(TT RA A.tE.MAN. I.A DAS. ANDERE D'EUVfiSfffH'L-A'WDl ' ' - - - ' ^ AUS DEM I N HALT: Norman Artgell: LA CULPABILIDAD DE LOS ALEMANES August Siemsen: DIE IDEE MUSS DIE MASSEN ERGREIFEN DIE ATOMBOMBE IM URTEIL DER MITWELT Waltet Fabian: EIN SCHWEIZER FLU ECHTLINGSPARLAMENT DIE AUSTREIBUNGEN IM OSTEN Lene Overlach: FRAUENKONZENTRATIONSLAGER RAVENSBRUECK Heinz Apfeldorf: INDONESIEN SPANIEN — EUROPAS BLUTENDE WUNDE Wolfgang Hirsch-Weber: WIEDERERZIEHUNG BRIEF AUS DEUTSCHLAND ENGLISCHES ARBEITERHILFSWERK THEATER UND MUSIK IN BERLIN "III II.....»mm ................mini« imiiiiim ,m« ■ ■■■B»wa»MM»5>w»wM«BEiaw«iLa>i3MEa8-'g'aguiur*^gae»illlIHM——ii ß u ENOS AIRES • T U C U M A N 3 0 9 • 5 I - k i: T I i< O 7 2 6 4 NUMERO 1 0 6 s 15 DE NOVlE^BRE DE 1 9 4 5 • ANO VII; 2 'August Siemsen: Die Tragödie Deutschlands und die Zukunft der Welt Wir fordern unsere Freunde und Leser erneut auf, für die Verbreitung die. ses Buches zu wirken, das mit einhelligem Beifall von der Leserschaft und von der Kritik begrüsst worden ist. Das "Jüdische Wochenblatt" in Montevideo veröffentlichte in seiner letzten Nummer die folgende Besprechung, > DAS ANDERE DEUTSCHLAND; | LA OTRA ALEMANIA ; (fundado el 7 de» juni» de 1937) | > Registro näciohal de t» Propiedad < I Intelectual No. 178.94S. < ! Autorizade por Reseluclön no. 214 | 1 del Ministro del Interior (11 abril ' : 1945) ; Confirmado por Decreto No. 20.916 | > (6 sept. 45) del Superior Gobierno ; I de la Naciön. ; Editor y Director; Dr. Augusto ; < Siems«n. ! Tesorero: Juan Carl. ; Avisos: Guillermo| Fleischer > Redacciön y Administration: Tucumän 309, Buenos Aires ; (U. T. 31-7264) Einzelnummer: 20 Cts. I Jahresabonnement: 4.80 Pesos ! | argentinos (im voraus zahlbar) > Geldbeträge erbitten wir aus- ; ! schliesslich per Giro oder Bono ! [ Postal oder Scheck auf Sr. Juan ] > Carl, Tucumin 309, Bs. Aires. < : DAS ANDERE DEUTSCHLAND ! j ist kein auf Profit ausgehendes ; i Geschäftsunter nehmen. Es lebt < ["nur dank der Unterstützung sei- ! > ner Freunde. Spendet für den J [ Pressefonds! 1 ! Erscheint am 1. und 15. eines | [ jeden Monats. ] NACHRUF LUDWIG KRUSE ist plötzlich einem Herzschlag erle- gen. Er war stets ein Gegner der Ge- walt und des Nazismus, ein Freund des Friedens, der Freiheit umd des Anderen Deutschland. Sein Wunsch, als Lehrer in seinem Heimatdorf bei Hamburg arbeiten und sterben zu dürfen, ist ihm nicht erfüllt worden. Als Abschiedsgruss hinterlässt er uns seine schöne Gedichtsammlung "Lieder einer Wanderschaft". GEDICHTE VON Ll'DWIO KRISE Mein Haus Bei euch, den Selbst er höhten in dt-n Ledersesseln, wo kalt die klugen Reden plätschern, kein derber Scherz erlaubt ist und kein Bauernlachen, und jedes Herzens Ueber schwang Erschrecken wirkt und Tadel — kann Ich nicht sein! Ein Kinderlachen muss Ich hören. Aus seinem Zaubergrund bringe es ■die schönsten Schätze dieser Welt herauf. Und einen Tanzschritt, frohes Türen schlagen —- ein Hündchen bellt, ein bunter Wiesenatrausa grüsst fröhlich aus der Halle. An die Sterne Und war mein letzter Erdenwunsch erfüllt, dann wuchs in meinem Herzen eine neue Sehnsucht auf, gewaltig gross und errlenabue wandt: nach eurem stillen, unbekannten Land. Wie k Beschwörung der Gefahr der Atombombe und der Neu- bau unserer aus den Fugen gerate- nen Welt nicht möglich sind. Die Atombombe im Ur teil der Mitwelt Siebzehn Miterfinder haben durch Professor Dr. Samuel Anderson er- klären lassen, dass sie die Art der Verwendung der Atombombe gegen Japan missbilligen, vor allem das 2. Bombardement gegen Nagasaki. Ihre Absicht sei gewesen, für Zwecke des friedlichen Fortschritts zu arbeiten. Wenn versucht werde, eine Zensur auszuüben und die freie Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu verhindern, würden die Wissenschaft- ler den Streik erklären müssen. Luise Meitner, die verdienstvolle deutsch-jüdische Miterfinderin: „Als die Forschung vor dem Krieg begann, lag unserm Denken nichts ferner als die Verwendung dieser Energie zur Herstelung von Bomben. lAls die theoretische Möglichkeit einer solchen Verwendung entdeckt wurde, hoffte ich, wie jeder verantwortliche Mensch, dass ihre Umsetzung in die Praxis nicht möglich sein würde. Der Wissenschaftler empfindet immer Ehrfurcht vor der Entdeckung der Naturgesetze, und die Verwendung solcher Gesetze zur Herstellung von Waffen, die zur Vernichtung von Menschen führen muss, ist für ihn eine Gotteslästerung. Möchten die beiden ersten Atombomben auch die letzten gewesen sein! Die befreite Energie muss zum Gedeihen aller Völker verwendet werden." „The Protestant": Vor langer Zeit benutzten die Menschen zum ersten Mal das Feuer. Dann ver- bramitea sie sich selbst damit, und doch war es ein Segen. So haben sie es mit allem gemacht. So ist es auch mit der Atombombe. Als sie schnell den Krieg mit Ja- pan beendete, hätte man nur den Laboratoriumsarbeitern aller Natio nen danken müssen, die das möglich machten. Einige wandten sich gegen die Atombombe mit moralischen Gründen. Aber der Tod, den sie bringt, ist der gleiche Tod- den alle Kriege bringen. Krieg ist Krankheit. Die Welt ist nicht gesund, noch nicht; sie hat noch nicht ihre eigene Krankheit erkannt. Ihre Krankheit; ist der Krieg, nicht von Volk gegen Volk, sondern von Auegebeuteten ge- gen Ausbeuter. Die Heilung der Welt wird erst beginnen, wenn ihre Aus- beutung zu Ende geht. Wie ein Scheinwerfer zeigt uns die Atombombe die Notwendigkeit, von der wir glaubten, sie könne noch et- was hinausgeschoben werden, die Not- wendigkeit, die physikalische Basis unseres Lebens gemeinsamer Kon- trolle zu unterwerfen. W. H. Lawrence, Berichterstatter von ,,Times": ,,Hiroshima ist die am meisten, zerstörte Stadt dieses Krie- ges." Freda Kirchwey. Herausgeberin von „The Nation": Die Francisco-Charter ist ein auf Macht gegründeter Kollektivvertrag. Wie Edward R. Murrew sagte, die grossen Nationen haben „eine Orga- nisation geschaffen und Gesetze auf- gestellt, von welchen sie selbst aus- genommen sind." Mit anderen Wor- ten, es gibt keine gesetzliche Vor- schrift, der alle Nationen gleicherma- ssen unterworfen sind. Die Autorität der Ver. Nationen beruht in der Ver- einigung der Grossmächte, die ihren Kern bilden. Wie gross kann der Wert einer solchen Organisation nun sein, selbst wenn ihr die Kontrolle der Atembombe zugesprochen wird? Sie kann die Welt nicht beherrschen, denn jede einzelne Nation, ob gross oder klein, die die Fähigkeit zur Her- stellung des neuen Explosivstoffes hat, würde dieselbe Macht besitzen, den Frieden zu bedrohen und andere Nationen zu terrorisieren wie eine oder alle der Grossen Drei oder Vier oder Fünf. Und irgend eine der gro- ssen Nationen könnte, von einem Hitler regiert, die Welt in Sklaverei zurückführen oder zu Staub verwan- deln. Von einem Tag zum anderen wurde die Weltsicherheitsorganisa- tion aus der Kindheit in das Grei- senalter versetzt. Jetzt muss sie neu geschaffen werden. Wenn wir diese unsere neuartigen Gewalten überleben wollen, müssen wir ihjre volle Bedeutung verstehen. Wir werden schnell handeln müssen, sowohl international wie innerhalb jedes Landes. Nicht länger können wir uns eine Weltorganisation lei- sten, die nur dann Angriffe verhin- dert, wenn all© grossen Mächte Sie verhindert haben möchten. Nicht länger können wir ein soziales Sy- stem dulden, das im Namen der Frei- heit dem Privatgeschäft erlaubt, eine Energiequelle allein zu beherrschen, die der Bevölkerung der ganzen Welt Wohlstand und Sicherheit zu geben vermag. Dies scheint selbstverständ- lich und ist es auch. Aber es erfor- dert so umfassende Veränderungen dass nur eine ungeheure Anstrengung von Willen und Phantasie sie zustan- de bringen kann. Eine neue Konfe- renz der Nationen muss zusammen- gerufen werden, um eine Weltregie- rung einzusetzen, an welche jeder Staat einen bedeutenden Teil seiner Souveränität abtreten muss, »ieser Weltregierung muss die letzte Kon- trolle der Atomenergie übertragen werden. Und in jedem Staat muss das Volk ein. öffentliches Eigentums- recht und die soziale Auswertung der revc-utionären Kraft durchsetzen, die der Krieg in ihre Hände gegeben hat. Diese Forderung wird nur denjenigen überspannt erscheinen, die die wahre Bedeutung der neuen Erfindung noch nicht erfasst haben. Sie ist nicht überspannt. Wir können wählen zwi- schen einer Welt oder keiner. Albert Einstein zu einem Vertre- ter von United Press: Ich glaube, dass die Staatslenker nicht fragen würden, ob eine Welt- regierung möglich ist, wenn sie be- griffen, was auf dem Spiele steht. Sie müssten ihre unbedingte Notwen- digkeit erkennen, weil andernfalls ein grosser Teil der Menschheit aus Machtgier getötet werden wird. Das ist nicht nur eine Frage der Atom- bombe. Es ist der Gesamtzustand der heutigen technischen Kenntnisse, der die Vermeidung eines neuen Kriegs zur gebieterischen Notwendigkeit macht. Solange es uneingeschränkte Souveränität gibt, wird es Krieg geben." DVS ANDERB DEUTSCHLAND 5 Die sozialistische Linke im Unterhaus I. Ein neuer Faktor Es ist klar, dass die Führer der Labour Party nicht mit all ihren Mitgliedern übereinstimmen. Kein Bericht über die Stellung der neuen Regierung würde vollstän- dig sein ohne Bezugnahme auf einen neuen Faktor in der Situation. Die Zusammensetzung der Parlaments- fraktion der Labour Party ist revo- lutioniert. Einige 50 neue Mitglieder haben ihre Jungfernreden gehalten, und die Qualität, die sie zeigten, be- stätigt mehr als der Stolz über die Wahlen, dass es die wirklich natio- nale Partei ist. Von den 200 neuen Mitgliedern kennen die meisten einander nicht; sie haben keine Zeit gehabt, die höchst verwickelte Aufgabe einer wirksamen parlamentarischen Arbeit zu bewältigen. Sie stehen der Regie- rung mit dem allerbesten Willen ge- genüber, aber sie sind bedeutend jün- ger. ihre Ausdrucksweise ist männli- cher als die vieler von denen, deren Erfahrung sie natürlicherweise zu Mitgliedern der Verwaltung machte. Ihr allgemeiner politischer Bück ist noch nicht gefestigt, aber im Ganzen opponieren sie gegen die weitere Bei- behaltung der Aussenpolitik und be- sitzen eine gesunde Ungeduld gegen- über der gesamten Politik. (Michael Foof, M. P. in „The Nation", 8. 9. 45.) II. ,,Ein neuer Wind weht über die Erde." Wir wollen offen sagen, dass nach unserer Ueberzeugung der Sozialis- mus die grundlegende Notwendigkeit für Europas Wiederaufbau, die Aus- breitung der Demokratie und die Freiheit Europas ist. Das waren un- sere Worte als wir in der Opposition waren, wir wollen bei dieser Politik bleiben, auch jetzt, wo wir an der Macht sind. In diesem Glauben ha- ben wir in diesem Land gehandelt, in ihm wollen wir auch im Ausland handeln. Die Notwendigkeit des So- zialismus , bleibt nicht an unseren Grenzen stehen, sondern breitet sich über ganz Europa aus. Ein neuer Wind weht über die ganze Erde, und wir sind ein Teil dieses Windes. Mein sehr verehrter Freund, der Lord vorn Geheimsiegel, sagte vor einigen Ta- gen, dass er hoffe, man würde be- greifen, dass die Machtergreifung der Labour einen Unterschied für das Unterhaus bedeutet. Es bedeutet einen Unterschied für die ganze Welt, denn diese Wahl ist unsere britische Version der russischen Re- volution, oder noch besser vielleicht, sie steht im gleichen Verhältnis zur russischen Revolution und ihrem Nachfolger, der Widerstandsbewe- gung in Europa, wie es die Regierung und das Parlament, die im Jahre 1832 die Reformbill einbrachten zur französischen Revolution hatten. Und ■ebenso wie die Whigs und Liberalen des 19. Jahrhunderts kein ' Hehl aus ihrer Sympathie und Unterstüt- auftf Uhr die toüsgea&ctoea Äftwalutia« nen machten, die dazu dienten, die Ueberreste des Feudalismus und die Macht der Landaristokratie auf dem Kontinent zu beseitigen, so hoffe ich, dass die Arbeiterpartei in diesem Land heute wie gestern ihre Sympa- thie, Unterstützung und Mitarbeit den Widerstandsbewegungen zuteil werden lassen wird, die für eine so- ziale Neuordnung in Europa kämp- fen. Sendet diese Botschaft hinaus, da- mit die Hoffnungen derer, die das Kommen der Arbeiterregierung mit Freuden begrüssten, nicht enttäuscht werden, dass ihre grossen Erwartun- gen nicht zertreten werden» dass un- sere Aussenpolitik von nun an von neuen Gesichtspunkten, neuem Geist, neuen Hoffnungen, neuen Zielen und neuen Vorsätzen inspiriert sein wird, damit die im Krieg Gefallenen nicht umsonst gestorben sind. Lasst uns dafür sorgen, dass dieses Land, die Mutter der Parlamente, noch einmal die Führung übernimmt in dieser schwierigen Kunst zu regieren, und dass es sich bemüht, diese Führer- schaft und einen neuen Glauben auf das enorm schwierige Problem zu konzentrieren, diese verwirrte und miserable Welt von heute in eine Menschen weit umzuwandeln, die in Freiheit und Frieden lebt unter ei- nem starken Weltregierungssystem. (Aus einer Rede des Arbeiterdepiv tierten Zilliacus). Ein schweizer Flüchtlingsparlament Etwa seit Beginn des Jahres 1945 hat sich in der schweizerischen Flüchtlingspolitik eine tiefgehende Wandlung vollzoger., die auch für andere Länder von Interesse sein dürfte. Bis dahin wurden dit- Flücht- lingsfragen autoritär von den Behör- den geregelt, und sogar die schwei- zerischen Hilfsorganisationen, die in der Zentralstelle für Flüchtljngshil- fe kartellmässig zusammenfiefasst sind, wurden vor den Entscheidungen kaum zur Mitberatung herangezogen. Aber allmählich wurde das Drängen der Flüchtlinge, über ihr eigenes Schicksal mindestens mitreden und mitentscheiden zu dürfen. immer stärker, und die Hilfsorganisationen schlössen sich in bemerkenswerter Solidarität diesem Verlangen an. Der erste, noch zögernde Sahritt auf dem neuen Wege war die Durch führung einer Enquete, die von der Aide aux Emigres in Uebereinstim- mung mit den anderen Hilfsorganisa- tionen in den letzten Monaten des Jahres 1944 durchgeführt wurde. Vie- le tausend Flüchtlinge, in erster Li- nie die Staatenlosen, wurden einge- hend über ihre Zukunftspläne be- fragt, um auf diese Weise die statisti- schen Grundlagen für die künftige Weiterwanderung der Flüchtlinge zu erhalten. Dfie Durchführung dieser Er.qu€te lag in der Hand von meh- reren hundert Flüchtlingen, die sich lierer psychologisch oft schwierigen Aufgabe gewissenhaft und erfolg- reich unterzogen- Konsequent auf diesem Wege wel- iersohreitend erreichten dann die Hilfsorganisationen von den zunächst sehr zögernden Behörden, dass En- de Februar 1945, also noch mitten im Kriege, in Montreux eine öffentliche Tagung von mehreren hundert Flüchtlingen, eben diesen Enquäteu. ren, zur Beratung aller Flüchtlings- fragen stattfinden durfte. Diese Konferenz, die in mehr als einer Hinsicht ein Experiment war, verlief über alle Erwartungen erfolgreich. Die Oeffentlichkeit und die Behör- den, die mit zahlreichen Vertretern an der Tagung teilnahmen, konnten sich d»von *b*raeugen, gäee * Flüchtlinge trotz ihrer so verschie- denartigen politischen und religiösen Ueberzeugungen und trotz ihrer im Einzelnen weit auseinander klaffen- den persönlichen Interessen in der Lage waren, klug, entschieden und einheitlich ihre Wünsche und For- derungen zu vertreten. Mit besonde- rer Genugtuung durfte es uns dabei erfüllen, dass es der verhältnismässig kleinen Schar politischer Flüchtlinge gelang, durch ihr über Parteischran- ken hinweg einheitliches Auftreten den Geist der Konferenz entscheidend zu beeinflussen und in den verschie- denen Beschlüssen vor allem immer wieder den Willen zur Mitarbeit am Wiederaufbau in allen Ländern und zum Gedanken der Völkerversöhnung hervortreten zu lassen. Der zentrale Wunsch dieser Kon- ferenz von Montreux war die Errich- tung einer ständigen Flüehtlingsver- tretung, die aus freien Wahlen her- vorgehen sollte. Wieder musst-e das anfängliche Zögern der Behörden überwunden werden, aber es wuide überwunden, und im Frühsommer 1945 wurden alle in der Schweiz le- benden zivilen Flüchtlinge und Emi- granten zur Wahl einer Flüchtlings- vertretung aufgerufen. Seitdem besitzt nun die Schweiz eine aus zwölf Mitgliedern bestehen- de demokratisch gewählte Flüchtlings- vertretung. Sie hat die Aufgabe, sich mit allen Fragen zu befassen, die die Rück, und Weiterwanflerung der Flüchtlinge betreffen, und man darf sagen, dass sie dies mit Geschick und Erfolg tut. Gleichzeitig ist dieses kleine Parlament in corpore Mitglied einer gemischten Kommission für Rück- und Weiterwanderung, in der die Vertreter der Behörden und der Hilfswerke zusammen mit den Flücht- lingsvertretern regelmässig beraten. Gerade dieser ständige enge Kon- takt ist für alle beteiligten Faktoren und für die Lösung der Fragen, die heute durchweg im Geiste der Ver- ständigung und des Respektes rx*r den berechtigten Wünschen des ein- zelnen Flüchtlings behandelt werden, ausserordentlich wertvoll. 1 ' *" ■ ,, Waltwr. flrttoB «üpMrtu 6 DAS ANDERE DEUTSCHLAND DIE AUSTREIBUNGEN IM OSTEN Rhön Churchill hat die Erlaubnis bekommen, eine lange Reise durch die von Deutschen bewohnten Gebie- te Osteuropas zu machen. Sie be- richtet darüber. Sudetengebiet „In den letzten Tagen bin ich mit dem Auto durch das SudetengEbiet, durch Ober- und Niederschlesien, durch d e russische Zone in Deut land gefahren. Ich hatte vorher ge- sehen, wie die Deutschen im Runr- gebiet und in Berlin für Adolf Hit- ler Missen müssen, aber ich hatte / nichts gesehen, dass sich mit diesem Elend vergleichen könnte, einem Elend, das in grossem Ausmass un- verdient und unuötig ist, und das sich mit ein wenig Menschlichkeit, Gerechtigkeit und gutem Willen auf ein Mindestmass beschränken liesse. Während diese Kleinbauern und Landarbeiter in dem ehemals de ut- echen Ostgebieten ausgehungert und zerschlagen werden, führen die Män- ner und Frauen, dte für Hitler wa- ren und ihn an der Macht hielten, im deutschen Rumpfgebiet ein bür- gerliches, geregeltes, wenn auch spar- tanisches Dasein. Meine Reise begann im Juli im Sudetengebiet. Die Deutschsprachi- gen wurden hier mit denselben Me- thoden zusammengetrieben und in Konzentrationslager gebracht, mit de- nen die Gestapo früher oppositionelle Tschechen zusammentrieb. Sie wur- den dann von Bewaffneten zur näch- sten Grenze gebracht und vor die Wahl gestellt, sich hinüberzuschmug- geln oder auf tschechischer Seite ge- tötet zu werden. Man kaun sich nicht so leicht über eine Grenze schlei- chen, wenn tausend andere Menschen um einen herum wimmeln, und wenn auf der anderen Seite bewaffnete Grenzposten auf einen warten. Auf diese Weise starben viele Tau- sende im Laufe des Sommers. Viel- leicht hatten sie ihr Schicksal ver- dient. Vielleicht waren sie erst nach 1938 in die Tschechoslowakei gekom- men. Aber unter ihnen gab es viele, die seit Jahrhunderten im Sudeten- gebiet anwesend waren. Nachdem die Alliierten mehrfach gegen diese Aus- treibungsmethoden protestiert hatten, wurde diesen Greueltaten von Präsi- dent Benesch ein Ende gemacht. Jetzt, im Oktober, wurde mir in Prag gesagt, dass keine Deutschen mehr ausgetrieben werden. Als ich darauf wieder ins Sudetengebiet fuhr, fand ich, dass dies in der Hauptsache stimmte. Die Deutchen, die heute noch im Sudetengebiet sind, müssen weisse Armbinden tragen, auch die Kinder. Sie werden dadtireh gekennzeichnet als Personell, die kein Eigentum be- sitzen üwrfen und rechtlos sind. Sie dürfen weder Häuser noch Geschäfte haben, ihre Kinder dürfen nicht in die Schule gehen, ihre Rationen sind kleiner als die der Tschechen, und allen ist mitgeteilt worden, dass sie, wenn sie an die Reihe kommen, in- nerhalb von zwei Stunden fortgehen müssen und nur 30 Pfund Gepäck und den Gegenwert von 10 Schilling in Papiergeld mitnehmen dürfen. Wahrscheinlich werden sie nicht vor dem Frühjahr entfernt werden, aber sie alle leben unter Urteilsaufsci'.ub. Nach den weissen Armbinden zu ur- teilen, "bilden sie immer noch die Mehrheit im Sudetengebiet, aber nie- mand weiss, wieviele es sind. Jeden Tag machen sich einige auf die Wan- derschaft, Männer und Frauen, die unfähig sind, noch mehr Strafe zu ertragen. Sie werden von der tsche- chischen Polizei aufgegriffen und in Lager gebracht, wo sie magere Sup- pen und Stroh zum Schlafen ^bekom- men, bis man sie über die Grenze bringt. Wer versucht, nach Schlesien zu kommen, wird von bewaffneten Grenzwächtern zurückgetrieben. Eini- gen gelingt es, in die russische Zone des Reichsgebiets zu kommen, wo sie menschlich behandelt werden. Ende Oktober wurde dem ,,Daily Herald ', dem Organ der Labour Par- ty, von seinem Spezialkorresponden- ten in der Tschechoslowakei berichtet, dass 2.250.000 Sudetendeutsche jetzt in Konzentrationslagern unterge- bracht sind. Er hat solche Lager be- sucht und sagt von den Insassen: „Gefangene jeden Alters und Ge- schlechts sind in derselben Baracke zusammengedrängt. Sie schlafen in hölzernen Kojen, je zwei übereinan- der, auf Strohsäcken, gerade wie die Juden, die von den Nazis während des Krieges dort untergebracht wa- ren. Es gibt alle Altersstufen, von 4 Tagen bis 80 Jahren. Jeder sieht verhungert aus. Männer und Frauen kamen auf mich zu, vor Schwäche weinend: „Wir sind jetzt seit 5 Mo- naten hier, und niemand sagt uns warum. Kann nicht irgend etwas für uns geschehen?" Ich habe keine Angst, der Sentimentalität beschul- digt zu werden, wenn ich behaupte, dass diese Lager eine Schande für die Menschheit und für den guten Ruf des tschechischen Volkes sind. Ich glaube, dass weder die Regierung noch die umwohnende Bevölkerung die Schrecken dieser Lager kennt, sonst würden sie morgen schon ab- geschafft werden. Eine Bande von Chauvinisten, deren Mentalität eng verwandt ist mit der der Nazis, ist dafür verantwortlich, und niemand kümmert sich darum." Ostdeutschland Rhön Churchill berichtet weiter: „Vom Sudetengeb et fuhr ich nach den Gebieten, die die Alliierten an. Btilen zereben haben, und für die Polen verantwortlich ist. Russische Truppen halten alle Verbindungsli- nien besetzt, aber die Aufrechterhal- tung der Ordnung und die Behand- lung der Deutschen ist einzig und allein Angelegenheit der1 Polen, und keine erfreuliche. Wenn man durch die Städte fährt, hat man nur den E ndrv.k, dass es nicht angenehm ist, eine deutsche Frau zu sein. Jede Stadt, jede Stra- sse tat einen polnischen Namen. Hirschberg z. B. heisst jetzt Jelenia Gora. das Polizeirevier Cieplice, das Hotel Hotel Polska, das Gasthaus Restaracja. Die Deutschen tragen kei- ne Armbinden, aber wer nicht pol- nisch oder russisch sprechen kann, spricht mit Flüsterstimme und be- wegt sich unauffällig. Als ich au die Grenze zwischen dem jetzt polnischen und dem von Russen besetzten Gebiet Deutschlands kam, hatte ich die wäh- le und furchtbare Geschichte Schle- siens erlebt und wusste, dass die Gerüchte von Misshandlungen, Fol- terungen und absichtlichem Verhun- gernlassen der Deutschen nur allzu wahr sind. Den ganzen Tag über hatte es stark geregnet. Ich hielt den Wagen neben einer Autobahnbrücke an, unter der zwanzig durchnässte, zerlumpte Deut- sche Schutz gesucht hatten. Zwei der Männer natten greuliche Kopfwun- den, zwei Jungens von 14 und 16 Jahren waren die Hosen, das konnte man deutlich sehen, absichtlich mit der Hand in Streifen gerissen wor- den. Ihre Beine waren verletzt, die Frauen waren der Hysterie nahe und brachen in Tränen aus, als ich sie auf deutsch anredete. Sie alle hatten ähnliches erlebt.. Die Geschichte der Frida Gajewski, einer abgearbeiteten Häuslersfrau von 33 Jahren, war typisch. Niemand weiss, wie 1 ~nge die Ga- jewskis in Pommern gelebt Haben, mit diesem Namen wahrscheinlich über lOOO Jahre. Aber die Polen sa- gen, dass Frida Gajewski deutsch ist. Als die Russen im März ihr Dorf bei Schivlebe.n in Pommern ein- nahmen, liessen sie sie in Ruhe und sagten ihr, sie solle nur weiterarbei- ten. Dann wurde Schivelbein von den Polen übernommen. Sie musste vcm 24. März bis 27. September für einen Pole» arbeiten, ohne Lohn zu erhal- ten, wurde geprügelt und mit ihren zwei kleinen Kindern weggeschickt, als die Ernte eingebracht war. Sie nahm mit, was sie tragen konnte, Kleider, Decken, etwas Nahrung, und es gelang ihr, einen nach Westen fahrenden Zug zu erreichen. Der überfüllte Zug gelangte bis Stargard. Hier wurde er von polnischen Räu- berbanden angehalten, die Insassen geprügelt • und ihrer Habseligkeiten beraubt. In den nächsten zwei Tagen wurde der Zug mehrfach von Banden 7 Englisches Deutschland- Hilfswerk DAS ANDERE DEUTSCHl A angehalten, die die wehrlosen Flücht- linge, Frauen und Kinder, alle paar Kilometer anhielten auf der Suche nach Beute und sadistischen Ver- genügen. Alle Flüchtlinge verloren auf diese Weise ihre Decken. Nah- rungsmittel und Kleider, Frauen und Kinder wurden niedergeschlagen und getreten, auch die Schuhe wur- den ihnen von den Füssen gerissen. Ich prüfte diese Berichte, indem, ich mir die Spuren der Misshand- lungen ansah am Körper derer, die davon erzählten. Ich sah auch viele Frauen barfuss auf den Landstrassen nach Westen wandern. Kurz ehe der Flüchtlingszug der Frida Gajewski die deutsche Grenze erreichte, wur- de er angehalten, und alle kamen in Konzentrationslager. Diese Kon- zentrationslager ziehen sich die ganze Grenze entlang. Ich bekam nicht die Erlaubnis, eins zu besichtigen. Nach den Beschreibungen sind sie un- glaublich schmutzig und die Behand- lung unmenschlich. Alle Flv-'.itlinge werden hier eine Zeitlang festgehal- ten, ganz gleich, ob sie eine Erlaub- nis haben, die russische Zone zu be- treten oder nicht. Aber alle, mit de- nen Ich sprach, gaben so ähnliche Schilderungen von Hunger und Miss- handlungen — Schilderungen, die furchtbar realistisch waren—. dass sie zweifellos wahr sind. Ich sprach mit einem 18-jährigen Deutschen, der Blut spuckte und Abdrücke von Stiefelabsätzen auf dem Rücken trug. Er sagte, sein Lungenbluten habe be- gonnen, nachdem in einem dieser Lager sechs Polen auf seinem Rük- ken herumgetrampelt hätten. Ich sprach mit einer Frau, Mutter von zwei winzigen Kindern, die alle zu- sammen acht Tage lang in einem polnischen Gefängnis gewesen wa- ren. Was hatte sie getan? Sie hatte schriftliche Erlaubnis erhalten, ih- ren kranken <^£ann in Breslau zu be- suchen, ehe sie den Weg nach We- sten fortsetzte. Ehe sie Breslau er- reichte, wurde sie aus dem Zuge ge- setzt und ins Gefängnis gebracht, weil sie zu ihren Kindern deutsch gesprochen hatte. Hier gab man ih- nen einen Becher Wasser und eine Scheibe Brot pro Tag. Jeden Tag bat sie um Freilassung. Jeden Tag schien die Sonne. Gestern war ein Regentag.1 Gestern bat sie nicht um Freilassung. Gestern wurde sie auf die Landstra- sse gebracht. D Gestern Abend, am Ende meiner Fahrt von 1.500 km, fand ich am Lehrter Bahnhof über 3.000 Deutsche, die in verschiedenen Erschöpfungs- stadien auf der Erde sassen oder la- gen. Sie waren aus dem Osten ge- kommen und wollen versuchen, wei- ter zu ziehen. Damit sie sich nicht zu lange aufhalten, gibt ihnen die Stadtverwaltung nur einen halben Liter Wassersuppe täglich und ein wenig Brot für die Kinder. Der Sta- tionsvorsteher bestätigte mir, dass jeden Tag auch Tote mit diesen Zü- gen ankommen. Und auf jeden To- ten kommen 500, die mehr tot als lebendig sind. Englische Parlamentsdebatte In der Eröffnungssitzung des eng- lischen Parlaments, am 8. Oktober, wurde von einigen Mitgliedern (6 Labour und 3 Fraktionslosen) eine Erschliessung eingebracht, durch die die englische Regierung aufge- fordert wurde, den Austreibungen aus den Ostgebieten Einhalt zu ge- bieten, wenigstens bis der Winter vorüber ist. Aussenminister Bevin sagte dazu u. a.: ,,Ich glaube jetzt, dass es besser gewesen wäre, Deutsch- land nicht in Besetzungszonen auf- zuteilen. . - „Ein anderes Problem sind die Deutschen, die nach Russland zur Arbeit gebracht wurden. Niemand weiss, wieviele es sind, nur die Rus- sen kennen ihre Zahl. Die überwälti- gende Mehrheit der Menschen, die nach Westen fliehen, sind Frauen und Kinder". Der Abegordnete Foot sagte: ..Wir protestieren gegen die gewissenlose und absichtliche Auf- reissung neuer Wunden, wenn ganz Europa noch unter den Wunden lei- det, die wir ihm zugefügt haben. Es ist höchste Zeit, dass wir uns über- legen. ob wir die undurchfürbare Politik, die in Potsdam festgelegt wurde, fortführe» wollen." Noch energischer waren ' die Abgeordneten Horabin und Major Lloyd: ..Wenn wir mit diesem Problem nicht fertig werden, werden wir die grösste Ka- tastrophe erleben, d e die Mensch- heit je gesehen hat. Es ist absolut notwendig, die Russen und Amerika- ner dahin zu bringen, dass sie ihre Wahnsinnspolit'k in Deutschland aufgeben. Wir können einfach nicht dies Massensterben und -leiden in Deutschland zulassen." Die russische Zone Auf der andern Seite der Grenze und in Berlin sprach ich mit an- dern Deutschen. Sie alle erzählten dieselbe Geschichte, ähnliche Erleb- nisse, aber alle stimmten darin üher- ein, dass sie sich sicher fühlten, so- bald sie die von Russen besetzte Zone erreicht hatten. Die Russen konnten nicht verhindern, dass viele auf dem Wege nach Berlin vor Hunger und Erschöpfung starben, nachdem die Polen ihnen Nahrungsmittel und Kleider weggenommen hatten, aber sie liessen die Züge von bewaffneten Po- eten begleiten, um Wiederholungen *u verhindern. Diesen Ausführungen ist zweierlei hinzuzufügen, Erstens: Die überwältigende Mehr- heit der Familien, die ihrer Ernäh- rer und ihrer Ernährungsgrundlage beraubt wurden, sind Arbeiter- und Landarbeiterfamilien, Handwerker und Kleinbauern. Die Grossgrundbe- sitzer und der grössere Teil des Bür- gertums haben sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Zweitens: Diese Austreibungen stehen in direktem Widerspruch zu den Potsdamer Beschlüssen, welche bestimmten, dass „Umsiedlungen in geordneter Weise" vorgenommen wer- den müssen. ..... Victor Gollancz het folgenden Brief an „The Tribune" ge- richtet: „Glauben wir Sozialisten an die Brüderlichkeit de-r Menschen oder tun wir es nicht? Wenn wir es nicht tun, würden wir uns besser National- sozialisten nennen und bekennen, dass Hitler gesiegt hat; wenn wir aber daran glauben, so wäre es Z2it, dass wir etwas tun, um es zu be- weisen. Potsdam war eine Abscheulichkeit. Deutschland soll ausgeraubt werden! In der russischen Zone wird es schon seiner Maschinen und Produktions- quellen beraubt. Weite Gebiete sind losgerissen, und in das, was übrig gelassen wurde, werden Millionen ausgehungerter Flüchtlinge aus frem- den Gebieten getrieben mit einem Höchstmass von Unmenschlichkeit. „Die Alliierten", so sagt ganz richtig der „Economist", ,,machen einen Hit- lerfrieden." Die Tatsache, dass nicht britische Vertreter die Hauptverursa- cher dieses Unglücks sind, enthebt uns nicht der Verantwortlichkeit. Jeder kennt die Folgen. Europa würde auf jeden Fall im kommenden Winter schwer gelitten haben: Pots- dam und besonders die russisch-pol- nische Auslegung der Potsdamer Be- schlüsse, haben es zu einer Hölle von Tod und Verzweiflung gemacht. Drei- zehn Millionen Deutsche, so sagt man, werden Hungers sterben, wenn nicht etwas getan wird. In Ihrem ausgezeichneten Artikc" ,,The ster- man Desert", zitieren Sie einen Ber- liner Korr spondenten. Er schrieb: ^Angesichts eines solchen Unglücks, das ein ganzes \ olk überflutet, tref- fen die Alliierten Massnahmen, um das Begraben der Toten zu erleich- tern. Gräber sollen gegraben werden von Menschen, die nach wochenlan- ger Unterernährung das In der kur- zen Zeit weniger Monate nicht wer- den leisten können." Können wir einzelnen irgsnd etwas tun? Nicht viel, aber doch etwas! Eine Gruppe, bestehend aus Master of Balliol, Eleanor Rathbone, Ber- trand Rüssel und mir wünscht di® Möglichkeit eines sofortigen auf frei- williger Basis aufgebauten Hilfswerks zu erproben. Es könnten . B. Depots h er angelegt werden, an welche Nahrungsmittel und Kleidungs- stücke geschickt werden können, oder es können Sachen auf ein Büro ge- schickt werden, wo sie gesammelt und von dort in die am schlimmsten be- troffenen Elendszentren geschickt werden, sei es in Deutschland oder aenstwo. Eine solche Einrichtung müsste amtlich beglaubigt werden. Damit wir auf breiter Basis an die Regie- rung herantreten können, fordern wir alle auf, die willens sind mitzuhelfen — alle, will ragen diejenigen, die gewillt sind, von Zeit zu Zeit Nah- rungemittel und Kleidung abzuge- ben, soweit es die Umstände gestat- ten — au diesem Zwede sofort eise DAS ANDERE DEUTSCHLAND DAS ANDERE DEUTSCHLAND F rauen-Konzentrations- lager Ravensbrück Einem Bericht der früheren kommu- nistischen Reich stagsabgeordneten Le- jie Overlach In der "Freien Tribüne", London, entnehmen wir folgendes: Bei Pürstenberg in Mecklenburg, 80 km- nördlich Berlins, lag das Frau- enkonzentrationslager Ravensbrück • Ueber 106 000 Frauen sind durch dieses Lager gegangen, etwa zwei Drittel Ausländer, ein Drittel Deut- sche ... Die meisten Arbeitskräfte wurden In die — zum Teil unterirdischen — Pulver- und' Munitionsfabriken gro- sser Rüstungswerke vermittelt und lebten dort in Gefangenenlagern. Dies war offenkundiger Sklavenhan- del zum Zwecke der restlosen Aus- pressung und Ausbeutung der Ar- beitskraft — ein Gesühäft für das Lager und für die Grossverdiener. Die "Einkäufer" der Großbetriebe kamen, betrachteten und betasteten ■die halbnackten Frauen und Mäd- chen von allen Seiten und suchten die aus, die noch arbeitsfähig schie- nen. Das "Material" wurde aller- dings im letzten Kriegs jähr von Mo- nat zu Monat schlechter. Die Ausge- suchten wurden, selbst im Winter, mangelhaft bekleidet, in Viehwagen gestopft und verschickt. Diese To- destransporte waren gefürchtet. Nach etwa 2 Monaten kamen die Übrig- gebliebenen ausgepresst und ausge- mergelt zurück. Unter ihren Lumpen ihatten sie Zeitungspapier um den Leib gewickelt, um sich vor der Käl- te ein wenig zu schützen. Man konn- te sie auf dem Lagerplatz liegen se- hen. verendenden Tieren gleich. Tau- sende wurden von Bomben zerfetzt. Sie kamen unverbunden, mit schreck- lichen Wunden, halben Armen und Karte zu schicken an: „Save Euerope now" 144 Southampton-row, London ... C. I-, versehen mit Namen und Adresse und der Erklärung allge- meiner Bereitschalt, ohne dabei auf Einzelheiten einzugehen. Sie sollten auch ihre "reunde veranlassen, das- selbe zu tun. Solch ein Bemühen kann zweifel- los nur wenig helfen, um das Riesen- ausmass an Elend zu mildern. Eine Lösung in grossem Stil ist unmöglich, ausgenommen auf politischem Wege, und niemand wird die Schwierigkei- ten unserer Regierung unterschätzen bei ihrem gegenwärtigen internatio- nalen Start. Aber es wird einige Men- schen bewahren vor der Todesqual des Verhungern». Und es wird auch etwas dazu beitragen, die Ehre Eng- lands und des Sozialismus zu retten, und in einer Zeit, wo Unbarmherzig- keit, nationaler Egoismus und Ras- senwahn sich überall breit machen, wird es zeigen: Es gibt Engländer und Sozialisten, die noch an Güte, Mitleid und internationale Brüder- lichkeit glauben." Sollen wir hinter den Engländern zurückstehen, bei dem Versuch das El ntl in Deutschland zu lindern. Unterstützt die Arbeit des Deutseh- land-Hilfswerks, werdet und werbet wmm ..... Beinen, äus denen die Knochen spiessten, ins Lager zurück und wur- den, wenn sie nicht starben, vergast und verbrannt. Im Lager selbst ging die Ver- nichtung vor sich durch Hunger, Krankheiben, Seuchen, Bisswunden von Bluthunden, Erschlagen, Erfrie- ren, Erschiessen und Erhängen. Durch stundenlanges Stehen bei Regen, Schnee und Kälte wurden die Kräf- te zermürbt, wochenlanger Hunger- durchfall liess die Menschen zu Ske- letten abmagern, bis das Herz ver- sagte. Nicht voll arbeitsfähige Frauen von über 50 Jahren mussten täglich 8 Stunden stehen, bis sie mürbe waren zur Vergasung. Die kleinen Kinder allerdings wurden lebend verbrannt, und es ging das Gerücht, dass man sich auch bei Erwachsenen nicht mehr die Mühe und Kosten des Ver- gasens macht« und diese lebend ins Feuer warf. Tag und Nacht zog der widerlich süsse Geruch verbrennen- der Menschen über das Lager. Wie konnten Menschen dies überleben? Nur durch den eisernen Willen zum Durchhalten und durch vorbild- liche Kameradschaft, die den Tod nicht scheute- Das beste Beispiel ga- ben die Arbeiterinnen der UdSSR und Rotarnüstinnen. Schon bei ih- rem Einmarsch ins Lager boten die Rotarmistinnen ein so vorzügliches Bild der Geschlossenheit, Kralt und Disziplin, dass selbst die S6 sich die- sem Eindruck nicht entziehen konn- te. Mit diesen Kameradinnen bilde- ten Deutsche, Oesterreicher, Jugosla- wen, Norweger, Tschechen u- a. ei- ne wahrhaft internationale kämpfe- rische Einheit. Die tschechische Aerz- tin — selbst Gefangene — eilte heim- lich abends in den Block, untersuch- te den kranken Häftling, "organi- sierte" Medizin, die deutsche Genos- sin in der Kleiderkammer brachte unseren politischen "Zugängen" war- mes Unterzeug, Strümpfe und Schu- he, die österreichische Angestellte im -"Arbeitseinsatz" schob die zu schwe- rer Arbeit Untauglichen in ein Bü. ro zu leichterer Arbeit, die Durch- fallkranken bekamen heimlich aus dem Krankenrevier Suppe und Kohle zugetragen, die guten Elemente in der Lagerpolizei, die aus Häftlingen bestand, liessen die Hilfsbereiten durch die Absperrung passieren, die Norwegerinnen verteilten den Inhalt ihrer Rote Kreuz-Pakete an beson- ders Schwache, die Tschechinnen ga- ben von den Heimatpäckchen, Arbei- terinnen aus den Betrieben brachten hoffnungsfreudige Nachrichten von Auslandssendern, die ihnen die zivi- len Vorarbeiter zuflüsterten, Genos- sinnen gaben Kurse, leiteten politi- sche Diskussionen, Russinnen ver- steckten uns in ihrem Block, als wir kurz vor dem Zusammenbruch auf die Todesliste kamen, Tote wurden lebendig und Lebende galten als To- te, indem Namen und Nummern ge- wechselt wurden. Alles dies waren wahrhaft mutige Taten, denn bet Misslingen drohten Folterungen und Tod. So haben wir Grauen und Tod INDONESIEN - LETZTES OPFER? ,,Es liegt ein Raubstaat an der See — zwischen Ostfries- land und der Scheide" Multatuli. Am 10. November 1945 um 6 Uhr früh war das Ultimatum des Gene- ralleutnants Sir Philipp Christian- sen abgelaufen. Der Hafen Surabaya wurde von englischen Schiffsgeschüt- zen, Mörsern, Artillerie und Flugzeu- gen unter Feuer genommen. Das Blutbad, das damit unter der einge- borenen Zivilbevölkerung angerichtet wurde, war für den erfahrenen Ko- lonialoffizier noch nicht einmal ein Schönheitsfehler. Um 10 Uhr Vormit- tags hatten die indonesischen Trup- pen das Feuer noch nicht erwidert. Dr. Sukarno, der Präsident der In- donesischen Republik, verhandelte noch in Batavia. Was war in Niederländischostin- dien geschehen? Was hat die engli- schen Truppen veranlasst, mit den brutalsten Nazimethoden gegen die Eingeborenen vorzugehen? Die Inselgruppe, die heute Nieder- ländisch-Ostindien bildet, gehört seit über 300 Jahren zu den am schänd- lichst ausgebeuteten Kolonialgebie- ten. Schon vor 80 Jahren erregten die Berichte des ehemaligen hollän- dischen Kolonialbeamten Eduard von Heinz Apfeldorf Douwes Decker, der nach seiner Rückkehr unter dem Namen Multa- tuli über seine Erlebnisse in den Ko- lonien schrieb, Entsetzen und Ab- scheu unter allen human denkenden Menschen, Die Methoden der Ver- sklavung wehrloser Eingeborener mö- gen seit damals modernisiert worden sein, doch das Prinzip ist das glei- che geblieben. Ueber 60 Millionen Menschen leben auf diesen Inseln und ihre Ausbeutung brachte Holland vor dem Kriege jährlich durch- schnittlich 500 Millionen Gulden ein. Als wichtigste der dortigen Produk- te, seien nur Kautschuk, Tabak, Palmöl, Zucker, Kaffee und Tee ge- nannt. Die japanische Besetzung bedeute- te für die Eingeborenen kaum eine Veränderung ihrer Lage. Ob von Eu- ropäern oder Japanern ausgebeutet und misshandelt zu werden, war für sie gleichgültig. Das hatte zur Folge, dass sie am Kriege keinen inneren Anteil nahmen. Docn die Niederlage Japans bot den Indonesiern eine ein- zigartige Mögichkeit, endlich ihre Unabhängigkeit zu erringen. Die ja- panischen Truppen in Java kapitu- lierten vor der Ankunft der alliierte;! DIE BALINESENFRAU AUF LOMBOK von Theodor Fontane Unerhört, auf Lombok hat man sich empört, auf der Insel Lombok die Balinesen sind mit Mynheer unzufrieden gewesen Und die Mynheers fast ein Zürnen und Schaudern; „Aus mit dem Brand ohne Zögern unu Sandern!" Und allerlei Volk, verkracht, verdorben, wird von Mynheer angeworben, allerlei Leute mit Mausergewehren sollen die Balinesen bekehren. Vorwärts ohne Sinn und plan, aber auch planlos wird e« getan. Hinterlader arbeitete gut! und die Männer liegen ir.Jihrem Blut. Die Männer! Aber gross ^nzuschauen sind da noch sechzig stolze Frauen, all eingeschlossen zu Wehr und Trutz in eines Buddah-Tempels Schutz, Reichgekleidet, goldgeschmückt, ihr jüngstes Kind an die Brust gedrückt, hoch ausgerichtet eine jede stand, den Feind im Auge, den Dolch In der Hand. Die Kugeln durchschlagen Treppe und Dach. ,,Wozu hier noch warten, feig und schwach? Und die Türen ans und hinab ins Tal, hoch ihr Kind und hoch den Stahl (am Griffe funkelt der Edelstein), so stürzen sie in des Feindes Reihn. D e Hälfte fällt tot, die Hälfte fällt wund, aber jede will sterben in dieser Stund, und die letzten, in stolzer Todeslust, stossen den Dolch sich in die Brust. Mynheer derweilen, in seinem Kontor, «W ÄM MWAWMWW« M. Armeen und das japanische Kriegs- material fiel den Eingeborenen in die Hände. Mit Hilfe d.eses Materials stellten die Indonesier eine Armee auf und riefen die ,,Indonesische Re- publik" aus. Dr. Sukarno, ein >n Ox- ford erzogener Javaner, übernahm die Präsidentschaft und leitete Verhand- lungen mit dem holländischen Gou- verneur van Mook ein, um die recht- liche Stellung der Indonesischen Re- publik gegenüber Holland festzule- gen. —• Das war Mitte September. Die Zahl der damals m Niederlän- disch-Ostindien stationierten alliier- ten Truppen war ger.ng und von der ,,Indonesischen Republik" hörte mau kein Wort. — Dann kamen plötzlica seltsame Nachrichten aus Australien. In Brisbane und Melbourne waren Streiks unter den australischen Ha- fenarbeitern ausgebrochen, die s.ch weigerten holländische Schiffe mit Kriegsmaterial zu beladen. Es r.ie-ss, dieses Material sollte zur Unterdrük- kung e;ner nationalistischen Bewe- gung in Java verwendet werden, aber genaue) Nachrichten waren nicht zu erlangen. Die holländische Regierung hatte sich mittlerweile an England gewandt. Ein Triumph der Unab- i.ängigkeitsbewegung in Holländisch- Indien würde Englands Stellung in Indien schwer gefährden. Da Holland in Java nur 30.000 Mann hatte, wur- den englische Truppen zur Verstär- kung hingeschickt. Als sich die ver- einigten imperialistischen Mächte stark genug fühlten, desavouierte die holländische Regierung plötzlich ih- ren eigenen Vertreter van Mook und erklärte sieh mit den Verhandlungen mit D'r. Sukarno nicht einverstan- den. Diese Desavcuierung schlug wie eine Bombe im indonesischen Lager ein. Es entstand unter den Indone- siern eine starke Opposition gegen Dr, Sakurno, die sagte, es Latte über- haupt keinen Zweck mit den Fein- den zu verhandein. Indonesien müsse seine Unabhängigkeit erkämpfen. D e Extremisten verübten ein Atten- tat gegen einen englischen General, was natürlich für die Engländer ein willkommener Vorwand war, jede Rücksichtnahme fallen zu lassen. Der englische Oberbefehlshaber stellte an die Indonesier ein entwürdigendes Ultimatum, das u. a. die Auslieferung der Führer der indonesischen Jugend- bewegung und die Auslieferung aller Waffen vorsah. Gleichzeitig setzte eine verlogene Hetze vonseiten der Internationalen Nachrichtenagentu- ren ein. .Die mit japanischen Waf- fen kämpfenden und unter deut- schem Kommando stehenden javani- schen Nationalisten setzen den Krieg im Fernen Osten fort", das war der Tenor der Meldungen. Die weiteren Ereignisse sind bekannt. Wieder einmal müssen wir mitan- sehen, wie die, die der Welt die Frei- heit bringen wollten, für Sklaverei und Unterdrückung kämpfen. Nach- dem eine konservative englische Re- gierung mit Waffengewalt die Be- freiung des griechischen Volkes von .««jgfft ofgeaen FaMlysteii verhindert Das Erwachen Asiens Nehru, der Führer des indischen Freiheitskampfes, forderte die Inder auf, sich für den Entscheidungskampf verzubereiten. Wenn die Weissen ihre Politik in Asien fortsetzten, sei die grosse kriegerische Auseinander- setzung zwischen Asien und Europa unvermeidlich. Ali Jinnah, der Präsident der Liga der Mobamedaner in Indien, hat im Namen von 100 Millionen Mohame- danern seine Sympathie mit dem Freiheitskampf der Indonesier aus- gesprochen. Die Chinesischen Truppen in Su- rabaya kämpfen an der Seite der Javaner gegen die Engländer. In Celebis haben Unruhen gegen die Australier begonnen. Englische Matrosen haben sich in Sidney geweigert, holländische Trup- pen nach Java zu bringen. Prügelstrafe in Indien Um einer dringenden staatserhalten- den Notwendigkeit zu entsprechen, ist in Indien das zeitweise suspen- dierte Gesetz über Auspeitschungen wieder in Kraft gesetzt worden. Un- ruhestifter können jetzt wieder mit der Peitsche zur Raison gebracht wer- den. Wenn es sich nicht nur um min- derwertige Eingeborene handelte, könnte man fast an Hitlermethcden denken. Immerhin kann die Labour- Regierung wieder einmal des Bei- falls ihrer konservativen Vorgänger sicher sein. tat, sind wir Zeugen wie eine Arbei- terregierung zulässt, dass d;e impe- rialistischen Kreise des eigenen Lan- des. die Armee dazu missbraueheu, die imperial,stischen Interessen eines anderen Landes zu unterstützen. Dr. Sukarno hat ein Telegramm an Att- lee gesandt, in dem er gegen die Ver- wendung englischer Truppen prote- stiert. Diese englischen Truppen sind zum grossen Ted Hindus, d. h. es wiederholt sich de.-, alte Spiei, das die Sklaven der Einen im Interesse i.'.rer Herrn die Sklaven der Anderen bekämpfen müssen. Wir stehen in diesem Kai '■ ■ vorbehaltlos aui Se teu der Indonesier, denn soziale Be- freiung der Kolonialvölker hat ihre nationale Befreiung zur Vorausset- zung. Diese unsere Meinung wird von den holländischen Vertretern auf der Weltjugendkonferenz, I>> London ge- teilt. Gemeinsam mit den indonesi- schen Delegierten, haben sie ge;:»n die Gewaltanwendung protestiert, die Behauptung, dass .s s ch um eine fa- schistisch-japanische Tendenz handle, als Lüge entlarvt und die Beendigung des Kclonialverhältniisses gefordert. Zugleich erklären die Holländer, dass die indonesische Freiheitsbewegung sich wachsender Syrnpathie und Un- terstützung in Hollamd erfreue. DAS ANDERE DEUTSCHLAND DAS ANDERE DEUTSCHLAND F rauen-Konzentrations- lager Ravensbrück liinem Bericht der früheren kommu- nistischen JtefnIistag'SHbgeordnetezi Le- ne Oveilach in der "Freien Tribüne", London, entnehmen wir folgendes: Bei Fürstenberg in Mecklenburg, 80 km. nördlich Berlins, lag das prau- enkonzentratiouslager Ravernsbrück. Ueber 108 000 Frauen sind durch dieses Lager gegangen, etwa zwei Drittel Ausländer, ein Drittel Deut- sche ... Die meisten Arbeitskräfte wurden in die — zum Teil unterirdischen — Pulver- und' Munitionsfabriken gro- sser Rüstungswerke vermittelt und lebten dort in Gefangenenlagern. Dies war offenkundiger Sklavenhan- del zum Zwecke der restlosen Aus- pressung und Ausbeutung der Ar- beitskraft — ein Geschäft für das Lager und für die ßrossverdiener. Die "Einkäufer" der Grossbetriebe kamen, betrachteten und betasteten die halbnackten Frauen und Mäd- chen von allen Seiten und suchten die aus, die noch arbeitsfähig schie- nen. Das "Material" wurde aller- dings im letzten Kriegsjahr von Mo- nat zu Monat schlechter. Die Ausge- suchten wurden, selbst im Winter, mangelhaft bekleidet, in Viehwagen gestopft und verschickt. Diese To- destransporte waren gefürchtet. Nach etwa 2 Monaten kamen die Übrig- gebliebenen ausgepresst und ausge. mergelt zurück. Unter ihren Lumpen hatten sie Zeitungspapier um den Leib gewickelt, um sich vor der Käl- te ein wenig zu schützen. Man konn- te sie auf dem Lagerplatz liegen se- hen, verendenden Tieren gleich. Tau- sende wurden von Bomben zerfetzt. Sie kamen unverbunden, mit schreck- lichen Wunden, halben Armen uncl Karte zu schicken an: ,,Save Euerope now" 144 gouthampton-row, London ... C. X-, versehen mit Namen und Adresse und der Erklärung allge- meiner Bereitschaft, ohne dabei auf Einzelheiten einzugehen. Sie sollten auch ihre "reunde veranlassen, das- selbe zu tun. Solch ein Bemühen kann zweifel- los nur wenig helfen, um das Riesen- ausmass an Elend zu mildem. Eine Lösung in grossem Stil ist unmöglich, ausgenommen auf politischem Wege, und niemand wird die Schwierigkei- ten unserer Regierung unterschätzen bei ihrem gegenwärtigen internatio- nalen Start. Aber es wird einige Men- schen bewa'iren vor der Todesqual des Verhungern». Und es wird auch etwas dazu beitragen, die Ehre Eng- lands und des Sozialismus zu retten, und in einer Zeit, wo Unbarmherzig- keit, nationaler Egoismus und Ras- senwahn sich überall breit machen, wird es zeigen: Es gibt Engländer und Sozialisten, die noch an Güte, Mitleid und internationale Brüder- lichkeit glauben." Sollen wir hinter den Engländern zurückstehen, bei dem Versuch des Tll-nst in Deutschland zu lindern. Unterstützt die Arbeit des Deutseh- laiiil-HUfswerks, werdet und werbet MWMttl Beinen, aus denen die Knochen spiessteii, ins Lager zurück und wur- den, wenn sie nicht starben, vergast und verbrannt. Im Lager selbst ging die Ver- nichtung vor sich durch Hunger, Krankheiben, Seuchen, Bisswunden von Bluthunden, Erschlagen, Erfrie- ren, Erschiessen und Erhängen. Durch stundenlanges Stehen bei Regen, Schnee und Kalte wurden die Kräf- te zermürbt, wochenlanger Hunger- durchfall liess die Menschen zu Ske- letten abmagern, bis das Herz ver- sagte. Nicht voll arbeitsfähige Frauen von über 50 Jahren mussten täglich 8 Stunden stehen, bis sie mürbe waren zur Vergasung. Die kleinen Kinder allerdings wurden lebend verbrannt, und es ging das Gerücht, dass man sich auch bei Erwachsenen nicht mehr die Mühe und Kosten des Ver- gasens machte und diese lebend ins Feuer warf. Tag und Nacht zog der widerlich süsse Geruch verbrennen- der Menschen über das Lager. Wie konnten Menschen dies überleben? Nur durch den eisernen Willen zum Durchhalten und durch vorbild- liche Kameradschaft, die den Tod nicht scheute. Das beste Beispiel ga- ben die Arbeiterinnen der UdSSR und Rotarmistinnen. Schon bei ih- rem Einmarsch ins Lager boten die Rotarmistinnen ein so vorzügliches Bild der Geschlossenheit, Kralt und Disziplin, dass selbst die SS sich die- sem Eindruck nicht entziehen konn- te. Mit diesen Kameradinnen bilde- ten Deutsche, Oesterreicher, Jugosla- wen, Norweger, Tschechen u- a. ei- ne wahrhaft internationale kämpfe, rische Einheit. Die tschechische Aerz- tin — selbst Gefangene — eilte heim- lich abends in den Block, untersuch, te den kranken Häftling, "organi- sierte" Medizin, die deutsche Genos- sin in der Kleiderkammer brachte unseren politischen "Zugängen" war- mes Unterzeug, Strümpfe und Schu- he, die österreichische Angestellte im ."Arbeitseinsatz" schob die zu schwe- rer Arbeit Untauglichen in ein Bü- ro zu leichterer Arbeit, die Durch- fallkranken bekamen heimlich aus dem Krankenrevier Suppe und Kohle zugetragen, die guten Elemente in der Lagerpolizei, die aus Häftlingen bestand, liessen die Hilfsbereiten durch die Absperrung passieren, die Norwegerinnen verteilten den Inhalt ihrer Rote Kreuz-Pakete an beson- ders Schwache, die Tschechinnen ga- ben von den Heimatpäckchen, Arbei- terinnen aus den Betrieben brachten hoffnungsfreudige Nachrichten von Auslandssendern, die ihnen die zivi- len Vorarbeiter zuflüsterten, Genos- sinnen gaben Kurse, leiteten politi- sche Diskussionen, Russinnen ver- steckten uns in ihrem Block, als wir kurz vor dem Zusammenbruch auf die Todesiiste kamen, Tote wurden lebendig und Lebende galten als To- te, indem Namen und Nummern ge- wechselt wurden. Alles dies waren wahrhaft mutige Taten, denn bei Misslingen drohten Folterungen und Tod- So haben wir Grauen und Tod NDONESIEN - LETZTES OPFER? ,,Es liegt ein Raubstaat an der See — zwischen Ostfries- land und der Scheide" Multatuli. Am 10. November 1945 um 6 Uhr früh war das Ultimatum des Gene- ralleutnants Sir Philipp Christian- sen abgelaufen. Der Hafen Surabaya wurde von englischen Schiffsgeschüt- zen, Mörsern, Artillerie und Flugzeu- gen unter Feuer genommen. Das Blutbad, das damit unter der einge- borenen Zivilbevölkerung angerichtet wurde, war für den erfahrenen Ko- lonialoffizier noch nicht einmal ein Schönheitsfehler. Um 10 Uhr Vormit- tags hatten die indonesischen Trup- pen das Feuer noch nicht erwidert. Dr. Sukarno, der Präsident der In- donesischen Republik, verhandelte noch in Batavia. Was war in Niederländisch Ostin- dien geschehen? Was hat die engli- schen Truppen veranlasst, mit den brutalsten Nazimethoden gegen die Eingeborenen vorzugehen? Die Inselgruppe, die heute Nieder- ländisch-Ostindien bildet, gehört seit über 300 Jahren zu den am schänd- lichst ausgebeuteten Kolonialgebie- ten. Schon vor 80 Jahren erregten die Berichte des ehemaligen hollän- dischen Kolonialbeamten Eduard von Heinz Apfeldorf Douwes Decker, der ■ nach seiner Rückkehr unter dem Namen Mulla- tuli über seine Erlebnisse in den Ko- lonien schrieb, Entsetzen und Ab- scheu unter allen human denkenden Menschen, Die Methoden der Ver- sklavung wehrloser Eingeborener mö- gen seit damals modernisiert worden sein, doch das Prinzip ist das glei- che geblieben. Ueber 60 Millionen Menschen leben auf diesen Inseln und hre Ausbeutung brachte Holland vor dem Kriege jährlich durch- schnittlich 500 Millionen Gulden ein. Als wichtigste der dortigen Produk- te, seien nur Kautschuk, Tabak, Palmöl, Zucker, Kaffee und Tee ge- nannt. Die japanische Besetzung bedeute- te für die Eingeborenen kaum eine Veränderung ihrer Lage. Ob von Eu- ropäern oder Japanern ausgebeutet und misshandelt zu werden, war für sie gleichgültig. Das hatte zur Folge, dass sie am Kriege keinen inneren Anteil nahmen, Doco die Niederlage Japans bot den Indonesiern eine ein- zigartige Möglichkeit, endlich ihre Unabhängigkeit zu eri.ngen. Die ja panischen Truppen in Java kapitu- lierten vor der Ankunft der aiiiieruii DIE BALINESENFRAU AUF LOMBOK von Theodor Fontane Unerhört, auf Lombok hat man sich empört, auf der Insel Lombok die Balinesen sind mit Mynheer unzufrieden gewesen Und die Mynheers fast ein Zürnen und Schaudern; „Aus mit dem Brand ohne Zögern unu Zaudern 1" Und allerlei Volk, verkracht, verdorben, wird von Mynheer angeworben, allerlei Leute mit Mausergewehren sollen die Balinesen bekehren. Vorwärts ohne Sinn und Plan, aber auch planlos wird eÄ getan. Hinterlader arbeitete gut! und die Männer liegen ir.fihrem Blut, Die Männer! Aber gross Anzuschauen sind da noch sechzig stolze Frauen, all eingeschlossen zu Wehr und Trutz in eines Buddah-Tempels Schutz, Reichgekleidet, goldgeschmückt, ihr jüngstes Kind an die Brust gedrückt, hoch aufgericht't eine jede stand, den Feind im Auge, den Dolch in der Hand. Die Kugeln durchschlagen Treppe und Dach, .„Wozu hier noch warten, feig und schwach? Und die Türen auf und hinab ins Tal, hoch ihr Kind und hoch den Stahl (am Griffe funkelt der Edelstein), so stürzen sie in des Feindes Reihn. D e Hälfte fällt tot, die Hälfte fällt wund, aber jede will sterben in dieser Stund, und die letzten, in stolzer Todeslust, stossen den Dolch sich in die Brust. Mynheer derweilen, in seinem Kontor, «W chtz BWWMWWW«« V». Armeen und das japanische Kriegs- material fiel den Eingeborenen in die Hände. Mit Hilfe d.eses Materials stellten die Indonesier eine Armee auf und riefen die ,.Indonesische Re publik" aus. Dr. Sukarno, ein m Ox- ford erzogener Javaner, übernahm die Präsidentschaft und leitete Verhand- lungen mit dem holländischen Gou- verneur van Mook ein, um die recht- liche Stellung der Indonesischen Re- publik gegenüber Holland festzule- gen. —- Das war Milte September. Die Zahl der damals in Niederlän- disch Ostindien stationierten alliier- teil Truppen war ger.ng und von der ,,Indonesischen Republik" hörte man kein Wort. — Dann kamen plötzlica seltsame Nachrichten aus Australien. In Brisbane und Melbourne waren Streiks unter den australischen Hu- fenarbeitern ausgebrochen, die s ch weigerten holländische Schiffe mit Kriegsmaterial zu beladen. Es r.iess, dieses Material sollte zur Unterdrük- kung einer nationalistischen Bewe- gung in Java verwendet werden, aber genaue Nachrichten waren nicht zu erlangen. Die holländische Regierung hatte sich mittlerweile an England gewandt. Ein Triumph der Unab- r-ängigkeitsbewegung in Holländisch- Indien würde Englands Stellung in Indien schwer gefährden. Da Holland in Java nur 30.000 lvlani: hatte, wur- den englische Truppen zur Verstär- kung hingeschickt. Als sich die ver- einigten imperialistischen Mächte stark genug fühlten, desavouierte die holländische Regieiung plötzlich ih- ren eigenen Vertreter van Mook und erwarte sieh mit den Verhandlungen mit D'r. Sukarno nicht einverstan- den. Diese Desavcuierung schlug wie eine Bombe im indonesischen Lager ein. Es entstand unter den Indone- siern eine starke Opposition gegen Dr. Sakuruo, die sagte, es hätte über- haupt keinen Zweck mit den Fein- den zu verhandele. Indonesien müsse seine Unabhängigkeit erkämpfen. Die Extremisten verübten ein Atten- tat gegen einen englischen General, was natürlich für die Engländer ein willkommener Vorwand war, jede Rücksichtnahme fallen zu lassen. Der englische Oberbefehlshaber stellte an die Indonesier ein entwürdigendes Ultimatum, das u, a. die Auslieferung der Führer der indonesischen Jugend- bewegung und die Auslieferung aller Waffen vorsah. Gleichzeitig setzte eine verlogene Hetze vonseiten der internationalen Nachricht enagentu ren ein. ,,Die mit japanischen Waf- fen kämpfenden und unter deut- schem Kommando stehenden javani- schen Nationalisten setzen den Krieg im Fernen Osten fort", das war der Tenor der Meldungen. Die weiteren Ereignisse sind bekannt. Wieder einmal müssen wir mitan- sehen, wie die, die der Welt die Frei- heit bringen wollten, für Sklaverei und Unterdrückung kämpfe». Nach- dem eine konservative englisch? Re- gierung mit Waffengewalt die Be- freiung des griechischen Volkes von .atlgßB eigenen Fasfi^istgn verhindert Das Erwachen Asiens Nehru, der Führer des indischen Freiheitskampfes, forderte die Inder auf, sich für den Entscheidungskampf verzubereiten. Wenn die Weissen ihre Politik in Asien fortsetzten, sei die grosse kriegerische Auseinander- setzung zwischen Asien und Europa unvermeidlich. Ali Jinnah, der Präsident der Liga der Mohamedaner in Indien, hat im Namen von 100 Millionen Moliame- danern seine Sympathie mit dem Freiheitskampf der Indonesier aus- gesprochen. nie Chinesischen Truppen in Su- rabaya kämpfen an der Seite der Javaner gegen die Engländer. In Celebes haben Unruhen gegen die Australier begonnen. Englische Matrosen haben sich in Sidney geweigert, holländische Trup- pen nach Java zu bringen. Prügelstrafe in Indien Um einer dringenden staatserhalten- den Notwendigkeit zu entsprechen, ist in Indien das zeitweise suspen- dierte Gesetz über Auspeitschungen wieder in Kraft gesetzt worden. Un- ruhestifter können jetzt wieder mit der Peitsche zur Raison gebracht wer- den. Wenn es sich nicht nur um min- derwertige Eingeborene handelte, könnte man fast an Hitlermethcden denken. Immerhin kann die Labour- Regierung wieder einmal des Bei- falls ihrer konservativen Vorgänger sicher sein. hat, sind wir Zeugen wie eine Arbei- terregierung zulässt, dass die impe- rialistischen Kreise des eigenen Lan- des. die Armee dazu missbraueheu, die imperial.stischen Interessen eines anderen Landes zu unterstützen. Dr. Sukarno hat ein Telegramm an Att- lee gesandt, in dem er gegen die Ver- wendung englischer Truppen prote- stiert. Diese englischen Truppen sind zum grossen Te.il Hindus, d. h. es wiederholt sich dr.i alte Spiei, das die Sklaven der Einen im Interesse i;.rer Herrn die Sklaven der Anderen bekämpfen müssen. Wir stehen in diesem Ka: Ti' vorbehaltlos aut Se - teil der Indonesier, denn soziale Be- freiung der Kolonialvölker hat ihre nationale Befreiung zur Vorausset- zung. Diese unsere Meinung wird von den holländischen Vertretern auf der Weitjugendkonferenz, in London ge- teilt. Gemeinsam mit den indonesi- schen Delegierten, haben sie gegen die Gewaltanwendung protestiert, die Behauptung, dass -s s ch um eine la- schist isch-japanisctie Tendenz handle, als Lüge entlarvt und die Beendigung des Kolonialverhältniisses gefordert. Zugleich erklären die Holländer, dass die indones sehe Freiheitsbewegung sich wachsender Sympathie und Un- terstützung in Holland erfreue. 10 DAS ANDERE DEUTSCHLAND WIED ER ER ZIEHUNG Von Wolfgang Hirsch Weber — Potosi (Bolivia) Der Charakter eines Volkes ist weitgehend von ökonomischen Gegebenheiten bestimmt. So be- ruhen auch Agressivität und Pa- zifismus auf wirtschaftlichen Be- dingungen. Es gibt dafür viele Beispiele: Bei den Primitiven z. B. einerseits die kriegerischen Jäger und Nomaden, anderer- seits die friedlichen Ackerbaue;. Die europäischen Nationalstaat ten waren in ihren jugendlichen Expansionsperioden alle äu- sserst aggressiv. Siemsen schil- fert in "Preussen, die GeJahr Europas" die wirtschaftlichen Ursachen des preussischen Gei- stes und zeigt, wie dieser durch die Verschiebung der politischen Macht von Süden nach Norden im Reich vorherrschend wurde. Die Aussenpolitik des National- sozialismus ist der Ausdruck des Expansionsdranges der Schwer- industrie und des Finanzkapi- tals. Hitler hätte jedoch seinen Krieg 1933 noch nicht führen können, obwohl ihm damals schon paar Millionen Kriegslustiger zur Verfügung standen. Wenn auch die Gestapo schon organi- siert gewesen wäre, hätte sie doch nicht ausgereicht, die gro- sse Majorität des Volkes in den Krieg zu schicken. Hitler musste das deutsche Volk erst für den Krieg reif machen. Sein Propa- gandaapparat war Erziehung mit negativem Vorzeichen. Welche Rolle spielt nun die Er- ziehung —- in des Wortes weite- ster Bedeutung — bei der Poli- tik? Sie ist ein Mittel, um die Menschen zu bestimmten Ueber- zeugungen und Verhaltungswei- sen zu bringen. Diejenigen, die das Mjttel in der Hand haben, gebrauchen es zu ihrem Zweck. Im bürgerlichen Staat lassen die herrschenden Klassen es nicht zu, dass das von ihnen kontrol- lierte Erziehungswesen gegen sie gerichtet wird. Das bedeutet, dass im heutigen Staat ein wirk- lich fortschrittliches Schlusystein nicht möglich ist. Denn heute heisst Fortschritt: Fortschreiten in ein neues Produktionssystem, konsequentes Vfeiter-Denken der überkommenen Moralb »griffe, neue Ethik. Die fortschrittlichen Methoden der Geisteswissen- schaften, das Weiterkämpfen für Ideale, die theoretisch von der Bourgeoise anerkannt, praktisch aber nur teilweise verwirklicht wurden, wenden sich gegen das bestehende Klassen vernällnis. Die Gerechtigkeit, die wir ver- langen, kann von der „bürgerli- chen Gesellschaft nicht erreicht werden. Die Bourgeoisie als Klasse hat schon lange aufge- hört, kämpferisch zu sein. Das Ziel ihrer Kultur, die individuelle Freiheit, wird mehr und mehr aufgegeben. Aber eine Kultur ohne richtunggebendes Ideal ist keine Kultur. Der Verlust der ökonomischen Sicherheit im Ge- folge der Krisen und der Arbeits- losigkeit lässt die Mittelschich- ten den Glauben an Alles ver- lieren. Die Haltlosigkeit der bankrotten Kleinbürger und der Arbeitslosen führt sie zum Nihi- lismus. Es werden überhaupt keine Werte und Autoritäten mehr anerkannt, aber man ver- göttert die nackte Gewalt und ihre Repräsentanten. Die schwe- re und äusserst gefährliche Kul- turkrise wirkt sich natürlich auf alle Faktoren der Erziehung aus; Wissenschaft, Kunst, Radio, Presse, Schulen. Es sollen keine Menschen mehr geformt werden, nur noch spezialisierte T schni- ker, die sonst ungebildet sind. Monopolkapital und Grossgrund- besitz in Deutschland - und nicht dort allein - wussten sehr wohl, dass Geist und Ethik ihnen schadeten. Als sie so gefährdet waren, dass sie zum National- sozialismus griffen, um sich zu retten, begann ein Terror, der die Inquisation hätte vor Neid erblassen lassen. Zwölf Jahre Nazihersöchaft wirkten sich so verderblich aus auf die geistige Verfassung ei- nes grossen Teils der deutschen Bevölkerung. Wenn die Berichte der Zeitungskorrespon denten über die Reaktion der in Konzen- trationslager geführten Men- schen auch beweisen, dass der Grossteil des deutschen Volkes übe# die schlimmsten Greuel der Nazis wenig .wusste und riech weniger glauben wollte, bleibt doch der Infektionsherd, die Ge- fahr, die von denjenigen droht, die freudig mitgemacht haben: SS und Gestapo, den vertierten aktiven Nazis. Die Jugend - das heisst diejeni- gen, die noch nicht älter als 30 sind - ist der Teil des Volkes, der am meisten der "Erziehung" des Nationalsozialismus ausgesetzt war. Aber sie ist nicht verloren und verdorben. Die häusliche Erziehung und der Einfluss, den nicht nazistische Freunde und Lehrer auf sie ausübten — ich habe selbst bis 1938 tapfere an- tifaschistische Lehrer und Mit- schüler gehabt — hat viele von der Vergiftung gänzlich freige- halten und andere nur zu lau- warmen Nachläufern gemacht. Aber der ganzen Altervklasse unter 30 fehlt nicht nur jede praktische demokratische Erfah- rung, es fehlt ihr auch die Theo- rie. Ihr Widerstreben gegen den Nationalsozialismus ■ ist meist rein gefühlsmässig. Sie weiss nicht, was Sozialismus und De- mokratie und Freiheit bedeuten. Am nachteiligsten wird sich aus- wirken, dass diejenigen unter ihnen, die Führer sein könnten, fast jeder theoretischen Schu- lung entbehren. Sozialistisches Wissen fehlt vollständig, und wahre humanistische Erziehung gibt es ja schon lange nicht mehr. Für das ganze deutsche Volk bedeutet die Naziherrschaft eine Lücke in der Erziehung zum Fortschritt (nur die Illegalen wurden erzogen, besser als jedes Buch es könnte, und sie müssen in erster Linie unsere Erzieher werden). Die Aufgabe ist, Deutschland nach Europa heimzuführen, sei- ne Jugend neu zu erziehen, die Mitläufer der Nazis und die Trä- gen und Unentschlossenen zu Europäern zu machen. Das Vor- gehen der Siegermächte wirkt sich nun nicht gerade erziehe- risch aus. Die Potsdamer Verordnungen nennen Massnahmen, die zur Verelendung des deutschen Volkes führen müssen, "Wieder- gutmachung". Und für die Weg- DAS ANDERE DEUTSCHI AND 11 Um die deutsche Jugend Von Fritz Reinhardt nähme deutschen Gebietes fin- den sie nicht einmal eine Be- gründung oder Beschönigung. Die völlige . Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker und der Zynismus diese* Diktate werden die Deutschen nicht vom Chauvinismus be- freien. Sie werden bei ihnen höchstens den Eindruck erwek- ken, dass, wenn die Nazis Ur- waldmentalität besassen, die Sieger nicht weit über das erste Buch Moses hinausgekom- men sind. Ein verelendetes Deutschland bleibt Europas Ge- fahrenherd. Die Voraussetzun- gen eines agressiven Imperia- lismus können nur durch den Sozialismus überwunden wer- den. Wenn aber eine wij ksame Erzie- aung des gesamten deutschen Volkes nur von innen heraus und in einem sozialistischen Ge- meinwesen erfolgen kann, sol- len wir uns dann nicht lediglich mit der Erziehung in Parteiorga- nisationen und Gewerkschaften befassen? August Siemsen sagte einmal, wir seien humanistische Sozialisten. Das bedeutet, dass wir als Sozialisten die humani- stischen Ideen des revolutionä- ren Bürgertums verteidigen und weiterführen. Viele Ideale des Bürgertums sind auch die unse- ren, nur dass wir der Ueberzeu- gung sind, dass sie im Klassen- staat nicht verwirklicht werden können. Solange die Bourgeoisie Demokratie lehrt, gehen wir mit ihr . zusammen, denn sie leistet Vorarbeit für die wahre sozia- le Demokratie. Bei einigen Auf- gaben werden wir aut die Mitar- beit der nicht-nazistischen Bour- geoisie rechnen können; Reini- gung der Schulen von den Nazi- Professoren, der Bibliotheken von faschistischen und alldeut- schen Büchern; Ausdehnung der Erwachsenenerziehung — sie ist äusserst wichtig, da die El- tern ja ihre Kinder wieder in ihrem Geist erziehen — durch Volkshochschulen und Schu- lungskurse für Frauen; Aus- tausch von Kindern und Lehrern könnte die Kinderfreunde-Bewe- gung auf verbreiterter Basis wiedererstehen). Jedoch- seien wir uns über Eines klar' die 'wichtigste und aus- schlaggebende Erziehungsarbeit Bei der Behandlung der Frage, ob e u friedliches, demokratisches Deutschland als weitvulles Mitglied der europäischen Völkerfamilie tür die Zukunft möglich ist, ist von entscheidender Bedeutung, ob man au eine Umerz.ehung der deutschen Ju- gend glaubt oder nicht. In diesen Blättern ist das Probtom veischie- dentlich vom psychologischen und £o- ziologischeii Standpunkte aus behan- delt worden. Ausgehend von der nicht zu widerlegenden Tatsache, dass m der Entwicklung eines jungen Men- schen die Umwelt und seine Beobach- tungen- und Erlebnisse in ihr ein weit wicht.gerer Faktor sind als die ab- sichtlich von der älteren Generation an ihn herangetragene „Erziehung", kommt man zu dem Ergebnis, die deutsche Jugend nicht als verloren anzusehen. Der Anschauungsunterricht der Kriegshandlungen ,m eigenen Lande, d e am eigenen Körper verspürte Ob- dachlosigkeit, des Hungers und das ganze Elend der Nachkriegszeit füh ren die Wahnsinustheorien des Hit- ler smus schlagender ad absurdum, als es zehn Jahre Unterricht in ,,De- mokratie" tun konnten. Die ersten Nachlichten, die über die Haltung der Jugend ir.n besetz- ten Deutschland vorliegen, bestäti- gen diese Ans cht. Da erfahren wir zuerst. da?s die wertvollsten Mitar- beiter beirh Neuafbau der Gswerk- schatten und der sozialistischen Par- teien die ehemaligen M tglieder der S. A. J. und der Kinderfreunde sind, heute Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Wir haben in den 12 Jahren des Grauens oft mit Zweifel und müssen wir bewusst als Sozia- listen leisten. Sie wird durch die Hinterlassenschaft der Nazis und die internationale Entwicklung auf viele Schwierigkeiten Stes- sen, und wir müssen uns da- vor hüten, in die Mentalität der Gegner zu verfallen. Wir können dem Nihilismus nicht entgegentreten und gleichzeitig dulden, wenn, um eigene Un- sauberkeit zu legitimieren, von "bürgerlicher Moral" gefa- selt wird, oder dass die Klas- siker als "unzeitgemäss" be- zeichnet werden, oder dass man im Namen des Sozialismus se- xuelle Promiskuität propagiert. Auch können wir nicht gegen den Chauvinismus kämpfen, in- dem wir jede Handlung der Ver- einigten Nationen gütheisseh. Was wir tun müssen, ist Klar- Bangen an diese Scharen junger Menschen gedacht, de uns eiiui die die Gewähr für eiue bessere Zukunft zu sein schienen. Heute zeigt sich, dass unsere Hoffnungen berechtigt waren. Sie sind wieder da, d e ge- streute Saat ging nicht verloren. Noch interessanter ist eine Um- frage, die von den Nordamerikantiu in einein Kriegsgefangenenlager ge- macht wurde, in dem rund 7000 jun- ge ,, Volkssturmsoldaten" im Alter zwi- schen 12 und 19 Jahren über grund- legende weltanschauliche und politi- sche Dinge befragt wurden. Obgleich die augenblickliche Situation dieser Jungen den Wert ihrer Aussagen einschränkt, ist doch das Ergebnis so eindeutig, da« man es als günstiges Zeichen nehmen darf. Der Wahl- spruch ,.Macht geht vor Recht" wird von 80% abgelehnt, 45% halten Hit- ler für einen „geisteskranken Ver- brecher". Ganze 11 Jungen glauben noch an die ,,deutsche Herienrasse*', 85% jedoch halten die ganze Rassentheor'e für Mumpitz, be- zeichnen ea als ganz egal, ob ein Mensch jüdischer Abstammung ist, und würden keine Bedenken haben, eine Jüdin zu heiraten. Im ganzem wurden 200 ähnliche Fragen vorgelebt, die mit Falsch, Richtig oder Unentcch eden beant- wortet werden kennten. Das Resultat zeigte D'urchschnitt, dass die N-v ziideclogie versiegen ist, allerd ngs noch manche Unklarheit besteht. Das aber kann nicht anders sein. Wicht.'g Vt nur. ob d e Vorausetzungen für. eine Umerziehung gegeben sind. Dass das der Fall ist, bestätigt auch diese nordamerikanische Umfrage. heit schaffen, Klarheit im Den- ken der zu Erziehenden, Klar- heit in der Exposition dessen, was wir wollen: Wir erstreben den Sozialismus als Wirtschafts- system, weil er der Gesellschaft als Ganzem eine grössere Pro- duktenmenge sichert als der Ka- pitalismus und jedem Einzelnen eine gesicherte materielle Exi" Stenz, aber wir sehen den vollen Magen niccHt als das Ziel der Menschheit an. Wir sind viel- mehr Sozialsten, weil es ohne soziale Freiheit überhaupt keine Freiheit und ohne soziale Demo- kratie überhaupt keine Demo- kratie gibt. Die Ideale für die Europa Jaihrhunderte blutete, sind bei uns. Sie müssen rieh- tunggebendL. für jede Erziehung sein. 12 DAS ANDERE DEUTSCHLAND BRIEF AUS DEUTSCHL AND , . . "Hier hat sich inzwischen wie- der mancherlei geändert. Der Krieg ist zu Ende, der Naziterror hat auf. gehört, die Nazis verschwinden (al- lerdings zu langsam) wieder aus ih- ren Positionen, aber sor.at allgemein unerfreuliche Bilder. Einzelheiten da. rüber berichte ich Euch in Folgen, dem: Als Kriegsgewinnler» soweit es sol- che in Deutschland überhaupt gibt, kann man vor allem die Kirche an. sehen. Ausserdem vielleicht noch «i. nen grossen Teil der Bauern. Diese haben meist an ihren Anwesen durch Bombardierungen weniger Schaden gelitten; der Blutzoll der Bauern war geringer (infolge ihrer häufigen Re- klamation), ihre Ernähri/ng ist bes. »er, auch in Zukunft, und dann haben sie sich oft im Tauschverfahren mit Stoffen, Kleidern, Wäsche usw.. für längere Zeit hinaus eingedeckt. In Sachsen, von den Russen be. setzt, soll inzwischen eine Agrarre- form durchgeführt sein, und zwar •ollei die Grossgüter in Stücke von 6 ha aufgeteilt und an Landarbeiter und Bauern verteilt worden sein. Die Güter der Kirche seien verschont wor. den. Man hat nichts darüber gehört, um wieviel Land insgesamt es sich handelte, und kann daher die Grösse der Aktion nicht beurteilen. Aller, dings 5 ha. pro Familie ist zu wenig, da dort mit viel Sandboden zu rech- nen ist. Hier in unserer Gegend sind die Aussichten in wirtschatflicher Be. Ziehung nicht rosig zur Zeit. In Frank, ■fürt z. B. ist die Innenstadt und Alt Stadt fast völlig zerstört. Frankfurt zählt augenblicklich noch ca. 320.000 Einwohner. Diese wohnen meistens im äusseren Umkreis und in den Voror. ten. Die Fabriken sind zumeist noch mit Aufräumungs. und Reperaturar- beitsn beschäftigt. Einzelne Fabriken, so z. B. die Adlerwerke, arbeiten be. reits wieder, natürlich mit sehr ver- minderter Belegschaft, ich schätze, mit meist nur 20 Prozent der früheren Belegschaft. Es ist also mit starker Arbeitslosigkeit zu rechnen. Zahlen da. "rüber wurden noch nicht gegeben. Trotzdem ist im Augenblick von der Arbeitslosigkeit noch nicht allzu viel zu spüren, da die Leute vielfach noch bei den Bauern arbeiten, um etwas Vorräte für den Winter zu sammeln. Um Geld ist man im allgemeinen noch nicht so sehr verlege», da meist Er. sparnisse aus der Nazizeit vorhanaen sind. Aber das wird sich sehr bald än- dern. Die Aussicht auf den kommenden Winter wirkt diprimierend. An Brenn. stoff ist die Bevölkerung fast aus. schliesslich auf Holz angewiesen. Und da mangelt es sehr. Die Lebensmit. telrationen sind sehr gering: pro Kopf und Woche 4 Pfd. Brot, 100 gr. Fett, 200 gr. Fleisch, 5 Pfd. Kartoffeln, kei. nen Zucker; das ist zu wenig. Dass die Bautätigkeit stärker wird* ist nicht testzustellen. Der Stadt man. Gelt es sehr an Geld und den Bauun- ternehmern sehr an Rohstoffen. Roh. Stoffmangel her. seht natürlich nicht nur in der Bauindustrie, sondern überall. Ueber die derzeitige Rentabilität der Betriebe in der Industrie sowohl wie im Handel ist zu sagen, dass man z. Zt. bestenfalls die Unkosten decken kann, ich glaube sogar, meistens wird zugesetzt, ganz sicher in der Industrie. All das nutzt natürlich die gegneri. sehe Flüsterpropaganda in ihrer Weise aus. Es wird für die sozialistischen Parteien bestimmt zunächst schwer sein, hier zu einer erspriesslichen Ar- beit und nachweisbaren Erfolgen zu kommen. In Frankfurt gibt es z. Zt. nur eins Zeitung. Daran sind die KP, die SP, tiie Demokrat» i und das Zentrum be- teiligt. Ihr könnt Euch denken, dass dieses Blatt zu lesen keine besondere Freude ist. Abgesehen davon, dass der Stil der Redakteure nicht sonderlich flüssig ist, ist die Zulassung von eige. nem Kommentar zu den politischen Nachrichten seitens der Amerikaner anscheinend noch stark beschränkt, und wenn irgendwie eigene Gedanken von der Schriftleitung oder sonstigen Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht werden, so sind sie in den einzelnen Nummern noch sehr widersprechend. Das politische Leben hat inzwischen langsam angefangen. S. P. und K. P. hatten am vorigen Sonntag je eine öf. fentliche Kundgebung, zur gleichen Stunde. Beide Versammlungen waren sehr überfüllt, die Lokale waren aller, dings auch nicht sehr gross. Die Red- ner beider Parteien brachten zum Aus. druck, in Zukunft mehr als vor 33 zu. zusammenarbeiten und sich nicht ge. genreitig angreifen zu wollen. Man scheint in dieser Beziehung wirklich gelernt zu haben, allerdings zu eine." Einheitspartei konnte man sich noch nicht entschliessen. Die Arbeit der Parteien wird sich zunächst sowieso nur auf kommunale Selbstverwal. tungsarbeit beschränken; grosse Po- litik wird noch nicht gemacht werden können. Die Gewerkschaften sind hier noch nicht offiziell zugelassen. Inzwischen hat sich als 3. Partei hier noch eine Christlich.Demokrati- sche Partei gegründet. Sie umfasst das frühere Zentrum und die Demo- kraten. Ausschlaggebend darin sind die evangelische und katholische Kir. che. Ich bin überzeugt, dass diese Partei einen grossen Erfolg haben wird. Vor allem wird die Kirche, die bestimmt bei den Amerikanern gro- sse Sympathien hat. ihre Leute auf einflussreiche Posten bringen können. Die Nazis werden vielleicht versuchen, hier ihre Opposition zu tarnen, und dann, wo sollen sich das Bürgertum und die Kapitalisten sonst organisie- ren ? Uebrigens sei diese Partei auch für Trennung von Staat und Kirche. (Anscheinend gibt's beim Staat nichts mefce au beb*») . . » AUS EINEM BRIEF von Rolf Weinberg Rolf Weinberg, der 4 Jahre lang in der französischen Armee auf den ver- schiedensten Kriegsschauplätzen ge- dient hat, berichtete von seinen Ein- drücken in einem Brief an uns, dem wir folgendes entnehmen: . . In Italien waren schon 1944 die Lebensverhältnisse ersehreckend. Verbrecher- und Gangstertum hatten sich, unterstützt von den Deserteu- ren aller alliierten Armeen, in Form ganzer organisierter Banden ausge- breitet. Die Prostitution nahm furchtbare Formen an. In Neapel boten Kinder zwischen 4 und 8 Jah- ren an jeder Strassenecke ihre Müt- ter und Schwestern den alliierten Soldaten an, um nur etwas zu es- sen zu bekommen. Die Geschlechts- krankheiten erreichten solche Ver- breitung, dass die alliierten Heere ernstlich in ihren Beständen bedroht waren. In meiner Kompagnie fehl- ten mehr als die Hälfte aller Feld- webel und Unteroffiziere in dem Au- genblick, wo wir den Befehl zur Landung in Frankreich erwarteten.. - Zwischen Salerno und Rom sind fast alle Städte dem Erdboden gleichge- macht. Nach meinen Eindrücken liegt die Schuld an Frankreichs schnellem Zusammenbruch an der damaligen politischen Richtung, wobei gewisse Heerführer sehr weit mitgespielt ha- ben. Das Traurige aber ist, dass schon heute diese Kreise wieder zur Oberfläche gelangen und in der Ar- mee Stellungen einnehmen, von denen aus sie jeden Fortschritt sabotieren können. Man kann sich leicht vor- stellen, wie schrecklich demoralisie- rend es für einen jungen Soldaten sein muss, sich heute von Offizieren kommandiert zu sehen, die mit Dautschlard Ges:häfte machten, wäh- rend er kämpft^. Die notwendige Säuberung in der französischen Ar- mee hat niemals stattgefunden . . . "Marche noir". das Zauberwort und das grösste verderben Europas, ist wohl in keinem Lande so auf der Höhe wie in Frankreich. Von die- sem "marche noir" kommt alles Un- glück und Verbrechen. Es gibt tau- sende von Menschen, die diesem "Ge- schäft" nachgehen und ehrliche Ar- beit ablehnen, da es bei dem Stand der Dinge natürlich leichter ist, sein Leben auf dem "'Schwarzen Markt" zu verdienen. Viele dieser Menschen sind zu Verbrechern geworden und für Staat und Volk verloren. Es gibt nichts, was man nicht auf dem "march6 noir'' findet, allerdings zu phantastischen Preisen. Es besteht ein erbitterter Kampf zwischen die- sen Elementen und der Regierung... Die Lage Frankreichs erscheint mir s5hr schwer. Es muss sich zeigen, ob die kommende linke Regierung sie meistern kann ..." * DA' ÄNDERE DEUTSCHLAND Spanien - Europas blutende Wunde Immer noch leidet Spanien unter dem Terrorregime eines Faschismus, der dem italienischen Faschismus kaum nachsteht. Schätzungsweise befinden sich immer noch fast eine halbe Million freiheitlich gesinnter Spanier in den Kerkern Francos. Der grösste Teil von ihnen ist nun seit über vier Jahren in Haft. Zu ver- schieden iangen Freiheitsstrafen ver- urteilt, sind sie tatsächlich einer schrankenlosen Willkür des Franc©- Regimes ausgeliefert. Es gibt in Spanien Menschen, die schon 1939 zum Tode verurteilt, aber erst in den letzten Monaten hingerichtet wurden. Andere wurden füsiliert, ohne verur- teilt zu sein. Eine grosse Anzahl von Verhafteten wurde überhaupt noch nicht verhört. Verhöre erfolgen unter den brutalsten Foltermethoden. Eine der empörendsten Tatsachen ist die Inhafthaltung ganz junger Men- schen. Das „Gesetz über die politi- sche Verantwortung" vom Jahre 1939 schliesst alle Personen vom 14. Le- bensjahr an ein. Kinder werden zum Tod oder zu Zuchthausstrafen bis zu 25 Jahren verurteilt und be- finden sich in den gleichenGefäng- nissen wie die Erwachsenen und sind denselben Bedingungen des Hungers und des Fehlens jeder Hygiene un- terwerfen. Die Gefängnisse sind über- füllt; Schulen, Spitäler und Klöster werden in solche umgewandelt. Vor wenigen Monaten schrieb die pha- langisfcische Presse, dass in zwanzig Provinzen Spaniens neue Gefängnisse gebaut würden. Die Sterblichkeit, hauptsächlich bei den alten Leuten, ist gross. Epidemien, wie Typhus, grass;eren. Die Zahl der Tuberkulose- kranken ist beunruhigend. Neben den Gefängnissen gibt es noch die sogenannten Strafkolonien. Diese Kolonien sind einfach Zucht- häuser mit Zwangsarbe.t. Die Wäch- ter dieser Kolonien wurden zum gröss- ten Teil von der deutschen Gestapo ausgebildet. Die Arbeit geht bis an den Rand der Erschöpfung. Die Ge- fangenen dürfen von ihren Angehö- rigen nicht besucht werden. Von Zeit zu Zeit erlässt Franco einen ,,Begnadigungsakt", durch den Gefangene aus ihrer Haft entlassen werden. "Polizeilich überwachte Frei- heit" wird dieSituation derjenigen genannt, die aus der Haft entlassen wurden. Sie dürfen nicht in die Re- gion, aus der sie stammen. Sie dür- fen nicht zu ihren Familien. Es ist für sie unmöglich, Arbeit zu finden. Sie sind der Armut und der Verzweif- lung ausgesetzt. Murren sie, so wer- den sie, als der Gunst der Befreiung nicht würdig, wieder eingesperrt... Das Gespenst der ,,Nichtinterven- tion" tritt wieder auf. Es ist gut, sich heute daran zu erinnern, dass die Gründe für die ,,Nichtinterven- tien" Kupfer-, Erz-, Quecksilberinte- ressen englischer und nordamerika- nischer Gesellschaften waren. Zum Schutze dieser Interessen durften Spaniens Arbeiter und Bauern hin- geschlachtet werden, durften Hitler, Mussolini und Franco Spanien in ei- nen Gestapokerker verwandeln. In Spanien hat es begonnen. Hier veranstaltete der europäische Fa- schismus seine Generalprobe. Dieses Geschwür am. Körper Europas muss aufgeschnitten werden. Längst ist Spanien reif für eine freie Entwick- lung, längst wäre dieser Entwick- lung Bahn gebrochen, wenn nicht imperialistische Interessen der Gross- mächte es verhinderten. Für Europa, für die Sicherung des Friedens ist ein freiheitlicher lateinischer Block eine nicht zu unterschätzende Ga- rantie. (Aus ,.Neues Deutschland") AUS EINEM AUFRUF DER UNION DEUTSCHER SOZIALISTEN IN DER SCHWEIZ Wir stehen am Ende einer Sintflut, aus der eine zerstörte Welt auf- taucht. Aber über der Vernichtung erhebt sich der schöpferische Geist, der Wille zum Aufbau. Wir deutschen Sozialisten in der Verbannung wissen und zeugen, dass inmitten des zur Wüste gemachten Landes, der Trümmer der Städte, der Leichenfelder, stärker als je und unbesiegbar der Sozialismus neu ersteht. Ihm fühlen wir uns verpflichtet, ihm, der geschändeten und vergewal- tigten Heimat und den unsterblichen Opfern, die für ihn und für die Freiheit der Welt gekämpft, gelitten und geblutet haben. Wir wissen, dass die nationalsozialistischen Verbrechen gesühnt wer- den müssen, dass wir den deutschen Namen zu reinigen haben von der Schmach, mit der er befleckt wurde, damit Deutschland sich wieder ein- reihe in die Gemeinschaft der Völker. Das deutsche Volk, durch uner- hörte Leiden belehrt, muss lernen, dass es verantwortlich ist für sein Schicksal, dass das Werk der Befreiung zu menschlicher Würde sein ei- genes Werk sein muss. Unsere Aufgabe ist es, diesem Werke unser Leben zu weihen durch brüderliche Hilfeleistung, durch Sammlung aller guten Kräfte, durch un- erbittlichen Kampf gegen die bösen Gewalten, die das Unheil über Deutsch- land und die Welt gebracht haben, durch Mitarbeit am Wiederaufbau der zerstörten Heimat, des zerstörten Europa. Zu diesem grossen Menschh£its>werke braucht es unsere Einheit, die Liebe der Kameraden, die Solidarität mit dto Genossen 5y aller Welt. THEATER UND MUSIK IN BERLIN Aus Berlin kommen Nachrichten, die von einem erstaunlichen schnei, len Wiederaufblühen des Theater- und Musikelebens berichten- Es wird in den folgenden, teils halbzerstörten Theatern gespielt; Deutsches Theater, Renaissance.Thea. ter, Theater an der Königgrätzer. straSse, Admiralspalast, Tribüne. Staatsoper, Deutsches Opernhaus. Die Staatsoper hat ihre Auffüh. rungen mit Glucks "Orpheus und Euridice' begonnen. Das "Deutsche Theater" hat als er. stes Stück ''Nathan der Weise" mit Paul Wegener in der Titelrolle aufge- führt. Der Andrang zu den Theatern ist sehr gross. Manche wandern bis zu zwei Stunden, um ein Theater besu- chen zu können. Paul Wegener, einer der tapfersten Gegner der Nazis unter dan in Deutschland verbliebenen Schauspie, lern, ist Vorsitzender der neugegrün- deten Künstlergewerkschaft. Dagegen sind Gustav Gründgens und Heinrich George von den Russen verhaftet wor. den. Die beiden ersten Konzerte dee Philharmonischen Orchesters, das von den Nazis gereinigt ist, wurden von dem Neger.Dirigenten Rudolphe Dunbar geleitet. Das erste Konzert war für deutsches Publikum, das zweite für alliierte Militärs. * GUSTAV VON WANGENMEIM hat den folgenden AUFRUF ZUR MITARBEIT am Wiederaufbau des deutschen Theaters an die emigrier- ten Schauspieler erlassen: "In einem der wenigen unversehr- ten Theater Berlins wurde ich zum Intendanten ernannt. Es ist das Thea- ter am Schiffbauerdamm. Nach 12 Jahren Abwesenheit bin Ich wieder in Berlin. Mein erster Gruss gilt heu- te allen denen, die ihr Leben liessen, und denen, die fern der Heimat star- ben. Gruss unserem Hans Otto, der als echter, deutscher, jugendlicher Held von den nazistischen Banditen bestialisch umgebracht wurde! Gruss unserem Meister und Lehrer Max Reinhardt, der sterben musste, fern seinem früheren Wirkungskreis, dem Deutschen Theater in der Schumann, strasse! Gruss Alexander Granach und all den vielen Anderen! Gruss den Helden und Meistern, die einge- gangen sind in die Geschichte! Und alle Ihr, die Ihr fern der Hei. mat lebt, seid Ihr bereit, trotz aller Schwierigkeiten beim Wiederaufbau mitzuhelfen? Dann kommtj Alles» was wir erträumten, können wir jetzt schaffen, auch aus dem Nichts. Es ist meine Ehrenpflicht als neuer Inten. da-.it Euch zu rufen, Wolfgang Lang- hoff, Albert Bassermann, Elisabeth Bergner, Fritz Kortner und Ihr ande- ren! Jeder von Euch ist gemeint! Wenn ich einen vergessen habe, so gilt der Ruf auch ihm. Jeder ist ge- meint! Er komme! Wir alle wollen am gemeinsamen Werk mitarbeiten." -n--"V-t'l 1 IHBfllf BlUfiiWiÄNO Das Gesicht der Zeit Kurze nolitUche Nachrichten "Wiedererziehung" durch Zwang- Jacke. "Belgica", die Zeitschrift der Bel- gier in Südamerika, veröffentlicht in ihrer letzten Nummer, mit der sie Sich von ihren Lesern verabschiedet, einen Bericht über Zerstörung und E'end in Deutschland, die mit Ge- nugtuung festgestellt werden. Der Schlussatz lautet: "Sis. machen sich sehr klein, un- sere früheren Protektoren, und wol- len nun von uns protegiert werden. Solch eine Verrücktheit! Was ist die geeignete Behandlung für sie? Ein Kamerad hat auf melre Frage ge- antwortet: "Kalte Dusche und Zwangsjacke". Vor allem die Zwangs- *acke> Behedetto Crecc: "Alis Siei^ermächte, ob gross oder klein, scheinen wie Jagdhunde ihre Hauer in d?n Körger Italiens schla- gen zu wollen. Den Italj»ne»n rate ich, inmitten ihres wirtschaftn,-hen Elends ihr geistiges Erbe zu pflegen. Die Siegermächte, reich an ökonomi- scher und politischer Macht, sind arm an dem andern, oder doch mer als wir". Ein deutscher Polizeioffiziev rett.t Juden und eine Thorarolle Wie aas einem vom Londoner "Je. wish Chronicle" wielergegebenenen Briefes engljsch-jüdi&hen Leutnants M. l5 Harris von der 104- Pionier- kompagnie hervorgeht, haben i?i der Stadt Xanten der deutsche Polizeiof- fizier Gries und eine 20jährige Poli- zoi-Telephonistin namens Marie Jan. ssen mehrere Juden und jüdische Kultgagen:tär.de, ungeachtet der ih- nen drohenden Gefahren, gerettet- Polizeileutnant Gries hatte sich p.m 10. November 1938 geweigert, den Be- fehl der SS-Truppen nachzukommen und die Synagoge in Xanten zu zer- stören. Als dies dennoch geschah, pingen am nächsten Tage Gries und Frl. Janssen zu der in Trümmern liegenden Synagoge und sammelten sorgfältig alles auf, was sie finden konnten. Marie Janssen nahm die Ssfre Thorah an sich und versteckte sro Hnter einem Garderobenschlank in der Polizeiwache selbst. ("Aufbau") Greuelmärchen und Wirklichkeit Während des Krieges versuchte Gothels den ■ Defaitismus der Deut- schen damit zu bekämpfen, dass er Ihnen erzählte, die Alliierten würden ihnen die Kinder wegnehmen und nach England oder Amerika bringen. Wenn dies Greuelmärchen wahr wür- de — heute wäre es eine Gnade und eine Erlösung. Wiederaufbau in der Sowjetunion Innerhalb von drei Jahren sind in der Sowjetunion 22-0,TO Meilen Eisen- bahnlinien und 2.500 Stationen, die von den Hitlertruppen zerstört wor- den waren, wiederhergestellt und in Betrieb genommen. 70 o|o der Arbeiter, die während des Krieges an diesen Wiederherstel- lungsarbeiten beschäftigt waren, wa- ren Frauen. In Frankreich vertreten Sozialisten und Kommunisten ein gemeinsames Programm der Nationalisierung der grossen Industr e, des Versicherungs- wesens etc. —Der Sozialist Gouin ist zum Präsidenten der Nationaler Sammlung gewählt worden. In Italien i:at Ignazio Silone auf einer fünf Tage dauernden Konfe- renz der Scz alistischen Partei seinen Standpunkt gegen den Generalsekre- tär Pietro Nenni durchgesetzt: Statt Verschmelzung oder doch engster Zu- sammenarbe t mit Jen Kommunisten. Zusammengehen mit der demokratisch und sozial orientierten ehr stlichen Volkspartei. In den Bauernländern Dänemark und Ungarn haben die bürgerlich- konservativen Parteien über Soziali- sten und Kommunisten gesiegt. In Genf hat die früher verbotene linkssozialistische Partei von Nicole Die rrage a?r Bestrafung der Na- ziverbrecher wächst sich mehr und mehr zu einem Skandal aus. Bisher s nd nur ein paar unterge- ordnete Menschen hingerichtet wor- deil, weil sie alliieite Flieger ermor- det haben. Dagegen müssen wir es erleben, dass d e englische Verteidi- gung der Sadisten von Belsen und Auschwitz auf Freisprach plädiert, nachdem vorher die jüdischen Kon- zentr&ticnslagerhäftlinge in unerhör- ter Weise von jhr beschmipft worden waren. ,.Nicht der Mörder, der Er- mordete ist schuldig!" Die Nazis er- halten hier, statt dass sie und ihre Foltermethoden vor aller Welt an den Pranger gestellt wurden, durch englische Off ziere ein Propaganda- material, das sie sicherlich gut zu benutzen wissen werden. Das Miss- trauen der Russen gegen diese Art der Prezessfiihrung ist nur allzu be- rechtigt. Aber kann man s ch wundern, wenn wieder und wieder Nachrichten ein- treffen. dass bekannte Nazis noch immer hohe Funktionen in den von den Alliierten besetzten Geb eten be- kleiden? Hätte man, wie wir es gefordert haben, den deutschen Antifaschisten die Bestrafung der Nazis überlassen, der Welt wäre dieses beschämende Schausp'el erspart geblieben, und die tausendfach Schuldigen wären nicht mehr am Leben oder müssten schwerste Zwangsarbeit leisten. Das Prominenten Gefängnis in Niirn- Gcntlemen und Vagabunden. Im Frcminenten-Gefängn s Nürnberg hat Knolan und Kapitän O'Conor mit Befriedigung festgestellt: ,-Hier gibt es keine AI Capones und keine Va- gabunden. Es sind intell gente Per- s/iril i Ah k eiteu". mit des Wahl von 36 Vertretern — neben Sozialdemokraten — einen grossen Erfolg erz elt. Nicole ist — nicht zuletzt wegen seiner Entlar- vung der schmutzigen Praktiken der Schweizer Grossbanken — der vom Schweizer Grossbürgertum bestge- hasste Mann. Das Komitee ..Freies Deutschland", das während des Krieges in Moskau von Kommunisten und gefangenen Offizieren gebildet wurde, hat sich aufgelöst. Damit hat das unna- türliche Bündnis von Kommunisten mit preussischen Junkern sein Ende gefunden. Wir nehmen an, dass die Liquidie- rung des o^telbischen Grcssgrundbe- sitzes und damit der Junkerkaste seine Fortsetzung unmöglich gemacht hat. Damit wird auch wohl „schwatz- weiss-ret" als Fahne des neuen Deutschland erledigt sein. Wie kann man auch die „frommen" Gentlemen Göring und Frank, die religiöse Gespräche mit dem Kaplan führen, und einen Seyss Inquart, der mit Andacht Schuberts Unvollendete hört, m t Vägabunden wie Verlaine und Rimbaud, wie Jack London und Maxim Gorki vergleichen! Es erscheint kaum begreiflich, dass Ley in einem solch sympathischen Gefängnis der feinen Leute die Takt- tosigkeit begangen hat, sich aufzu- hängen. Vielleicht im Säuferwahn? Wilhelm Pieck, der Versitzende der K. P. D„ sagte auf einer gemeinsa- men Kundgebung der antifaschisti- schen Parteien in Berlin: ,,Der Geist der Humanität, des friedlichen Zusammenw .rkens mit den anderen Völkern, die Entfaltung wahrer Solidarität und Hilfsbereit- schaft inneihalb unseres Volkes und der Wille zur Volk Verständigung und zum friedlichen Wettbewerb muss in unserem Volke tief verwurzelt wer- den, um damit die Garantie zu schaf- fen, dass es niemals wieder von re- aktionären Kräften zum Ueberfall auf andere Völker gebraucht werden kann". ..Erich Z igner, früher Ministerprä- sident, von Sachsen, wegen seines tapferen Kampfes gegen die Schwar- ze Reichswehr unter dem Ebertschen Ausnahmezustand 1923 abgesetzt, verhaftet und im skandalösem Pro- zess zu Zuchthaus verurteilt: Ober- bürgermeister von Leipzig. Erholungsheim für K. Z. - Häftlinge In Langenbrombach im Odenwald ist für politische Gefangene aus den Konzentrationslagern ein Erholungs- heim geschaffen worden, das unter der Leitung des Gen. Pachniko steht. Zur Bestrafung der Naziverbecher DAS ANDERE DEUTSCHLAND 15 Neue Bucher K. K. Doberer: "United States of Germany". Herausgeber: L. Drum- mond Ltd., London. "Ein wahrhaft demokratischer Staat strebt nach dezentralisierter Verwaltung" — das Ist die These die. ses Buches. Ihre Anwendung: Deutschland muss auf föderalisti- scher Grundlage reorganisiert wer- den. Der Verfasser (vor 1933 Reiohsban. nerfiihrer in Franken) meint, nach dem 1. Weltkrieg sei eine Gelegen- heit gewesen, Preussens Hegemonie in Deutschland zu brechen und ein föderalistisches Deutschland zu schaf- fen- Damals aber haben die Sieger- mächte in Preussen eine Garantie ge- gen den Bolschewismus gesehen und die bayrische Republik Eisners nicht unterstützt. Das Buch ist 1944 in London ge- druckt und soll den Siegern im 2. Weltkrieg die neue Gelegenheit zei. gen und nachweisen, dass der Mili- tarismus in Deutschland niemals volkstümlich war und von allen süd- deutschen Staaten seit einem Jahr- hundert bekämpft wurde. Darum wird die Geschichte der bayrisch - preussischen Beziehungen vom Wiener Kongress bis zur Reichs- reform 1934 dargelegt; an Hand von viel Quellenmaterial. Die einzelnen Tatsachen sind sicher ausserhalb Deutschlands nicht genügend be- kannt, und so gibt das Buch wertvol- le Aufklärung zur Frage des "deut- schen" eingewurzelten Militarismus und zum Problem der "Erzieihbarkeit" des deutschen Volkes zur Demokratie. Der Verfasser ist u. E. im Irrtum, wenn er auf die Entwicklung in UBA* und in der Sowjetunion als wegweisendes Beispiel hinweist- Der Föderalismus der Sowjetunion wird offenbar stark Überschätzt. Die russi- sche Republik hat 70 o|o der gesam- ten Unionsbevölkerung, und 78 ojo des gesamten Territorituns; die übri- gen 15 Republiken teilen sich in den Rest. Sie produziert etwa 80 o|o al- ler Nahrungsmittel, Rohstoffe und Industriewaren. Die russische Wirt- schaft ist zentral!«tisch aufgebaut- In den Ver. Staaten sind die Macht- befugnisse der Einzelstaaten im Lau- fe ihrer Geschichte ständig einge- schränkt worden und die Macht der m iiiiiiiiiiiiüiüiiiiiiiii Zentralregierung wurde auf immer weitere Gebiete des gesellschaftlichen Lebens ausgedehnt. Diese Entwicklung wurde ungeheu- er beschleunigt in den letzten 50 Jahren, als Grossindustrie und Mo. nopolkapitalismus sich entwickelten. Ein wirklicher Föderalismus, mit de- mokratischer Selbstverwaltung der Teilstaaten, wird erst dann wieder möglich sein, wenn die USA soziali- stisch werden — allerdings nicht auf staatskapitalistischer Grundlage. S D- Arnold Foster: Charters of Peace. Herausgeber: Gollancz, London. Der Verfasser behandelt die aller- letzten Ereignisse und ihre Auswir- kungen für die Zukunft. Sein Urteil ist dieses: "Die territorialen Konzes- sionen, die in Potsdam gemacht wur- den und die im Widerspruch zur Atlantik Charter stehen, sind eine un- geheure Gefahr für die Zukunft- Russland hat, ausser grossen Teilen Polens, auch ein Stück von Deutsch- land erhalten. Die Polen breiten sich nach Westen aus und versuchen, mehr zu schlucken, als sie festhalten, verdauen oder auch nur bevölkern können, und tun ihr Möglichstes, Hitler zu übertrumpfen in ihrer un- verzeihlichen Grausamkeit allen Deutschen gegenüber, während die Tschechen die Sudetendeutschen mit ebenfalls Hitlerscher Brutalität aus- treiben. Solche Verbrechen schreien zum Himmel, ganz gleich ob sie von Freund oder Feind begangen werden. Der Preis, den die Welt für solche Idiotien bezahlen muss, kann leicht ein dritter und letzter Weltkrieg sein; ein letzter, denn es wird ein Atom- krieg sein." W. D. Herman Kesten: Los ninos de Guer- nica. Editorial Futuro, Buenos Aires 1945. Im Rahmen der grossen Tragödie des spanischen Bürgerkrieges spielt sich die kleine einer baskischen Fa- milie ab. Mit meisterhafter Hand zeichnet der bekannte deutsche Schriftsteller seine Gestalten, denen eine wirre, entmenschte Zeit ihren Stempel aufdrückt. Sie formt zum Guten oder Bösen. Guernica wird von Nazifliegern zerstört; nur wenige retten ihr nacktes, Leben, das sinn- los erscheint wi2 das gesamte Welt- geschehen. Der Wille zum Leben aber wird in dem Helden des Wer- kes ein Wille zum Kampf für eine m V er ein " V orwärts Vereinehaus $ AUSTRIA 2064 U. T. 72 - 6058 Sport- und Landhelm $ s Quinta "LA PERLITA" I Qutlmee — U. T. 203-211 J Das Zentrum der demokratischen Deutschen Eine neue deutsche Zeitschrift ZEITSCHRIFTEN UND BUECHER PANORAMA, Unsere Zeit Im Quer- schnitt — Selecciones Universales en Alemän, Preis 60 cts. Zeitschriften, die Auszüge aus Bü- cher, Skizzen, populärwissenschaftli- che Artikel und Kurzbeiträge der verschiedensten Art bringen, ent- sprechen einem Bedürfnis unserer schnellebigen und gehetzten Zeit, da sie sich ohne erhebliche geistige Anstrengung auf der Fahrt im Zuge, während der Mittagsruhe, vor dem Einschlafen lesen lassen. Sie können, wie das bei Readers Digest der Fall ist, eine grosse Ge- fahr bilden, wenn sie ausser dem Sensationsbedürfnis zugleich — durch eine tendenziöse reaktionäre Darstel- lung wichtiger wirtschaftlicher und sozialer Probleme — der Irreführung einer naiven Leserschaft dienen- Die erste Nummer der unter dem Titel "Panorama" in Buenos Aires erscheinenden deutschsprachigen "Se- lecciones" erfüllt dagegen nicht nur den Zweck, in leicht verständlicher Form über Fortschritts der Wissen- schaft, der Technik etc. zu belehren, sie enthält auch literarisch wertvol- le Beiträge. Wir finden viele gute Freunde wieder. Ringelnatz und Mor- genstern sind mit Gedichten, Ignaz Wrobel-Tucholsky, Polgar, Eling, Zil- le mit Prosa vertreten. Aus Werfeis "Jakobowsky und der Oberst" wird eine dramatische und packende Sze- ne wiedergegeben- Paul Walter Ja- kob leitet das Heft mit einem schö- nen Nachruf für Romain Rolland ein. Ganz besonders freut man sich, die herrliche Schlussrede zu finden, in der Charlie Chaplin am Schluss sei- nes Films "Der grosse Diktator" zur Welt spricht. Wir wünschen der neuen deutschen Zeitschrift eine gute Fortsetzung die- ses vielversprechenden Starts. bessere Zukunft. In diesem positi- yen Ergebnis der seelischen Ent- wicklung eines Kindes zum Erwach- senen liegt der Hauptwert dieses er- schütternden, lebenswahren Buches. Kundendienst. Wenden, Reinigen, Färben, Reparaturen. Modernisieren, . Neuanfertigungen von Damen- "na Herr6nerardeT*obft in ffuter Ausführung, U. T. 70 - 7502. ^Ferienkolonie Ai) stermann IM I R A M A R Auskünfte: CONDE 1785 U. T. 73 . 7736 DAS ÄNDERE DEUTSCHLAND BESTELLSCHEIN (ausschneiden und einsenden) Sefior JÜAN CARL, Tucumän 309 Buenos Aires Der Unterzeichnete bestellt ab .................................. die Zeitschrift DAS ANDERE DEUTSCHLAND. Der Abonnements. preis in Höhe von 4.80 Pesus und eine Spende von..... , Pesos für den Kampffonds bitte ich, bei mir monatlich, viertel jänrlich Kassie, ren zu lassen — liegt diesem Briefe als Scheck, Giro, Bono Postal bei. Name und Vorname ........................... Strasse und Hausnummer ...................... Ort ............................................ (bitte leserlich schreiben) Casa Filatölica — Difi — ROBERTO POMMER eempra j ve. ta de «»tamplllM para coleeeMa IlECONftlJISTA 20« — Be. Alrw* U. T. 33 (At.) STB8 I A, A. b A. ? f ENRIQUE U. CORONA MARiTINEZ f t A B O G A D O j i LAVALLM 1268 V. 1\ 35 - 385S * • ; Bücher leihweise, Neuester Katalog gratis Leihbibliothek COSMOPOLITA C'crrient:s 424, i- ;cr. 5. Siicursal Belitrano. Sucre 2H0O l . 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