschluss-Erklärung auszuarbeiten, in der die bisherige Arbeit der Grup- pe gewürdigt und in der ein Bekennt- nis zur neuen einheitlichen demokra- tischen Gewerkschaftsbewegung in Deutschland abeezeben werden seil D\S ANDERE DEUTSCHLAND s Der Abtransport deutscher Fabriken Das Phänomen der Kriegsbeute, die aer Sieger neimschleppt, ist wahr- scheinlich so alt wie der Krieg selbst. Und häufig dürfte es schwer sein zu entscheiden, ob die Beute als eine an- genehme Begleiterscheinung des Sie- ges oder als der eigentliche Sinn, und Zweck des Krieges angesehen wird. Dieser uralte Begriff der Beute ist durch die in Form von Wechseln ode* Schecks zu zahlenden sogen. Kriegs- entschädigungen der Neuzeit nicht ausser Kraft gesetzt sondern nur verdunkelt worden, wie ja Geld und Geldrechnen die wirklichen wirt- schaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge immer verschlei- ern. Solche und ähnliche Gedanken drängen sich auf. wenn man in den Potsdamer Beschlüssen der Drei Gro- ssen, wo drei Menschen die Geschik- ke der sogenannten Welt-Demokra- tie bestimmten, lieet, dass ein we- sentlicher Teil der deutschen Indu- strieanlagen in die Siegesländer ge- schafft werden soll. Da man demo- kratisch ist, so vermeidet man es, einfach von Beute zu sprechen, son- dern man hat moralische Motive, Die Verpflanzung der deutseben Fabri- ken soll hauptsächlich zwei Zwecken dienen: Sie soll dazu beitragen, die von den Deutschen angerichteten Schäden wieder gut zu machen und sie soll gleichzeitig das deutsche In- dustriepotential (nicht nur das der unmittelbaren Rüstungsindustrie!) so weit herabsetzen, dass eine Wie- deraufrüstung Deutschlands in Zu- kunft unmöglich ist. Man will also mit dieser angeblich neuen Mass- nahme zwei sehr wichtige Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sehen wir zu, wie die Wirklichkeit aussieht. Von allen kapitalistischen Staaten scheint England an dem Abtrans- port der deutschen Fabriken hauot- sächlich — oder allein— interessiert zu sein. Eine Ueberlegung, die vcn technischen Gesichtspunkten aus- geht. muss nun schnell zu dem Er- gebnis kommen, dass deutsche Ma- schinen- und Fabrikanlagen in Eng- land vollkommen unnütz sein wür- den. Nur für den Laien ist die „Technik" und ..Industrie" ein für die ganze industrialisierte Welt einheitliches Gebilde. Der Fachmann weiss, dass sich die Industrien der verschiede- nen Länder durch Jahrhunderte hin- durch — und z. T. noch heute — ziemlich selbständig und unabhängig voneinander entwickelt haben, sodass die gleiehen Industriezweige in den einzelnen Ländern durchaus nicht nach den gleichen Verfahren und mit den gleichen Maschinen und Apparaten arbeiten. Das trifft nicht nur dann zu, wenn die gleiche In- dustrie in verschiedenen Ländern verschiedenartige Probleme zu lösen hat. wie z. B. die landwirtschaftlichen Maschinen in den USA unter dem Gesichtspunkt entwickelt wurden, die menschliche Arbeitskraft nach Möglichkeit auszuschalten, während Von Dipl.-lng. G. Maiwald die deutsche Landmaschinenindustrie ihre Aufgabe immer darin sehen musste, die Intensität der landwirt- schaftlichen Arbeit in quantitativer wie qualitativer Hinsicht zu steigern. Auch solche Industrien, die die glei- chen Produkte liefern, arbeiten in verschiedenen Ländern nach ver- schiedenen Methoden und mit ver- schiedenen Produktionsmitteln; deut- sche Webstühle z. B. sind keineswegs bloss Kopien der englischen oder um- gekehrt. Dieser Unterschied zwischen den uns hier hauptsächlich interes- sierenden englischen und deutschen technischen Arbeitsverfahren wird am besten beleuchtet durch die Tat- sache. dass man in Deutschland alle Maschinen nach dem metrischen Mass-System herstellt, während man in England nach Zoll und Fuss misst. Gerade dieser Umstand dürfte für das vorhegende Problem von aus- schlaggebender Bedeutung sein. Man kann eine Maschinenanlage in Deutschland abmontieren und in England wieder aufstellen. Aber der einfachste Ersatzteil, den diese An- lage braucht — und der normale Ver- schleiss erzeugt einen täglichen Be- darf an solchen Teilen — ist in Eng- land gar nicht oder nur unter be- sondern, den ökonomischen Wir- kungsgrad ernstlich gefährdenden Schwierigkeiten herzustellen. Keine normale englische Transmissionswel- le passt in ein normales deutsches Lager, Kein deutsches Zahnrad kann mit einem englischen Gegenrad ta- dellos zusammenarbeiten. Ganze In- dustrieanlagen sind für England völ- 5g unbrauchbar, weil sie Dinge her- stellen« die sich nicht in das engli- sche System von Standard-Typen einordnen lassen. Deutsche Walzen- strassen können eben nur deutsche Profileisen herstellen aber keine eng- lischen. Und die englische Bau-Indu- strie kann sich heute unmöglich da- rauf einstellen, englische Zoll-Profile und deutsche Millimeter-Profile gleichzeitig zu verwenden. Hinzu kommt eine zweite technische Schwierigkeit. In jedem Lande, des- sen Industrien eigene jahrhunderte- lange Entwicklungen hinter sich ha- ben, sind Arbeiter und Techniker auf ganz best'cnmte Verfahren und Maschinentypen eingestellt. Selbst Werke der chemischen Industrie, die die gleichen Produkte herstellen, se- hen in England ganz anders aus als in Deutschland oder irgendeinem an- deren Lande der Welt. D'e Beleg- schaft eines solchen englischen Wer- kes kann, wenn sie in ein deutsches Werk versetzt wird, dieses nicht ohne weiteres in Gang halten. Und ein englischer Weber kann mit einem deutschen Webstuhl ebensowenig Qualitätsarbeit leisten, wie dies um- gekehrt möglich wäre. Man erinnere sich, dass nach dem ersten Welt- kriege die deutschen Zeppelinwerke alle Zeichnungen, Berechnungen und sonstigen Konstruktionsunterlagen ausliefern mussten. Man versuchte daraufhin, anhand dieser Unterlagen in den USA die gleichen Luftschiff* zu bauen. Der Misserfolg dieser Be- mühungen ist weltbekannt. Und er beruht nicht darauf, dass die Ar- beiter und Ingineure in den USA dümmer sind als ihre deutschen Kol- legen, sondern darauf, dass eine ge- nerationslange Erfahrung nicht mit den Maschinen und Plänen transfe- riert werden kann. Auch eine ,,Um- stellung" deutscher Maschinen und Anlagen im Sinne einer Anpassung an spezifisch englische Arbeitsbedin- gungen dürfte in der Mehrzahl der Fälle aus technischen wie wirtschaft- lichen Bedingungen unmöglich sein. Gerade die deutsche Kriegsindustrie — auf die es ja angeblich apkommt — war so bis zur letzten Konsequenz spezialisiert, dass ganze Fabrikanla- gen nur der Herstellung eines ein- zigen Artikels, z. B. oines Flugzeug- modelles dienten. Es Ist nicht aus- geschlossen, dass diese starre Spezi- alisierung es mitunter unmöglich machte, gewisse Erfahrungen der Praxis rechtzeitig für die Welterent- wicklung zu verwerten, denn man hätte für jeden neuen Typ. auch wenn er nur kleine Abänderungen enthielt, jedesmal einen ganzen neu- en Produktionsbetrieb gebraucht, zu dessen Erstellung man weder Zeit noch Material frei hatte. Eine so weit- gehend spezialisierte Industrie kann zwar mit relativ vielen „ungelern- ten" Arbeitern auskommen, wäre al- so auch leichter verpflanzbar, aber ihre Produkte sind in dem neuen Lande schlechterdings zu nichts zu gebrauchen. Ein weiteres Problem ist das des Transportes. Für die Verfrachtung der in Aussicht genommenen Werke dürften viele Tausende von Waggons für lange Zeit benötigt werden. Ab«F gerade der Mangel an rollendem Ma- terial ist eine der gefährlichsten Kriegsfolgen in Mitteleuropa. Man weiss heute schon, dass die z. Z. vor- handenen Verkehrsmittel nicht aus- reichen werden, um in diesem Winter die notwendigen Transporte für Le- bensmittel, Kohle u. dgl. zu bewälti- gen. Die europäische Hungersnot dieses Winters wird weniger durch einen absoluten Mangel an Lebens- mitteln als vielmehr durch den Zu- sammenbruch des Transportwesens verschuldet sein. Wollte man die vorgesehene Menge von Maschinen und Fabrikanlagen in der vorgese- henen Zeit abtransportieren, so dürf- te dieses Unternehmen solche Anfor- derungen an das Eisenbahnwesen stellen, das? auf Jahre hinaus mit einer Normalisierung der Lebensmit- telversorgung nicht gerechnet wer- den üfcinn. OiS die deutschen, hollän- dischen und französischen Nordsse- häfen heute über die technischen Mittel zum Verladen der hier In • AI ANPIRI DIUTfCHLAHP Frage kommenden Lasten verfügen, ist durchaus nicht sicher. D e wirtschal tiichen Folgen einer solchen Verpflanzung deutscher In- austi'iewerKe nacn England seien hier nur gestreitt. Die Hauptoorge der englischen — wie aller kapitalisti- schen — Wirtscnaftepolitik pchtet sich heute auf die *'tage, wie man in den nächsten Jahren die Massen- ai'oeitslosigKeit verhüten kennte. Ks klingt zwar grotesk, aber in dem Kampf gegen die au erwartende Ar- beitslosigkeit sind gerade die vorhan- denen Zerstörungen ein wichtiger Aktivposten. Denn wenn man in Eng- land die zerstörten Industriewerke selbst wieder aufrichtete, so wäre ge- rade damit eine gewisse Möglichkeit gegeben, wenigstens einen Teil jener Millionen, die vor dem Krieg arbeitslos waren, für einige Zeit mit Arbeit und Verdienst zu versorgen. Stellt man in England deutsche Ma- schinen auf, anstatt diese selbst zu erzeugen, so „apart man Arbeit". Aber es liegt im Wesen der kapitali- stischen Wirtsohaftsweisheit begrün- det, dass jede solche Arbeits-Erspar- nis zu einem Fluche für die Arbei- tenden ausschlagen muss. Und so Würden die Maschinen deutscher Her- kunft in England (zum mindesten für die englischen Arbeiter) die Rol- le eines Trojanischen Pferdes apie- len.-Die Kosten dieses Experimentes hätten also — wie immer und über- all — die Proletarier des so beglück- ten Landes zu tragen. Es ist nicht anzunehmen, dass die englischen Techniker und Wirtschft- ler sich nicht die „leichen Fragen vorgelegt und sie nicht im gleichen Sinne beantwortet hätten. Wenn sie nun, obgleich sie wissen, dass die in Deutschland abgebrochenen Fabri- ken für die englische Industrie nur den Wert von Alteisen haben, doch für diesen Abbruch sind, so müssen besondere Gründe für diese Entschei- dung vorliegen, Es scheint, dass bei dieser Aktion der Nachdruck viel inehr auf dem „Abbrechen" als auf dem ,, Wiederauf stellen" liegt. Wie der erste so hat auch dieser Welt- krieg eine beträchtliche Steigerung des Industriepotentials der ganzen Welt bewirkt. Diese, sowie die — ebenfalls durch den Krieg bewirkte —- Schrumpfung der Konsumkraft War einer der Gründe der Weltwirt- schaftskrise. Die Nachkriegszeit, an deren Beginn wir heute stehen, wird genau die gleichen Probleme brin- gen wie die verflossene, denn die Weltwirtschaft wird nuch genau den gleichen Prinzipien betrieben wie ehemals. Allenthalben sind während des Krieges neue Fabriken entstan- den und die bereits vorhandenen ha- ben ihre Leistungsfähigkeit erhöht. Kein Mensch hat eine Vorstellung davon, waa man mit den Gütern an- fangen soll, und das heisst, wie man die Industriearbeiter beschäftigen »oll. Eine freiwillige Stillegung eines Teiles der Werke widerspricht den kapitalistischen Prinzipien. Bleibt als •inaiger Ausweg die wSÄgßweie« Be- seitigung von Industrien; und 4m kanp man nur im Lande des Besieg- ten durchführen. Man will also das durch den Krieg aufgeblähte Indu- striepotential der Welt verringern auf Kosten der deutschen Industrie. Das wesentliche Motiv ist also gar nicht die Angst vor der deutschen Kriegsindustrie, sondern die Furcht, den Produkten der deutschen Frie- densindustrien wieder auf den Welt- märkten zu begegnen. Aber die Front der kapitalistischen Interessen ist keineswegs so einheit lieh, wie das dem Aussenstehenden erscheinen mag. Die internationalen Verknüpfungen des Monopol-Kapi- tals stören hier die Einheitlichkeit in der Behandlung der deutschen Industrie durch die Sieger. Es mel- den sich schon in den grossen inter- nationalen Industriekonzernen Stim- men, die eine ,,schonende Behand- lung'1 der deutschen Industrie — oder mindestens einzelner Zweige — wünschen. General de Gaulle, macht sich zum Wortführer dieser Tenden- zen, wenn er argumentiert, dass man den Gebietsverlust, den Deutschland im Osten erleidet, wieder ausgleichen müsste, indem man im Westen auch grössere Stücke von Deutschland ab- trennt. Hinter diesen Bemühungen stehen bestimmte internationale Ka- pitalgruppen, die die Industrien der Westgebiete vor der Zerstörung schüt- zen wollen. Kein Wunder, dass die deutschen Ruhr-Industriellen heute wieder einmal separatistische Politik machen. Ganz anders liegen die Dinge für die Sowjet-Union. Dies bezieht sich nicht nur auf die wirtschaftlichen, sondern auch auf die unmittelbar technischen Probleme. Die Sowjet- Industrie arbeitet nach dem gleichen metrischen Mass-System wie die deut- sche,- kann also Maschinen und An- lagen deutscher Herkunft reibungs- los assimilieren, die auch im günstig- sten Falle in England immar ein Fremdkörper bleiben müssten. Sie hat ausserdem nicht die „bodenstän- dige" Eigenentwicklung durchge- macht wie die Industrien anderer Länder, sondern sie ist in kurzer Zeit aufgebaut worden unter Mithilfe al- ler bereits industrialisierten Länder. Die Folge davon ist, dass Arbeiter und Ingenieure der S. U. noch immer daran gewöhnt sind, mit den ver- schiedensten „fremden" Maschinen und Anlagen zu arbeiten, ynter den Industrieanlagen der S, U. gibt es viele, die von deutschen Firmen er- stellt wurden, und eine Erhöhung dieses Prozentsatzes dürfte kaum we- sentliche Schwierigkeiten hervorru- fen. Bleibt als technisches lediglich das Transportproblem, Dieses nimmt allerdings hier eine besondere Form an, da die Rsenbahnen der S. U, ei- ne andere Spurweite haben als die Mitteleuropas. Die aus DXitschland kommenden Frachten müssen also, bevor sie ihren Bestimmungsort er- reichen. noch einmal umgeladen wer- den. Da aber der Abtransport deut- Eeher Maschinen nach Osten schon in vollem Qange zu sein seheint, so «Hit msn annehmen, 4ui die bier vorliegenden Hindernisse bereits weitgehend überwunden wurden. Die rein wirtschaftlichen Probleme müssen in der S. U. notwendigerweise ganz anders gelagert sein als in den kapitalistischen Staaten. Zunächst einmal ist in Betracht zu ziehen, dass die Schädigungen, die die S. U. durch den Krieg erfahren hat, ungleich schwerer sind als die Wirkungen der Luftangriffe auf England. Die Zer- störung von 1135 Kohlenbergwerken, 61 Elektrizitätswerken, 62 Hochöfen, 749 Maschinenfabriken etc. etc. er- zeugt einen Produktionsauefall, der eine unmittelbare Gefahr für die Ge- samtwirtschaft der 8. U. bedeuten muss. Daher ist das Bestreben der Sowjetpolitiker verständlich, diesen Ausfall so schnell wie möglich und mit allen nur denkbaren Mitteln wie- der auszugleichen. Hinzu kcmfnt, dass diese Sowjetpolitiker offenbar gar keine Angst vor Arbeitslosigkeit ha- ben, dass sie diesen Schrecken der modernen Welt weder für die Zeit des eigentlichen Wiederaufbaus noch für später fürchten. Aus diesen Gründen ist es erklärlich, dass die Sowjetbe- hörden in den ihnen unterstellten Teilen Deutschlands den Abtransport von Maschinen und ganzen Fabrik- anlagen bereits ernstlich betreiben, während man aus dem Westen noch nichts von solchen Massnahmen hört. 4um Schluss noch ein Wort, ubv-r die Vermeidung euier Wietjerauiriistuiig UeutgctM'Astus OUich Vernichtung sei- ner inauatrie. Diese Massnahme er- peneint nur dann versuauQlicn, v. tnn man von aer v ^raW6t.^ung uus^ent, üasö der eben beendete Küeg ganz allein und ausschliesslich von Deutschiana vorbereitet worden sei. dm Augenblick ist dies wohl die onizielle Meinung; aber wir haben schon einmal gesehen, welches Schicksal eine solche Theorie der ..Allemschuld" aatte.) Fraglos be- stand für Nazi-Deutachlana — wie lür jeden faschistischen Staat — eine besondere Notwendigkeit «er Kriegsvorbareitung. Aber diese hätte niemals den tatsächlichen Erfolg ge- habt, wenn eie nicht hätte auf die Unterstützung duren ausländische Rüstungsindustrien rechnen können. Es ist ein Treppenwitz der Weltge- schichte, dass diese Unterstützung des deutschen Militarismus fast aus- schliesslich aus den Ländern kam, die in dem so vorbereiteten Kriege dann die Gegner Deutschlands wa- ren. In einem künftigen Kriege, mag die Konstellation der Mächte- sein wie sie wolle, dürfte Deutschland nife mehr einen Faktor erster Ordnung darstellen. Es wird sich immer auf die Rolle des Bundesgenossen zu be- schränken heben. Und als solcher wird es dann von seinen Verbünde- ten mindestens die gleiche Unter- stützung für die Wiederaufrüstung erfahren, die ihm bei d*r Vorberei- tung des letzten Krieges »eine zu- künftigen Feinde zuteil werden lie- ssen, PAf AN8IH8 DEUTSCHLAND 7 ERNST POENSGENS UNGEWOLLTE SELBSTANKLAGE Denjenigen, die vergessen h^>en, welche Bedeutung Ernst Poemgen hatte, sei in Erinnerung gerufen, dass er folgende Aemter ausübte: Gene- raldirektor der Vereinigten Stahl- werke, Vorsitzender der Arbeitgeber- verbände Nordwest, Vorsitzender der Vereinigung deutscher Eisen- und Stahl-Industrieller, Vorsitzender der Rohstahlgemeinschaft, stellvertreten- der Vorsitzender und Leiter der deut- schen Gruppe des Internationalen Stahlkartells, Vorstandsmitglied des Reichsverbands dei* Deutschen Indu- strie. Dazu kommen noch leitende Funktionen im Rüstungsrat, sowie in weiteren Verbänden, Bergwerksge- sellschaften und anderen bedeuten- den industriellen Unternehmungen. Wenn ein solcher Mann über den Anteil der Ruhrindustriellen am Auf- kommen Hitlers 'schreibt, so kann man ihm gewiss nicht besondere Sachkenntnis abstreiten. Nun, der nahezu vierundsiebzigjäh rige Poensgen hat sich veranlasst ge- sehen, nach dem Zusammenbruch dea Dritten Reichs einen Bericht abzu- fassen, der uns durch die Korrespon- denz „Europe Speaks" zuging. Neben 4er Erwähnung eines Teiles der von Ihm früher besetzen Posten schickt Poensgen seiner Darlegung folgende Bemerkung voraus: „Bezüglich der Haltung der Ruhrindustriellen und einiger anderer grossen Industriellen gegenüber Hitler möchte ich aus mei- ner eigenen Erfahrung berichten. Ich lebe in Zurückgezogenheit In Ti- rol, ohne irgendwelchen Kontakt mit dem eigentlichen Deutschland. Ich hänge von niemandes Gunst ab; ich kann es mir leisten, die Wahrheit zu eagen." Wir wollen einmal so gutgläubig sein, anzunehmen, diese Vorbemer- kung sei ehrlich gemeint. Da Poens- gen aber seinen Bericht als eine Er- widerung auf ein Buch abfasste, in dem die Ruhrindustriellen als Hitlers Stütze bezeichnet wurden, so ist an- dererseits klar, dass er sich eine Wi- derlegung dieser Anklage zur Aufga- be gesetzt hatte. Was dabei heraus- kam. ist jedoch statt e'ner Widerle- gung eine Selbstanklage. Da sie wi- der Willen erfolgte, hat sie besonde- res Gewicht. Wir können uns darum bei ihrer Wiedergabe auf das von Poensgen zusammengetragene Mate- rial beschränken, ohne noch weiter« Anklagepunkte hinzuzufügen. Dass Emil Kirdorf, einer der leiten- den Leute des Kohlensyndikats und der Gelsenkirchener Bergwerks A- G., sowie Fritz Thyssen, ..von dem eins feststeht: er war ein mutiger Deutscher", Nazis waren und für die Nazi» warben, muss Poensgen zuge- ben. Sie waren aber die schwarzen Fchafe. Sie konnten nicht einmal gro&iseii Aoh»ag finden, obwohl doch 4ie Situation in Deutschland vor Hitltre Machtantritt se überaus trau- Von Hans Lehmann rig war. Poensgen^ weiss nur das be- redt zu schildern:' „In den Jahien, bevor Hitler an die Macht kam, nahm die Arbeitslosigkeit zu. Die Folge war eine steigende Unzufriedenheit im ganzen Volke. Die Reparations- zahlungen hinderten die deutsche Industrie an der Ausdehnung und der Erlangung von Krediten. Die häufig wechselnden deutschen Regie- rungen genossen kein Ansehen, we- der in der Heimat noch im Ausland, und hatten oft eine demütigende Be- handlung einzustecken. So übte zu- guterletzt das Schlagwort der Demo- kratie keine Anziehungskraft mehr auf den Mann von der Strasse aus.-' Bescheiden erwähnt Poensgen nur den Mann von der Strasse. Weiche Begeisterung mögen aber die Män- ner, die das Wirlschaftssteuar führ- ten, für /|pne Demokratien sefühlt haben, fieren Reparationszahlungen „■an der Ausdehnung und der Erlan- gung vou Krediten hinderten"! Wer war es andererseits, der atn lautesten gegen die Reparationen wetterte? War das nicht etwa ein gewisser Adolf Hitler? Und dennoch: die Ruhrindustriellen liessen sich durch solche Sirenenklänge nicht verfüh- ren. Sie blieben ehrenwerte Leute, d. h., sie lehnten Hitler ab und hielten Treue ihrem angestammten Kaiser- haus. Wir erfahren, dass im erossen Sitzungssaal da* ,,Stahlhofes", des Verwaltungsgebäudes der Spitaenor- ganisation der Stahlindustriellen, nie- mals ein Hitlerbild aufgehängt wur- de — dass aber diesen Saal bis in die Hitlerzeit hinein ein grosses Bild Wilhelms II. zierte. Von der ,.Harz- burger Front'1, durch die Hugenberg im Bunde mit den kaisertreuen Ruhr- industriellen Hitler den Weg zur Macht ebnete, schweigt Poensgen. Nur um sich unterrichten zu lassen, lud man sich auch verschiedentlich Adolf oder Gesinnungsfreunde von Ihm zu Vorträgen ein. Poensgen weiss von einem solchen Vortrag zu be- richten, den Hitler 1932 vor dem In- dustriellen-Klub in Düsseldorf hielt. In der üblichen Diskussion wollte sich Dr. Voegler erdreisten, eine kri- tische Bemerkung zu machen. Aber Fritz Thyssen hinderte ihn daran, um statt dessen selbst eine Lohrede auf Hitler zu halten. Dass die übri- gen Anwesenden sich eine derartige Beschneidung der Redefreiheit verbe- ten hätten, erfahren wir allerdings nicht. So war es nicht verwunderlich, dass Göring am folgenden Tag gele- gentlich eines gemeinsamen Spazier- gangs Poensgen bedenkenlos bat, dem Sekretär der Arbeitgeberorgannation Nordwest. Grauert. zu gestatten, das Arbeitsministerium zu übernehmen, EObald die Nazis an die Macht kä- men. Ob und in welcher Form »r diese Erlaubnis abgelehnt hätte, ver- schweigt Poensgen in seiner uns nun sehen bekannten Diskretion. Eines erfahren wir jedoch noch: die ind.rekte Enthüllung (Jörings, dass besagter Grauert der Vertrauensmann der Nazis sei, . legte den so hitler- gegnerischen Ruhr industriellen kei- neswegs den Gedanken nahe, diesen Mann seines Amtes als Veroandsüe- kretär zu entaeben. Ja, nocli mehr, „vor den letzten entscheidenden Reichstagswahlen trat Thyssen an Grauert heran, und es gelang ihm, eine Anleihe von RM 100.OOU.- aus der Kasse der Arbeitgeberorganis^i- tion zu erhalten; Grauert tat dies, ohne mich zu fragen;•• Und was ge- schah mit dem Sekretär, der ohne Befragen des Vorsitzenden mir nichts dir nichts eine „Anleihe" von RM 100.000.- an die Nazis bewilligte? ,,Wir Matten darüber später unan- genehme Auseinadersetzungen". Wei- ter nichts! Man stelle sich vor, Grauert hätte die RM 100.000.- dem YVahlfonds einer „Weknarer" Partei wie der Sozialdemokratie ,,geliehen". Ob es da bei den „unangenehmen" Auseinandersetzungen verblieben wäre? Aber wie hätte man auch radikalere Massnehmen gegen Grauert erwarten eollen! Die Objektivität zwang doch, schliesslich auch die guten Seiten der Nazis anzuerkennen. Das taten da- rum auch die ehrenwerten^ Ruhr In- dustriellen, wie uns Poensgen er- zählt: „Als Hitlers Erfolge zunah- men und er eine immer steigende Zahl von Anhängern warb, haupt- sächlich in den Kreisen der Arbei- terklasse, (!) schien seine Partei das einzig wirksame Gegengewicht gegen die ständig wachsende Kraft des Kommunismus zu sein. Zu jener Zeit gab es gewiss einige (!) Industrielle und Geschäftsleute, die die National- sozialistische Partei als Parlaments- partei — nicht als Exponent des To- balitarismus, was sie erst später wur- de (!) — dem Kommunismus vor- zogen und sie als das kleinere Uebel betrachteten." Natürlich muss Poensgen auch über die Haltung während des Dritten Reichs berichten. So gesteht er uns „offen": ,,Es ist wahr, viele von uns vertraten den Standpunkt, es sei bes- ser an der Führung teilzunehmen, als passiv beiseite zu stehen. Diese Ansicht mag später den Einen oder den Anderen veranlasst haben, der Partei beizutreten; Ich selbst hatte nicht diese Absicht, und auch nicht die Mehrheit meiner Kollegen an der Ruhr wie Reusch, Klöckner. Klotz- bach, Wenzel, Voegler, Henle, Stin- nes." Was von diesen Leuten zu hal- ten war, beleuchtet ein Vorkommnis: Im Jahre 1937 lud Schacht Poensgen ein, in seiner Eigenschaft als Führ«? der Wirtschaftstruppe der Stahl pro* duzierendea Industrie eine Deak- DAS ANDERE DEUTSCHLAND OFFENER BRIEF An den Redakteur einer Wochenschrift Eiysium, im August 1945 Sehr geehrter Herr Kollege, ich hatte schon geglaubt, dass ich auf Erden ganz vergessen sei; Sie wissen ja. die Leute sprechen immer nur von Heine und kaum je von mir. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, als ich las, wie ausführlich Sie mich in Ihrer Ausgabe vom 7. August 1945 zitiert haben. Es ist auch hübsch von Ihnen, dass Sie mir anscheinend nicht weiter verübeln, dass ich eigentlich garnicht Ludwig Börne, sondern Lob Baruch heisse und mit 32 Jahren zum ■Christentum übergetreten bin. Nur übertreiben Sie Ihre Freundlichkeit, wenn Sie mir nachrühmen, dass ich die von Ihnen zitierten Sätze "vor hundertfünfzig Jahren", also im Alter von neun Jahren geschrieben habe. Ich galt damals zwar als ein recht begabter Junge, und mein Vater wollte mich später Medizin studie- ren lassen, aber zu politischen Auf. sätzen langte es wirklich noch nicht. Aber dies nur nebenbei: Ich war lan. ge genug Redakteur, um zu wissen, Schrift über die Stellung der Stahl- Industrie zu Finanzierungsproblemen der Hermann-Göring-Werke abzufase- sen. Die im Prinzip ablehnende Denk- schrift wurde den in Frage kommen- den Firmen vorgelegt und erhielt nach längerer Diskussion deren Billi- gung. Am folgenden Tag sollte sie von allen unterzeichnet werden. Wie gross war aber Poensgens Erstaunen, als im gegebenen Moment 90% der Mitglieder ohne Angab# eines hin- reichenden Grundes ihre Unterschrift verweigerten. Bald darauf erfuhr Poensgen — nicht etwa von einem Beiner Kollegen, sondern von einem Mitarbeiter Görings — den Grund: Göring hatte von der Sache Wind bekommen und darauf an alle Be- teiligten telegrafiert, dass er das Me- morandum als Sabotage betrachte und darum auffordere, es nicht zu unterzeichnen. Und die mutigen In- dustriellen antworteten: ..Wir wer- den nicht unterzeichnen und hätten auch ohne Ihr Telegramm nicht uaj terschriehen." Braucht man nach alledem noch mehr über die Ruhrindustriellen zu wissen, um ein Urteil Über ihre Hal- tung abzugeben? Es mag sein, dass sich Hitlergegner unter ihnen be- funden haben. Zweifellos gefiel den meisten nicht die Betriebsschnüffelei der Nazis. Wenn aber selbst ein Mann wie Poensgen. der offenbar als einer der entscheidensten Gegner Hitlers erseheinen will, so kläglich bei seinem eigenen Rechtfertigungen versuch abschnei<**tt, dann kann man >— nur auf den Darlegungen jenes Versuchs fussend — ohne Schwie- rigkeiten ermessen, in welchem Ma- sse die Ruhrindustrielltin erst Weg« bereiter und später Sttitsen der Nfc- 5)1* jßVffacWl dass man nicht immer Zeit hat, nach- zuschlagen, wenn der Setzer auf den Leitartikel wartet. Aber als ich nun las, in welchem Zusammenhang Sie mich zitiert und dass Sie mich als Feind dea gesamten deutschen Vol- kes reklamiert haben, da fühlte ich doch so etwas wie ein böses Gewis- sen. Dass ich meinen jüdischen Na- men mit einem deutschen vertauscht hatte — na ja, darüber "sehen Sie bei anderen auch hinweg; wie ich höre, soll zum Beispiel jetzt bei Ihnen ein Doktor Ludwig eine grosse Rolle spielen, der eigentlich Cohn heisst, trotzdem alles, was deutsch ist, ausrotten möchte, standhaft den angenommenen deutschen Namen bei. behält. Nein, was viel schlimmer ist: Ich bin allezeit ein grosser deutscher Patriot gewesen — als ehrlicher Kerl, der ich immer war, will ich es nur zugeben. Der böse Heine hatte ganz recht, als er in dem Buch, das er über mich schrieb und in dem so viel Boshaftes über mich steht, doch an- erkannte: "Börne war Patriot vom Wirbel bis zur Zehe, und das Vater, land war seine ganze Liebe"; und wenn er weiter sagt, dass in meiner Seele "eine rührende Vaterlandslie- be jauchzte und blutete, die ihrer Natur nach verschämt, wie jede Lie- be. sich gern unter knurrenden Scheltworten versteckte, aber in un- bewachter Stunde desto gewaltsa. mer hervorbrach." Ein paar solcher Scheltworte haben Sie nun aus mei. nen Schriften herausgegriffen! Ja ich habe in heiligem Zorn einmal aus- gerufen, dass mir der Mond näher sei als Deutschland — nämlich als das Deutschland der jämmerlichen Reak- tion, die aus meiner Heimat einen Kerker gemacht hatte für freie Gei- ster. Aber wie habe ich mich im Exil immer nach dieser Heimat gesehnt! Als ich einmal mit Heine im pariser Jardin de* Plantes spazieren ging, war ich ganz glücklich bei dem Ge- danken, dass ich nicht immer nur Palmen um mich her zu sehen brauch, te und dass "die Blumen in Frank- reich ganz so sind wie bei uns zu Hause und die Veilchen und Rosen ganz wie deutsche aussehen." Und als einmal jemand sagte, dass Frank- reich, der Repräsentant der Revolu- tion, dem europäischen Absolutismus gegenüber durch den Wiederbesitz der Rheinlande gestärkt werden müsse, da wurde ich ganz wild und schrie, im Zimmer auf- und abstamp. send: "Auch keinen Nachttopf wür- de ich an Frankreich abtreten!" Sie können das alles bei Heine nach- lesen. Die Reaktion, die, ich sagte es schon, alle freien Geister knebelte, habe ich stets inbrünstig gehasst. Nie aber wäre es mir eingefallen, wie Sie es tun und wofür Sie sich auf mich zu berufen so freundlich sind, eben jene deutschen freien Geister mit den Re- aktionären in einen Topf zu werfen. Ich habe im Gegenteil mit den vielen deutschen politischen Emigranten in Paris, zusammengelebt, gekämpft und gelitten. Ich litt mit ihnen so unter den deutschen Zuständen, dass ich davon auch bei Tische nicht loskam und mir deshalb von dem Spötter Heine vorhalten lassen musste, dass ich ihm die besten Gerichte, zumal "Kalbsfüsse a la Maitre d'Hotel", da- mals seine "harmlose Lieblingsspei- se" durch meine ''patriotische Galle" und die "Hiobsposten aus der Hei. mat" verleidet hätte. Ja — Heine» der brachte es fertig, zu dichten: "Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht" und eine halbe Stunde spä. ter Kalbsfüsse ä la Maitre d'Hotel zu essen. Mir aber war es verteufelt ernst mit Deutschland und der deut, sehen Demokratie, und deshalb war jeder deutsche Demokrat mein Freund; und diese meine Freunde, die deutschen Demokraten, haben mir denn auch mein Grabdenkmal auf dem Pere Lachaise gestiftet. Ich musste Ihnen das alles gestehen, weil Sie ja doch der Ansicht sind, dass ein Jude — und das bin ich trotz der Taufe — der sich mit deutschen Demokraten an einen Tisch setzt, ein Ehrloser oder ein Opportunist ist, der sich entweder "Vorteile davon ver- spricht" oder dem "Ehre und Stolz inhaltslose Worte sind." Und da ich nun einmal in Ihren Augen als solch ein ehrloses Subjekt dastehe, will ich auch gleich noch beichten, dass ich sogar ein reueloser Sünder bin, und, eigensinnig, wie ich immer war, heute um keinen Deut anders han- deln würde, wenn ich wieder auf die Erde zurückkäme. Je grauenhafter die Nachrichten aus Deutschland lau- teten, je fürchterlicher die Reaktion gerade gegen meine jüdischen Brü. der gewütet hätte, desto fester wür« de ich mich mit allen freien Menschen, mit allen echten Demokraten zum Kampf gegen die Wiederkehr solchen Schreckens und für eine neue und freie Welt zusam mensch liessen, be- sonders aber mit denen, die, als noch die ganze Welt schwieg, gegen die Reaktion gekämpft und ihre Warnun- gen unermüdlich hinausgeschrien hatten. Das ist so verzeihen Sie, meine un. massgebliche Meinung. Vielleicht ist sie veraltet; vielleicht ist es da un. ten heute Mode, Nationalist zu sein, eine Nation als eine undifferenzierte Masse zu betrachten und die zu ihr gehörigen Menschen allesamt gleich zu beurteilen — die Künstler und die Spiessbürger, die Helden und die Feiglinge, die Märtyrer und die Schinderknechte, die Demokraten und die Reaktionäre. Aber zu meiner Be. ruhigung weiss ich wenigstens, dass ich nicht der einzige bin, der solche veralteten Ansichten hat. Da ist hier oben ein gewisser Karl Marx, der Enkel eines alten Rabbinergeschlech- tes; der ist trotz allem, was in Deuschland geschehen ist, mit einem kerndeutschen Bauernenkel, namens Friedrich Ennela. aenau ea innig be DAS ANDERB DEUTSCHLAND 9 SS. VERWALTUNGSMETHODEN UND INTERNATIONALE SOLIDARITAET IN DEN KONZENTRATIONSLAGERN Man kann in den wenigsten Fällen sagen, dieser oder jener SS-Mann ist allein schuldig für diese oder jene Verbrechen. Die wahren Verbrecher sind die führenden Männer, denn das, was viel wichtiger ist, das ist die Tatsache, dass der einzelne SS-Mann nur ein kleines Rad gewesen ist in einem grossen Mechanismus, ein Rad. das sich mitdrehen musste, wenn es nicht selbst zermalmt werden wollte. Der einzelne SS-Mann war im norma- len Fall faul und dumm, also ein Mensch- der es auf ehrliche Art nie. mals zu hohem Ansehen, wie er als SS in Deutschland genoss, gebracht hätte. Das also war der wahre Charakter der SS: Willenlose, geistig tiefste- hende Menschen, die man mit voller Absicht zu Roheit und Brutalität er- zogen hat, die man mit Absicht zu Verbrechern machte, um ihnen dann vorzuwerfen: Seht, ihr seid schuldig wie wir, die Führer des Reiches! Wir bilden zusammen eine "verschworene Gesellschaft", wir sitzen in einem Schiff; man kann unterwegs nicht aussteigen. Dass in vielen SS noch ein alter Kern des gutmütigen Menschen vorhanden war, geht deutlich daraus hervor, dass viele am Anfang schüchtern waren und die Häftlinge nicht gehörig zu schlagen wagten. Wenn sie sich nicht sofort wandelten, büssten sie ihr Mit- leid damit, dass sie am folgenden Ta- ge selber in Sträflingskleider gesteckt wurden. Viele versuchten ihre Ge. wissensblsse im Trinken zu betäuben. V Wie stellte sich die deutsche Bevölke. rung zu den Geschehnissen in den La- gern? Wusste sie überhaupt was ge- schah? Ja, sie wusste es, oder ahnte es mindestens; denn die Kunde, dass in den KZ nicht nur geschlagen, son- dern auch erschlagen wurde, wurde von den Terrorkommandanten nicht freundet, wie einst auf der Erde, wo er mit ihm gemeinsam für die Demo, kratie und den Sozialismus gekämpft hatte. Und dieser Marx behauptet, dass heute noch richtig sei, was er vor fast hundert Jahren einmal ge- schrieben hat: Dass nämlich alle bis- herige Gesellschaft auf dem Gegen- satz zwischen unterdrückenden und unterdrückten Klassen beruhe. Nun, wenn das richtig ist, dann wird es da unten vielleicht einmal wieder modern werden, dass die Unterdrückten al- ler Länder, Völker und Rassen ge- gen die Unterdrücker zusammenhal. ten. Und wenn es so weit ist. sehr geehrter Herr Kolleg«, — und ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie es erleben — dann versäumen Sie picht, davon in Kenntnis zu setzen Ihren in Hochschätzung Ihnen ergebenen Ludwig Börne Für wortgetreue Abschrift; Dr, Anton Finkelstein, La Faz, ungern verbreitet; waren doch Furcht und Terror die bekanntesten Mittel, mit denen man die Ruhe im deutschen Volke aufrecht erhielt. Von Bedeutung für die innere Ent- wicklung der Lage ist auch die Ver- waltung. worüber im Ausland oft falsche Ansichten herrschen. Nicht die SS nämlich, sondern die Häftlin- gs! selber haben die Lager verwaltet. Die Aufsicht über die einzelnen Hüt- ten und Blocks, aber auch über das vollzählige Ausrücken und Einrücken der Mannschaften lag in den Händen der Häftlinge. Die Aufseher unter- standen je einem SS.Mann, der über, all die Oberaufsicht und letzte Kon- trolle führte. Diese Kompetenzen er- leichterten natürlich das Entstehen einer "unterirdischen" Bewegung. Da- Muchos capitalistas de Europa colaboraron con Hitler Se han dado a conocer en Washing- ton los pormenores de !a infiltraeiön nazi en la vida comercial e industriaf de todo el continente europeo. y la forma en que muchos regimenes y grupos de industriales ayudaron a Hitler en su juego. El informe al respecto de! subcomite de Kilgore, demuestra claramente por que los cofaboradores industriales del nazis- mo odiaron al pueblo, con el mismo encono con que los fascistas nativos y los colaboradores politicos. La colaboracion arrojo por ejemplo buenos dividendos para la industria de modas en Paris, que suministrä produetos de fujo a las esposas y que- ridas de los nazis, cobrando precios exorbitantes. Mientras que el pueblo frances reeibia anualmente 100 pun- tos para vestirse, y debia entregar 30 por un traje de mala calidad, los clientes de la "Maison de Couture" necesitaban sofamente 15 puntos por temporada para todo un guardarropa. La firma quimica y tintorera france. sa, que giraba bajo el rubre "Kuhl- mann" y que guardaba desde hacia tiempo estrechas reJaciones comer. ciales con la 1. G. Farben, se acomodö de buena ganz a la oeupaeiön afe. mana. Luego se formo uns nueva compania, la Francolor, para abarcar las acciones de "Kuhlmann" y otros 'ntereses quimicos. y el 51 por ciento de sus acciones fue entregado a I. G. Farben. Las pocas familias que do. minaron la industria textil de Fran. eia tambien estaban dispuestas a servir a fos conquistadores nazis y ocupar cargos en las dependencias ofieiales de control, que fueron esta- b)ec;dos por los nazis despues de la caida de Francia. Muchas de estas firmas colaboracionistas, con propiedades en el exterior, pudieron enviar representantes de su famifia a sin de que dirigieran sus negocios en otros paises. incluso en los Esta- dee Unieie» y Amirioa del Sur, gegen ist aber auch der grosse Nach. teil zu betrachten, dass die SS na. türlich mit diesem System ein ganz bestimmtes Ziel verfolgten, nämlich die Zerstörung des einheitlichen Gei- stes unter den Häftlingen. Dieses Vorgehen hatte aber zu der Zeit, da nur Politische in den Lagern waren, nicht den geringsten Erfolg. Erst als Landstreicher und Zucht- häusler eingeliefert wurden* began- nen die Intriguen. Zuträger und Spit- zel versuchten ihr Werk, wurden aber in den meisten Fällen entlarvt und unschädlich gemacht. Leider aber ga. ben zuletzt, nach langjährigen Folte- rungen, auch Politische dem Druck der SS nach. Sofort kamen s'e in bessere Positionen: mehr zu essen, schönere Kleider, und, was vor allem entschied, sie wurden mit Macht ausr gestattet, womit man sie zu Verbre- chen führte, um sie dann mit den gleichen Argumenten in die SS zu stecken wie die SS selbst zur "ver- schworenen Gesellschaft" gemächt worden waren. Diese derart ausgehe^ benen SS zählten zu den schlimm, sten und viele wurden später zu hun- dertfachen Mördern an ihren früheren Kameraden. "Und nun, nachdem ich euch von all den abscheulichen inneren Verhält- nissen berichtet habe, will ich auch erzählen, wie es möglich war, dass noch nicht alle der Roheit ihrer Hen- ker zum Opfer fielen. Dabei darf ich endlich von der einzigen schönen Seite der KZ reden, von der Solida- rität, die trotz allem vorhanden war. Besonders in Buchenwald war diese in einem Masse ausgebaut, dass ein Aussenstehender nur staunen kann. Hier im Lager wurde freier diskutiert als irgendwo in Deutschland; da alle von Anfang an überzeugt waren, dass Hitler fallen werde, galten ihre Dis. kussionen besonders dem Neuaufbau Deutschlands, wobei natürlich Sozia- listen, Kommunisten und andere Par- teiangehörige anfange jeder heftief seine Auffassung als die allein selig- machende vertrat. Je länger aber der Krieg dauerte, um so mehr schwan. den die Gegensätze, und am schön, sten wurde es, als Gefangene aus allen Ländern Europas in unser La- ger kamen. Wir bildeten in der Tat eine neue Internationale. Wie sehr wir uns sicher fü:hlten, geht am ehesten daraus hervor, dass wir nicht nur fremde Sender im Lager ab' ruhören wagten, sondern unter den Augen der SS im Lager einen eigenen Sender bauten. Endlich wurden sogsr Waffen ins Lager geschmuggelt, was die SS ahnte, wogegen sie aber keine gewaltsame Nachforschung mehr un, zustellen wagten. So konnten wir un* halten, bis die alliierten Armeen bei uns eintrafen.' (Ans einem Berieht- den Beno. dikt Kautsky vor Schweizer Ar- ■beiterversammlungen gegeben hat. Kautsky wa-r sieben Jahre lang in Dachau, Auschwitz und Bu- chenwald.) 10 PAS ANPIRI PCÜTSCHLAND SOLLEN WIR DIE ERZÄHLUNGEN DES GRAUENS AUSBEUTEN? Unter diesem Titel ersohiene* in der "Saturday Revlew es Literature" (20. Juni 1S45) zwei Aufsätze. Einer be- antwortete die Frage mit "Nein", und der Andere mit ''Ja". Es lohnt sich beide Antworten anzusehen, um an- schliessend daran zu versuchen, so weitsichtig als mSglich, mit eo wenig Hass als möglich, eine eigene klare Antwort zu finden. NEIN« (ven William $. Lynch) Dante* sehlimmate Visionen sieht man in den Kinesj Familien-Wu. etrierte sehen der Geheimschrift eines aedistisehen Zirkels ähnlich. Ueberall in Wert, Sehrift ynd Film awingt man uns, Augenzeuge des Sa. dismue ven Me'deneW, Buchenwald oder Sergen-Velsen *u »ein, Lef'echer- weise müssen wir mit Abscheu er. füllt werden gegen diese Barbaren des, Zwanzigsten Jahrhundert#. Wir, das heisst, Minner, Frauen und Kinder, Dieser Absoheu seil uns warnen und wappnen gegen diesen "teutonischen Fle|»ellsn, gegen livili- aierte Moral1'*, seil uns verhindern Fehler, die nach dem 1, Weltkrieg begangen wurden, wieder zu begehen. Fehler, die dazu führten, dass wir es nicht für möQl'ch hielten, dass das ^gemütliche PevteeMand* »ich in einen mürderlschen Molech verwan. dein könnte. Aber ist in dem obligatorischen Wissen über d'® unsagbaren öreuei nicht eine viel grössere Gefahr für die Zukunft versteckt? ist e, nicht bekannt, wenn man tu viel von einer Präventiv-Droge nimmt, man sich eine Vergiftung zuziehen kann? Wir wellen, Indem wir aller Welt die Na- zi - Unmenschlichkeiten so deutlich wie möglich vor Augen führen, vor. beugen, noch einmal das Opfer sol- cher Grausamkeiten zu werden -— aller Welt Angst und Abscheu einflö- ssen. Aber hier kann es passieren, dass wir gegen solche Greuel abge- härtet werden, dass nach den Bildern aus Maidenek, ein mit Gasolin ange- zündeter Körper eines gelynchten Negers, der an einer Eiche irgendwo in den Südstaaten Mingt. gar keinen Eindruck mehr auf uns macht. Und noch eine grössere Gefahr; Da ist vor uns das Bild des fünfjährigen deutschen Jungen, der ungerührt durch die Reihen der Teten geht. Der Junge, der gar kein Gefühl mehr für Menschenleben und Tod hat; dieser Junge kennen wir eines Tages sein. Sagen wir nicht jetzt schon, dass in der oder jener Schlacht seundsoviele umgekommen sind, ohne mehr zu be. greifen, was jedes menschliche Leben wert ist? Die Filme über die Nazi- verbrechen sind gedreht worden als Beweie für das Gericht »gegen die Kriegsverbrecher (el* man da noch solche Sv'den« brauchte!), sie sind ein» histcrisehe Dokumentation; aber eie iljer Welt tu zeigen, ist mit einer Von Werner Gutentag - Oruro grossen psychologischen Gefahr ver- bunden, "Wir respektleren die Not- wendigkeit der Wut ynd dal 8edürf„ nis für Rache, aber man sehe sich bloss die harten, ohne jedwede Scham blickenden Gesichter der deutschen Zivilisten an, um die Gefahr zu er- kennen, die in der "Indifferenz vor dem Schrecken" liegt. JA: fvon Richard Lee Streut) Menschen wie Mr. Lynch wollen einen Trennungsstrich ziehen, zwi- schen dem was die Soldaten an der Front erlebten und der Zivilbevölke- rung zu Hause, etwas was sow'^so heute nur noch für Amerika zutrifft. Dies aber ist eine veraltete Idee der Amerikaner vem modernen Krieg: das Hinterland (und im nSchltpn Kriecj sicherlich auch in Amerika) sieht soviel, vielleicht noch mehr vom Schrecken, als der Soldat in der er- sten Linie. —. Da gibt es zum 8eL spiel Menschen, die die entsetzlichen Entdeckungen in den Konzentrations. lagern als Beweis für die Grausamkeit der "Deutschen Seele" erachten. Dies erscheint Mr. Strout widersinnig. Dies können seiner Ansicht nach nur Amerikaner akzeptieren, die ihr ei. genes Land nicht kennen. 8ie kennen scheinbar nicht di» schönen, saube- ren Farmen in Minnesota und Wis- consin, wo ein halbdeutseher Dialekt und viele deutsche Sitten erhalten lind, wo der politische Liberalismus der Nachkommen deutscher Siedler r^oph vorherrecht. Und ausserdem vergessen sie vollkommen, "dass die Schiffsraum für deutsche Kinder! Schiffsraum für deutsche Kinder? Am 17. November führt ein Damp- fer nach Antwerpen, in dem zehn Tonnen Schifferaum für die Kin- der in Deutschland und Oesterreich zur Verfügung stehen. Delegierte der Internationalen Kinderhilfe werden die Sendung in Antwerpen in Empfang nehmer und nach Deutschland bringen. Wir bitten, schleunigst Kinderklei- dung, Decken etc. beim B.'Jro des "Deutschland-Hilfswerkes" Austria 2064 (17,20 i.'hr) oder beim "Andern Deutschland", TucumSn 313, II. Etage (15—19 Uhr) abzuliefern oder Geld zum Ankauf von Kinder- kleidung zu überweisen. Geldsendungen mit Vermerk: Für Kinderhilfe, Deutschland-Hilfewerk Secarro per* Alemenia Demecra- tica. Dr- August Siemsen. in Iii . in i, • . ■! ii. i i .»i... in. ersten Opfer in den Marterkammern der K.Z.s Deutsche waren. Hitler be. gann mit den Pdlen, Russen und Franzosen erst, als er mit den übe. ralen Deutschen fertig war". Dieje. nigen, die die Theorie der rassischen deutschen Korruption akzeptieren, borgen dieselbe geradenwegs von den Nazis, Aber das Wesentliche ist die Fähigkeit der Menschen, die Augen zu schliessen, wie zum Beispiel die Deut' sehen, die in der Nähe dieses Kamps lebten. Sie alle wussten davon, aber sie schlössen die Augen. Dies ist aber keine deutsche Eigenschaft, son- dern die verhängnisvolle Eigenschaft aller. Diese Indifferenz der Umgebung gegenüber, ist eine Riesengefahr. Mr. Strout plädiert, die Bilder allen zu zeigen, nicht um die Grausamkeit einer Nation zu beweisen, sondern als Warnung für uns alle, die wir schweigsam dabeistanden. Hier, irl diesen Bildxrn sind die Früchte sol, eher Dinge, die hoffentlich nie nach Amerika kommen werden, die aber leicht kommen können, wenn vvii» "unsere Augen schlössen und wenn wir anstatt zu sprechen, schweigsam bleiben." UND WAS FEHLT: Bis dahin die beiden Ausführungen. Die Letztere ven Mr. Strout erscheint so klar, dass es beinahe unnötig er- scheint noch etwas hinzuzufügen. Aber es ist doch nötig diese Ausfüh- rung zu vertiefen. Mr. ßtrout erwähnt nicht das wirk, liehe Uebel, das diese ungeheuerli- chen Schrecken hervorgebracht hat. Es ist nicht das Schweigen und die Indifferenz zu den Gemeinheiten, welcher Natur sie auch immer sein mögen, sondern das Schweigen und die Indifferenz zu einer durch und durch verfaulten Gesellschaftsord- nung, die in ihrem Versuch n P. Portune war einer der wenigen Reichstagsäbgeordneten, die Betriebs- arbeiter waren. Er genoss grösstes Ansehen unter seinen Arbeitskolle- gen. Das war der Grund, weshalb d s Nazis sich jahrelang nicht an ihn herangewagt haben, obwohl er mann- haft-und konsequent den Hitlergruss und all'» anderen Zumutungen abge- lehnt hat. Ferner sind im K. Z. umgekommen die Frankfurter Genossen Brosswitz, Heise, Metz, Mulansky und die Ge- nossin Tesch. Albert Falkenberg, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Beamten- bundes und M. d. R„ ist am . 8. 45 in Berlin gestorben. BUCHENWALD. Die ,, Volkssiimmf 0t. Gallen hat eine Namensliate der demokratischen Sozialisten veröffent- licht, die bis zuletzt im KZ. Buchen- wald waren und MituntercMehner des bekannten Buchenwälder Manifest* Sind. Die Namen der deutschen de- mokratischen Sozialisten folgen: Hermann Ahrend*, Braunschweig; Dr. Hauer, Bendorf/Rhein,■ Dr. Barth, Gerat Baumeister, Dortmund; Fritz Behr, Weimar; Kurt Bühme, Jena; Branz, München Ernst Braun, Mün- chen; Dr. Brill, Berlin; Rudi Olass, Brau nach weis:,- Anton Gelhar«Tt, Bei» dnrf/Rhein; Anton Gelhardt II. llen- dorf/Rhein; Richard Höcht, Alfeld Paul Hildebr.-ind, Meiningsen; Rudo'f Junjrmaiin, Gera; Paul Kilmpf, Will- lershausen ; Rudolf Kraus, Jtohaniifre- oreenstadt; Jones Miltenberger, Saar- brücken; Georg: Petersdorff, Dilssel- «lorf $ Albert Richter, P8*#n