OTRA ALE MAN IA DAS ANDERE DEUTSCHLAND ORGANOIDE LOS. ALEMANE5 DtMOCRATiCOS DE AMERiCA DEL SUR' A U S DEM INHALTS August Biemsen: NEUJAHR 1947* Hans Lehmann: PALAESTINA UND ANDERE ERINNERUNGEN VON SAMUEL MOARE John Kimche: m INDISKRETIONEN EINES KORRESPONDENTEN ufTO STRASSER MOECHTE DEUTSCHLAND ERNEUERN G. K. Ritzel: i DEUTSCHLAND AUF DEM WEGE ZUM NIHILISMUS? Ulrich Becher: GORGE GROSr* DREISSIGJAEHRIGER KRIEG * B_U_E_N_p S : AIRES « T U C U M A N 3 0 9 « 31" R E T l R O * 7 2 6 4 -NUMERO t 3 3 1 DE ENERO DE 1947 Freri»MU! t M *^i r / fv /* DAS ANDERE DEUTSCHLAND IN EIGENER SACHE! Zuglecih mit unseren herzlichen Glückwünschen zum neuen Jahr rich- ten wir einen ernsten Appell an un- sere Freunde und Leser. Unsere Unkosten sind so gestiegen — und die Steigerung hält an —. dass das iveitererschtinen des Andern Deutschland gefärdet ist. Infolge der Siesigen Steigerung der Druckkosten, cer Ausdehnung unserer Korrespon- denz nach Europa, der kostenlosen Lieferung der Zeitschrift nach Deutschland. erhöhter Bürokosten haben wir seit einigen Monaten ein wachsendes Defizit das wir bisher noch durch frühere Ueberschüsse aus- gleichen konnten. Aber unsere Mittel sind jetzt erschöpft, und wir müssen für einen ausgeglichenen Etat sorge, wenn das Andere Deutschland weiter ui-scheinen soll. Wir sind deshalb genötigt, den Be- zugspreis im kommenden Jahre zu erhöhen. Genaue Angaben darüber werden in der nächsten Nummer ge- macht werden. Wir bitten ferner alle unsere Freun- de, nach Kräften zum Pressefonds beizusteuern und in eine energische Abonnentenwerbung einzutreten. Zu diesem Zwecke stellen wir ihnen ein U'erbeblatt zur Verfügung. Nur die Solidarität und Mitarbeit unsere • Freunde kann die Existenz des Andern Deutschland sichern, das fast zehn Jahre hindurch in absoluter Unabhängigkeit unter dem Weeh der Umstände unentwegt eine klare antifaschistische, demokratische und sozialistische Politik vertreten hat. .. Worte von Pestalozzi Ueber Europa: Es ist unmöglich, dass Europa sich vdn dem Ruin errette, mit welchem sein gespannter Zustand, seine stei- gende Erschöpfung und das wachsen- de ÄTissverhält-nis zwischen Geld und Menschenwert £s bedrohen, ohne neue Belebung aller Weisheit und Kraft der Selbstsorge und ohne Festsetzung der gesetzmässigen Volkskraft, die zwi- schen dem Recht und den Verirrungen der Fürsten wie ein Fels steht- Freiheit und Futterkrippe Es liegt dem Menschen nichts an der Freiheit, wenn er glücklich ist, und wenn er es auch nur halb ist, so liebt er seine Ruhe und seine Krip- pe zu sehr, als dass er diese leicht aufs Spiel setzte. DAS ANDERE DEUTSCHLAND LA OTRA ALEMANIA (fundado el 7 de junio de 1937) Registro nacional de la Propiedad Intelectual No- 23.012 Autorizado por Resoiuciön no- 214 del Ministro del Interior (11 abril 1945) Confirmado por Deereto No. 20.917 (6 sept. 45) del Superior Gobierno de la Naciön. Editor y Director; Dr. Auguste Siemsen. Tesorero: Juan Carl. Avisos: Guillermo cleischer F,edacci6n y Administration! Tucumän 309. Buenos Aires (U. T, 31 7264) Einzelnummer: 30 Cts. Jahresabonnement: 6.— Pesos argentinos (im voraus zahlbar) Geldbeträge erbitten wir aus- schliesslich per Giro, oder Bono Postal oder Scheck auf Sr. Juan Carl. Tucumän 309 Bs. Aires. DAS ANDERE DEUTSCHLAND ist kein auf Profit ausgehendes Geschäftsunternehmen. Es lebt nur dank der Unterstützung sei- ner Freunde. Spendet für den Pressefonds! Erscheint am 1. und 15. eines jeden Monate. Staatsanwaltschaft und Polizei Wen., man einen Menschen, der nicht durch und durch gut ist, bis auf den Grund verderben und zu Grunde richten will, so muss man ihm nur ein Amt geben, worin er täglich auf die Fehler und Abwege seiner Neben- menschen lauern und achtgeben kann. Völkerrecht und Menschenrecht Es gibt kein Völkerrecht ohne ein Volksrecht und Kein Volksrecht ohne ein Menschenrecht. ARTUR CRISPIEN gestorben 1946 Am 29. Nov. ist Artur C>is- pien im 31■ Lebensjahr an den Folgen einer Operation in Bern gestorben. In seinem Leben spiegelt sich ein Stück Entwick- lung der deutschen Sozialdemo- kratie. Von Jugend an in der Ge- werkschafts- und Parteiarbeit tätig, gehörte er- als sozialde- mokratischer Redakteur in Stuttgart zu den aktivsten Be- j kämpfern der Kriegspolitik der deutschen Sozialdemokratie- Nach dem Tode Hugo Haases wurde er Vorsitzender der US PD. Nach der Wiedervereini- gung mit der SPD trat er in den Vorstand der SPD ein• um von da ab die offizielle Politik dieser Partei zu vertreten. Das Wort, das er auf dem Parteitag j der USPD in Leipzig Dezember 1919 gesagt hatte: "Der Arbei- ter hat kein Vaterland; sein Vaterland ist die Welt", wurae ihm dennoch später öfters zum Vorwurf gemacht- Artur Crispien war über die Schwankungen seiner politi- schen Haltung hinaus von ei- nem optimistischen Glauben an die sieghafte ethische und kul- turelle Kraft des Sozialismus § erfüllt, der er oft in Reden bei festlichen Anlässen beredten Ausdruck verliehen hatten. Am Neuaufbau der sozialisti- schen Bewegung in Deutsch- land mitzuarbeiten, war ihm nicht mehr vergönnt. VERTRETUNGEN DES ANDEREN DEUTSCHLAND BOLIVIEN La Paz: Guillermo Karbaum, Ca- silla 323. Tarija: Mantredo Hammerschlag, Lista de Correos. Cochabamba: Los Amigos del Li- bro, Casilla 450. BRASILIEN Rio de Janeiro: Gurt Uebel und Willi Keller, beide Casilla 4231. PARAGUAY «, Asunc iön: Enrique und Susanna k>2oc£, General Uiaz 276- CHILE Osorno: Oscar Chylik, Casilla 423 URUGUAY Montevideo: LA OTRA ALEMA- NIA. Soriano 1224. MEXIKO Mexico D. F.: Walter Stein, Av Victor Hugo 80 Colonia Anzures VENEZUELA Caracas: Librerla S.V..A., El Re- creo. USA New York: Gretl und Herrmann Ebeling, 203 West 98 Street, N Y. 25. SCHWEIZ Basel: Herrmann Graul, Steinen- graben "12. Zürich: Neues Deutschland, Post- fach 143, Zürich-Fraumünster FRANKREICH Paris: S. P. D., 9. rue Victor Mass6, Paris 9e. ENGLAND London: Wilhelm Sander, 33 Fern- side Avenue, Mill Hill, London NW 7. Hans Gottfurcht, 20 East Heath Road, flat 3, London NW3 SUEDAFRIKA Johannesburg: Futran, 45 Sacks Building, Joubert & Comissio- neers Street u. Independant Cul- tural Ass., Mappin & Webb Hou- se, Cor. Hock & Piain Streets. Bei den obengenannten Vertre- tungen des ANDEREN DEUTSCH- LAND sind sowohl Einzelexemplare als Abonnements erhältlich. Wir bitten, in allen die Administra- tion und den Versand betreffen- den Fragen sich zunächst mit der zuständigen Landesvertretung in Verbinudung zu setze . Allen An- fragen bitten wir, ein adressiertes Freikouvert beizulegen. Vorausbezahlung des Abonne- mentsbetrages ist w jedem Falle unerlässlich. - Unsere Genossen in Colonia Liebig, die au den ältesten und treusten freunden des Andern* Deutschland, fehören, haben dem "Deutschland- äilfswerk" 600.— Pesos als Erlös ei- ies Weihnachtsfestes überwiesen. Wenn eine solche Solidarität mit msieren notleidenden Freunden in Deutschland überall herrschen wür- fe, Könnten wir unsere Sendungen verdoppeln. DAS ANDERE OSUTSCHIAND 3 NEUJAHR 1947 Das abgelaufene Jahr hat der Welt Seemen Frieden gebracht. Auf weiten Gebieten der Erde wurde weiter gekämpft, auf noch weite- ren herrschten Hunger, Elend lind Not; die politischen und sozialen Spannungen verschärften sich in solchem Ausmass, dass vielfach bereits mit Sicherheit der baldige Ausbruch des neuen furchtbareren Weltkriegs, dass die Vernichtung der Reste unserer Kultur durch die Atombombe vorausgesagt wurden. Erst in den letzten Wochen zeigt sich ein schwacher Silberstreifen am verdüsterten Welthorizont, lässt sich ein wenig Hoffnung schöpfen, dass das Schlimmste ver- mieden wird, dass — wenigstens zunächst — eine gewisse Besse- iung eintreten wird. IIUNGEK UND WELTERNTE Täglich lasen wir im vergange- nen Jahr in Zeitungen, in Briefen, in Aufrufen von Hilfsorganisatio- nen von Unterernährung, Hunger und langsamern Verhungern, vom Kinderelend, vom Anwachsen der Krankheiten, vom Erlahmen des Lebenswillens, der moralischen Widerstandskraft, dem Absinken tier Arbeitsleistung in den von ftaziterror und Krieg am meisten heimgesuchten Ländern Europas, insbesondere in Mitteleuropa. Und so ist die vielleicht erfreulichste .Nachricht des Jahres 1946 die am 14. Dezember von Reuter verbrei- tete, dass entgegen den pessimisti- schen Voraussagen des Internatio- nalen Ernährungsrats die ein Defizit von zehn Millionen lonnen Getreide befürchteten, die Welt mit einer Rekordernte rech- nen könne. Mit anderen Worten: Es wird voraussichtlich genug da sein, dass alle Menschen genügend Brot ha- von August Siemsen ben könnten, wenn ... Ja, wenn wir nicht in einer kapitalistischen Welt lebten, in der nur Brot be- kommt, wer zahlen kann. Der glei- che Reuter-Bericht sagt, dass es schwierig sein werde, genug Käu- fer zu finden. Jedenfalls wird man aber nicht mehr behaupten kön- « nen, es sei nicht genug Getreide da, um der Hungersnot in Deutsch- land, Oesterreich usw. ein Ende zu machen. Und ebenso wenig wird man noch sagen können, es fehle an Schiffsraum,. da inzwischen mehrfach das Gegenteil erklärt worden ist. In England gibt man in Voraus- sicht der zu erwartenden Getrei- demengen Getreide nicht nur zur Verfütterung an Schweine und Hühner frei, was ein erfreuliches Zeichen der Besserung der Lebens- mittellage ist, sondern auch zur Herstellung von Whisky. Es bleibt abzuwarten, ob nur die Whisky- trinker im Jahre 1947 mehr zu la- chen haben, oder ob auch die aus- gemergelten Menschen in den Hungerländern Europas im näch- sten Jahre wenigstens genug Brot bekommen werden. FRIEDENSSCHLÜSSE UND ABRUESTUNG Ein zweiter Lichtblick ist es, dass nach den langen und erreg- ten Diskussionen, die ergebnislos ?u bleiben schienen, eine Einigung über die Friedensschlüsse mit Ita- lien und den "Satellitenstaaten" erzielt worden ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Sowjet- union einerseits, die angelsächsi- schen Staaten andererseits mit diesem Kompromiss für die Dau- er zufrieden wären. Konfliktstoffe bleiben auch hier genug. Sber es AFIRMA UN PREST1GIOSO MEDICO AUSTRIACO QUE NO EXISTE EL MICROBIO QUE PROVOQUE EL CANCER Berlin (Especial) — "Los mecücos no llegaron a encontrar ei microbio que provoca el Cancer, porque no existe"declarö el prestigioso profesor Dr. Alfrede Christians Jese de] Institut,o tiel Cancer del Hospital Municipal de Viena, quien ha dedicado diez anos a hacer estutiios sobre esta entermedad. Despues de haber realizado rnas de ou.uüö expenmectos. alirma Ctmstiam, que elios le han lleva- do a la conclusion de que son las perturbaciones del proceso de la respiraeiön las que provocan particuias infecciosas en las celulas del cuerpo las que liquidan ai sistema daiensivu del organismo por ende, proüucen ia destruccicm de las ceiuias. ist schon etwas, dass für den Mo- ment ein Ausgleich, ein modus vi- vendi gefunden und damit die Kriegsgefahr abgeschwächt wer- den konnte. Die Friedensverträge erkennen gegenüüber der Sowjet- union das an, was bereits zur Zeit Boosevelts vereinbart worden war, was man in Washington und Lon- don aber wieder rückwärts revi- dieren wollte: Die rassische Vor- herrschaft bis zur Linie Stettin- Triest mit Ausnahme Griechen- lands- Dafür haben die Sowjet- union undtlfcigoslawien in der be- sonders umstrittenen Frage Triest nachgegeben. Aber gerade Triest als ein Teil der Mittelmeerfrage wird weiterhin ein gefährlicher Konfliktsherd bleiben. Der einstimmige Beschluss der UN, den Sicherheitsrat mit der Ausarbeitung eines Plans für die Abrüstung zu beauftragen ist völ- lig wertloS^n der Diskussion über die Abrüstung war ein förmli- ches Wettrennen der Weltmächte, durch schöne, aber inhaltslose Re- den die Weltöffentlichkeit zu be- eindrucken, Auch die Diskussionen über die Kontrolle der Rüstungen und der Effektivbestände an Trup- pen hat zu keinem irgendwie nütz- lichen Resultat geführt und konn- te das auch nicht. Mit den Ge- gensätzen, die ja durch die Frie- densschlüsse mit Italien und den Satelliten nur zu einem kleinen Teil abgeschwächt werden, und der Fortdauer von Misstrauen und £ngst bleibt die Drohung der Atombombe bestehen und gehen die Rüstungen weiter. England gibt eine Million Soldaten ausser- halb Englands zu, USA 550.000. Die Sowjetunion hat sicher weni- ger im Ausland, aber sie moderni- siert die Heere der ihrem Macht- bereich zugehörigen slawischen Staaten, die auf dem Belgrader Kongress eine ständige Kommis- sion gebildet haben, um enge Zu- sammenarbeit unter russischer Führung zu sichern. Die Vereinig- ten Staaten. wollen ihre mobilen Reserven auf 1.750.000 Mann erhö- hen; die Militärorganisation Ka- nadas schallet sich der ihren gSeicli, und dasselbe wird für Süd- amerika erstrebt. Der englische Arbeiterabgeordnete Zilliacus hat das englische Kriegsministerium beschuldigt, fm Geheimen Ve*- 4 DAS ÄNDERE DEUTSCHLAND handlangen mit den Vereinigten Staaten zu führen, die in der sel- ben Richtung liegen. Trotz aller Friedensschalmeien zum Jahresschluss starrt die Welt also nach wie vor in Waffen. Und wenn Montgomery pnd andere Mi- litärs in England und in USA — Hitler folgend — die militärische Erziehung als die beste rühmen, so werden sie durch das Verhalten der englischen und amerikanischen Besatzungstruppen Lügen gestraft. In Padua haben englische Solda- ten schwere Ausschreitungen durch Angriffe gegen die Zivilbe- völkerung und durch Plünderung von Läden begangen. Erfreulich war die Reaktion der Bevölkerung, welche sich nicht mit der Gegen- wehr begnügte, sondern auch das Hotel Regina, den Sitz der engli- schen Militärbehörde, stürmte. Ueber das Benehmen der Besät- eungstruppen in Deutschland ha- ben wir viele ungünstige Nach- richten erhalten. Jetzt soll das Verhalten nordamerikanischer Sol- daten in Deutschland zum Gegen- stand der Untersuchung durch ei- ne Senatskommission gemacht werden. Die Vorwürfe sind: Ver- gewaltigung, Raub, Mord. Wundert das ernstlich jeman- den? Nicht nur Nazitruppen be- nehmen sich so in einem besiegten land gegen die mehr oder weni- gr rechtlos gewordene BevÖlke. iung. Solches Benehmen ent- spricht der Denk- und Handlungs- weise von Menschen innerhalb ei- ner auf Macht und Gewalt sich gründenden Klassengesellschaft nnd Staatenwelt. * SPANIEN Die gleiche Zwiespältigkeit fin- den wir in der spanischen Frage. Zunächst ist mit Genugtuung zu begrüssen, dass die UN mit 34 ge- gen 6 — lateinamerikanische — Stimmen bei 13 Enthaltungen die Abberufung der Gesandten aus Spanien empfohlen hat. Wesent- lich ist, dass England und USA entgegen ihrer bisherigen Hal- tung für diesen Beschluss ge- stimmt haben. Noch wichtiger ist, dass die beiden angelsächsischen Mächte sich die Begründung zu eigen gemacht haben, die Franco- spanien als faschistisch nach dem Muster Hitlerdeutschlands oder Mussoliniitaliens bezeichnet, und feststellt, dass das Francoregime dem spanischen Volk gewaltsam mit Hilfe der Achsenmächte auf- gezwungen worden ist. Dieser Beschluss ist unter dem Druck der öffentlichen Meinung zustande gekommen. Insofern ist er wichtig. Aber man darf ihn nicht überschätzen, Abberufung der Gesandten heisst nicht Ab- bruch der diplomatischen Bezie- hungen. Die Holländer haben sich fceeilt, zu erklären, dass nach der Abberufung ihres Gesandten na- türlich ein Geschäftsträger in Spanien bleiben, dass mit anderen Worten sich nichts in den Bezie- hungen zu Spanien ändern werde. Erst recht denkt man in England und in USA nicht an den Abbruch der wirtschaftlichen Beziehungen, der allein geeignet wäre, Franco zu stürzen. Zunächst wird also alles beim alten bleiben. Aber dennoch müs- sen der Beschluss und seine Be- gründung weiter wirken. Eine sol- ch^ Verurteilung wird das Franco- regime trotz der Unterstützung der Kirche und der Weltreaktion kaum allzullange überdauern können. Das sieht auch das englische Aus- senministerium ein. Es bemüht sich deshalb, wie Alvarez del Vayo und andere erklärt haben, um die Bildung einer Rechtsregierung, die Franco ersetzen soll. Demgegen- übr fordern die englischen Ge- werkschaften aufs neue von Bevin den Abbruch der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Lei- der muss man nach dem immer wiederholten Zurückweichen der lingen Opposition gegenüber der katastrophalen Politik Bevins sehr skeptisch über den Ausgang dieser Bemühungen sein. DER NAHE OSTEN Hier haben sich in den letzten Wochen merkwürdige Dinge abge- spielt Mit besonderem Nachdruck hat die Sowjetunion im vergangenen Jahr die englische Machtstellung im Vorderen Orient zu untermi- nieren gesucht. Sie schien mit Hil- fe der linksgerichteten Autonomie- Bewegung in Aserbeidschan, mit Hilfe der aufständigen Kurden und gestützt auf die Tudeh- Par- tei den alten Wettkampf mit Eng- land um Persien und das persische Gel zu ihren Gunsten zu entschei- den. Die Behandlung der persische Frage vor dem Sicherheitsrat zeig- te, dass die persische Regierung nicht in der Lage war, die Be- schwerden ihres Vertreters gegen das russische Vordringen nach- drücklich zu unterstützen. Heute hat sich das Blatt völlig gewendet. Die Engländer haben zunächst durch Truppen und Auf- stände ihre Position in Südpersien gesichert. Sie haben dadurch die persische Reaktion so gestärkt, dass die Tudeh-Partei aus der Re- gierung gedrängt werden konnte. Dann konnte man Aserbeidschan "befrieden" und endlich die übli- chen "freien" und "sauberen" Wahlen unter Terror abhalten. Das Erstaunliche ist, dass die Sowjetunion das alles geschehen lässt und ihre Bundesgenossen in Persien preisgibt. Das ist um so erstaunlicher, da dadurch die tür- kische Regierung in ihrem Wi- derstand gegen die Dardanellen- forderungen der Sowjetunion so gestärkt worden ist, dass sie nach faschistischem Muster die linken Organisationen in ihrem Lande aufgelöst, ihre Führer verhaftet und acht oppositionelle Zeitungen verboten hat. Gleichzeitig wird die Rüstung gegen die Sowjetunion fortgesetzt und gesteigert, augen- scheinlich mit stärkster Unter- stützung Englands. Weshalb die Sowjetunion für den Augenblick den vollen Rück- zug im Nahen Osten angetreten hat »entzieht sich der Kenntnis. Ob hinter den Kulissen abge- schlossene Kompromisse, die der Sowjetunion auf anderem Gebiet Vorteile bringen, die Ursachen sind, ob Moskau die Konzentra- tion seiner Kräfte anderswo — vielleicht in China oder für den Aufbau im Innern — für vordring- lich hält? Man kann nur Vermu- tungen anstellen, . Eine wirkliche Ueberwindung der Gegensätze ist mit dem Zu- rückweichen der Sowjetunion na- türlich nicht erreicht worden. Die alten Aspirationen Russlands auf Beherrschung der Dardanellen und gesicherten Zugang zum Mit- telmeer — und das heisst zugleich seine Entwicklung zur Mittelmeer- macht — können von der Sowjet- union nicht aufgegeben werden- Und solange die imperialistische Politik in England fortgesetzt wird, ist hier keine dauernde Ver- ständigung möglich, höchstens ei- ne zeitweise Abdämpfung. Eine solche ist aber keineswegs in der Palästinafrage sichtbar. Die Ansprüche der Juden stossen hier mit unverminderter Schärfe auf den Willen Englands, mit Hil- fe der arabischen Feuhalherren DAS ANDERE DEUTSCHLAND 9 sich gegen die notwendigerweise durch die jüdischen sozialistischen Arbeiter geförderte Linksentwick- lung im Nahen Orient und damit gegen den wachsenden Einfluss der Sowjetunion zur Wehr zu set- zen. In Griechenland endlich wird der unter englischem Schutz er- folgende Ausrottungsfeldzug gegen die "Banditen", d. h. gegen die an- tifaschistischen militanten Links- gruppen auch mit keinem dauern- den Erfolg rechnen können we- gen der Nachbarschaft der prorus- sischen Staaten Bulgarien, Jugo- slawien, Albanien. Auch der Balkan bleibt, was er seit langem ist: ein leicht explodierbares Pulverfass. DER FERNE OSTEN "Die Epoche des Imperialismus i?t zu Ende" hat Sumner Welles am 22. Dezember gesagt. Er erwar- tet — wenigstens in diesem Punkt — eine bessere, demokratischere und friedlichere Welt. Dieselben Zeitungsnummern, die diese frohe Botschaft von Sumner Welles brachten, berichteten von den schweren Kämpfen in Fran- zösisch Hinderindien. Nach hefti- gen Strassenkämpfen in der Hauptstadt Hanoi hat der franzö- sische Befehlshaber in der soeben geschaffenen freien Republik Vietnam erklärt, die Eingebore- nenregierung sei geflohen, jeder solle ruhig seiner Arbeit nachge- hen. Inzwischen hat sich der Auf- stand sehr ausgedehnt und es wird erbittert und verlustreich ge- kämpft, und die sozialistische Re- gierung Blum schickt neue Trup- pen. Und wie steht es in Niederlän- disch Indien? Der Vertrag der in- donesischen Regierung in Java mit den Holländern ist vom holländi- schen Parlament bestätigt wor- den. Aber die Kämpfe sind nicht zu Ende, und erst soeben ist in Celebes der Ausnahmezustand ver- hängt worden. Die Philippinen sind Republik geworden. Aber der eigentliche Beherrscher sind die Vereinigten Staaten geblieben, und der ihnen genehme neue Präsident wirft brutal die aufständischen armen Bauern nieder. Vorderindien hat seine Frei- heit erhalten. Aber die Engländer stehen noch im Lande, und die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Mohamme- danern dauern an. Wenn man nur ein wenig von den Methoden der englischen Herrschaft in Indien weiss und sich die Poitik Bevins vor Augen hält, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass diese Unru- hen trotz aller schönen Worte nach altbewährtem Rezept von den englischen Kolonialbehörden geschürt werden, um die wirkliche Freiheit Indiens zu verhindern. Die Inder haben bei der UN Be- schwerde erhoben gegen die Aus- (lahmebehandlung und Entrech- tung der Inder in Südafrika zur gleichen Zeit, wo Herr Smuts, der so wundervolle Reden hält, das frühere Deutsch-Südwest-Afrika der Südafrikanischen Union ein- verleiben wollte, und wo er sich gegen die ablehnende Auffassung <3er UN bockig zeigt. Das Wort von Sumner Welles muss sehr eingeschränkt werden. Die imperialistische Politik muss heute Konzessionen machen an das Freiheitsstreben und den Frei- heitskampf der bisherigen Kolo- nialvölker. Sie tut das so zögernd und unzulänglich, dass gewaltsa- me Auseinandersetzungen nicht vermieden werden. Den Hollän- dern haben die Engländer gehol- fen. Mit recht schwachem Erfolg! Der Haupterfolg sind viele tau- send Tote, zerstörte Städte und verwüstetes Land. Es st kaum an- zunehmen, dass sie jetzt den Fran- ?osen in Hinterindien helfen kön- nen, die heute die Folgen einer törichten und brutalen Kolonial- politik ernten. Und trotz der Milllardenliefe- rungen an modernen Waffen und Kriegsinstrumenten, die Tschiang- kaischek und der chinesischen Re- aktion die Führung des Bürger- kriegs gegen die chinesische Bau- ern und Arbeiter gestatten, trotz der nordamerikanischen Besat- zungstruppen in Korea wird auch hier die Entwicklung zur nationa- len Befreiung und zugleich zur so- zialen Umgestaltung führen. Man muss also das Wort von Welles umändern: Der Imperialis- mus ist in die letzte Phase seiner Entwicklung getreten, in welcher ei gegenüber dem Emanzipations- kampf der unterdrückten Völker unterliegen wird. Nach wieviel Opfern, unter wieviel Zerstörung, das ist eine andere Frage. DEUTSCHLAND Zuzn Schluss ein Wort über Deutschland! Nach wie vor ist Deutschland blosses Objekt des Kampfes zwischen Ost und Westj zwischen der Sowjetunion und den angelsächsischen Mächten, ..Im Februar sollen die Vorbera- tungen, im März die Hauptver- handlungen der Aussenminister über den Frieden beginnen, den man Deutschland auferlegen will. Das deutsche Volk oder seine Ver- treter haben dabei nicht mitzure- den. Wie in Deutschland Elend und Not, Apathie und Ver/welflung wechseln, darüber haben wir im- mer wieder neues Material ge- bracht. Ob das hungernde und ver- hungernde Deutschland einen aus- reichenden Anteil an deT Weltre- kordernte bekommen wird, wird davon abhängen, ob man dadurch die Deutschen für sich und gegen den Andern einnehmen möchte. Bei »olch plausiblem Grunde stehen die Aussichten nicht ganz schlecht. Die andere entscheidende Frage ist, ob Deutschland zerissen bleibt, oder ob es wieder geeinigt wird. Darüber weiss man nichts. Die Zerissenheit muss die wirtschaft- liche Gesundung und die Demo- kratisierung bis zur Unmöglichkeit erschweren, dem Nationalismus riesigen Auftrieb geben und Deutschland weiterhin zum Schau- platz der Kämpfe zwischen Ost und West machen- Die Einigung würde zusammen mit einer soziali- sierten Wirtschaft und einer auf die Selbstverwaltung von Gemein- den und Bezirken sich gründenden politischen Demokratisierung den Schlusstrich unter die unselige Verpreussung und Militarisierung bedeuten und aus Deutschland ein Ferment Europas und des Friedens machen können. Aber dafür bestehen kaum Hoff- nungen. Bisher sind die Sieger- mächte, allen voran Frankreich, das seine europäische Aufgabe ebensowenig sieht, wie Deutsch- land das getan hat, mit Deutsch- land in einer Weise verfahren, die das Schlimmste befürchten lässt. So ist Deutschland weiterhin ein böser Gefahrenherd für den Frie- den und die Erholung Europas und der Welt. Aber alles ist in Fluss. Weder Bevin noch die kurzsichtige na- tionalistische Politik Frankreichs sind das letzte Wort. Das werden die arbeitenden Massen in Eng- land wie in der Welt zu sprechen haben DAS ANDERE DEUTSCHLAND Palästina und andere Erinnerungen Herbert Samuels Lebenserinnerungen führender Poli- tiker siiid grossenteils nur für die Geschichtsschreiber interessant. Aber selbst als Quelle für das historische Studium erweisen sie sich häufig von zweifelhaftem Wert, da die Memoi- ren nicht selten alles andere als eine objektive Darstellung des Ablaufs der Ereignisse darstellen. Entweder die- nen sie dein Schreiber dazu, sich selbst in den Strahlen eines bereits verblassten (ganzes noch einmal zu sonnen oder dflrch verbogene Dar- stellung der Tatsachen eine Rechtfer- tigung begangener Fehler zu versu- chen. Ein Verdienst der Memoiren des Viscount Herbert Samuel*) — mehr- facher englischer Minister, Führer der Liberalen Partei und erster Hoher Kommissar Palästinas — ist es, dass er. nur in beschränktem Masse in die- se Fehler verfällt. Stattdessen bringt er verschiedentlich kurze treffende Charakteristiken bedeutender Person- lichkiten, weniger bekannte Tatsachen zur Beurteilung des Palästina-Pro- blems und im übrigen auch einen recht interessanten Querschnitt durch die englische Politik der vergangenen 60 Jahre. Als Beispiele seiner ' geschickten Charakterisierungen seien diejenigen Churchills, Neville Chamberlains. Gan dhis und Einsteins herausgegriffen: Churchill: „Während der Jahre, in denen er ein führendes Mitglied eines liberalen Kabinetts war, führte Chur- chill die Sprache des 'Liberalismus mit Korrektheit — vielleicht mit der sorgfältigen Betonung und dem leich- ten Akzent, mit denen man sich leicht in einer Sprache ausdrückt, die man erst spät im Leben gelernt hat." NevÜIe Chamberlain: ,,Höflich und angenehm in seinem Wesen, war hamberlain stets bereis, Argumente mit Freundlichkeit aber mit ablehnen- dem Geist anzuhören." Gandhi: „Er bewahrt eine etwas formalrechtliche Anschauung abar in merkwürdiger Verbindung mit der öf- fentlichen Stellung eines grossen Füh- reis der Massen und dem Innenleben eines Heiligen. Er hat jene eigenarti- ge Vereinigung eines aufrichtigen, op- ferbereiten Enthusiasmus mit einer äurtiidrinigenden prantischen Urteils- kraft die Macht verleiht. Er ist ein guter Zuhörer, spricht mi-t Verant- wortungsbewusstsein und wird einer Beweisführung mit Geduld folgen, aber am Schluss kommt er immer da an. wohin er will und nicht notwendiger- weise zu dem Ziel, an das die Argu- mente eigentlich führen müssten, Er erscheint deshalb oft unvernünftig Und, eigensinnig, und . ich schwanke häufig zwischen Bewunderung und Verzweiflung . . . Aber wenn ich mir schliesslich seine Laufbahn als gan- zes ansehe, so überwiegt bei mir nicht die Verzweiflung, sondern die Bewun- derung." E;nstein; "Einstein ist ebenso, wie 3k3a ,~iyk .es war, ein Mensch freund- lichen und einfachen Wesens. Ueber - -f— ») „Memoirs by the Rt. Hon. Viscount Samuel", Cresset Press, London 1945. von Hans Lehmanr all als der grösste Wissenschaftler unserer Zeit anerkannt, trägt er sei- nen ungeheuren Ruhm ohne das ge- ringste Selbstbewusstsein, ohne Stolz oder Misstrauen . . - Seine grossen Augen haben einen Ausdruck von Unschuld, beinahe der Ueber raschung. Er hat einen grossen Sinn für Humor und lacht leicht," Aber von besonderem Interesse sind in der heutigen Situation diejenigen Teile des Buches, die sich auf Palä- stina beziehen. Hier kann man aller- dings finden, dass Herbert Samuel auch die Kunst beherrscht, über un- angenehme Dinge mit Stillschweigen hinwegzugehen. So sucht man verge- bens einen Hinweis darauf, dass er es war. der den berüchtigten Grossmufti zum höchsten religiösen Würdenträ- ger der arabischen Palästinenser ge- macht hatte, ohne dass difese ihn da- für vorgeschlagen hatten. Trotzdem kann man dem ersten Hohen Kom- missar in 'Palästina wohl nicht das Verdienst • absprechen, die ersten Schritte zum Aufbau des jüdischen Nütior.alhelms getan oder wenigstens e.-ieichtert zu haben. Bis zum Ausbruch das ersten Welt- krieges hatte Herbert Samuel sich nicl.t besonders für die Palästinafrage interessiert. Als aber die Türkei, zu der Palästina damals noch gehörte, auf Seiten Deutschland« in den Krieg eintrat, wurde die Sache anders- Es ist bezeichnend für Samuel, was er darüber berichtet: »Wenn Palästina eine neue Bestim- mung gegeben werden sollte, so war Grossbritannien mit seinen wichtigen strategischen Interessen im MitteL- osten üirekt davon betroffen. Die Frage, wer der Nachfolger der Tür- kei bei der Kontrolle des Landes wer- deu sollte, das an den Suezkanals an- grenzte, verlangte eine ernsthafte Er- wägung seitens unserer Regierung. Für mich hatte die Angelegenheit ein zusätzliches und spezielles Interesse. Als erstem Mitglied der jüdischen Gemeinschaft, das jemals in einem britischen Kabinett sass (Disraeli war bereits als Kind von seinem. Vater aus der Gemeinschaft genommen), lag es mir zum mindesten ob. mich 'darüber zu unterrichten, was die zionistische Bewegung darstellte und was sie tat." Er kam mit Weizmann als dem Lei- ter der zionistischen Bewegung in Berührung, las deren Schriften und wurde ven ihnen stark beeindruckt. Es wurde ihm aber klar, dass das zio- nistische Problem die strategischen Interessen Englands stark berührte. Darum entschloss er sich, mit Edward Grey als dem damaligen Aussenmi- nister hierüber zu sprechen. Aus sei- nen Aufzeichnungen • über diese Be- sprechung seien folgende Stellen wie- dergegeben : „Ich sagte, dass ich selbst nie ein Zionist gewesen war, weil die Aus- sichten für einen praktischen Erfo7g so entfernt zu sein schienen, dass ich nicht gewillt war, mich an der Bewegung zu beteiligen (!). Aber nun sind die Verhältnisse ganz anders. Wenn ein jüdischer Staat in Palästi- na eingerichtet würde, so könnte er das Zentrum einer neuen Kultur werden- Ich dachte, dass der briti- sche Einfluss eine beträchtliche Rolle bei der Bildung eines solchen Staates spielen sollte, wegen der geographi- schen Lage Palästinas, ufid besonders würde wegen der Nachbarschaft zu Aegypten sein Wohlwollen gegenüber England wichtig für das britische Imperium werden." Grey erschien die Angelegenheit sehr beachtenswert. Aber er hatte Be- denken dagegen, dass England die Verantwortung für Palästina über- nehmen sollte. Vielmehr dachte er oaran, Palästina unter internationale Garantie zu stellen. Aber damit war Samuel nicht einverstanden. Er führ- te deshalb eine zweite Unterredung mit Grey herbei, über die er u. a. be- richtet: .„Ich wies nachdrücklich auf die Gefahr hin, die daraus entstehen könnte, dass irgendeine andere Macht als England Palästina besässe, und auf das Risiko, dass eine intern atio- r.ale Regierung damit enden könne, dass ein europäischer Staat die .Vor- herrschaft erlange. Ich machte darauf aufmerksam, dass Deutschland, wenn es vor dem Ausbruch des Krieges Pa- lästina besessen hätte, einen furcht- baren Angriff auf Aegypten hätte vorbereiten können. Er stimmte mir daifn zu " Sollte England nun für eineJf jüdi- schen Staat oder nur dafür eintreten, dass Palästina dea Juden als Freiutät* te offengehalten werden? Je ernsthaf- ter man sich in England für Palä- stina interessierte, umso wichtiger wurde die Entscheidung dieser Frage. Dazü schreibt Samuel: ,,Je mehr die Situation untersucht wurde, umso klarer wurde es, dass der Gedanke eines jüdischen Staates undurchführbar war. Vielleicht könn- te er im Laufe der Ereignisse kom- men; aber so lange die grosse Mehr- heit spiner Einwohner Araber waren, stand es ausser Frage. Eine jüdische Minderheiten-Regierung aufzuerlegen, stände in glattem Widerspruch zu ei- nem der Hauptziele, das die Alliier- ten aufgestellt hatten. Andererseits war es nicht nötig, den Standpunkt einzunehmen, dass die vorhandene Bevölkerung, die doch so spärlich war, das Recht haben sollte, die Tü- ren vor der Rückkehr eines Volkes ku verschlussen, dessen Beziehung zu dem Lande wesentlich älteren Datums waren ats diejenigen der vorhandenen Bevölkerung." Als Allenbys Truppen vor Jerusalem standen, nahm somit der Gedanke ernsthaftere Gestalt an "ein jtiäi- x sches Nationalheim in Palästina" zu schaffen. Die beiden darüber befrag- ten' zionistischen Führer Dr. Weid- mann und Sokolow nahmen den Vorschlag „mit tiefer Freude und Ge- nugtuung" auf. So entstand dann die berühmte Balfour-Deklaration, die DAS ANDim Olli TS CHI AND 7 am. 2. November 1917 veröffentlicht wurde, und in der es heisst: ..Die Regierung Ihrer Majestät be- trachtet mit Sympathie die Errich- tung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird ihre besten Kräfte dafür ein- setzen, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, es wird dabei als klar erachtet, dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen oder reli- giösen Rechte in Palästina existieren- der nicht-jüdischer Gemeinschaften beeinträchtigt, oder die Rechte und den politischen Status der Juden in irgendeinem anderen Lande-" Samuel wendet sich dabei gegen die von Lloyd George „aus seiner Vorliebe für das Pittoreske" verbrei- tete Legende, die Balfour-Deklara- tion stelle sozusagen ein Geschenk Englands an Weizmann für seine au- sserordentlich wichtigen Erfindungen während des Krieges 1914-1918 dar. In seiner typischen Art erklärt Sa- muel, dass eine solche Darstellung der Tatsachen nicht der wahren Bedeu- tung jener Erklärung gerecht werde, bei der man das Nützliche mit dem Angenehmen so gut zu vereinen wusste "In dem Glaubet!, dass es die beste Methode sei, die Regeneration des Landes zu fördern, wenn man nach Palästina das neue wirtschaftliche und kulturelle Element brächte, nach jenem Land von stärkstem histori- rinchen Interesse für die Menschheit, das nun beinahe verlassen ist; und dass es weiter eine geeignete Vor- sichtsmasenahme gegen mögliche künftige Gefahren für die legitimen und langjährigen Interessen Gross- britanniens darstelle." Auf Grund der Tatsache, dass Her- bert Samuel das Palästina-Problem vor das englische Kabinett gebracht hatte,, erschien er offenbar als der ge- eignetste Wann, der im Auftrage Eng- lands die Aufgabe der Einrichtung ei- ner jüdischen Heimstätte durchfüh- ren könnte. Ais LJoyd George Samuel fcu diesem Zweck nach . Palästina schicken wollte, hatte dieser zunächst gewisse Bedenken dahingehend, dass die anderen Religionsgemeinschaften Palästinas ihn als Juden vielleicht mit besonderem Misstrauen betrach- ten könnten. Aber nachdem er sich mit Weizmann und Sokoiow darüber besprochen hatte, erklärte er sich be- reit» den angebotenen Posten zu über- nehmen. da durch taktvolles Vorge- hen die Bedenken der Nichtjutiea Palästinas*zweifellos zu überwinden wären. »Auf der anderen Seite hat es sei- ne Vorteile", fügte Samuel in seinem Brief an Lloyd George hinzu. ..Die Eriüllung des .zionistischen Pro- gramms muss naturgemäss gradweise und mit grosser Rücksichtnahme auf die Interessen der Araber und Chri- sten vor sich gehen. Die Judenheit Pa- lästinas und der ganzen Welt würde eher bereit sein, Geduld walten zu lassen, ohne die Begeisterung zu ver- lieren, wenn das Tempo von einem Beamten angegeben würde, von dem man wusste, dass er dem letzten Ziel mit Sympathien gegenüberstehe, als wenn das von irgendjemand anders getan würde . . . Aber die militärische Reaktion — Reaktion in doppeltem Sinne — liess nicht auf sich warten. Allenby als Oberbefehlshaber im nanen Osten meldete seine Bedenken an, dass d e geplante Ernennung eines Juden leicht Anlass zu ernsthaften Unru- hen in Palästina sein könnte. Be- zeichnenderweise schob er dabei die Rücksicht auf die palästinensischen Juden vor. die leicht das Opfer ara- bischer Angriffe werden könnten Nach einer nochmaligen Besprechung mit einer Vertretung der Juden Pa- lästinas wies Samuel aber diese Be- fürchtungen als haltlos zurück und erklärte sich nochmals zur Annahme des Postens bereit. Er tat dies ins- besondere aus der Ueberzeugung her- aus, dass die Verwirklichung des jü- dischen Nationalheims sich wohl mit der Wahrung der arabischen Rechte in Palästina vereinbaren lasse. Als überzeugter Liberaler hätte er nie sei- ne Hand zur Entrechtung der Araber geboten. So gelang es ihm tatsächlich, die Interessen der Juden und Araber so weit auszugleichen, dass Palästi- na ausser nicht sehr erheblichen Un- ruhen im Mai und November 1921 während mehr als 8 Jahren ruhig blieb. Seine Amtszeit lief allerdings schon Mitte 1925 ab Zum Abschied erhielt er Briefe wärmsten Danks so- wohl von den englischen und ameri- kanischen zionistischen Organisatio- nen als auch von Weizmann persön- lich. Als zwei 'für Samuel charakteristi- sche Stellen aus seinen Erinnerungen seien zum Schluss noch seine Hal- tung zum Frauenstimmrecht und 'zum Marxismus, soweit sie im Buche zum Ausdruck kommen, erwähnt: Im Prin- zip fühlte er stets die Notwendigkeit, den Frauen grössere Rechte einzu- räumen. Aber sollte man mit der Er- teilung des Stimmrechts nicht warten, bis ein grösserer Teil der Frauen sich mit politischen Fragen beschäf- tigt hätte? Dann kam die Zeit dci Suffragetten. Sie scheuten nicht vor Gewaltakten bei ihrer Propaganda für das Frauenstimmrecht zurück. Das machte Samuel bedenklich: .«Wenn diese Methoden in diesem Fall recht waren, dann würde» sie auch in jedem andern Fall recht sein. Wenn man, zuhesse, dass sie hiei Er- folg hatten, dann hätten die Vertre- ter jeder anderen Sache, . . . hinter der machtvolle tjebei Zeugungen stän- den, und für die Gefühle tief aufge- wühlt, würden, einen Anlass, sie nach- zuahmen . . . Damit würde ein ver- ' beerender Präzedenzfall für die Zu- kunft in unserer eigenen Demokratie und in jeder anderen geschaffen. Ich war mehr als auf dem halben Wege dazu, ein entschiedener Vertreter des Frauenstimmrechts zu werden, als die Suffragetten meine dahingehende Entwicklung zum Stillstand brach- ten." Ebenso wie hier die typische Hal- tung des Politikers zum Durchbruch Kommt, dem im entscheidenden Au- genblick die Erhaltung der bürgerli- chen Ordnung wichtiger ist als die Vertretung wirklich liberaler Prinzi- pien, so zeigen sich ähnliche Scheu- klappen auch bei' seiner Bestellung des Marxismus. Samuel äussert sich zu diesem Problem zwar nur neben- bei, wo er über die Ursachen des er- sten Weltkriegs schieibt. die allein auf das Machtstreben das Kaiser- reichs zurückzuführen seien. Nach- dem er dies ei klärt hat, meint er: „Die oberflächliche Ansicht von der menschlichen Geschichte, die die- se immer beherrscht sieht von dem ökonomischen l^aktor — die marxisti- sche Anschauung — kann keine Stüt- ze finden in den Ereignissen von 1914." Der Mann, der im Grunde aus dem Bestreben heraus, die Interessen des britischen Imperiums zu wahren, zum Zionismus gekommen ist. bringt nicht einmal die Erkenntnis auf, wie sehr gerade die Tatsache, dass, der erste Weltkrieg, der das Resultat, des Zuss^i- menstosses zweier Imperialismen war, die marxistische Theorie bestätigt. Dies ist nur eines der Beispiele da- für, dass die Memoiren Samuels nur richtig gewertet werden können, wenn man sie als das Erinnerungswerk ei- nes der letzten grossen Vertreter der alten liberalen Schule mit allen ihren Vorzügen und Nachteilen betrachtet. Otto Strasser möchte Deutschland erneuern "Deutschlands Erneuerung" n&nnt sich die neueste Emanation Otto Strassers, zu deren Veröffentlichung in Buenos Aires der Verlag Trenkel- bach auf der Bildfläche erscheint. Eine Besprechung dieses Buches im "Argentinischen Tageblatt" schliesst mit den Worten: "Man muss sich mit Strassers jüngstem Buch auseinan- dersetzen. Man kann es bejahen oder ablehnen, jedenfalls lässt es sich nicht totschweigen. Der Verfasser hat den Mut, zu sagen, was er , dsnkt, und so zu handeln, wie sein Gewissen es ge- bietet, auch dann, wenn er auf Wf- derspruch und Gegnerschaft stösst." Mehr als die Lobeshymne, welche die "Freie Presse" dem Produkt Stras- serschen Geistes gesungen hat —die hat uns nicht v^swundert, — veran- lasst ■ uns die Besprechung des "Argen- tinischem Tageblatts", uns auch unse- rerseits mit dem Buch "auseinander- zusetzen". Wir hatten allerdings gehofft, dass es nicht mehr notwendig sein würde, in antifaschistischen und demokrati- schen Kreisen noch über Otto Stras- ser zu diskutieren. Wir waren mehr- fach während der Hitlerdiktatur da- zu genötigt und würden gern einen Strich darunter machen und sein Buch totschweigen, so wie es das ver- dient. Da man aber noch immer auf £trasser hereinfällt, müssen auch wir enneut zum "Fall Strasser" das Wort ergreifen. In Buenos Aires hatten die deut- schen Antifaschisten Gelegenheit, zwei Gefolgsleute Strassers, die Her- ren Fricke und Jürgens, aus der Nä- he kennen zu lernen. Nack kufa^ gemeinsamer Tätigkeit beschuldigten sich die Beiden gegenseitig als Fäl- scher, Betrüger und Spitzel. Fricke blieb siegreich und fungierte als Gau- leiter der Schwarzen Front in Süd- amerika. Nachdem das "Andere Deutschland" alle Anbiederungsver- suche abgelehnt hatte, denunzierte er uns unter Namensangabe im "Mundo" der Oeffentlichkeit und der Polizei als Kommunisten. Natürlich ohne Erfolg. "El Mtindo" erklärte, dass es einer Lüge zum Opfer gefallen sei. Am 13. Nov. 1941 schrieb Fricke in einem Brief: "Wir waren immer und sind noch heute Nationalsozialisten, die jetzt nur aus praktischen Grün- den mit den Antiquitäten in Verbin- dung bleiben, weil jene armseligen Idioten, die reaktionären Chamber- lains und kapitalistischen Geschäfts- leute in Washington, noch immer an die Bedeutung der Herren Mann, Brüning, Sollmann etc. glauben". Overseas News berichtete dann, dass Strasser sich mit diesen Worten Frik- Bolidarisiert habe. Jedenfalls blieb Fricke "Gauleiter" der — nicht vor- handenen — Schwarzen Front oder der umgetauften, aber ebenso wenig vorhandenen 'Frei-Deutschland-Bewe- gung\ Lange Zeit fand Otto Strasser mit grössenwahnsinnigen # Behauptungen über die Bedeutung: seiner Schwarzen Front und mit seinen Ratschlägen zur Bekämpfung der Hitlerschen Form des Nationalsozialismus Eingang in die gro- sse Presse, bis wir ihm wenigstens hier in Buenos Aires das Handwerk legen konnten. Damals schrieb Le Hour. das Organ der de Gaullisten in Kanada: "Herr Strasser mag Antihitlerist in demselben Sinne sein, wie ein Kom- plice von AI Capone Anticaponist. wird, wenn er in einem Streit mit diesem unterlegen ist: aber deshalb hört er nicht auf. ein Pistolero zu sein. So maar auch Herr Strasser sich als An- tihitlerist geben, aber er ist deshalb i noch keineswegs ein Antifaschist.'" Und Sunday Dispatch schrieb: "Es wäre interessant, zu wissen, welche Personen oaer uruppen inre schüt- zende Hand über Strasser halten und seit so langer Zeit seine Intermei'ung in einem Konzentrationslager ver- hindern'"^ Nun kann man gewiss umlernen, man kann aus einem Saulus ein Pau- lus werden, und man könnte dann nach der Bekehrung vielleicht sogar ein ernsthaftes und lesenswertes Buch schreiben. Aber die masslose Ei- telkeit,^, der ungehemmte Gsltungs- und Machttrieb, die Skruppellosigkeit in der Wahl der Mittel, die mit Göb- bels konkurrierende Aufschneiderei, die zu den wesentlichen, immer wie- der betätigten Charakterzügen Otto Strassers gehören, lassen eine wirkli- che Bekehrung von vornherein als unwahrscheinlich, wenn nicht als un- möglich erscheinen. Die Lektüre sei- nes Buches bestätigt das in vollem Umfang. Von ihm gilt das Gleiche wie von der Rede seines Bruders Gregor — die Liebe zu diesem von Hitler er- mordeten Bruder ist der sympa- thischste Charakterzug Ottos —. in der dieser das vielzitierte Wort von der "antikapitalistischen Sehnsucht der Massen" prägte. Diese sensatio- nelle Rede wurde von Hilferding in einer sofort erfolgenden Replik dahin gekennzeichnet, dass das, was an ihr richtig sei, von Karl Marx stamme, und dass das übrige unklares Ge- schwätz gewesen sei. Es ist eine Qual, das Strassersche Buch zu lesen. Da gibt es vielfach richtige oder halbrichtige kritische Ausführungen gegen Bürokratismus, Staatsallmacht. Vermassung' und an- dere Krankheitserscheinungen unse- rer Zeit, ohne das jemals die Wurzeln dieser Symptome aufgezeigt würden. Und das Richtige geht unter in einem Hexensabbath verschwommener Phra- sen und reaktionärer Quacksalbereien. Zur "Wiedergeburt des Abendlandes" wird der "Geist des Abendlandes" be- schworen, den Strasser im Mittelalter entdeckt. "Volkstum" und "Christen- tum" sind seine Grundlagen. Mit ih- rer Hilfe wird die "wahre" Volksge- meinschaft und die "wahre"* Demo- kratie erstehen. In dieser "wahren" Demokratie gibt es konfessionelle Er- ziehung, "Erblehen" statt der Erbhö- fe, eine Art neues Zunftwesen, Stän- dekammern, und was der Blödhei- ten mehr ist. Da finden wir das folgende schöne Bekenntnis zu Spenglers und Hitlers Geschichtsphilosophie: "So gewiss es ist, dass weder der Einzelne, noch die Nation, noch der Kulturkreis den von den organischen Gesetzen vorgesehe- nen Tod vermeiden kann . Wie bei den beiden Genannten wird durch den apodiktischen Ton die Pri- mitivität der Gleichsetzung biologi- scher und gesellschaftlicher Entwick- lungen verdeckt. Für Strasser bildet "das Heilige &ö- ische Reich Deutscher Nation in sei- ner Idee und in seinen Grund-Ele- menten das Richtbild für die Politik der Zukunft." Besser würde er sagen das "Hinnchtebild:". Er ist bereit, ei- ne Europa-Föderation unter deut- scher Führung dem englischen Impe- rium — er nennt das lieber dem eng- lischen •'Commonwealth" — anzu- schliessen,, ohne dabei auszusprechen, dass dann das so wiedergeborene Abendland zum entscheidenden Schlag gegen die Sowjetunion ausholen soll. Am Schluss will er die Krankheit der Seele und die Krankheit der Zeit durch "die Rückkehr zu Gott" heilen. Wenn die Zeitschrift "Le Hour" einst "ragte, wer durch seine schüt- zende Hand Strasser vor dem Kon- zentrationslager bewahre."" so erhebt sich in uns die Frage, ob es Strasser trotz seiner früheren Sfanden gelin- gen wird, sich erfolgreich bei dem Papst und bei Bevin. bei der Kirche und bei der europäischen politischer Reaktion als Helfer zu empfehlen. August Sietnser INDISKRETIONEN EINES KORRESPONDENTEN Dies ist eine einfache Geschichte. Sie will Ernst Bevin nicht sagen, ivas er mit dem Auswärtigen Amt tun Sollte. Sie bezieht sich nur auf die sehr sonderbare Angelegenheit des englischen Aussendienstes. Betrachten wir einmal den Fall des britischen Gesandten in Portugal, Sir Owen O-Malley. Vorige Woche erzähl- ten mir Zeitungsleute, dass spanische Monarchistenführer, die ihre Beru- fung zum Tronbewerber nach Estoril Bei Lissabon erwarteten, meinen Be- richterstattern anvertraut hätten, •dass Sir Owen ihnen geraten hätte, ihre Verhandlungen für eine gemein- ;same Aktion mit der republikanischen :Linken einzustellen, ihr Vertrauen ^ranco tu schenken und die Wieder- herstellung der Monarchie in seine Hände zu legen- Sogar die Monarchi- stenführer waren erstaunt. Und dann folgte die Frage, die aus- Iwärtigen Berichterstattern sö oft von von John Kimche Parteiführern, Ministern und selbst Königen gestellt wird: "Glauben Sie, dass der Gesandte aus eigener Macht- vollkommenheit handelte, oder wurde er vom Auswärtigen Amt beauftragt?" Solche Katechismusfragen enden mei- stens mit der monotonen Zweifels- frage: "Weiss Bevin von diesen Din- gen? Weiss das englische Kabinett davon?" Sympathien mit Rechts. Das ist nur ein Detail, und es wüße jedenfalls unfair erscheinen, wollte jnan Sir Owen O'Malley um dieser sei- ner Tätigkeit willen angreifen. Er wur- de von der Labourparty für diesen Pos- ten bestimmt, vermutlich mit Ab- sicht. Sir Owen hat niemals aus sei- nen parken Sympathien mit der äu- ssersten Rechten ein Hehl gemacht. Als Gesandter bei der ungarischen Horthyregierung bis 1941 zeigte er das ganz offen, und noch nachdrückli- cher. als er von Mr. Eden im Jahr 1943 der polnischen Regierung in London zugeteilt wurde- Sir Owen lud mit betonter Absicht die sozialisti- schen Minister der polnischen Regie- rung nicht zu seinen diplomatischen Empfängen ein. Er war in seinen fe- sten Ueberzeugungen immer offen und ehrlich, und er hat sie offensicht- lich auf seinem neuen Posten nicht geändert, wenn er diesen auch aus den Händen der Arbeiterregierung empfing. Er spricht jetzt für die Ar- beiterregierung genau ebenso, wie er es als Chamberlains Gesandter in Bu- dapest und als Edens Gesandter in Polen zu tun pflegte. Dies aber ist nur die eine Seite der Sache.. Sir Owen ist auch der Haupt- gewährsRiann der Regierung in portu- gisiscfoen Angelegenheiten, die zur 9 Zeit auch die Beziehungen zum Tron- bewerber und die Verhandlungen über die Beseitigung des Francoregi- mes in sich Schliessen. Die Nachrich- ten, die darüber an das Aussenmini- sterium kommen, gründen sch auf die stark voreingenommenen Ansich- ten und Verbindungen des Gesandten in Lissabon. Möglicherweise! ist alles zutreffend — aber ist es wirklieb richtig? Solche Dinge, die uns im täglichen Leben überall begegnen, lasssen in uns die Frage aufkommen, ob die Uebernahme von siebzehn Absolven- ten von Mittelschulen in die unteren Stufen des Aussendienstes oder die Ernennung eines Handelsattachees in Budapest eine hoffnungsvolle Ent- wicklung bedeuten, wie die Reform- enthusiasten das behaupten. Es ist wahrscheinlich etwas, aber ist es ge- nug für die Arbeterregierung? Nahmen wir einen anderen Fall; Eines der grössten Probleme Zentral- europas ist die Art, in welcher die Russen sich in Oesterreich eingerich- tet haben, und die politische und wirtschaftliche Macht, die sje jetzt in dem Land ausüben. Es war nicht im- mer so, — aber es wurden ihnen al- le Türen offen gelassen, und tatsäch- lich hatten sie in jenen Tagen, als der Grund zu der jetzigen Situation ge- legt wurde, keinen Mitbewerber. Sechs Monate, nachdem die Eng- länder in Wien eingerückt waren, hatte der politische Leiter des engli- schen Kontrollrates, Mr. Mack, weder Dr. Renner, den damaligen österrei- chischen Premierminister, noch ir- gend ein anderes Mitglied der Regie- rung Je getroffen und gesprochen. Die RXissen waren durch Marschall Ko- niev in engem persönlichen Kontakt mit der Regierung. Mr. Mack benutzte einen englischen Privatangestellten der Kontrollkom- mission als inoffiziellen Unterhändler. Zulezt als die Lage verzweifelt wurde, musste Dr. Renner einen englischen Journalisten bitten, dem englischen Aussenminister eine Botschaft zu bringen, ehe normale Beziehungen angeknüpft werden konnten. Aber in dem Augenblick war es schon zu spät Die Russen hatten den Erfolg auf ih- rer Seite. Wer spricht zugunsten von England? und wer berichtet Bevin? Die Kor- respondenten wissen sofort die Ant- wort auf die erste Frage; sie können nur raten, was für Informationen das Aussenministerium erreichen. Betrachten wir die Länder, die in der sogenannten englischen Einfluss- Zone liegen. Im Vorderen Orient, Grie- chenland und Italien sind noch viele der Kriegsorganisationen in Tätigkeit, und Politik und Informationen schei- nen von einem Durcheinander von ri- valisierenden Ressorts gemacht zu werden. Der mächtige Brigadeführer■ Das Zentrum der Politik für die arabischen Länder und der sie be- treffenden Informationen ist noch Kairo. Hier befindet sich, nächst Wa- shington, Englands grösste Gesandt- schaft. Und hierhin, zu dem Brigade- 1 ührer Clayton, der immer noch die mächtigste Persönlichkeit des Vorde- ren Orients ist, führen alle Fäden. Die Stellung Claytons genau zu definie- ren, ist schwierig, aber man könnte ihn als den inoffiziellen Gesandten Englands bei der arabischen Liga und den ersten Berater in östlichen Angelegenheiten für das Auswärtige Amt bezeichnen. Es besteh'!, eine ge- wisse Uneinigkeit darüber, in wie weit Clayton für die Vaterschaft der ara- bischen Liga verantwortlich ist, aber sicherlich zeigt er ein unermüdliches väterliches Interesse an ihren Angele- genheiten. Bei der Zusammenkunft der arabi- schen Könige und Herrscher in In- chass im Frühling war er anwesend- Er war es auch, der der Konferenz den Plan für ein gemeinsames Vorge- hen gegen die Kommunisten, ' Ge- werkschaften und andere Linksorga- nisationen in allen arabischen Län- dern vorlegte, um die Monarchie und die herrschenden Klassen zu retten. Das ist die allgemeine Ansicht Im ganzen Vordpren Orient. Was man nicht weiss, ist die Antwort auf die ' allgemeine Frage: Geschah das auf Befehl des Auswärtigen Amtes, und wussten Bevin und das Kabinett dar- um? Jedenfalls begann nach der Zusam- menkunft in Inchass die Hetze gegen die Linke — wie gewöhnlich wurden selbst die rosasten Reformisten als Kommunisten bezeichnet. In Aegyp- ten, Syrien und dem Irak wurden hunderte von Männern verhaftet, die in dem betreffenden Land als die Stützen der Arbeiterregierung ange- sehen wurden. Die Anregung zu die- sem Vorgehen wurde von vielen Aegyiptern Clayton und mit ihm der englischen Regierung zugeschoben. Zum ersten Mal begannen die gemä- ssigten Linken und Liberalen nach Russland zu schauen, als nach einer etwaigen, gegen England gerichteten Möglichkeit, das jetzt offen die reak- tionärsten Gruppen der herrschenden Klasse unterstützte- Man kann sich kaum vorstellen, wie mächtig der durch die lokalen Reprä- sentanten ausgeübte englische Ein- fluss noch immer sein kann. Im ver- gangenen Januar, als die Macht der Wafd ihren niedrigstens Stand erreicht hatte, sagte Hassanin Pascha. König Farcmks politischer Berater, dass es nur eines einzigen Besucher, des eng- lischen Gesandten hei Naschas Pa- scha, dem Führer der Wafd bedürfe, um der Wafd ihre Stimmenmehrheit zurückzugewinnen. Unbeliebt, wie die Engländer in Aegypten sind, hat ih- re Unterstützung doch die grösste Bedeutung. z Keine unabhängige Kontrolle. Die Macht, welche Männer wie der Brigadechef Clayton in Kairo im Ausland ausüben, steht in gar keinem Verhältnis zu der Stellung, die sie in der Heimat ' in den Augen ihrer Landsleute einnahmen. Clayton z.B. hat im Vorderen Osten in mancher Hinsicht mehr Einfluss als König Ibn Saud oder König Farouk, und er hat viel weitgreifenderen Einfluss auf dag Ausserministerium als Irgend ein Gesandter im Vorderen Osten oder irgend ein Beamter in London, weil er so viel mehr weiss als sie. Er nahm an der Zusammenkunft der arabischen Liga in diesem Som- mer Teil, auf der über die Notwen- digkeit der Opposition gegen die Ju- den in Palästina verhandelt wurde. Natürlich wurde im ganzen mittleren Orient seine Gegenwart als eine Zu- stimmung Englands zu den auf der Konferenz gefassten Entschlüssen an- gesehen. Unter den englischen Beamten im Vorderen Osten befinden sich noch viele Freunde der Araber, die für die Verwirklichung des Lawrence'schen Traumes eines grossen arabischen Reiches arbeiten, nur jetzt im Dienst Englands gegen die russische Bedro- hung. Diese Leute scheinen die rasch voranschreitende Veränderung inner- halb der arabischen Länder nicht zu sehen, welche den englischen Ein- fluss je länger mehr auf die herr- schende Schicht beschränkt, deren Einfluss täglich zurückgeht. Aber Clayton macht Politik für Bevin und die Labourregierung, so wie er sie für Chamberlain und die Tories machte. Wenn Clayton in allem Recht hätte — ick persönlich glaube das nicht — so fehlt in Bevins Ministerium doch jedenfalls irgend eine unabhängige Kontrolle. Im Krieg würde kein Heer- führer erlauben. dass Politik und Nachrichtendienst mit einander ver- mengst werden. Genau So gefährlich scheint das im Frieden zu sein. Ein mit der Politik verquickter Nach- richtendienst kann nie objektiv sein. Man braucht nur nach dem Vorderen Osten oder nach dem Kreml zu schau- en. Die Erfahrungen in Palästina be- kräftigen diese Ansicht. Hier beklei- det ein liebenswürdiger und fähiger junger Gewerkschaftangestellter das Amt des öffentlichen Informations- dienstes. Er kam nach Palästina, nachdem er gerade der Arbeiterregie- rung zum Siege verholfen hatte und war stolz. Überall für das neue Eng- land eintreten zu können. Er erhält seine Weisungen nicht von der Ar- beiterre^ienincr, sondern von den örtlichen Militärs nach den Befehlen des wohlbekannten Generals Barker. Sie bestimmen, was in Palästina ge- druckt werden darf, und welche Ar- tikel aus der englischen Presse über- nommen werden dürfen. Er kann nicht für das neue England Sprechen, er kann nichts erklären. Selbst wenn er wollte, dürftp#pr seine Ansichten als So-rialM und Beamter der Regie- rung im Heimatland nicht äussern. Auch hier ist d*r Haken, dass Mr. Bevin und sein Kabinett ihre Infor- mationen aus Quellen nehmen müs- sen, über die sie keine unabhängige Kontrolle besitzen Das meiste davon stammt vom militärischen Geheim- dienst. Mr. Attlee und seine Kollegen kön- nen Einsicht in einige der Berichte des militärischen Geheimdienstes neh- men, die über sie selbst geschrieben wurden, bevor sie zur Regierung ka- men, Auf Grund dieser Artikel dürs- 10 DAS ÄNDERE D8UTSCHCAND ten sie beurteilen können, wieviel Glauben man dem militärischen und polizeilichen Geheimdienst schenken darf, wenn sie sich auf das Feld der Politik begeben. Die Politik Olaytons wird in allen Resorts des Vorderen Ostens befolgt, und keiner, der sie hinsichtlich ih- rer Zuverlässigkeit und Gerechtigkeit angreift, kann sich lange behaupten. Ebenso ist es wahrscheinlich in Grie- chenland, obgleich nicht so deutlich erkennbar, weil der Gesandte, Sir Clifford Norton selbst strikte Neutra- lität wahrt. Aber selten bestimmt der Gesandte die lokale Politik, und selten ist er der Verfasser der Nachrichten, die in »einem Namen an das Aussenministe- rium gehen. Fast jede Gesandtschaft hat ihren starken Mann, und das ist selten der Gesandte selbst. Das Kennzeichen des starken Man- nes ist die genaue Kenntnis aller lo- walen Verhältnisse. In neun von zehn Fällen hat er enge Beziehungen zur Rechten, spricht ihre Sprache, erhält ▼on ihr die Berichte und macht aus ihnen Auszüge für den Gesandten. Durch diese Männer stehen die Ge- sandtschaften zu den lokalen Politi- kern und Reglerungsstellen in Bezie- hung. Sie lenken die Politik und ha- ben ihre Finger in den politischen Angelegenheiten des betreffenden Landes. Sie haben auch ihre Ohren überall nahe an der Erde und wissen, was das Auswärtige Amt in London wünscht. Viele von ihnen wären *auoh fähig, weniger voreingenommene In- formationen zu liefern, mit der Lin- ken wie mit der Rechten in Verbin- dung zu bleiben und ihre Finger in verschiedenen Schüsseln zu haben, wenn sie irgend glaubten, dass dieser Wechsel in Downimgstreet erwünscht wäre. Aber sie haben dafür keine Weisung bekommen. Sie kennen die Männer, denen sie Bericht erstatten müssen, und sie begehen keinen Irr- tum. Dieser persönliche und kursorische Ueberblick könnte folgendermassen zusammengefasst werden: Die Re- form des Aussenministeriums, wie sie Mr. Eden im Frühjahr 1943 angedeu- tet hat, kann vielleicht für die näch- ste Generation Früchte bringen, aber vom Standpunkt der jetzigen und der kommenden Arbeiter- regierungen aus muss etwas verlangt werden, was eine Reform für unsere Zeit bedeutet. Wie gesagt, ich habe nicht die Ab- sicht, Herrn Bevin zu sagen, was er tun sollte, aber wenn ein Berichter« statter auf den Ausgangspunkt der Schwäche, die sich in vielen Haupt- städten zeigt, hinweisein darf, so ist er in dem Mangel an einem unab- hängigen Nachrichtendienst zu fin- den und in der Verkalktheit der Ab- teilungsleiter In London. Der Respekt vor Gesandten, beson- ders vor dem jüngeren Gesandt- schaftsstab, wächst, sobald man mit ihpen in Berührung kommt. Da fehlt es nicht an Intelligenz und Fähigkeit. Es fehlt nur an der rechten Führung, besonders vom Aussenministerium in London aus. Und hier sind die Aus- sichten sehr trübe und hoffnungslos. Das Wesentliche aber ist, dass Eng- land zur Zeit in der Welt nicht da- nach beurteilt wird, was rn Westmin- ster geschieht, sondern nach dem, was OTMalley in Lissabon sagt, was Clayton in Kairo anordnet, und was in Oesterreich und in der Gesandt- schaft in Washington vor sich geh* Weiss Bevln das? (Tribune, 11. Oktober 1946) Deutschland auf dem Weg zum Nihilismus? von K. Ritzel Die innerpolitische Entwicklung Deutschlands weist in den letzten Monaten eine ständig absteigende Kurve auf. Die Tatsache, dass sich die Alliierten bis heute nicht über ei- ne gemeinsame Politik gegenüber Deutschland zu einigen vermochten, die Demontage lebenswichtiger deut- scher Betriebe, die Internierung des deutschen Volkes innerhatt) Deutsch- lands durch die fast hermetische Ab- Schliessung von demokratischen und geistigen Strömungen in den Deutsch- land umgebenden Ländern und die teilweise äusserst schwere Ernäh- rungskrise haben Zustände hervorge- rufen die schwere Gefahren auszulö- sen drohen: Die Verelendung des deut- schen Volkes nimmt ebenso zu wie »eine Hoffnungslosigkeit. Es breitet sich mehr und mehr eine Apathie aus, die politische Gefahren unbekannten Ausmasses enthalt. Der Nationalsozialismus ist nicht ausge- storben, aber er*tarst sich heute. Fragebogenfälschungen sind an der Tagesordnung und führen nicht sel- ten zu Amtsenthebungen von Leuten, die es vorher verstanden haben, sich das Vertrauen, der Besatzungsmächte zu erwerben. Dabei ist es nicht sei- tsti, dass anerkannte Nationalsoziali- sten den Schutz irgendeiner unbe- kannten Stelle geniessen und so trotz- dem in Amt und Würden bleiben kön- nen. Auch a^ndere Fälle mahnen zum Aufsehen. In Hessen wurde uns beispielsweise der Fall eines Mannes bekannt, der heute noch, bzw. heute wieder, an der Spitze der hessischen Polizei steht und der demnächst so- gar zum Polizeigeneral befördert wer- den soll, obwohl von ihm feststeht, dass er bis 1933 die Nationalsoziali- sten und besonders den als späteren Henker des dänischen Volkes bekannt gewordenen berüchtigten Dr. Best unter Bruch seines Diensteides über Dienstgeheimnisse zum Nachteil der demokratischen Regierung und be- sonders seines von den Nazi 1944 ge- henkten Chefs, des damaligen Innen- ministers Wilhelm Leuschner, infor- miert hat. Aus persönlichen Besprechungen mit führenden deutschen Persönlich- keiten und aus Unterhaltungen mit massgebenden amerikanischen Offizie- ren konnte entnommen werden, dass z. B. in der amerikanischen Zone al- les geschieht, was im Rahmen der allgemeinen Politik der Alliierten überhaupt nur möglich ist, um dem deutschen Volke zu helfen. Die Er- nährungslage ist auch in der ameri- kanischen Zone unzureichend, aber sie ist weit besser als in anderen Zonen. Man bemerkt auch in der amerikani- schen Zone alte Bekannte, die einen erheblichen Teil ihres Körpergewich- tes eingebüsst haben und'die sieh über den Mangel an Spannkraft bit- ter beklagen, eine Erscheinung, die um so schwerer wiegt, wenn es sich um Persönlichkeiten handelt, von de- ren Energie das Schicksal der geplan- ten neuen deutschen Demokratie ent- scheidend abhängt. Es ist vor allem der Mangel an Fett, der diese Erschei- nungen zeitigt. Die kürzlichen Wahlen haben wohl einen starken Willen zur Demokratie gezeigt, aber es wäre falsch zu ver- kennen, dass besonders in den neu- gegründeten Parteien bei der CDU und den Liberaldemokraten zahlrei- che Elemente Unterschlupf gefunden oder wenigstens dorthin ihre Stimme abgegeben haben, die alles andere nur nicht demokratisch sind. Es ist heute ein beliebtes Ausweichmittel, ei- ne Partei mit demokratischem Schild als ParaVent zu benutzen. Erstaun- lieh ist auch die Tatsache, dass man unter den verantwortlichen Männern in deutschen Länderregierungen hie und da Peinlichkeiten begegnet, die als Reichstagsabgeordnete im Jahre 1933 dem Ermächtigungsgesetz für Hitler zugestimmt haben. Ob die Er- klärung, dass es an geeigneten Per- sönlichkeiten fehle, für diese Tatsa- che allein als ausreichend erachtet werden kann, lassen wir dahingestellt. Auch der seelische Zustand ces deutschen Volkes ist einfach misera- bel. Die junge Generation sieht, was ist, und fragt in einfachster Form, ob das nun die Segnungen der De- mokratie seien. Sie sieht keine Chan- ce und ist, wenn nicht bald eine Aen- DAS ANDERE- DEUTSCHLAND ierung zum Guten eintritt, bereit, sich irgendeinem Scharlatan an den Hals zu werfen. Wenn darüber ausser- halb Deutschlands bittere Bemerkun- gen gemacht werden, so sind diese nur insoweit verständlich, als jede Kritik, die sich nicht in dL heutige deutsche Situation hineinBuversetZ'Cn vermag, an der Tatsache vorbeigeht, dass ein junger Mensch, der Eltern und Geschwister dahinhungern sieht, selbst einen quälenden Hunger ver- spürt und keinen Ausweg vor Augen hat, der ihm das Leben lebenswert er- scheinen lässt, entweder einer gefähr- lichen Apathie oder einem mit gei- stigem Sprengstoff geladenen Natio- nalismus verfallen muss. Diese deut- sche Jugend von heute aber ist die Trägerin der deutschen Zukunft, und es bedarf gar keiner Phantasie, um vom europäischen Standpunkt und vom Standpunkt der Menschheit aus festzustellen, dass bei Fortdauer der jetzigen Verhältnisse in Deutschland, bei weiterer Evakuierung der deut- schen Industrie, bei weiterer Aufrecht- erhaltung* des Währungselendes und bei weiterer Verschlechterung der Er- nährungslage eine fürchterliche Ge- fahr nicht nur für Deutschland, son- dern für Europa und die Welt unaus- weichlich entstehen muss. In Hunderten von Gesprächen fan- den wir niemand, der sich für die Fortsetzung irgendeiner deutschen Rüstungsindustrie aussprach. Aber wir fanden Dutzende vom klarblicken- den Menschen aus Politik und Wirt- schaft, die nicht verstehen, dass bei- spielsweise die Stahlproduktion so ge- ring gehalten wird, dass es nicht ein- mal möglich ist, einen eisernen Trä- ger für die Stützung irgendeines der zahlreichen vom Einsturz bedrohten ' Gebäude zu erhalten. Und noch mehr Menschen erklärten, dass sie es nicht verstehen könnten, dass beispielswei- se in der russischen Zone am laufen- den Band von deutschen Arbeitern in deutschen Betrieben, soweit sie noch nicht evakuiert sind, Kriegsmaterial auch weiterhin hergestellt wird. Das Bewusstsein im deutschen Volk ist allgemein, dass es sich selbst er- nähren könne, wenn man ihm nur die Möglichkeit _ dazu bieten würde. Unabhängig von der offenen Frage der Grenzziehung im Osten, wo wert- volles Kulturland, das kapitalistische System, für das Arbeiterleben nichts sind, wenn es darum geht, Profite ein- zustreichen. Doch nicht nur skruppellose Kapi- talisten werden uns gezeigt, sondern auch eine verSpiesserte Gewerk- sühaftsbtirokratie, deren Bonzen be- reits vergessen haben, was ihre Auf- gabe wäj-e. Der Film zeigt das Leben wie es ist, darum passiert auch am Ende kein Wunder, das der gerechten Sache zum Siege verhilft. Der Zu- schaler lebt und leidet mit den Pro- leten, deren verzweifelter Kampf nichts von dem Hollywood-Heroismus hat, den wir zu gut kennen. Hier ist ein wahrhaft revolutionärer Film, den jeder Sozialist sehen muss. H. A. Franc o über „Katholische Moral" In der Rede die Franco am 15. XII. 1946 in Saragossa vor 165 neu- en Offizieren gehalten hat, sagte er: „Mögen andere Völker ihre Freihei- ten interpretleren wie sie wollen, wir interpretieren sie ausschliesslich m Uebereinstimmung mit fi&v Kirffioäl» sehen Moral", . 14 DAS ANDERE DEUTSCHLAND George Grosz' „Dreissigjähriger Krieg gegen den Krieg" In dar Galerie Anauta, Viamonte 468, findet zur Zeit eine Ausstellung Ton 64 in der Emigration entstande- nen politischen Zeichnungen von Ge- orge Groaz statt, die das "Interreg- num" zwischen den Weltkriegen um- fassen. » Diesen inoffiziellen Namen »gab George Grosz seiner Ausstellung in der American-Artist-Galerie. Ich sah fächelnde schwatzende Menschen hin- einströmen. Da sie heraustraten, stand- Erschütterung in ihren Gesichtern. Verstörung und leibhaftiger - Schreck. Einer sagte (und ich gestehe, es selbst gewesen zu sein): "Gebt mir einen Schnaps!" Zu Ende des letzten Jahres der Wei- marer Republik, nachdem er in seiner berliner Wohnung täglich Telephon- en rufe des stereotypen Inhalts emp- fangen hatte: "Pass auf du kulturbol- schewistische Judensau, heute Nacht kommen wir und killen dich und dei- ne ganze Brut!" floh (der Nichtjude) Grosz mit den Seinen nach Amerika, las e.r sich von Jugend aus als Traum- dei seiner Flucht geweissagt hatte. Schon 1917, da er mit 23 Jahren, als hoffnungslos - kriegsdienstuntauglich aus einer Militärirrenanstalt entlassen wurde — er war dort beobachtet wor- den, weil er sich unfasslicherweise als Gemeiner gestattet hatte, seinem leu- teschinderischen preussischen Unter- offizier einen Blechnapf mit heisser Erbsensuppe ins Gesicht zu pappen —, schon damals zeichnete er eine Vision Manhattans, die so echt der turbulen- ten Wirklichkeit entsprach, dass anzu- nehmen war, er habe einen Sechsten Sinn. Er, der unter den deutschen Ver- hältnissen litt wie kaum ein anderer deutscher Künstler, schmiedete sein Leiden auf dem Amboss einer säkula- ren Begabung zu einer Spezialwaffe um, mit der er dem deutschen Milita- rismus und selbstherrlich-agressiven „ Spiessertum, den Kriegsmachern und -profiteuren erbarmungslos auf den Leib rückte. Ein preussicher Daumler Von ungekannter Bitter- und Unerbitt- lichkeit, zeichnete er sie, aber die von ihm Gezeichnet waren "gezeichnet" wie Ka!n... Da er indes den Teufe] zu ungezählten Malen vergeblich an die Wand gemalt hatte, da er seinen fünf- zehnjährigen Kampf gegen Hitler, sei- ne Vorläufer und Steigbügelhalter, von sirh aus verloren sah, ging er am Deutschland und verscholl für Europa. Viele derer, die sich nach ihm nach Amerika retteten — er war der erste prominente Antinazi, der in die Neu? Welt flüchtete — bezichtigten ihn als- bald, sich abgewandt zu haben vom Zeitgeschehen. Sie nahmen Anstoss daran, dass in Tagen, da sein Erzfeind, der deutsche Ober- und Unterspiesser,, sich an der 'Herrencnoral' zu einem alle ftimmel verfinsternden Luftballon aufblies (um ein Jahrzehnt später mit einem . völkermörderischen Knall zu platzen), dass ein Grosz in icren Tp- gen ■'zum besessensten Dünenmaler Nordamerikas wurde urd von reiner Sommerstation d;m Kap Cod, Stim- mungslandschaften mitbrachte, die auf Altdorfers Spuren schlichen. Dass er otnh eingestanden: Gegen den Grossen von Ulrich Becher Tretstiefel helfen keine Bilder mehr, leider, leider nur noch Kanonen — sie bedachten es nicht- Und wussten nicht, dass er im stillen Kämmerlein, im Untergrund seines Exils, Dutzende Skizzen und Aquarelle schuf, die etwa die Verhaftung uitd Zutodefolterung des deutschen Dichters Erich Mühsam zum Gegenstand hatten. Doch als sich der Zweite Weltkrieg aus einem ver- logenen Frieden — der den heiligen Namen Friede seit 1933 nicht mehr verdient hatte! — entblätterte, tobte Grpsz aus seiner Reserve vor mit dem Erscheinen seiner berühmt gewordenen Lithographie ::Ich war stets zugegen" — zweideutiger Titel, der offen lässt, ob der Künstler damit sich selbst meinte oder den — als bestahlhelmter Knochenmann auf geifernder Kno- chenmähre allegorisierten — Krieg. Streunt man durch das Pandämo- nium seiner neuen Ausstellung, muss man Grosz zugestehn, das er stets zu. gegen war auf der Höllenwanderuno der Menschheit durch die letzten Jahr- zehnte. Werkend in seinem einsamen Vorstadthaus am Sund Long Islarc^. erschaute er all das Furchtbare, was ihm mit körperlichen Augen zu sehen erspart blieb, mit seinen geistigen, mit seinem Sechsten Srinn nicht weniger qualvoll, und gestaltete es, ins Zeitlos- Apokalyptische entrückt, gültiger als jeder Augenzeuge der Hitlerei und je- der Kriegsberichterstatter. Dem er war ja gegen die Hitlerei geimpft von Ju- gend an, noch bevor der Hitleraussatz stinkend aufbrach am Körper Euro- pas. So faszinieren schon seine ersten Zeichnungen, die c>m jungen Grosz gleich nach dem ers-ten Weltkrieg zu frühem Ruhm (wie frühem Berüchtigt sein) verhalfen, durch ihre konsequen- te, l'spartanische", der expressionisti- schen Mode nur selten Konzession ma- chende Klarlinigkeit und einzigartige Schärfe. Ein Skelett — kein zum Ge. ripp Abgemagerter, nein: ein Toter, Gefallener, schon Verwester und Ent- fleischter steht da, umschlottert von feldgrauen Uniformlumpen, vor einem Stabsarzt, der ihn mit dem Hörrohr abhorcht, während einige gemästete Feldwebelbullen, die die Geächter Hin. denburgs und Ludendorffs tragen, da- beistehn. Die Lithographie führt den Titel 'Kriegsverwendungsfähig!' Glanz und Elend der Inflation zie. hen an uns vorbei, Massenarbeitslosig- keit und Aufbruch des Dritten Reiches. Ein schauerlich realistisches Aquarell: Die Verhaftung Mühsams. Gegen die Zimmerwand gewuchtet ein rotbärtiger Alter mit blutverschmiertem Gesicht, während SA-Lümmel ein Meer vcn Pa- pieren auf dem Boden verspritzen und durchschnüffeln. Ein noch schauerli- cheres: 'Nach dem Verhör'. Eine Ge- fängniszelle — leer. Rechts ein paar ausgetretene Stufen, über die ein paar SS-Röhrstiefel abziehn nebst einer baumelnden Nilpferdpeitsche. Auf dem Steinboden etwas Leblos-Flaches. Kein Zerprügelter, nein, nur eine durch eine Blutlache geschleifte, liegen gelassene Hose. An der Zellenwand neben ver- gittertem Fensterchen ein paar Blut, spritzer. Weiter nichts. Francos elegante Offiziere. Aus der selben Periode des spanischen Bürger- kriegs ein Oelbild, das kürzlich den Carnegie-Preis erhielt, 'Der Ueberle- bende': Ein durch ein Chaos aus Trümmern und Leichen kriechender toljwütender Verteidiger, Messer zwi- schen den Zähnen, die starr aus den Höhlen geblähten Augen ein.em un- sichtbaren Angreifer entgegenlauernd. Dann der Herritt des Zweiten Kriegs: Im 'Pandämonium', einem grössern brandrot flackernden Oelgemälde, wa- ten verskelettete Soldaten in unbe- kannter Tracht, unter mittelalterlich anmutendem Banner durch einen Mahlstrom der Verwüstung aus irgend einer Schlacht in irgend eine andre, ein ganz zeitloses Bild, das dem Hiero- nymus Bosch zugeschrieben werden könnte (seit seinen Anfängen war Grosz bessesen. aus der Oel-Technik c>:r alten Meister zu lernen). Zum Grausig-Faszinierendsten der Ausstel- lung gehört eine kleine Oelmalerei 'Menschenjagd', 1944 entstanden. Eine weihevoll-liebliche Mondscheinnacht, wie aus einem Gedicht Matthias Clau- dius' entwendet, Am Rand eines abge- schiedenen Sumpfes — Mond gleisst auf rankem Schilf, zittert über den Tümpel — sieht sich ein Abgehetzter von drei vorgeduckten Verfolgern in SA-Uniformen, die Knüppel, Pistolen schwingen, umstellt. Er, den sie in we- nigen Sekunden 'auf der Flucht er- schiessen' werden, hebt den Arm schüt- zend vors Gesicht — so steht er da in letzter hoffnungsloser Abwehr, gespen- stisch flammend im bleichen Mond- licht» Urbild des Verfolgten, Hingelie- ferten. Man erhorcht seinen keuchen- den Atem aus diesem Bild, seinen rö- chelnden Notschrei. Ueber alle Massen beklemmend die Antithese der hellen 'süssen' Mainacht, in der die Nachti- gallen flöten mögen, zu der Ermordung eines Wehrlosen, die sich in ihr unab- wendbar vollzieht. Dann hockt er da, in einem Grosz- Gemälde des Titels 'Kain', er, der grösste Lebensvemichter der Geschich- te, neben dem nackten geschundenen Leichnam seines Bruders, und ist mü- de. In bedenklicher Pose presst er ein Schnupftuch an die Stirn, über die die berühmte Strähne zaust, ein abstrapa- zierter, kleinbürgerlich-satanischer Gulliver. Denn um seine Füsse wim- meit's wie ein fahler Ameisenhaufen aus winzigen Menschenskeletten, die zu ihm aufzeigen, an ihm hochzukrabbeln trachten. Vielleicht ist dies Bild nicht vollends zu Ende gemalt; der lodernde Hintergrund wirkt fragmentarisch. Ich kann's verstehn. Ich kann verstehn, dass der Maler den monumentalen Anblick seines Kain nicht länger er- trug... Und dann ist 'Friede'. Wieder erweist Grosz sich als später Bruder Hieronymus Boschs. Hervor aus einer Höhle,-, die am Leichenfrass gemästete Ratten frech-faul belagern, unter aus- gebranntem Trümmerchaos hervor schleicht ein Mensch mit erloschenen Augen. Unheimliche Ruhe meisselt sein Gesicht, drauf Angst, Leiden, DAS ANDERE DEUTSCHLAND 15 Hunger längst zu einer Maske erfroren. Er blinzelt nicht vor dem ungewohn- ten Tageslicht. Wie Dante nicht geblin- zelt haben mochte, da er aus dem Schlund der Unterwelt zutage kroch, allzu versteinert in die Rückschau sei- nes Höllenerlebnisses. Das unbestreitbare Meisterwerk der Ausstellung aber führt den geräumi- gen, seltsamen Titel 'Ein Mächtiger lässt sich auf einem Spaziergang von zwei kleinen Poeten anbeten'. Dunkel- bunt, in der verbiesterten Düsternis, eines somnambulen Wüterichs schlen- dert einer aus der giftigen Finsternis, ein allmächtiger Hexenmeister, der des 'Führers' Züge trägt, während die Rechte sich in napoleonischer Pose im Mantel birgt. Um sein Haupt bläst ei- sig kalter Schneesturm, von diesem Haupte selbst erzeugt. Vor ihm indes katzbuckeln übereifrig zwei embriona- le Gnome in verzückter Untertätigkeit. Ihre Ohren mit dicken Latten verna- gelt. Manuskripte vorweisend, auf de- ren Deckel Hakenkreuze mit Blut ge- schmiert sind. Er aber würdigt sie kei- nes Blickes... Surrealistisch? Zauber- Künstler wie Dali, von denen sich die Kulturspiesser New Yorks in solche Ehrfurcht bannen lassen, haben diesen Begriff längst entwertet. Hier wird auch keine Psychoanalyse ins Bild ge- tragen. Kein Traum, die letzte fürch- terliche Wirklichkeit ward hier gestal- tet, das zeltlose Ueberwahrbild des Tyrannen. Und keiner, der es sah. ob Amerikatier, Schweizer, Refugee, konn- te umhin, mir beizustimmen: Wenn ein Bild unsere wüste Epoche überlebt, weil es sie vollendet ausgesagt hat, sc wird es dieses sein Heute ist George Grosz anfangs Fünfzig. Werden wir zulassen, dass er anfangs Siebzig eine Ausstellung eröff- nen muss mit dem inoffiziellen Namen 'Mein fünfzigjähriger Krieg gegen den Krieg'? Erziehung und Volksgesundheit im kapitalistischen Musterland. Auf der Erziehungskonferenz, die in Endikott N- Y. von dreissig Nationen abgehalten wurde, wurde nachgewie- sen, dass in der ganzen Welt ein be- sorgniserregender Mangel an bewähr- ten Lehrern für höhere Schulen und auf allen Stufen herrscht. UJS.A., das reichste aller Länder, bildet darin keine Ausnahme, und die Lage ist jetzt sogar noch schlimmer, als sie es zeitweise während des Krieges war. Nicht weniger als vier Millionen Kin- der werden in diesem Schuljahr von unzulänglichen Lehrern unterrichtet werden, und eine grosse Anzahl wird in Klassen von 70 bis 80 Schülern sein. In den Krankenhäusern von New York sind zur Zeit 2000 Betten unbe- nutzt wegen Mangel an Pflegeperso- nal — nicht nur an gut ausgebildeten Pflegern, sondern an Personen, die sich bei nachsichtiger Beurteilung für den Pflegeberuf eignen. Dns Bedürf- nis nach Aufnahme in Hospitälern Ist grösser als jemals zuvor, weil eine grosse Anzahl unserer Soldaten an den Folgen nichtgeheilter Wunden oder im Kriege zugezogener Krank- heiten leiden. Aber im Verhältnis zu der nie dagewesenen Not besteht In den Hospitälern ein solcher Personal- mangel, dass sogar ihr an sich schon unzureichender Raum und ihre Ein- richtungen nicht voll ausgenutzt wer- den Rönnen. Gesundheit und Erziehung — die vitalsten Erfordernisse eines Volkes nächst einem ausreichenden Minimum an Ernährung, Kleidung und Otfdach — werden schändlich vernachlässigt. Und die Kriegsgewinnler und andere Wortführer von "Free Enterprise" er- suchen um Herabsetzung der Bundes- staats- und städtischen Steuern. Krankenpfleger und Lehrer treten selten in einen Streik. Aber beide Gruppen werden im Verhältnis zu der kostspieligen Vorbereitung der schwe- ren Arbeit, die von -ihnen gefordert wird, so verdammt schlecht bezahlt, dass die, welche schon den Beruf aus- übten. sich lieber anderen Bgschäfti- rer, die in diese Berufe eintreten, ist weit geringer als die derer, welche sie aufgeben. Die sogenannte Philanthropie Kann diesen Uebeln nicht abhelfen. Das "gemeine Volk" muss aufgerufen wer- den, um mit den Verhältnissen auf- zuräumen, die die jungen Menschen zur Ungewissheit verdammen, und das Heer der Invaliden und hoffnungslo- sen Krüppel vermehren. "(Thf> Socii! Democrat1" Sept. 1946) ..Banditen" Die griechische Regierung und Be- vin bezeichnen die Kämpfer der Wi- derstandsbewegung als Banditen". Der Korrespondent von United Press, Robert Vermollon, der von diesen Banditen" beherrschte Gebiete be- sucht hat, berichtet, dass sie sich selbst als ,,bewaffnete Gruppen un- terdrückter Griechen" bezeichnen; er habe keine Spur von ausländischer Unterstützung feststellen können; das Elend und der Hunger sei in diesen Gebieten unvorstellbar gewesen: alle Kämpfer, mit denen er und seine Kol- legen gesprochen hatten, sagten aus, dass sie als frühere Mitglieder der antifaschistischen Elasgruppen, die unter linken Führern gegen die Na- zitruppen gekämpift hätten, verfolgt und mit Ge.fängns und Tod bedroht worden seien, so dass ihnen nichts übrig geblieben sei als Flucht und Kampf. NEUE BÜCHER Dr. Iwan Hjin Die Philosophie Hegreis als kontemplative Gotteslehre A. Francke Verlag Bern 1946 . 430 Seiten. Wenn wir dieses — in russischer Sprache bereits 1918 erschienene — Buch, das nur einem beschränkten Kreis von Fachgelehrten zugänglich ist, hier kurz kritisieren, so deshalb, weil in ihm mit besonderer Deutlich- keit die reaktionäre Tendenz, und das heisst der Verfall, der bürgerlichen Geisteswissenschaft in unserer Zeit der Katastrophe Her kapitalistischen Wirtschaft und Gesellschaft zum Aus- druck kommt. Die Hegeische Philosophie, die zu ihrer Zeit mit ihrem konsequent durchgeführten, umfassenden Ent- wicklungsgedanken und ihrer Dialek- tik einen äusserst fruchtbaren Fort- schritt des Denkens bedeutete _ wur- de durch Marx ihres spekulativen Idealismus entkleidet und vom Kopf auf die Füsse der geschichtlichen Er- fahrung gestellt. So gab Marx uns mit der sogenannten materialistischen Ge- schichtsauffassung das Mittel zum Verständnis der Entwicklung und der Zeitangaben der menschlichen Ge- sellschaft in die Hand. Der zaristische Professor Iwan Iljin macht den Schritt hinter Hegel zu- rück, indem er die Hegeische Philo- sophie als den Versuch einer "kon- templativen Götteserkenntnis" oder als "spekulative Theologie" auf fasst und von Karl Marx mit einer ins Lächeirüche übersteigerten Pnofesso- reneitelkeit meint, dass "dessen empi- rfach-dialektische Spielereien auch bis ins Vorzimmer der Hegeischen Phi- losophie der Geschichte nicht reichen". Natürlich muss der christlich ortho- doxe Professor dann nachweisen, dass und weshalb Hegel bei der ihm un- tergeschobenen Absicht scheitern nusste: "Hegel wollte eine panlogische Theodicee ergründen, und in Wirk- lichkeit wurde daraus ein tragisches Poem über das Weltleiden eines he- roischen Un-Gottes." Das sehr gelehrte Buch ist vor- bildlich ausgestattet und auagezeich- net gedruckt. Schade, dass so viel Mü- he für ein mehr als überflüssige Se- che aufgewendet wurde. 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