D A 5' ANDRER5! D EGT ORGA.NO de "LOS ALEMANES D E M O C R A T 1 C O S f D E T A M E R S C4JD E>fS?S Uj >»WW AUS DEM 1 N HAU Tl August Siemsen; DER ERSTE MAI UND DIE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE Alfred Doeblin: ABSCHIED UND WIEDERKEHR NACH DEUTSCHLAND Georg Maiwald: ZUR BILANZ DES KRIEGES DIE TOTGESCHWIEGENEN HELDEN DER DIVISJON 999 RUSSISCHE DEMOKRATIE BERICHTE AUS DEUTSCHLAND AUS DER ARBEITERBEWEGUNG BUEf N O S " A I R 1 i S • T U ( J U M A iN i 3 o y • 3 1 r R E : T 1 R O 7 2 6 4 NUMERO 117 • 1' DE MAYO DE 1946 • A Fl 0 V I | « DeuitVic- ti-iMioirttik Hr^/uüufi am Main DAS ANDERE DEUTSCHE AND INE IG E N E R SACHE! Personaln achrichten Andreas Gayok, einer der führenden Köp- fe der Klnderfteun mahlet Es stockt der Wind im weiten Land. viel Mühlen stehn am Himmelsrand. Mahle, Mühle, mahle! Es kommt ein dunkles Abendrott viel. arme Leute schrein nach Brot. Mahle, Mühle, mahle! Es hält die Nacht den Sturm im Schoss» und morgen geht die Arbeit los. Mahle, Müiile, mahle! Es fegt der Sturm die Felder rein, es wird kein Mensch mehr Hunger schrein. Mahle, Mühle, mahle! WORTE ZUM 1. MAI Rosa Luxemburg: Aber Geduld und Mut! Wir werden leben und Grosses erle, ben. Jetzt sehen wir vorerst, wie die ganze Welt versinkt, jeden Tag ein Stück, ein neuer Ab- rutsch, ein neuer Riesensturz -. . Und das Komischste ist, dass die meisten es gar nicht merken und glauben, noch auf festem Boden zu wandeln. Karl Liebknecht: Ihr raubt die Erde mir, doch" nicht den Himmel, Und ists ein schmaler Streifen Er macht des Leithes Sinne seJSst, beschwingt von freier Seele, freier, als je ihr wart, die ihr mich hier im Kerker in Fesseln zu vernichten wähnt* nur, eng durch Gittermaschen, zwischen Unsere „christliche" Welt Die Welt wird nicht christlich regiert, die Regierungen als sol- che sind nicht christlich.. . Eine christliche Armee, eine christli- che Schlacht, christliche Feldpre- diger. •. das alles sind Sachen, die wie der Mann im Monde, nur in der Einbildung verirrter Leute ihr Dasein haben. Pestalozzi. * DAS ÄND 1*1 DEUTSCHEAND Abschied u. Wiederkehr nach Deutschland Als ich Abschied nahm ... Morgens um S hörte ich am Radio: Der Reichstag sei in Brand gesteckt worden, das Feuer habe gelöscht wer- den können; es sei gelungen, einen der Verbrecher an Ort und Stelle zu ergreifen; es handele sich um ein kommunistisches Attentat — eine un- erhörte Untat, die sich gegen das deutsche Volk richte, und so weiter. Ich stellte den Apparat ab. Mir fehlten die "/orte. Ich war aller- hand vom Radio und seinen jet. Eigen Beherrschern gewöhnt; das war die Höhe. Offenbar war der Reichstag wirklich angesteckt wor- den —. von den Kommunisten? Sol- chen faustdicken Schwindel wagte man anzubieten. Man muss „Cui bono?" fragen; wem nützte die Brandstiftung? Die Antwort lag auf der Hand. Ich war unbekümmert für mich, wenn auch tief beunruhigt und em- pört — bis man ^ich anrief und fragte, was ich machen wolle. Ich war erstaunt: Warum? Nun, die Ver- haftungen; ich solle mich vorsehen. Ich dachte: lächerlich. Des Telephon riss aber nicht ab. Dann kam man zu mir; es war immer dasselbe: ich möge, wenigstens vorübergehend, ver- schwinden; ich sei gefährdet, es gäbe Listen. Das leuchtete mir alles nicht ein. Die innere Umstellung von einem Rechts- -uf einen Diktatur- und Freibeuterstaat gelang mir nicht so- gleich. Gegen Abend war ich so weit, Meine Frau war auch dafür. Es war ja nur ein Ausflug; man lässt den Sturm vorübergehen; nur drei bis vier Monate, dann sei man mit den „Nazis" fertig. Man besuchte mich, es gab Tränen. Ich lachte und war ruhig. Mit dem kleinen Koffer in der Hand zog ich ab, allein. Unten er- wartete mich eine Ueberraschung. Ein Nazi, über der Uniform einen zivilen Mantel, stand vor meinem Arztschild, fixierte mich — und folg- te mir zur Untergrundbahn. Er war- tete ab, welchen Zug Ich nähme, stieg in das selbe Abteil. Am Gleis- dreieck stieg ich aus, er auch. Er ging hinter mir her. Dann gab es ein Gedränge, ein ankommender Zug entleerte sich, ich lief eine Treppe hinunter und fuhr von einem an- deren Behnsteig in irgend eine an- dere Richtung, später an mein Ziel: Potsdamer Platz, Möckernbrücke. Ich wollte zum Anhalter Bahnhof. Der Zug in Richtung Stuttgart fuhr gegen zehn. Ich fand einen Schlafwagen- platz. (Das Billet habe Ich während der zwölf Jahre Emigration in der Brieftasche mit mir herumgetragen.) Als ich abfuhr, stand ich am Gang- fenster. Es war finster, ich bin viele Male diese Strecke gefahren. Die Lichter der Stadt. Ich liebe das sehr. Wie war es mir immer, wenn ich von draussen hineinfuhr nach Ber- lin und dies sah: ich atmete auf. ich fühlte wohl auch, ich war zu Hause. Nun, ich fahre jetzt, ich lege mich -ablasen. Merkwürdige Situation, ge- Von Alfred Döblin Wir entnehmen den folgenden Artikel des vielleicht grössten lebenden deutschen Dichters der "Neuen Zeitung", Berlin. hört eigentlich nicht zu mir. Ein paar Stunden in ßtuttgart: fried- liches Leben, die „Nazis" rufen zu Versammlungen auf — burlesk, wa- rum laufe ich eigentlich weg? Eine alberne Sache; ich werde mich spä- ter schämen. Ueberlingen. Ueber- nachten, Fahrt über den See, nach Kreuzlingen. Jetzt die Grenzüber- schreiturf, in einem Auto, es geht alles glatt. Ich besuchte in Kreuzling- en einen Sanatoriumsarzt, bei dem ich ein Jahr zuvor mit meiner Frau zu Gast war (welche frische heitere Zeit). Nun kam ich in der mir ko- misch und sinnlos erscheinenden Rolle eines Flüchtlings. Aber wer flüchtete denn? Wovor? Es sah doch überall so friedlich, normal, völlig normal aus! Bis ich eines Tages aus dem Sanatorium nach draussen ge- rufen wurde: man fragte nach mir. Es war firh habe einen nicfit zu starken Zahlenaberglauben) der 3. 3. 33. Draussen stand, bis auf einpn Jungen, die ganze Familie. Oh, das war nun ein ganz anderes Bild. Mei- ne Frau, heftig erregt, erzählte von ärztlichen Dingen in Berlin, von der fürchterlichen Hetze, von dem, was sie im Zug gehört hatte. Die ""■»nze Familie wäre bedroht: sie könnten nicht bleiben. Nun sie war da. Es erschreckte mich, dert 3. 3. 33. Es machte mich bedenklich. Aber ich kam darüber hinweg; ich hatte mich mit anderen Dineen zu beschäf- tigen, zum Beisniel mit dem Studium eier provssorischen Unterkunft, mit Soazierengehen. Gesprächen. Planen. War ich nun letzt draussen, oder wartete ich bloss? Ich wusste es nicht. Bs machte mir ai,r,h nicht viel aus. Meine Frau sah die reale Si- tuation, sie wusste, dass sie von ihrer Häuslichkeit Abschied genommen hatte, dass die Kinder aus allem he- rausgerissen wurden. der Berg der Sorgen, die Wclve der Unsicherheit .— sie weinte viel —: dagegen ich (was konnte ich gegen mich machen) hochgestimmt. Ja, hochgestimmt. Wodurch? Mich begleitete in jenen Monaten das Wort aus dem „Tau- cher": „Doch es war ihm zum Heil, es riss ihn nach oben". Was war mir zum Heil? Ach, es war alles, nicht nur politisch, auch geistig unerträglich in Deutschland geworden. Es war, als ob der poli- tische Wirrwarr, die Stagnation das geistige Leben erfasste und es lähmte. Auf meinem Platz ran» ich dagegen. Zuletzt, Ende 32, hatte sich in mir ein Bild festgesetzt, das ich nicht los wurde: ein uralter, verschimmelter Gott verlässt, eetner kompletten Ver- wesung nahe, seKNfo WvdMtHA M Himmel und fliegt, um sich zu er- neuern und seine alten Sünden ab- zubüssen, auf die Erde zu den Men- schen hernieder, er erst Gott und Herrscher, jetzt Mensch wie alle. Es war die Ahnung und Vorwegnahme des Exils. Ja, des Exils, die Ablösung und Isolierung, das Heraus aus der tiacKgasse, tueser Sturz und das Sin- ken schien mir „zum Heil" zu sein. In mir sang es: „Es reisst mich nach oben." Ich konnte mich nicht dage- gen wehren. Ich war in einer einzi- gen gehobenen Stimmung (die auch auf das Buch, das ich das ganze Jahr über schrieb, übergriff). So trat ich das Exil an. SD — erging es mir, „als ich Abschied nahm." ALS ICH WIEDERKAM Uni als ich wiederkam, da — kam ich nicht wieder. Es gibt einen schö- nen amerikanischen Roman mit dem Titel: „Du kannst nicht nach Hause zurück." Warum kann man nicht? Du bist nicht mehr der, der wegging, und du findest das Haus nicht mehr, dass du verliessest. Man weiss es nicht, wenn man weggeht; man ahnt es, wenn man sich a/uf den Rück- weg macht, und man erfährt es bei der Annäherung, beim Betreten des Hauses. Dann weiss man alles, und siehe da: noch nicht alles. Ein mächtiger Ozeandampfer, der sum Truppen transportschiff umge- wandelt war, trug un.=-\ die -• - , n zusammengeschmolzene Familie, An- fang Oktober 1945 von Amerika na i Europa zurück, von der neuen Welt in die alte Welt. Sechs waren wir, als wir 1933 Nazideutschland verliessen. Ein Sohn war nun Amerikaner geworden und blieb drüben — einer hatte uns nicht folgen können, als wir 1940 nach Amerika gingen, und sass nun in Nizza jung verheiratet — und ei- ner konnte uns nicht folgen, die wir immer an ihn dachten uv I nicht wussten, wo er bloss blieb und warum er nicht schrieb: er lag seit dem 21, Juni im Soldatengrab in den Vogescn. Vor dem Feind, dem Nazi, gefallen, unser Wolf gang; ein begnadeter Ma- thematiker, die Herzensfreude sei. ner Mutter. Als wir Europa verliessen, im Ok- tober 1940, da war das letzte von Europa das Lichterstrahlen Lissabons. Nachts fuhren wir aus, nachts ka- men wir nun wieder an. Das gewal- tige schwarze Schiff hielt an dem künstlichen Pier von Le Havre (der alte Pier war zerstört). Und dies war das erste, was ich von Europa sah, vom Schiffsdeck aus: Unten, in der Finsternis, fuhr ein Wagen mit einem starken Schein- werfer an. Er warf ein blendendes Licht auf die untere Partie unseres Schiffes.. An die offene Tür des La- deraums wurde eine breite Leiter ge- legt. Und nun kroch, im Lichtkegel des Scheinwerfers, eine Anzahl Män- ner, alle gleich gekleidet, die Treppe hinauf. Sie sahen von oben wie Gno- 8ie aus. Sie verschwanden im Hauch 0 AI ÄNDERE DEUTSCHLAND 7 schleppten Kisten und Kästen, klet- terten damit, immer zwei nebenein- ander, die Treppe herunter, setzten ihre Last ab, und begannen wieder den Weg. Es war ganz maschinell, wie eine Theateraufführung insze- niert; man hörte oben kein Geräusch. Das — waren Deutsche, Kriegsge- fangene. So sah ich sie wieder. Ich hing fasziniert an dem Bild. Als wir ausstiegen, standen sie in einem Haufen beieinander. Sie be- trachteten uns Wanderer von jenseits des Ozeans, stumm, ohne Ausdruck. Die Leut" gingen an ihnen vorüber, als wären sie nichts. Das war die erste, die furchtbare, niederdrük- kende Begegnung. Der unheimliche Eindruck (die Geschlagenen, die Ge- straften, der Krieg) verliess mich auch nicht währerd meines Aufent- haltes in Paris. Ich sah das arme, leidende Paris, das sich abends nicht gegen die Finsternis wehrte und froh war, wenn es seinen Schmerz in der Nacht verbarg. Dann brach ich auf, nach Norden, nach Deutschland. Ich fuhr allein, wieder allein, wie bei der unbekümmerten A-tsrei<-e 1933 Was ich dachte, was ich fühlte, als ich die Nacht über fuhr und man sich der Grenze näherte? Ich war oft wach und prüfte. Aber da mel- dete sich kein ursprüngliches Gefühl. Es meldete sich allerhand, aber nichts von früher. Ich bin nicht mehr der. der wegging. Ja, leicht und froh flog ich damals aus meinem Haus. Es war wie eine Befreiung von einer erstickenden Atmosphäre. Das Schicksal hatte mir das zugeworfen. Ich triumphierte: „Es war mir zum Heil, es riss mich nach oben". In der ..Babylonischen Wanderung" lacht der entthronte Gott, nimmt mit Hochgenuss die als Strafe gedachte Veränderung auf sich und seht Ungebrochen, eine einzige Heiterkeit und Lebensfreude, seines Weses, Dieser Gott war ich — nicht. Ich erfuhr es langsam, teils allmählich, teils ruckweise. Las ich nicht in einem Artikel ei- nps literarischen Heimkriegers das Wort von den „Fauteuils und Pol- stersesseln" der Emigration? Es wird viel gedruckt, es könnte noch mehr gedruckt werden, die Ahnungslosig- keit hat ja keine Grenze. Zu fliehen von Land zu Land — alles verlieren was man gelernt hat,wovon man sich ernährte, abermals fliehen und jahrelang als Bettler leben, während man noch kräftig ist, aber eben im Exil lebt — so sah mein Fauteuil und Polstersessel aus, und so der vieler, die hinausgingen. Man schrieb und arbeitete wie nie, in seinen vier Wänden, und war nicht nur zur völligen Stummheit verurteilt, ent. mündigt, sondern noch mehr: de- gradiert, weniger als ein Analphabet des Landes, der sich wenigstens mit seinen Nachbarn unterhalten kann. Es s:ab Emiäraticns°ewinnler: gewiss, sie brachten es zu etwas in den frem- den Ländern, die nicht das richtige Mass für de besassn. Wieviel waren es? Die meisten waren froh, wenn eie heil über den Monatsersten oder fünfzehnten hinwegglitten. Kauf- leute, Maler, Musiker hatten es leich» ter (mit Nivausenkung), Frauen, un- beschwert, entwickelten sich dann und wann vorzüglich. Aber wir, die sich mit Haut und Haaren der Spra- che verschrieben hatten, was war mit uns? Mit denen, die ihre Sprache nicht loslassen wollten und konnten, weil sie wussten, dass Sprache nicht Sprache war, sondern Denken, Fühlen und vieles andere. Sich davon ablösen: Das heisst mehr, als sich die Haut abziehen, das heisst sich ausweiden, Selbsmord begehen. So blieb man, wie man war — und war, obwohl man vgetierte, ass, trank und lachte, ein lebender Leichnam. Nun fahre ich, geographisch zu- rück. Am Bahnhofsplatz in Strass. bürg sehe ich Ruinen, wie im Inland: Ruinen, das Symbol der Zeit. Und da der Rhein. Was taucht in mir auf? Ich hatte für ihn geschwärmt, er war ein Wort voller Inhalt. Mir fällt Krieg und strategische Grenze ein, nur Bitteres. Da liegt wie ein gefällter Elefant die zerbrochene Eisenbahn- brücke im Wasser. Ich denke an die Niagarafälle, die ich zuletzt drüben, dahinten in dem verschwundenen grossen, weiten Amerika sah, die bei- spiellos sich hinwälzenden Flutmassen. Sti". allein im Kupee, fahre ich über den Strom. Und dies i-'- Deutschland. Ich greife nach einer Zeitung neben mir: Wann betrat ich das Land wieder nach je- nem fatalem 3. 3. ""? Welches Datum? ( Ich habe etwas mit Zahlen.) Be- troffen lasse ich das Blatt sinken, be- trachte die Zahl noch einmal: der neunte November. Es ist das Revo- lutionsdatum von 1918. Datum eines Zusammenbruchs, einer verpfuschten Revolution — vm diese Zeit fuhr ich 1918 auch von Frankreich nach Deut- schland hinein — und das Datum hat mich nicht losgelassen: um den „No- vember 1918" habe ich in den letzten Exil jähren vier nomanbände geschrie- ben. Wird alles wieder so kläglich wie damals verlaufen, soll und , muss es diesmal eine Erneuerung, eine wirk- liche geben? Die Glocke „9. November" hat angeschlagen, ich fahre in das Land, in dem ich mein Leben zu- brachte und aus dem ich hinausging, aus seiner Stickluft floh, in dem Ge- fühl: es wird mir zum Heil. Und da liegt das Land, das ich liess , und mir kommt vor, als ob ich in meine Ver- gangenheit blickte. Das Land hat erduldet, wovon ich mich losreissen konnte. Jetzt ist es deutlich geworden: ein Moloch ist hier gewachsen, man hat ihn gesoürt, er hat sich hochmü- tig gespreizt, gewütet, gewüstet — und da sieht man, was er hinterlassen hat. Sie haben ihn mit Keulen erschlagen müssen. Du siehst die Felder, wohlausge- richtet, ein ordentliches Land. Man ist fleissig, man war es immer. Sie haben die Wiesen gsäubert, die We- ge glattgezogen. Der deutsche Wald, so viel besungen! Die Bäume stehen kahl, einige tragen noch ihr buntes Herbstlaub. (Seht Euch, das an, ihr Kalifornier, ihr tri-umtet von diesen Buchen und Kastanien unter den wunderbaren Palmen am Ozean. Wie ist es euch? Da steen sie.) Hier wird es deutlicher: Trümmer- haufen, Löcher, Granat- oder Bom. benkrater. Da hinten Reste von Häu- sern, dann wieder Obstbäume, kahl, mit Stützen. Ein Holzschneidewerk in- takt; die Häuser daneben zerstört. Auf dem Feld stehen Kinderchen und winken dem Zug zu. Der Himmel be- zieht -ich. Wir fahren an Gruppen zerbrochener und verbrannter Wagen, verbogenen und zerknitterten Gehäu- sen vorbei. Drüben erscheint eine dunkle Linie, das sind Berge, der Schwarzwald, wir fahren weit entfernt von ihm an seinem Fusse hin. Dort liegen in sauberen Haufen blauweisse Knollen beieinander, ausgezogene Rü- ben. Dieser Ort heisst „Achern". Da stehen unberührt Fabriken mit vie- len Schornsteigen, aber keiner raucht. Es macht alles einen trüben, toten Eindruck. Hier ist etwas geschehen, aber jetzt ist es vorbei. Schmucke Häuschen mit roten Schindeldächern. Der Dampf der Lokomotive bildet vor meinem Fenster weisse Ballen, die sich in Flocken auflösen und verwehen. Wir fahren durch einen Ort „Otters- weiler", ich lese auf einem Blech- schild „Kaisers Brust Karamellen", friedliche Zeiten, in dpw*c man et> was gegen den Husten uat. Nun grosse Häuser, die ersten Mensch »n- gruppen, ein Trupp französischer Soldaten, eine Trikolore weht. Ich lese „Steinbach, Baden", „Sinzheim", „Baden-Oos. Der Bahnhof ist fürch- terlich zugerichtet; viele steigen um: Baden-Beden: ich bin am Ziel. Am Ziel; an welchem Ziel? Ich wandere mit meinem Koffer durch ane deutsch Strasse (Angstträume während des Exils: ich bin durch ei- nen Zauber auf diesen Boden ver. setzt, ich sehe Nazis, sie kommen auf mich zu, fragen mich aus). Ich fahre zusammen: man spricht neben mir deutsch. Dass man auf der Strasse deutsch spricht! Ich sehe nicht die Strassen und Menschen, wie ich sie früher, vorher sah; auf allen liegt eine Wolke, was geschehen ist, und was ich mit mir trage: die düstere Pein der zwölf Jahre. Flucht nach Flucht. Manchmal schaudert's mich, manchmal muss ich wegblicken und bin bitter. ' Dann sehe ich ihr Elend und sehe, sie haben noch nicht erfahren, was wir erfahren haben. Es ist schwer. Ich möchte helfen. TOTENLISTE Robert Groetisch, früher Redaketur la Dresden. Verfasser eines Wallisch-Dramas, aus dem bei einer Maifeier des Vorwärts eine Szene aufgeführt wurde, und gelegent- licher Mitarbeiter des A. D., ist in New York gestorben. Karl BSehel, früher leitender Redakteur der Chemnitzer Volksstimme und M.d.B., starb in Oslo. Blee Nlviera, Thüringische Landtagsabge- ordnete und spater rrauensekretirin des Deutschen Textilarbelterverbandee in Berlia» t*a bei einem Luftangriff auf die Owen- Werke uai Leben. DAS ANDERE DEUTSCHLAND ZUR BILANZ DES KRIEGES Jede ordentliche ■ Geschäftsfüh- rung braucht eine Bilanz, um über das im Geschäft erzielte Verhältnis von Aufwand und Gewinn Klar- heit zu haben. Auch über den 2. Weltkrieg muss man Bilanz ma- chen. Da die in ihm erzielten "Ge- winne'' entweder überhaupt nicht vorhanden oder doch so imaginärer Natur sind, dass man sie kaum in Zahlen fassen kann, muss man sich damit begnügen, zunächst einmal -die Passiv-Seite zu bearbeiten und die Gesamtsumme der Kriegsauf. Wendungen zu berechnen. Eigent- lich sollte man bei dieser Berech- nung davon ausgehen, wieviele Männer, Frauen and Kinder in di- rektem oder indirektem Zusam- menhange mit diesem Kriege ih- ren Tod fanden oder verstümmelt wurden, wieviele Frauen Witwen und wieviele Kinder Waisen wur- den. Diese Dinge interessieren un- sere Wirtschaftler aber nicht, und die Statistik ist nicht gewohnt, menschliches Leid zu. erfassen. Ei- ne weisere Wirtschaftswissenschaft als die unsere wird vielleicht spä- ter einmal wenigstens den Versuch machen, zu berechnen, welche Menge an Material und menschli- eher Arbeit in diesem Kriege auf- gewendet wurde, um eine andere zu berechnende Summe von Me~ terial und menschlicher Arbeit zu vernichten. Heute sind wir von diesem Standpunkt noch weit ent- fernt. Man kann noch nicht an- ders als mit Geld rechnen, und da man mit Zahlen arbeitet, so bezieht man diese am liebsten auf Wäh- rungseiheiten. So hat man ausge- rechnet, dass dieser letzte Krieg den beteiligten Staaten insgesamt Unkosten in Höhe von 643 Milliar- den Dollar verursacht hat, etwa das Vierfache der Kosten des 1. Welt- krieges. (Bei einer fiktiven Zahl von insgesamt 30 Millionen Getö- teter würde das besagen, dass die kriegführenden Staaten sich die Tötung eines Menschen die Klei- nigkeit von 21.299 Dollar kosten liessen.) So interessant diese Zahl ist, und so mühevoll ihre Berechnung ge- wesen sein mag, so gering ist doch ihr Wert für eine wirkliche wirt- schafts-politische Beurteilung des Krieges. Dazu wäre nämlich min- destens noch eine zweite Frage zu beantworten. Wenn die Summe yon 643 Milliarden von den Staa- ts »asgegebej! wurde, so muss sie von G. Maiwald > Bolivien auch von einer anderen Seite wie- der eingnommen worden sein. Wie setzt sich nun diese andere Seite zusammen, und wie verteilen sich die 643 Milliarden auf die verschie- denen Gruppen, die sie bilden? Ei- ne solche Rechnung wäre des Schweisses der besten Wirtschafts- mathematiker wert. Eine ähnlich wichtige —und vielleicht leichter zu beantwortende— Frage ist: Wer streckte den kriegführenden Staaten jene Miliarden vor? Denn keiner von ihnen besass bei Aus- bruch des Krieges genügende Geld- reserven, um die Kriegskosten aus diesen zu bestreiten. Es ist schlechterdings unmöglich, sich ein Vorstellung davon zu ma- chen, wie das Resultat einer sol- chen Rechnung ausfallen würde. Aber die soziologischen Erkennt- nisse, die daraus erwachsen wür- den, kann man einigermassen vor- aussehen. Freilich muss man da- bei den Begriff "Geld'' auf die Funktion zurückführen, die ihm wirklich zukommt. Heute kann Geld nicht mehr durch eine be- stimmte Menge von Edelmetall ausgedrückt werden, die bei einer Zahlung ihren. Besitzer wechselt. Die 5 Miliarden die Frankreich nach 1871 an den Sieger zu zah- len hatte, und die dieser zum Teil im Turm von Spandau einlagerte, waren noch eine ganz bestimmte Substanz. Heute ist eine solche "Barzahlung" eine ganz seltene Ausnahme. Der wirkliche Geld- transfer von einst ist fast völlig durch Buchungen in Kontobüchern ersetzt. Damit solche Eintragun- gen einen Wert haben, damit sie also mehr sind als blosse Zeichen, müssen sie den einen Partner zu gewissen Leistungen zugunsten des anderen verpflichten. Die Eintra- gungen stellen also immer Ver- pflichtungen des Zahlenden dar. Diese Verpflichtung des Schuld- ners bezieht sich entweder darauf, dem Gläubiger eine gewisse -Men- ge einer Geldsubstanz oder durch diese repräsentierter Waren aus- zuhändigen oder aber, falls dies nicht möglich ist, dem Gläubiger eine gewisse Macht über sich zu- zugestehen. In dieser Situation befinden sich die kapitalistischen Staaten nach dem Kriege. Auf der einen Seite sind sie verschuldet an jene Grup- pen, die die Anleihen aufbrachten« Wenn diese Gruppen gegen ihre Schuldner geschlossen auftreten, so können sie diese zu beträchtlichen Macht-Konzessionen zwingen. Nun bestehen aber die durch Kriegsan- leihen aufgebrachten Summen gar- nicht in wirklichem Geld sondern in Schuldverschreibungen (Bank- noten etc.) der Staaten. Wenn der Staat seine Lieferanten mit diesen Zahlungsmitteln bezahlt, so bezahlt er sie also garnicht wirklich, son- dern eigentlich nur mit Zahlungs- versprechungen. Bis zur Einlösung dieser Versprechung bleibt er ein Schuldner seiner Lieferanten. D. h. auch die Kriegslieferanten bil- den innerhalb des Staates eine Gruppe, die aus ihren unbezahlten Leistungen gewisse Machtansprü- che gegen den Staat ableiten und erzwingen können- Praktisch be- steht kein so klarer Unterschied zwischen Anleihegebern und Lie- feranten, zumal einerseits die Lie- feranten häufig gleichzeitig als An- leihegeber auftreten, anderseits die Banken sowohl an den Anleihen als auch an der Finanzierung der Lie- ferungen beteiligt sind. D,amit wird aber nur eine zahlenmässige Verkleinerung und damit eine grössere innere Geschlossenheit je- ner Gruppen ermöglicht, die ihre Machtansprüche gegen die ver- schuldeten Staaten anmelden. Jeder kapitalistische Staat geht also aus einem Krieg notwendiger- weise mit einem inneren Macht- verlust hervor. Ob es wohl mit dieser Tatsache zusammenhängt, dass nach den Kriegen die staatli- che Souveränität als der Inbegriff aller staatlichen Macht immer mit so besonders grossem Nachdruck betont zu werden pflegt? Und sind die Kämpfe um Preise, und Löhne, die wir heute beobachten, etwas anderes als Kämpfe gegen die Macht des Staates über die Wirt- schaft? Die Beobachtung dieser Vorgänge ermöglicht es uns, eine Vorstellung davon zu gewinnen, an wen die Staaten infolge der Kriegs- verschuldung ihre Macht verlieren, auch ohne dass wir wissen, wie und an wen die Milliarden der Kriegs- kosten ausgegeben wurden. Dar- über wird die Wirtschaftsstatistik wohl schweigen, denn diese Zu- sammenhänge aufzuklären liegt weder im Interesse der Staaten noch in dem jener Gruppen, die einn Machtzuwachs erzielten. DAS ANDERE DEUTSCHLAND RUSSISCHE DEMOKRATIE ,,Es gibt, unter 3er russisenen In- telligenz natürlich auch Kreise, die Anhänger der westlichen Form der Demokratie sind. Noch grösser sind die Kreise in der intel lek.uellen russischen Emigration. Doch abgesehen von allen theo- retischen Gegensätzen gibt es eine russische Auffassung über De- mokratie, die nicht nur im Verstand begründet ist, sondern auch in einem jahrhundertelang ausgebildeten Ge„ fühlsieben. Wehn wir ein oft miss. brauchtes Wort gebrauchen wollen, so kennt der Russe gefühlsmässig nur die Form einer „kollektiven" Demo, kratie. Seit Jahrhunderten ist das heiligste für den Bauern die eigen, artige, alte Bauerngemeinde — der ,,Mir". Diese Bauerngemeinde ist ab- solut. Gesetzlich war sie nie anerkannt und doch ein ganz realer Faktor. Der Gegensatz zum Zarismus bestand vor allem darin, dass der kaiserliche Staat den ..Mir" nicht anerkannte. Im Le_ ben des russischen Bauern geht und ging alles auf diese Gemeinschaft zu. rück. Gegen den ..Mir" kann man nicht gehen, sagt ein russisches Sprichwort. In den Augen des russi. sehen Bauern war schon immer eine Opposition gegen einen meist ein_ stimmigen Beschluss des ,,Mir" ein todeswürdiges Verbrechen. Der Be- schluss der ,,Mir,Gemeinde" ist ab. solut heilte. Immer wieder waren die Angeklagten vor ein Gericht, wenn sie einen Pferdedieb gelyncht hatten und zur Verantwortung gezogen wur. den, im höchsten Grade erstaunt. "Der ganze "Mir'' hat das doch be- schlossen", und sie hielten die gefäll- ten Urteile daher für ungerecht. Alle Bauern hielten die Verurteilten nicht für Verbrecher, sondern für schuld, los und unglücklich, Menschen, die für den "Mir" leiden. Noch starffer ist die kollektive Zusammengehörig- keit in der ältesten Form der russi. sehen Genossenschaft, dem ,,Artjel!< ausgeprägt-. Man tritt in die Artje! freiwillig ein, ob es nun für die Zwecke der Jagd, für die Zwecke der Ausü bung eines Handwerkes sei, um sich gruppenweise auf Bauarbeiten zu ver. dingen, oder zu sonst einer wirtschaft, liehen Tätigkeit. Man folgt blind und ohne Widerspruch dem gewählten Oberhaupt. Eine Opposition gegen die- se Genossenschaft ist ebensowenig möglich, wie eine Opposition der Ko. saken im früheren Jahrhundert ge_ gen ihren gewählten Hauptmann, so- lange der Krieg dauerte. Diese Form kollektiver Demokratie hat sich in Russland auf die modernen Formen der Berufsverbände und der Berufs- korporationen weiter vererbt. Man muss daher bei einer etwaigen Ent_ Wicklung zur Demokratisierung der Sowjetunion keinesfalls mit einer Auflösung1 des politischen Zwanges gleich bis zum Individualismus rech. Äen. Auch nicht in einem nur lang- samen Prozess. Wenn eine Opposi- tion Aussicht auf Erfolg haben will, wird sie nie den Grundsatz der indi- viduellen Freiheit, sondern nur die grössere Unabhängigkeit der Bauern gemeinde, der Genossenschaft, der Kollektivwirtschaften vom Staate ver- langen. Die geistigen Bedürfnisse des russischen Menschen sind eben ganz andere wie in Westeuropa. In einer Diskussion sagte mir einmal ein sehr hoher, heute noch amtierender Bol- schewik, der lange im Ausland in der Emigration gelebt hatte: „Sie haben recht, die Pressefreiheit ist etwas sehr Schönes. Ich verstehe, dass Sie sie brauchen — unter uns gesagt — ich brauche sie auch. Nur giebt es leider ausser uns nür eine relativ sehr ge„ ringe Anzahl Menschen in Russland, welche wirklich die Pressefreiheit braucht und bereit ist, sie zu erkämpf- en". Die erdrückend grösste Zahl aller Bewohner der Sowjetunion braucht auch wirklich keine Pressefreiheit. Sie braucht nur eine Presse, die für sie interessant ist, und die auf ihre Tages, sorgen eingeht. Daher ist ein Kampf um die Pressefreiheit in der Sowjet- union irreal. Der Prozess einer Demo, kratisierung der Sowjetunion in euro- päischem Sinne Ist daher bestenfalls ein Prozess von Jahrzehnten, wenn nicht von Jahrhunderten. Natürlich, wenn der berühmte Paragraph 126 der Sowjetverfassung, der das politische Monopol der kommunistischen Partei bestätigt, aufgelöst würde, wenn es gestattet wäre, Parteien zu bilden, würden sich natürlich unzählige Par- teien sofort organisieren. Berufliche lokale, nationale und weltanschau^. lische Gegensätze kämen in diesen Organisationen zum Ausdruck. Doch es wäre wahrscheinlich eine Schein- aktivität, beschränkt auf einen sehr geringen Prozentsatz der Russen. Und was daraus entstehen würde, ist ganz unbekannt. ..." ...... Im Laufe der Zeit der Ent_ Wicklung hat sich noch mehr verän- dert. Früher herrschte in der Partei der sogenannte demokratische Zen- tralismus. Von unten herauf wurden die Beschlüsse gefasst, und wenn dies nach eingehender und oft stürmischer Diskussion geschehen war, dann hatte sich die Minderheit ihm zu fügen und den Beschluss diszipliniert durchzu. surren. Das ist seit langem anders >ze. worden. Heute wird die Politik von oben diktiert. Heute bildet die Partei den durch eine besondere Disziplin zusammengefassten Kern des Staat, liehen Verwaltungsapparates und des gesellschaftlichen Lebens. Im ihn herum gruppiert sich die Klasse der Funktionäre. In diesem Sinne muss man auch die Wahlen in den-Ober- sten Sowjet verstehen. Wohl ist die Wahl direkt und geheim. Doch es wird nur eine Liste aufgesellt, aus- schliesslich von der regierenden Par. tei. Sie versucht, als Kandidaten be . sonders populäre Persönlichkeiten auszuwählen. Die Liste besteht auch nicht nur aus Parteimitgliedern. Die Parteimitglieder bilden nur die Mehr- heit. Sie heisst ,.offizielle Liste des Blockes der Kommunisten und der Parteilosen". ... (Nicolaus Basseches in der ,,Züricher Weltwoche" 4. I. 1946 Dis totgeschwiegenen Helden der Division 999 ANTIFASCHISTEN" IN KRIEGS- GEFANGENSCHAFT, RECHBRG IN FREIHEIT Seit wir in der vorigen Nummer be- richteten, dass der bayrische Minis- terpräsident Wilhelm Högner (SPD) die Forderung erhob, dass die deut- schen Antifaschisten unter den Kriegsgefangenen freigelassen und Statt dessen die noch frei in Deutsch- land herumlaufenden Nazis wie der 3rossindustrielle Rechberg zur Wie- leraufba-uarbeit in die Gefangenschalt geschickt werden sollten, ist von nassgebender alliierter Stelle keine Antwort erfolgt. Es sind aber inzwi- schen aus Griechenland und Aegyp- ten neue Tatsachen bekannt geworden, die die Dringlichkeit des Högnerschen Antrags unterstreichen. In ägyptischen Kriegsgefangenen- lagern befinden sich mehrere tausend antinazistische Kriegsgefangene aus der früheren Division 999. Unter ih- nen gibt es annähernd 500 frühere Funktionäre der sozialdemokratischen und der kommunistischen Partei Deutschlands, bürgerlich-demokrati- scher Parteien und verschiedener de- mokratischer Organisationen. Von dem Leidensweg dieser deutschen Antifa- schisten, die seit vielen Jahren ohne Nachricht von ihren Angehörigen sind, wollen wir hier berichten. Seit Ende 1942 wurden in Deutsch- land frühere politische Gefangene, die zum Teil .bereits aus der Haft ent- lassen waren, zum Teil unmittelbar aus den Zuchthäusern und den Kon- zentrationslagern geholt wurden, trotz „Wehrunwürdigkeit" zum Kriegs- dienst eingezogen. Der Zweck dieser Massnahme war, diese für den Hit- lerfaschismus gefährlichen Elemente aus der Heimat zu entfernen, denn es handelte sich meist um qualifizierte Arbeiter, die in den Rüstungsbetrie- ben m Führern der Wiederstandsbe- wegung werden konnten- Sie wurden einberufen. jedoch weiterhin als ..wehrunwürdig" betrachtet. Der grösste Teil wurde unter Aufsicht na- zistischer Offiziere und Unteroffiziere gestellt, und „bedingt wehrwürdiger" d.h. krimineller Elemente aus den Ge- fängnissen und Zuchthäusern. Es wurden etwa 35 Bewährungsbataillone gebildet. Ein Teil dieser ,,wehrunwür- digen" Soldaten wurde in den Afri- ka-Schützen-Regimentern 961 und 962 zusammengefasst und in Tunis eingesetzt. Bei der ersten Gelegenheit gingen sie zu den Amerikanern über. Einige Bataillone, das 14 , 15. und 17.. die an die Ostfront gesandt worden waren, wurden bald von allen politi- schen Gefangenen gesäubert, die man nach Deutschland zurückschickte. Nach dem Ende des Afrikafeldzuges erhielten alle Bewährungsbataillone die Nummer 999 und wurden nach Griechenland verschickt. Die Gestapo SO DAS ÄNDERE DlüTSCHl AND hoffte, dass die Sprachschwierigkei- ten eine Verständigung der Antifa- schistischen Soldaten mit der griechi- schen Bevölkerung unmöglich machen würden. Aber es gelang den deut- schen Antifaschisten in Griechenland Verbindung zu der Befreiungsbewe- gung und ihren Partisanen herzustel- len. Vom Sommer 1943 an arbeiteten Gruppen dieser deutschen antifaschis- tischen Soldaten überall gegen die Ge- heime Feldpolizei und für die Befrei- ung Griechenlands. Diese Mitkämpfer der Partisaneneinheiten wurden nach der Besetzung Griechenlands durch englische Truppen im Oktober 1944 als Kriegsgefangene behandelt. Ein anderer Teil der Division 999, der auf der Insel Rhodos unter stren- ger Bewachung stand, hatte in' ille- galer Zirkelarbeit sich mit der Vorbe- reitung eines Aufstandes gegen die Nazis beschäftigt und kam ebenfalls bei der Kapitulation in englische Kriegsgefangenschaft. Diese politischen Gefangenen hat- ten sich als gezwungene Soldaten Hit- lers immer als Verbündete der Ver- einten Nationen gefühlt und betätigt und dabei in der Truppe, wie vorher als Zivilisten, Leben und Familie für die demokratische Sache aufs Spiel gesetzt. Sie konnten und können daher nicht verstehen, dass sie auch nach dem Ende der Feindseligkeiten wei- ter als Gefangene behandelt und nicht dem demokratischen Aufbau in Deutschland zugeführt werden. In den Lagern haben sie überall versucht, trotzdem ihnen dies nicht immer leicht gemacht wurde, durch systematische Bildungsarbeit andere Gefangene zu demokratischen Auf- fassungen zu erziehen und sich selbst auf ihre künftigen Aufgaben in Deutschland vorzubereiten. Diese ge- meinsame Not in Haft und Armee hat unter ihnen die politischen Gegen- sätze zurücktreten lassen und alle Gruppen zu einem festen Block gegen Faschismus und Militarismus zusam- mengeschmiedet. Die Ueberführung dieser Antifaschisten nach Deutsch- land würde dem demokratischen Auf- bau bewährte Kräfte zuführen und einen Leidensweg beenden, wie er tra- gischer nicht gedacht werden kann. ARBEITERBEWEGUNG exglanu Die Unabhängige Sozialistische Ar- beiterpartei hat auf ihrem Kongress eine Resolution angenommen, die den Abzug der britischen Truppen aus Deutschland und die "Vereinig, ten Sozialistischen Staaten Europas" fordert. Ferner wurde die Vernich- tung der deutschen Industrie verur, teilt. Die Unabhängigen Sozialisten in England haben stets eine aufrechte, von marxistischen Grundsätzen gelei. tete Politik betrieben. Leider war ihr Einfluss auf die Arbeitermassen bis- her recht begrenzt. Hoffentlich wachsen ihre Chancen, wenn die Ar- beiterregierung ihre bisherige kon- servativ-imperialistische Aussenpoli- tik fortsetzt. Ebenso hat die Commonwealth, Partei den Europäischen Staaten, burud gefordert und sich gegen wirt- schaftliche Ausplünderung und An- nexionen Deutschlands gewendet, da Europa nur gesunden könne, wenn Deutschland gesunde. Ferner ver- langt die Commonwealth-Partei die Herstellung guter Beziehungen zur Sowjetunion und die Entlassung der reaktionären Beamten, die dieser Po, litilc im Wege stehen. PALAESTIXA Die jüdischen und arabischen Ei. senbahner konntenz durch ihren ge- meinsamen Streik den ganzen Eiser- bahnverkehr stillegen. NEUSEELAND Die Arbeiterregierung hat die Kon- trolle der Banken und der Elektrizi- tätsbewirtschaftung durchgeführt. — Die Arbeitszeit ist auf 40 Wochen, stunden an 5 Ta^en beschränkt wor- den. — Die Hausbesitzer werden zu angemessener Instandsetzung der Wohnungen verpflichtet. — Mindest- löhne für Männer und Frauen sind festgesetzt. — Die Sozialversicherung wurde verbessert und erweitert. ITALIEN Nach erregten Diskussionen hat der Kongress der Sozialistischen Partei mit einem Kompromiss geendet. Die bisherige Linie der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei wurde gutgeheissen. Eine organisa- torische Vereinigung der Parteien aber findet nicht statt. — • Vorher hatte Togliati auf dem Kongress der Kommunistischen Partei erklärt, dass die Kommunisten nicht die Absicht hätten, die Einheitspartei zu forzie- ren. SVEDAMERIKA Die Presse hatte gemeldet, dass zu dem zur Zeit in Santiago stattfinden- den südamerikanischen Sozialisten, Kongress auch die argentinischen Laboristen von den Chilenen einge- laden seien. Ein scharfer Protest der "Vanguardia" und eine Anfrage der argentinischen Partei bei der chileni- schen hat dann zu der Antwort ge- führt. dass die chilenischen Vertreter in Buenos Aires nur unverbindliche Besprechungen mit den Laboristen gehabt hätten. Die Union deutscher Sozialisten in der Schweiz hat, wie uns geschrieben wird, ihren Austritt aus der Organi- sation "Demokratisches Deutsch- land" erklärt, die unter dem Einfluss des früheren Reichskanzlers Wirth steht. Grund: Intriguen und reaktio, riäre Tendenzen der "Christlichen Demokraten". die, wie es in dem Brief heisst, sich "immer mehr zur Auffangstellung der Reaktion ent- wickeln." Läbour Party und SPD: Die Parla- mentsfraktion der Labour Party be- schloss, die Exekutive aufzufordern, die deutsche Sozialdemokratie in ih- rer Forderung nach völliger Orsani- sations- und Propaganda-Freiheit zu unterstützen. Ein Reuter-Telesrramm erklärt dazu: "Dies ist ein Wende-* nunkt in der Entwicklung der Poli- tik der Labour Party gegenüber der deutschen Sozialdemokratie. Es ist seit, dem Kriege die erste narteioffi- 7.ielle Anerkennung der Notwendig- keit. gleichgesinnte Bewegungen in Deutschland zu unterstützen. Es wird angenommen. da" die«" TTnf-<"*ctiU- zug verschiedene Formen annehmen wird: Forderuns gleicher Wirkung«- Möglichkeiten für die Berliner SPD, die sich gesren eine Fusion ausgespro- chen hat; Beschleunigung einer kon- struktiven Politik wirtschaftlicher Re- form und sozialer Gerechtigkeit in der Britischen Zone und engere Verbin- dung mit den Sozalidemokraten der westlichen Zonen. Es erscheint mög- lich. dass einige dieser führenden So- zialdemokraten bald nach London zu einer Besprechung eingeladen werden. Gegen die reaktionäern Tendenzen der Christlichen Demokraten Auf einer Versammlung in Ahlfeld, wandte sich Dr. Schumacher scharf gegen die Verteidigung des Besitzes unter dem Banner der Kirche. Er sagte, dass schätzungsweise heute in Deutschland 35 ojo der Bevölkerung immer noch alles haben, 25 oo haben noch etwas und 40 o'o haben über- haupt nichts mehr. Die schweren La- sten des Zusammenbruchs müssen gleichmässig auf alle Schichten der Bevölkerung verteilt werden. Der Wahlausgang in Süddeutschland ge- be der CDU kein Recht, die politi- sche Führung des deutschen Volkes zu beanspruchen. In einer Versammlung in Fuhls- büttel wandte sich Karl Meitmann. der Vorsitzende der Hamburger SPD ebenfalls gegen die reaktionären Ten- denzen der CDU. Weltgewerkschaftsbund und Deutsche Gewerkschaften Der "Weser Kurier" schreibt am 20. Februar über die Nichtzulassung der deutschen Gewerkschaften : "Den Gewerkschaftlern der allier- ten Ländern ist sicher bekannt, dass heute überall in Deutschland an der Spitze der neugegründeten Gewerk- schaften Funktionäre stehen, die ent- weder durch jahrelange Haft und Folter in KZ's oder durch ihre illega- le Arbeit unter dem Hitlerregime ihre antinazistische Gesinnung und Tätig- keit unter Beweis gestellt haben. El kpnn nicht im Interesse des WGB otfer die Arbeiterschaft überhaupt Ue- sen. wenn die Gewerkschafter d"r einzelnen Länder die Stellungnahme Hpr Regierungen einem anderen de gegenüber schematisch auch auf Hie internationalen Beziehungen der Gewerkschaften anwenden. Die Ar- beiterbewegung aller Länder kommt dadurch in Nachteil gegenüber ande- ren Internationalen. Die katholische und protestantische Kirche hat ihren Bruderkirchen in Deutschland nicht solche Bedingungen gestellt, trotzdem deren Stellungnahme nicht eindeutig Gewesen ist. Im Gegenteil, die herz- lichsten Beziehungen sind sofort wie- der hergestellt worden. Die Weltgewerkschafter können da- von sehr viel lernen". DAS ANDERE DBUTf CHI AND 11 Aus der deutschen Arbeiterbewegung Gewerkschaftskonferenz in der britischen Zone - Auf der vor einigen Tagen stattge- fundenen Gewerkschaftskonferenz in Hannover, wurde beschlossen, die Ge- werkschaften gemäss den Erforder- nissen der deutschen Arbeiterschaft aufzubauen. Die Gewerkschaften müssen dieselben Rechte haben wie die Handsl- und Wirtschaftskammern, und ein neues Arbeitsrecht und Be- triebrätegesetz muss geschaffen wer- den. Es wurde vorgeschlagen, auf Grund der neuen Lebensmittelkür- zungen auch die Arbeitszeit zu ver- kürzen. Krupp-Arbeiter gegen Rückschritt im Betriebsrätegesetz 150 Betriebsvertreter der Krupp- werke lehnten den vom arbeitsrecht- lichen Ausschuss beim Oberpräsiden- ten der Nördlichen Rheinprovinz vor- bereiteten Entwurf eines neuen Be- triebsrätegesetzes ab, da es einen Rückschritt gegenüber dem alten Ge- setz bedeuten würde. Sie verlangten, dass ein neues Betriebsrätegesetz in Zusammenarbeit mit den Gewerk- schaften und den Betriebsräten selber ausgearbeitet werden soll. I Die deutschen Gewerkschaften wünschen die Rückkehr Hans Gottfurcht, der Vorsitzende der Deutschen Gewerkschaftler in England, berichtet über seine Erfah- rungen in Deutschland: Die bisherigen Unterhaltungen über die Repatriierung von Kollegen und Freunden haben ergeben, dass 1.) grosse Bereitschaft besteht, emi- grierte Kollegen Wieder aufzunehmen und sie angemessen unterzubringen, 2.) sich dies auch insbesondere auf Kollegen bezieht, die in ihre ur- sprüngliche Heimat nicht zurückkeh- ren können oder wollen. 3.) Es wurde mit Recht geltend ge- macht, dass der Stand des Gewerk - schfatsaufbaus, die räumlichen und sonstigen Arbeitsbedingungen etc. es unmöglich machen, aus der Ferne endgültige Garantien zu übernehmen oder gar schon genau zu sagen, in welchen Funktionen der einzelne ver- wendet werden kann. Dass für Jeden mehr Funktionen verfügbar sind, als ein Mensch zu leisten vermag, bedarf keiner Erwähnung. Kollege Gottfurcht hat entspre- chend seinem Auftrag die Listen durchgesprochen. Das Ergebnis seiner Unterhaltungen in Hannover, Bre- men, Hamburg, Nordrheinprovinz und Ruhrgebiet liegen in grossen Zügen vor, die Ergebnisse der weiteren Be- sprechungen werden am Monatsende vorliegen. II. Aufruf zur Rückkehr in die russische Zone Wegen ihrer demokratischen Ge- sinnung oder wegen ihrer Rassenzu- gehörigkeit haben zahllose deutsche Männer und Frauen vor dem Hitler- Frankfurter Jungsozialisten-Konferenz Am 9. und 10. März fand in Frank- furt die erste Jungsozialisten-Konfe- renz statt, an der 500 junge Soziali- sten aus Gross-Hessen teilnahmen. Nach der Begrüßungsansprache von Wilhelm Knothe, wurden die Proble- me der deutschen Jugend diskutiert. Der Konferenz wohnten junge fran- zösische Sozialisten bei. Begrüssungs- schreiben wurden an die britischen, die französischen und die schweizer jungen Sozialisten gesandt. Zur Frage der Einheit liegen uns folgende neue Nachrichten vor : Am 22. April erfolgte in der Berli- ner Oper die Verschmelzung der so- zialdemokratischen und kommunisti- schen Partei der russischen Zone. Die beiden Vorsitzenden Grotewohl und Pieck, sprachen zur Versammlung. Sie sprachen sich für die Einheit und die demokratisch-sozialistische Entwick- lung Deutschlands aus. Grotewohl forderte erhöhten Export, damit das deutsche Volk Lebensmöglichkeiten habe. Der Saal war mit roten Fahnen — schwarz-weiss-rot, für das der Vorsit- zende des Mexiko-Komitees, Paul Mer- ker, so warm eintrat, ist samt dem Deutschen Offiziersaussehuss aufgege- terror ins Ausland fliehen müssen. Ihre baldige Rückkehr in die Heimat wird von dem Gemeinsamen Aus- schuss der antifaschistisch-demokra- tischen Parteien Deutschlands für wünschenswert erachtet, um sie mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten am Neuaufbau des Landes und an der demokratischen Neugeburt des deut- schen Volkes teilnehmen zu lassen. Mit Genugtuung trifft er die Feststel- lung, das die bereits aus alliierten oder neutralen Ländern zurückgekhr- ten Gesinnungsgenossen der vier Par- teien sich trotz aller Schwierigkeiten mit Erfolg in die aufbauwilligen Kräfte eingereiht und sich in der Mit- arbeit für die Gestaltung eines neuen demokratischen Vaterlandes bewährt haben. Der gemeinsame Ausschuss ist da. her der Meinung, dass alles nur Mög. liehe getan werden sollte, um den noch im Ausland weilenden deutschen Flüchtlingen die Rückkehr in die Heimat, wo ihre Kräfte dringend ge- braucht werden, zu erleichtern- Die vier antifaschistisch-demokra- tischen Parteien Deutschlands heissen alle diejenigen, die sich den Verfol- gungen durch Flucht ins Ausland ent- ziehen mussten, und die trotzdem ihre mit dem deutschen Schicks?! innere Verbundenheit nicht verloren haben, als Mitarbeiter am demokratischen Neuaufbau willkommen. Kommunistische Partei Deutsch- lands: W. Pieck; Sozialdemokratische Partei Deutschlands: O. Grotewohl; Christlich - Demokratische Union Deutschlands; J. Kaiser: Liberal-De- mokratische Partei Deutschlands: Dr. W. Külz. Berlin 9. März 1946. ben worden! —• und den Bildern von Marx, Engels und Bebel geschmückt. Der Gesang von "Brüder zur Sonne, zur Freiheit' und der Internationale beschloss die Kundgebung. In das Zentralkomitee der Einheits- partei wurden 40 Genossen gewählt, darunter 7 Sozialdemokraten und 7 Kommunisten aus der britischen Zone. Die Engländer wollen ihnen die Zu- gehörigkeit zu dem neuen Zentral- komitee untersagen. Am 7. April wählte eine sozialde- mokratische Konferenz der 20 Bezir- ke, die in der nichtrussischen Zone liegen, einen neuen Bezirksvorstand. Eine Konferenz von 2500 sozialde- mokratischen Funktionären in Ham- burg wendete sich einstimmig gegen die Einheitspartei. Die bayrischen Sozialdemokraten haben sich gegen die Einheitspartei erklärt. Hermann Brill und Gustav Dah- rendorf, der frühere Mitvorsitzende der SPD Berlin, haben die russische Zone aus Protest gegen die Ver- schmelzung verlassen. Am 9. bis 11. Mai soll ein sozialde- mokratischer Parteitag für das nicht von den Russen besetzte deutsche Ge- biet statfindetn, um zur Frage der Einheitspartei Stellung zu nehmen. Ein führender Jude über Deuschland Charles S. Zimmerman, Vize-Präsi- dent des Jewish Labour Committee in New York, hat nach einem dreimona- tigen Aufenthalt in Deutschland, die folgenden Erklärunger abgegeben: "Was ich gesehen habe, bestätigt mir die Ueberzeugung, dass eine wahre Gewerkschaftsbewegung die entschei- dende Kraft bei der Säuberung Deutschlands von den Nazis sein kann und bei der Wiederherstellung der De- mokratie. Es ist ausserordentlich be- dauernswert, dass die amerikanischen Besatzungsbehörden solange gebraucht haben, bis sie diese Tatsache einsa- hen. .. Ich freue mich, berichten zu können, dass ich viele alte, treue und erfahrene Gewerkschaftler wiederge- funden habe, die Verhaftungen und Konzentrationslager überlebt haben. Sie sind alle tatkräftig an der Arbeit, um eine demokratische Arbeiterbewe- gung wieder aufzubauen. Sie verdie- nen unsere ganze Unterstützung und Hilfe. Das Problem der Zukunft der deutschen Wirtschaft ist in einem sehr konkreten Sinn das Herzstück des Problems der Zukunft Europas. Ich habe aus Deutschland die Ueber- zeugung mit mir genommen, dass der Versuch, dort ein industrielles Va- kuum zu schaffen und die organische Beziehung zwischen der deutschen Wirtschaft und der des europäischen Kontinents zu vernichten nur mit einer Katastrophe enden kann. Natürlich muss das Kriegspoten- tial Deutschlands ein für alle- mal liquidiert werden. Die wahre Frage aber ist die folgende: Soll Deutschland wirtschaftlich ein Teil Europas bleiben? Ich bin überzeugt, dass ein Versuch, Deutschland aus dem industriellen Gefüge Europas herauszureissen, nichts anderes bedeu- ten würde, als den F."in des Kont?- neeits zu verewig;su und ver;-hlini- mern." RÜCKWANDERUNG 12 DAS ANDERE DEUTSCHLAND BERICHTE AUS DEUTSCHLAND Wie DANA meldet... Als erste deutschsprachige Zeituni in Südamierika veröffentlichen wir im Folgenden, Meldungen der Deut- schen Nächrichten-Agentur (DANA) die seit dem 1. Aprli in deutsche Verwaltung übernommen wurde. Aschheim. Der frühere Nazi-Bür- germeister Josef Plötz, wurde zü ei. nem Jahr Gefängnis und einer Geld- strafe von 5.000 RM verurteilt. Plötz hatte sich geweigert, an den Aufräu- mun,gsarbeiten teilzunehmen, zu., de- nen "alle früheren Nazis unktior-äre verpflichtet sind, und hatte überdies r öffentlich erklärt: "In sechs Mona- ten sind wir Nazis wieder an der Macht. Gewisse Leute mögen sich da. her vorsehen". München. Illegale Eigentumsüber- tragungen und mit der Absicht, die Beschlagnahme vor# NazNEigentum zu verhindern, wurden von der Poli- zei in 40 Fällen festgestellt. München. Elf jugendliche Mitglie- der einer EinbrecherJbande wurden von der Polizei verhaftet. Sie sinl alle unter 18 Jahre alt, und es wird ihnen zur Last gelegt, 32 Einbrüche in Lebensmittelgeschäfte verübt zu haben. Berlin. Vier jugendliche Einbre_ cherbanden wurden von der Polizei verhaftet. Eine von ihnen wurde von einem Siebzehniährigey angeführt, der die übrigen mit vorgehaltenem Re- volver in Schach hielt. Augsburg. Die 23-jährige Hilda Kästner, erhielt drei Jahre Gefängsrv's. weil sie auf ihrem Fragebogen nicht «Tigegeben hatte, dass sie die Frau eines SS-Sturmführers war. Berlin. 29.000 Volksschullehrer werden in der russischen Zone in Eilkursen ausgebildet. Davon 9.009 in' Sachsen, 9.000 in Preussen, 4.500 in Thüringen, 3.000 in Brandenburg. 2.500 in Mecklenburg und Pommern und 1.200 im russischen Sektor von Berlin. Die Kosten werden sich auf 24 Millionen RM belaufen. Bad Aibling. Aus USA trafen 844 deutsche Kriegsgefangene ein, die in amerikanischen Gefangenenlagern Ausbildungskurse als Polizisten durchgemacht haben. Bevor sie in den Landespolizei-Dienst übernom- men werden, soll ihre politische Ver_ gangenheit nachgeprüft werden. München. Ein Ysmiyslh»nd antifa- schistischer Dichtkunst wird vom Zin- nen-Verlag vorbereitet. Die Heraus- gabe leitet Dr. Günther Groll. Der Band wird Gedichte enthalten, die in den letzten 12 Jahren in Deutschland nur von Hand zu Hand in illegalen Flugblättern zirkulierten, und wird auch Gedichte umfassen, die vor. an. ^faschistischen Studenten der Uni- versität München verfasst wurden, zu deren Vertrauensleuten Groll gehör- te. München. Anfang Mai bringt eine hiesige Masel inenfabrik ein neues Schrcibmaschin mmodell auf den Markt, das für 62 RM verkauft wird und in seinen *.-«entliehen Bestand- teilen aus plastischem Material her- gestellt ist. Nach dem Urteil von Sachverständigen kann die neue Ma_ schine es an Qualität durchaus mir den üblichen Marken aufnehmen. Sie übertrifft sie sogar an Dauerhaftig- keit. München. Die unter den Nazis ver- botenen Esperanto-Gruppen haben unter den. Namen "Labore" ihre Tä- tigkeit wieder aufgenommen. Wetzlar. Mittwochs ur.a Freitags erscheint als einzige Zeitung mit, ei. ner Autlage von 20.000 Exemplaren, die "Wetziarer Neue Zeitung''. Die rieraustgeoer sind rj-an» Jahre alt, fr, Setzer, dann Keuaktem der SPD-Mainzer Volkzeitung, 193-j nach Verbot des Blattes, verdiente er seien Lebensunterhalt als wandern- der Musiker) und Josef Hüsch (Ka- tholik, fr. an der Kölnischen Volki- zeitung, 1929 wegen Verteidigung streikender Arbeiter gegen Ueoer. griffe der Polizei zu 1 1|2 Jahren Gefängnis verurteilt, 1934 aus dem Joumalistenberuf ausgeschieden, da er sich weigerte, der Reichsschrift- kämme r beizutreten). Giessen. Als einzige Zeltung er- scheint zweimal wöchentlich, die "•Giesse»ier Freie Presse''. Herausge- ber sind Adolf Weller und Juuus Mahn. Weller war irüher Redakteur des Giessener Anzeiger, trat 1933 zu- rück, da er SPD.Parteisekretär war. Hahn ist Mitglied der KPD, war drei Jahre im KZ. 1942 wurde er wieder veraastet und ins Arbeitslager nach Schlesien gebracht, wo er von russi- schen Truppen befreit wurde. BeM.in. Dreizehn Verlagsgesell- schatten arbeiten in Berlin. Die letz- ten die autorisiert wurden, sind der Lothar Blauvalet-Verlag, der die Herausgabe von ausländischen Bü„ ehern in deutscher Sprache plant und der Verlag von Johannes und Ri- chard Weiss, die drei Bücher von Franz Mehring herausbringen. Dresden. Sechzig erprobte Antifa- schisten verschiedener beruflicher Vorbildung, wurden zu Schulinspekto- yen ernannt. Braunschwelg. Der Landesregie- iung wurde ein aus z.2 Personen be_ stehender Landesrat beigeordnet. Der Landesrat ist ein provisorisches Par- lament, das beratende Funktionen hat. Ueber die Durchführung von Wahlen ist bisher nichts bekannt ge- geben worden. Frankfurt. Ein Zehnjahresplan für den Wiederaufbau der Stadt ist aus- gearbeitet worden. Die Frist wird als nicht zu lang angesehen, da an- zunehmen ist, dass weder genug Transportmittel vorhanden sein wer. den, um den Schutt der zerstörten Häuser wegzuräumen, noch genug Kohle, um die Neubauten früher fer- tigzustellen. Der Plan sieht vor, das? der Schutt hundertprozentig bei den Neubauten verwendet wird. Hamburg. Die Oberlandesgerichts- räte Classen, Hanson, Horstkotte, Kollos und Rosenbaum und der Lan- desgerichtsdirektor Dietrich wurden wegen nazistischer Betätigung entlas- sen. Kottweil'. 38 o|o der Beamten wa. ren Mitglieder der NSDAP, wie eine Untersuchung des Landratsamtes er- gab. 56 o o von den 987 Nazis wurde im Amte belassen. Die andere» wur- den mit Versetzung, Herabsetzung im Rang, Gehalt tmd Pension und Ent- lassung mit oder ohne Pension be- straft. Von den 1600 Beamten, die nicht Mitglieder der Partei waren, waren die meisten in untergeorden. ten Stellen oder Frauen. Augsburg. Dreitausend frühere Na- zis werden mit Holzhacken oder Schaufelarbeiten beschäftigt. Ein frü- herer Regierungsbeamter arbeitet auf dem Friedhof als Hilfsarbeiter, ein anderer des gleichen Rangs schält für die amerikanischen Sol- daten Kartoffeln, ein früherer Direk_ tor der schwäbischen Eisenbahnen la- det Kohlen aus. Duisburg. Die Rheinische National- druckerei wurde von den britischen Behörden beschlagnahmt, weil die Firma verheimlicht hatte, dass die früheren Nazi-Direktoren, weiterhin für die Firma tätig waren. Berlin. Die Medaille für Tapfer- keit in Friedenszeiten, erhielt der amerikanische Soldat Philip Cäse, weil er einen achtjährigen deutschen Knaben am Friedrichsplatz vom To- de durch Ertrinken rettete. Berlin. Die Sprattsche Hundeku. chen-Fabrik stellt heute Gersten- Grütze her. Mannheim. Die Daimler-Benz. Werke stellen täglich 20 Drei-Toni nen-Lastwagen für die amerikani- sche Militärverwaltung her. Sobald die Herstellung von Radfelgen erhöht werden kann, kann die Tagesproduk- tion auf 50 bis 60 Lastwagen ge_ bracht werden. Weimar. Die liberal-demokratische "Thüringische Landeszeitung", die dreimal wöchentlich in Weimar, Er- furt und Gera gedruckt wird, hat ei- ne Auflage von 100.000 Exemplaren. V Aus der russischen Zone Aus der magdeburgischen Gegend erhielt DAD einen Brief, aus dem wir die folgenden Auszüge veröffent. liehen: Fvnktionärmajigel. Leute, die sich mit Eifer, Energie und Idealismus einsetzen, gibt es nicht mehr als nach dem letzten Krieg. Gewiss ist das eine anders als damals: Sie werden heute nicht verfolgt. Aber eine riesi- ge Arbeit und Verantwortung lastet auf den Schultern dieser Genossen, denn wir haben noch keine Regie- rung. Sie sind immer nur noch aus- führende Ongane, bestimmend And DAS AN DIRS DEUTSCHLAND 13 die Beschlüsse des alliierten Kon- trollrats und der Alliierten. Lebensmittellage. Zur 6. Ernäh- rungsgruppe gehören alle Leute, die nicht arbeiten, Hausfrauen, Invaliden und Kranke. Diese bekommen pro Tag 250 gr. Brot, 15 gr. Nudeln oder Graupen, 15 gr. Zucker oder andere Stlssigkeiten, 15 gr. Fleisch oder Wurst, 7 gr. Butter oder Margarine, 30 g. Marmelade und 3 Zentner Kar. toffeln pro Jahr. Die Gruppe 3 (Ar- beiter, Polizeibeamte etc.) bekommt 400 gr. Brot, 30 gr. Nudeln oder Graupen, 20 gr. Zucker, 40 gr. Fleisch, 15 gr. Margarine, 30 gr. Marmelade und auch 3 Zentner Kartoffeln pro Jahr. Dann gibt es noch 400 gr. Salz und 125 gr. Kaffeersatz monatlich. Nun könnt Ihr Euch vorstellen, wie da ein Mensch auskommen soll! Es ist auch nicht anders möglich, denn es ist ja soviel vernichtet durch den Bombenkrieg, und nun haben wir schon ein Jahr die Besatzung. Kakao haben wir, weder während des Krie- ges, noch seither bekommen. Auch Fisch oder Fischkonserven kennen wir nicht mehr. Rauchwaren hatten wir zu Weihnachten das letzte Mal. (20 Zigaretten). Ein Genosse hat ei- ne 5-jährige Tochter. Als die ameri- kanischen Truppen (sie sind dann ausgewechselt worden durch russi. sehe) die Stadt besetzten, gab einer der Soldaten ihr eine Tafel Schoko- lade. Das Kind wusste nicht, was es war. Frauenarbeit. Die Frauen finden jetzt im Büro keine Stellung. Sie müssen alle in der Fabrik oder auf Baustellen arbeiten. Soweit ist es durch die Nazi-Verbrecher gekom- men, dass die deutschen Frauen als Bauarbeiter schuften müssen. Kirche und Kapitalisten Kardinal Faulhaber für die katho- lische und Bischof Meiser für die evangelische Kirche Bayerns, haben im vorigen Jahr ein Schreiben an die amerikanische Militärregierung ge- richtet, in dem sie sich gegen eine summarische Bestrafung der Nazis wenden. Jeder einzelne Fall müsse geprüft werden. Besonders interes. sank ist, dass sie sich, der Tradition der Kirche treu, schützend vor die schuldigen Kapitalisten stellen. In ihrem Brief heisst es: Auch für die neueste Massnahme der Militärregierung, die in unserem Volk einen grossen Schreck auslöste,x für die Verhaftung von 102 führenden deutschen Bankiers und Industriel- len, deren Betriebe, wie man meinte, bei der Aufrüstung und im Kriegs- einsatz eine massgebende Rolle spielten, erwarten die kirchlichen Be- hörden der beiden christlichen Be- kenntnisse einmütig eine sofortige persönliche Ueberprüfung der gegen sie schwebenden Anklage. Eis wird sich herausstelle!!, dass bei dieser überraschenden Massnahme sich eine grosse Anzahl Männer befindet, die wohl einmal der Partei ihren Namen gegeben haben, die aber persönlich keinen Anteil an der Vorbereitung des Krieges, an der Art und Weise der Kriegführung, au de« furchtbar*» Begleiterscheinungen wie an dem Massenmord der Nichtarier und an der wahnsinnigen Verlängerung des Krieges tragen. Wir sprechen im Na- men der Humanität, als deren Wahr, zeichen das Sternenbanner der ame- rikanischen Militärregierung gilt, wenn wir darauf hinweisen, wie schwer diese Industriellen sum Teil höheren Alters, unter den Gefängnis- sen und ihre Familien unter dieser Denikin, d?r als von der interna- tionale» kapitalistischen Reaktion unterstützter weisser General in Rusßland in 213 Pogromen 5200 Ju_ den ermordete, und dessen Banden tausende von jüdischen Frauen und Mädchen vergewaltigten, ist in der ihm zur Verfügung gestellten Luxus, kabine eines englischen Schiffes nach New York gefahren. Jüdische Publi- zisten haben ihrer Empörung dar. über Ausdruck gegeben, dass Juden mit Denikin fraternisieren. Der Hass gegen die Sowjetunion erweist sich als stärkstes Einigungs. band: Lieber im Pogrom das Leben als durch den Kommunismus seine Millionen verlieren! Eine schändliche Demütigung hat Seymour Cocks, der Vorsitzende der Parlamentskommission für Auswär- tige Angelegenheiten die Politik Be_ vins gegenüber Francospanien ge_ nannt. Innerhalb und ausserhalb des Parlaments müsse diese Politik be- kämpft werden, die ebenso reaktionär sei wie die konservative in den Zei. ten von Simon, Samuel Hoare und Lord Halifax. Wie wäre es, wenn die Paria, mentsfraktion der Arbeiterpartei ih- rem reaktionären Minister ein Miss, trauensvotum ausspräche? Das würde den von Cocks angekündigten Kampf zu einem schnellen Erfolg führen. H. G. Wells hat sein letztes Buch "Der menschliche Geist am Ende seines Strickes" benannt. Er vev. gleicht die Gattung Mensch mit ei- nem angepflockten Tier, das über seinen Strick nicht hinauskommen kann. Unsere Zeit hat ihm den Ein. druck gemacht, dass die Menschheit am Ende ist. Es wird ihm nicht schwer geworden sein, dem Anwe- sendsein bei diesem vorausgesehe. nen, nicht gerade lieblichen Ende durch den Tod entgangen zu sein. Schwarz auf Weiss. Je nach ihrer Parteifärbung machen englische Zei. tungen folgende Angaben über Be- vans Bauprogramm: Daily Mirror: 400.000 Wohnungen Daily Herald: 400.000 Wohnungen News Ohronicle: 16.220 fertiggestellt; 47.398 im Bau Daily Worker: Nur 16.220 Häuser sind fertiggestellt A Daily Mail: 1.909 Wohnungen Daily Express: Die Bevan-Jungens haben 350 Häuser gebaut Die englischen Nachwahlen sind bisher noch deutlicher zu Gunsten der Arbeiterpartei und zu Ungunsten der Konservativen ausgefallen als die Hauptwahlen, Die entschieden sozial. Trennung leiden, Besonders schmerz, lieh wird es von der Bevölkerung empfunden, dass den Verhafteten de* Grund ihrer Verhaftung nicht be- kantgegeben wurde und dass sie wo- chenlang ohne Verhör bleiben. Soweit die Sicherstellung ihrer Person noch weiterhin notwendig erscheint, könn, te sie unseres Erachtens auch durch Hausarrest auf Ehrenwort oder durch Kaution erreicht werden. reformerische Innenpolitik ist den englischen Arbeitern wichtiger als die Fortsetzung der konservativen Aussenpolitik durch die Arbeiterre. gierung. Damit wird die Erfahrung bestätigt, dass die Arbeiterschaft als Ganzes gesehen, überall — ur.d je weniger klassenbewusst die Arbeiter- schaft ist, um so mehr — nur ein relativ geringes Interesse für die Au. ssenpolitik besitzt. Der Internationa, lismus der Arbeiterklasse ist eine notwendige Forderung, aber keine Wirklichkeit. Ein besonderes Kino-Ministerium ist, wie APLA berichtet, in der Soxv. jetuniou geschaffen worden. Die Produktion soll sehr gesteigert und verbessert werden. Unter anderm soll besondere Aufmerksamkeit dokumen. tarischen Filmen über Wissenschaft, Kunst und Erziehung gewidmet wer- den. Die englischen Frauen, wie Bevin erklärt hat, erhalten Zugang zur di_ plomatlschen Laufbahn bis zu den höchsten Posten. Es ist noch nicht •allzu lange her, dass die Suffraget, ten Schaufenster zertrümmerten, um die Verschwörung des Schweigens gegen ihre Forderungen zu durch- brechen, und heute ist schon die volle Gleichberechtigung erreicht. "Wenn deinem Feind hungert, spei. ss ihn!" Dieser Appell, den am6ri_ kanische Quäker in einigen Zeitun. gen veröffentlicht haben, hat nur 24 Proteste, aber 21.000 Zustimmungs. schreiben und die Ueberweisung von 23.000 Dollar xur Folge gehabt. Beteens Gaskammern waren huma- ner als Potsdam. Zu diesem Schluss kommt Prof. Brandt in seiner Bro- schüre "Germany is our Problem", in dem er klar zu machen versucht, dass es nicht nur im Interesse Deutschlands, sondern der ganzen Welt und insbesondere auch Nord- amerikas ist, den Deutschen eine aus. reichende Lebensbasis zu lassen. "In der Tat", so sagt Brandt, "wenn un- ser grosses, freies und reiches Land keine bessere Lösung anzubieten hat, als mutwillig das Zentrum Europas so zu verwüsten, dass Millionen von Menschen dauernd arbeitslos und hungrig sind» dann wäre es huma- ner und logischer, die Gaskammern von Belsen und Buchenwald wieder zu öffnen utid das Leben von 30 oder 40 Millionen Deutschen und anderer Europäer mit Giftgas auszublasen. Verglichen mit der täglichen Tortur einer ganzen Generation wäre das ein schmerzloser Tod. DAS GESICHT DER ZEIT Wenn Sie Pläne, Deutschland auf ein niederes bäuerliches Niveau nie- derzudrücken, flicht geändert werden, dann Werden unter Umstäfiden die Schrecklichen Folgen auf jeden Bür- ger der Vereinigten Staaten zurück- fallen — auf die Kriegsveteranen, Arbeiter, Hausfrauen, Kinder und so, gar auf die noch Ungeborenen. Nach dem letzten Kriege verloren wir den Sinn für unsere nationalen Interes- sen, die uns mit den Ereignissen drüben verbinden. Nun, wo das Zeit- alter der Atomenergie beginnt, lau- fen wir das Risiko eine nodb grössere Gefahr zu verkennen, die bereits in Europa lauert. Die Vorbereitung des Krieges begann in Deutschland. Dia Herstellung des Friedens kann nur begonnen werden, wenn Deutschland wieder aufgebaut wird. Die Verkettung von Grausamkeit, Vergeltung und Wiedervergeltung muss durchbrochen werden. Sonst wird unsere gesamte Kultur inmitten der Detonationen der Atombomben zuiiigrundegehen". "Volksgemeinschaft". Nordamerika - nlsche Gewerkschaften benutzen auch die Waffe der Propaganda in der grossen Presse zugunsten ihrer Mitglieder, Dagegen ist gewiss nichts einzuwenden. Vielleicht hätten die Freien Gewerkschaften in Deutsch- land wirksamer gegen, das Aufkcm. men der Nazis auftreten können, wenn sie mehr Verständirs für den Wert ihrer Arbeit erweckt hätten. Was sich aber die American Federa. tion of Labor in Minnesota leistet, stellt wohl alles bisher Dagewesene in den Schatten. Sie will ihren Mit- gliedern Arbeit sichern, indem sie auswärtige Industrielle ermuntert, sich in Minnesota anzusiedeln. Dazu ver- öffentlicht sie Inserate, die zwei Knaben beim Schwimmen zeigen un- ter folgender Ueberschrift: "Wessen Vater gehört die Fabrik und wessen Vater ist der Schreiner? Die zwei- fellos Aufmerksamkeit erweckende Anzeige fährt dann fort: "In Minne, sota geht der Sohn des Chefs mit dem Jungen des Tischlers schwim- men, Wir erzählen Ihnen das, weil wir Lreute von der AFofL in Minne- sota mit unseren Arbeitgebern gut auskommen. Wir glauben an die private Initiative und nicht an' die Zweckmässigkeit von Reglerüngsun- ternehmen. Wir wünschen, dass der Chef Geld macht und sein Geschäft ausdehnt... Ausserdem können Sie nicht mit einem Regierungsbüro schwimmen gehen... Die Lohnkosten ( e, Fabrikanten von Minnesota wa- l ' Im Jahre 1944 um 7,5 ojo niedri- ger als diejenigen ihrer Konkurren. t.f n im Osten." — Wir empfehlen der AFofL, bei den Unternehmern des Bezirks nicht etwa eine Lohnerhö- hung, sondern eine Herabsetzung zu beantragen. Welch neues doppelt wirksames Argument gäbe das für ihre Inserate. — Ganz so absurd wie nns dürfte dieser Vorschlag den Ii .rdamerikanern übrigens nicht er- scheinen. Jedenfalls hat es der be- rühmte Sidney Hillman, — der ja nicht nur Leiter des Polltlcal Action Cxmnritree, sondern auch Gewerk- schaftsführer ist — fertiggebracht, In »Itter Audienz bei Trumann au* ei- genem Antrieb zu beantragen, man solle der Konfektionsindustrie böteere Preise genehmigen. Das Sudetenland, von den Deut- schen gereinigt, ist bisher von einer Million Tschechen besiedelt worden. Die Zahl soll verdoppelt werden. Aber man darf dabei fragen: Woher neh- men? Selbst wenn die Verdoppelung gelingen sollte, wird aber das Sude- tenland weit weniger bevölkert sein als bisher. Es wird mitgeteilt, dass einige Industriezweige eingehen wer- den, und dass ein Teil des Landes aufgeforstet werden soll. Die Amerikaner werben Sudeten, deutsche Spezialarbeiter an, um mit ihrer Hilfe einen Teil des früheren tschechischen Exports an sich rei- ssen zu können. Naxi-Klnder? Auf Grund eines Artikels "Ueber Babies", zu dem "Life" Bilder von Nazi-Kindern veröffentlichte, erhielt die Zeitschrift folgende Briefe: Ein Mann — Mr. Dinkel, augen- scheinlich deutscher Abstammung —: "Die Super-Babys... schauen nicht menschlich aus- Die Kamera fing den 'Nazi-Blick" ein, oder was sonst in diesen füchsigen Augen ist, die in fet- ten, vulgären und schon bösen Ge- sichtern liegen. Was werden wir mit ihnen tun?" Eine Frau: "Ich protestiere gegen Ihre Erzählung... Ein Kind zu ver- dammen ... ist nazistische Einstel- lung... Ich würde nicht zaudern, ir- gend eines dieser Babys zu nehmep und in meinem Heim aufzuziehen. Es gibt keine Nazi-Babys. Es sind wir Erwachsenen, die sie in Rassen und Nationen hineinerziehen... Wagen Sie nicht, je irgend ein Kind Bastard zu nennen!" Eine andere Frau schreibt: "Warum nicht einige oder alle diese Babys nach den Staaten verschiffen? Mein Mann und ich wä- ren mehr als glücklich, eines als un- ser eigenes zu haben." Ein Mann: "... Ich. der Sohn eines Franzosen, wäre glücklich, eines dieser Kinder zu nehmen und es mit meinen eige- Dle brennendsten iikoiioiiiUclK'n I'rub.eme. "Die Anerkennung' Oester- reichs sollte die Tatsache nicht ver- dunkeln, dass Oesterreich zwar ein befreites, nicht aber ein freies Land ist. Oesterreich Ist von fremden Ar- meen besetzt, schätzungsweise 900.000 Mann, ungefähr 30 Mal so viel wie die österreichische Vorkriegsarmee. Au- sserdem ist Oesterreichs Wirtschafts- grundlage und damit seine ganze Exi- stenz als unabhängeges Land, gefähr- det. solange zwei grundlegende Prin- zipien unentschieden bleiben: Das eine ist die Frage WEM OESTERREICHS INDUSTRIE GEHOERT das andere DTE TEILUNG DES LANDES IN VIER WIRTSCHAFTLICH NAHEZU HER- METISCH ABGESCHLOSSENE ZO- NEN. Die Potsdamer Vereinbarungen be- stimmten, dass deutscher Auslandahe- sitj^der Kontrolle der Alliierten un- terworfen werden soll, und dass dieser Besitz benutzt werden könne um dir Reparntionsforderungen der Alliierten zu befriedigen. Nach dem Zusammen- bruch des Naziregimes stellte sich hf-rnu = . dass die meisten der grossen österreichischen Industrie Unterneh- mungen nominell deutscher Besitr w&rea. weil *!♦ nach, der Annexion nen vier großzuziehen, nur um der Welt zu zeigen, was man mit diesem Material machen kann, wenn man ihm nur ein bisschen Zeit widmet Eine Frau: "Was diese... Kinder brauchen, ist amerikanische Sonn- tagsschule, amerikanisches Speiseeis, Baseball und amerikanischen Schmutz auf ihren Gesichtern, Hän- den und Knien... Nazis werden ge- macht, nicht geboren." "Souvenir-Jäger" und verdorbenes Getreide. Drew Middleton, Korrespon- dent von "The New York Times": ... Die Bemühungen, deutsche indu- strielle Geheimnisse auszugraben, wurden durch den Umstand er- schwert, dass "Souvernir-Jäger" — wie Plünderer genannt werden, wenn sie auf unserer Seite sind — ein solches Durcheinander aus den deutschen In- dustriebüros gemacht hatten, dass die heftig begehrten Formeln sehr wahrscheinlich während der Balgerei um Fotoapparate zum Fenster hinuas- geworfen wurden. Es ist klar, welche Lehre Europa aus dieser Art von "Entnazifizierung" ziehen wird..." Ein amerikanischer Offizier erzähl- te Middleton, dass die Truppen gera- de zur Zeit der Getreideernte in Bay- ern einrückten. Die-tauglichen Deut- schen wurden von den Alliierten aus- gehoben, und das deutsche Transport- system war zusammengebrochen, so- dass, wenn auch das Getreide hätte geschnitten werden können, niemand da war, es einzufahren. Der Offizier, ein Ernährungsfachmann, schlug dem kommandierenden General vor, die amerikanischen Lastwagen, von denen Hunderte die Autobahn ziellos auf- und abfuhren, den Deutschen zum Getreide-Transport zur Varfügung zu stellen. Des Generals Antwort ist klassisch: "Das," sagte er, "wäre das Vernüftigste. Aber wenn wir es tun, wird man uns anklagen, dass wir die Deutschen verhätscheln. So werden wir dieses Getreide verderben lassen. Dann werden wir diesen Winter Ge- treide aus den Staaten importieren und denken, dass wir sehr human sind." von deutschen Banken und deutschen Industriellen übernommen worden wa- ren. Ebenso wurde der gesamte Be- sitz der ersten Republik Oesterreich automatisch Eigentum des Deutschen Reiches. Aber die Tatsache bleibt be- stehen, dass alle diese deutschen Gut- haben, private sowohl als staatliche, Oesterreichs Nationalvermögen dar- stellen ohne welches der Bestand der zweiten Republik ernstlich gefährdet ist. Solange die Entscheidung über diese Lebensfrage in Schwebe ist, bleibt Oesterreichs Wirtschaftsleben lahmgelegt. Die andere Frage ist die Teilung des Landes, so klein es ist, in vier Teüe, von denen ein jeder £rezwun 7502, CASA RÜBENS Ferien, und Ertiolungsheim für Kinder und Erwachsene Colonia Valdense Depto. Colonia Uruguay BIENENHONIG rein, preiswert und gut Carlos Lewin, Romang (FCSF) ti. V er ein "Vorwärts 55 Verelnahaue: AUSTRIA 2064 U. T. 72 • 0058 Sport- and Landheim: Quifita "LA PERL1TA' Qullmee — U. 1\ 203211 Das Zentrum der demokratischen Deutschen Bücher leihweise Neuester Katalog gratis Leihbibliothek COSMOPOLITA CorrienteF 424, "scr, Suenrsnl Belgrano. Sucre 239© U. T. 32 ■ 2490 — U. T. 78 - 9809 Versand auch nach ausserhalb 5. HOTEL ZUR HABSBURG 85 DB MAYO 447 — U. T. 31 >21»? bietet dem Durchreisenden billlB- sten Aufenthalt auch für Familien von $ 1.— bis $ 4— täglich bei bester Verpflegung und aufmerk- samster Bedienuns. Saubere luftige Zimmer. Elegante Hondstricksochen ™ A renales t«29 MARTINEZ, F. C. C. A. KOFFKR-, HANDTASCHEN-, SCHUH- Reparaturen, fachmännisch und gut. Wir holen aus dem Haus ab. Bruno Zlelke, Amenabar 1931, U. T. 73-1245, | A. A. 1» A. ] ENRIQUE ü. CORONA MARTINEZ i A B O G A D O f IJAVALLE 1268 XJ. T. 35 - 3853 Cosa Filatilico — DB — ROBERTO POMMER M«»rg 7 v«.;te de MtiSipiUM pira eoleeel*» CAiVGALLO 627 — Buenos Aires U. T. SS (Ar.) *76* HERRENKLEIDUNG nach Mass und FERTIGKLEIDUNG in vorbildlicher Ausführung! Kleider- und* Stoffpakete nach ganz Europa! Ca^jßtert. ' KOPPEL 970 £4V4II£ 870 V. r. 35*1110