OTRA ALE MAN IA DAS ANDERE DEUTSCHLAND ORGANO * DE LOS ALEMANES DEMOCRATICOS DE AMERICA DEL SUR --TTTirr iririniimran AUS DE M INHALT: August Siemsen: WAS GESCHIEHT IN UND MIT DEUTSCHLAND? H. J. Heydorn: • DAS PROBLEM DES DEMOKRATISCHEN SOZIALISMUS IN DEUTSCHLAND STALINGRAD AFRIKA UND DIE UN Agnes Smedley: CHU TEH, MAO TZE UND CHOU EN-LA1 H. Wilde: RUND UM DIE FRANZOESISCHE ZONE MITTEILUNGEN DES DEUTSCHLAND-HILFSWERKS EMPFANGSBESTAETIGUNG VON PAKETEN 35 mm IBmiMMi i>*WHi ifiTigi BUENOS - AIRES • TUCUMAN 309 • 3 1 s RET1KQ 7264 NUMERO 134 15 DE ENERO 61 1947, Deutsche Di&ViOthuk Frenkturi v.m M«ln »k 1 ü vektäexungen des anderen DEUTSCHLAND BOLIVIEN La Paz: QuWerme Kajrfcaum, Ca.- silla 323. Tanja: Manlredo Hammerschlag, Lista de Correos. Cochabamfca: Los 4migos del La- bro, Casilla 460. BRASILIEN Rio de Janeiro; Gurt Uebel und Wüli Keller, beide Casilla 4281. PARAGUAY Asunclön: Enrique und Susanna tiloc*, General ulaz 276 CHILE Osorno: Oscar Chylik, Casilla 42ß URUGUAY Montevideo: LA OTRA ALEMA- NIA, Soriano 1224. MEXIKO Mexico D. F.: Walter Stein, Av Victor Hugo 80, Colonia Anzures VENEZUELA Caracas; Libreria S.V. .A., El Re- creo. USA New York: Gretl und Herrmann Ebeling, 203 . West 98 Street, N. Y. 25. SCHWEIZ Basel: Herrmann Graul, Steinen- graben 12. Zürich: Neues Deutschland, Post- fach 143, Zürich-Fraumünster. FRANKREICH Paris: S. P.'D., 9, rue Victor; Masse, Paris 9e. ENGLAND London: Wilhelm Sander, 33 Fern» slde Avenue, Mill Hill, London NW 7. Hans Gottfurcht, 20 East Heath Road, flat 3, London NW3 SUED AFRIKA Johannesburg: Putran, 45 Sacks Building, Joubert & Comissio- neers Street u. independant Cul- tural Ass., Mappin & Webb Hou- se, Cor. Hock & Piain Streets. Bei den obengenannten Vertre- tungen des ANDEREN DEUTSCH- LAND sind sowohl Einzelexemplare als Abonnements erhältlich. -Wir bitten, in allen die Administra- tion und den Versand betreffen- den Fragen sich zunächst mit der zuständigen Landesvertretung in Verbinudung zu setze.. Allen An- fragen bitten wir, ein adressiertes Freikouvert beizulegen. Vorausbezahlung des Abonne- mentsbetrages ist in jedem Falle unerlässlich. lEu eigene Suche Wie bereits in der vorigen Nr. an- gekündigt wurde, hatt die ausseror- dentliche Steigerung der Unkosten ei- ne Erhöhung des Abonnementspreises notwendig gemacht. Die Mehrzahl un- serer Leser hat schon bisher monat- tteto JU— Peso bezahlt, .ein fäcbt lto- -erheblicher Tei| »oqh mehr, obwohl der offizielle Ahreis Mo- natlich nui; 0.60 Peso betrug. Wir müssen nunmehr den Mindest- #*#» 0ßi WM« »«WWtUch erhöhen. V, KlCY Leser, denen es schwer wird, diesen Betrag zu bezahlen, bitten wir um schriftliche Mitteilung. Sie werden dann die Zeitschrift zum alten Preis erhalten. Dagegen bitten wir diejenigen, die bereits 1.— Peso oder mehr bezahlt haben, zur Unterstützung unserer im- m,er mehr angewachsenen Arbeit ih- ren laufenden Baitrag nach Möglich- keit zu erhöhen oder aber durch ein- «aalige Spenden zum Piessefonds bei- zutragen. DIE FRE1SERHOEHUNG DAS ANDERE DEUTSCHLAND ist nicht die einzige Zeitschrift, die sich zu einer Erhöhung ihrer Abpnnementspreise gezwungen sah, wie die folgende unvollstän- dige Liste zeigt: Nederland erhöhte um 100 o'o Espana Republicana um 100 o o (Inseratenprise um 50 o o) Idea Sionista um 75 o o Antworten Verschollen? Angehörige. Der DAD- Vertreter in Berlin hat Ihre Angehö- rigen nicht auffinden können. Er teilt uns mit, dass die von Ihnen aufgege- benen Daten nuemehr an das Ein- wohner-Meldeamt, Berlin C 2, Brü- derstrasse 5 .— 6 gesandt werden sind, das Ihnen direkt antworten wird. Ge- gebenenfalls reklamieren Sie dort di- rekt. Erwerbung der argentinischen Staa.isbiirgerschatt. Utiseres Wissens-» ist die .Naturalisierung für Keiehs- deutschen weiterhin gesperrt. Dar vca Ihnen erwähnte Falj dürfte sich so erxiaren, uass die angexuhrte Person auf Grund der Lanüesgeseize ais Bürger seines Geburtslandes, und da- her nicht als Deutscher angesenen ist. (»Sollte einem unserer Leser ein Fall bekannt sein, in dem* in der legten .Zieit Deutsche naturalisiert wurden, wären wir für Benachrichtigung-dank- bar.) Anneliese Liedtke hat eine Gitte... Von Anneliese Liedtke, einer jun- gen Leserin des DAD, die sich in einem Flüchtlingsoager in Däne- mark befindet, erhielten wir den folgenden Brief: Sie werden gewiss erstaunt sein, aus Dänemark und noch dazu von einer Deutschen einen Brief zu er- halten- Leider besitze ich nicht ge- nügend Kenntnisse in Ihrer Lan- dessprache, um darin einen Brief verfassen ßu können. Ich hoffe je- doch, dass es Ihnen nicht allzugros- se Umstände macht' sich mein Schreiben übersetzen zu lassen- Ich will Ihnen kurz den Grund meines Schreibens mitteilen. Es ist nun fast zwei Jahre, dass wir Deutsche von den Nazis gegen un- seren Willen hierher in dieses frem- de Land gebracht wurden. Wir sind nun ständig hinter Stacheldraht und haben keinerlei Beziehungen zur Ausenwelt. Unsere einzige Freude ist die Post. Was so ein ANDERE OEUTSCHl AND DAS ANDERE DEUTSCHLAND LA OTRA ALEMANIA (f undado »sl / de jumo de 1937) Confirmado por Decreto No. 20.91? Registro nacional de ia Propiedad Inteiectual No. 23-0123 Autor izado por Kesoiucion no. 214 del Ministre del Interior (11 abril 1945) Einzelnummer: 30 Cts. (6 sept. 45) del Superior Gobierno de la Naciön. Editor v Director: Dr. Augusto Siemsen. Tesorero: Juan Carl. Avisos: Guillermo Fleischer Rsdaccion y Administration: Tucumän 309 Buenos Aires (U. T. 31 7264) Jahresabonnement: 12.— Pesos argentmos (im voraus zahlbar) Geldbeträge erbitten wir aus- schliesslich per Giro oder Bono Postal oder Scheck auf Sr. Juan Carl Tucumän 309 Bs. Aires. DAS ANDERE DEUTSCHLAND ist kein auf Profit ausgehendes Ueschättsunter nehmen. Es • lebt nur dank der Unterstützung sei- ner Freunde. Spendet für den Pressefondsl Erscheint am 1. und 15. eines jeden Monats. paar liebe Zeilen für uns Gefan- gene bedeuten, kann wohl kaum jemand ermesse,i. Vor einiger Zeit kam mir die Septembernummer von "Das Andere Deutschland" in die Hände. Ich ersah, dass es über- all auf der Welt noch Menschen gibt die Verständnis jür uns Deut- sche haben. Ich habe eine grosse Bitte. Sollte unter Ihren Bekann- ten vielleicht jemand sein, der mit einem deutschen Mädel in Brief- Wechsel treten möchte, so würde ich mich von ganzem Herzen freuen• Ich selbst habe nirgends auf der Welt einen Menschen, der mich durch ein paar nette Zei- ■ len erfreut. Ich iväre für Ihre Be- mühungen sehr dankbar und sende Ihnen freundliche Grüsse aus wei- ter Ferne. ' Anneliese Liedtke Baracke 131\III Vandflyvepladsen. Lejr 48-08 Aalborg, Dänemark Eine weitere Bitte um, Vermitt- lung von Korrespondenten erhiel- ten wir von dem 21jährigen jun- gen Deutschen: Günther Heinemann 22a) Papenbergerstrasse 64 Remscheid, Britische Zone Gesuchte Personen Martin ßartei, geb. 12. II. 1904, seit 1927 in Argentinien, letzte Anschrift: Estancia El Bagual, Quiroga F. C. O ■ (Argentinien) oder wer dessen jetzi- gen Aufenthaltsort kennt, wird gebe- ten, sich mit DAD. Tucumän 309, Buenos Aires in Verbindung zu set- zen, um eine wichtige Mitteilung sei- ner Schwester entgegenzuneHm«!. s 'V y«/:'?eser u5»tf £er im Folgenden kW» DECLARACIONES DE UN MINISTRO HOLANDES Extraoficialmente se munciö que ei gobierno holandes iniciarä en el curso del ines de enero convcissejcnes cor las auloridades anglo-americ-anas con el sin de llegar a un acuet-do comercial con estas zonas de Alemania. Fedirän los hofcandeses segün ceciaiacio-nes de i-leirit Huysmans, ministro de comercio de ITulanda que se permita a eStc pais exportar mayores cantidades de alimentos contra la importaeiön de produetos iodustyiales alemanes. De esta manera, Holanda tambien abandona las exigencias Ae una "paz dura" con Alemania, porque se ha convencido de que es imposible — por interes propio — crear un desierto econömico en el centro de Europa y porque son indispensables los produetos alemanes para vec< nsliuir l9 economia destrozatfa a consecuen- cia de la guerra provocadu por Hitler. DAS ÄNDERE DEUTSCHLAND skizfcßMe litt "New1 Leatier" sind, ist bekanntlich die Forderung nach einer öffentlichen Untersuchung erfüllt worden. Das Resultat steht aus. Aber ist nicht anzunehmen, dass es mehr der Vertuschung, als der Aufklärung solch schwer diskreditierender Vor- gäng'e dienen wird? DIE MORAL DER NORD- AMERIKANISCHEN SOLDATEN' IN DEUTSCHLAND . In "The New Leader" entwirft der Korrespondent Robert Root ein sehr trübes Bild von dem Benehmen der nordamefikanischen Besatzungstrup- pen, wie er es auf Reisen von Frank- reich in die Tschechoslowakei und zu- rück in Zügen, auf Stationen und in Hotels beobachten konnte. Gegner der Militärdienstpflicht sagten ihm, die Armee sei eine moralische Kloake, in die man keinen jungen Mann hinein- zwingen dürfe. In den Zügen wurde von Soldaten mit allerlei Sachen gehandelt, die ma," von den Deutschen "befreit* hatte. Viele Soldaten waren betrunken. Von Frauen und Mädchen redeten Solda- ten so, als ob "die Deutschen und. ebenso ihre "Fräuleins" ein Haufen Bastarde" seien. Allerlei sexuelle Schamlosigkeiten konnte er beobach- ten. Es wurde in den Soldatengesprä- chen behauptet, dass es in Nürnberg kein Mädchen über 15 Jahre gebe, das nicht mit einem nordamerikanischen Soldaten geschlafen habe. Root schliesst seinen Aufsatz mit den Worten: "Nach all dem, was die Besatzungs- soldaten mir über ihr Leben in Deutschland erzählt haben, möchte ich wissen, wieviel Europa heute von dem sieht, was wir als eine bessere Art zu leben bezeichnet haben, und was die Europäer von den Amerikanern denken müssen." SKANDAL IN DEUTSCHLAND Unter dieser Ueberschrift erhebt "The New Statesman and Nation" schwere Vorwürfe gegen die englischen Besa,taungsbehörden. Es sei bekannt gewesen, dass Ver- treter nordamerikanischer Firmen in Uniform Geschäfte im Privatinteresse ihrer Firmen gemacht hätten. Jetzt stehe von Engländern dasselbe fest- Dr. Agartz, der sozialdemokratische Leiter der Wirtschaftszentrale im bri- tischen Gebiet, habe den Unterschied zwischen dem Verfahren der Russen und der Engländer so formuliert: "Wenn die Russen eine Fabrik sehen, die nicht arbeitet, bestrafen sie sie; wenn die Engländer hören, dass eine Fabrik die Arbeit aufnehmen will, sa- gen sie: "Nein, das geht nicht: Sie haben noch nicht um Erlaubnis nach- gesucht". Erlaubnisse aber würden nur nach langer Zeit erteilt und oft nicht aus Gründen öffentlicher In- teresses. "Unbedingte Ergebung", heisst es in dem Artikel, "die törichtste Formel, die es je in der Kriegführung gegeben hat, gibt zweifellos dem Sieger unbe- dingte Freiheit, die Besiegten nach Herzenslust auszuplündern'". Die Eng- länder hätten legal unter der Angabe, die deutsche Wiederaufrüstung zu verhindern, den Deutschen Patente und Geheimverfahren genommen. Aber darüber hinaus hätten unifor- mierte Mitglieder englischer Firmen vielfach im -Privatinteresse ihrer Fir- men dasselbe getan, indem sie unter Drohungen die Herausgabe von Pa- tenten und Geheimverfahren erpresst hätten. Ferner herrsche vielfach Kor- ruption. Für Genehmigung, die Arbeit wiederaufnehmen zu dürfen, würden oft grosse Schmiergelder gefordert. Hübsche Frauen, die unter dem Nazi- regime sich bereits ähnlich betätigt hätten, wären gewöhnlich die Ver- mittlerinnen. Deutsche, die solche Korruption ablehnten, würden — nach Meinung der Deutschen — auf Grund falscher Denunziationen manchmal verhaftet. Der Artikel schliesst: "Wir können weit mehr sagen und damit noch hinter der Wahrheit zu- rückbleiben, aber wir haben wohl ge- nug gesagt, um su zeigen, dass eine öffentliche, Untersuchung der briti- schen Verwaltung notwendig ist. Dass das Resultat ein Skandal sein wird, ist unangenehm, aber der - Skandal wird nicht so schlimm sein, als wenn man die Dinge weiter treiben lässt. Der Skandal kann auf keine Weise vermieden werden, seit diese Zustände in Deutschland bekannt geworden sind und manche britische Beamte sich ih- rer persönlich und geschäftlich vor- teilhaften Transaktionen rühmen. Ihr Mangel an Verschwiegenheit wird oft mit d-em Ueberfluss und der Billigkeit des Alkohols in Deutschland erklärt. Angesichts all dieser Tatsachen hätte Mr- Hynd nicht seine neuen optimisti- schen Angaben über die britische Zo- ne machen dürfen. Niemand wünscht, Mr. Hynd persönlich anzugreifen. Aber weder aus Abneigung gegen einen Skandal, noch weil er den Tatsachen nicht ins Gesicht zu sehen vermag, hatte er das Recht, einen Ton der Selbstzufriedenheit anzuschlagen, der die vielen ehrenwerten Männer in der britischen Verwaltung in Deutsch- land verzweifeln lässt..." Wir schliessen unsere Wiedergabe amerikanischer und englischer Stim- men mit den folgenden Worten Louis Fischers, die wir "The Progressive" vom 28. X 46 entnehmen: "Wir können nicht 66 Millionen Deutsche töten, und wir können nicht die Geburt deutscher Kinder verhin- dern. Wir würden besser tun, Hass und Elend zu töten. Wir vermehren den Hass und vervielfachen das Elend, indem wir Werke zerstören, welche zum Glück von Menschen beitragen könnten... Manche sagen: "Wir waren früher entgegenkommend gegen Deutschland, und man hat gesehen, wohin das ge- führt hat. Jetzt müssen wir hart sein". Weder Entegenkommen noch Härte kann Kriege verhindern. Deutschland ist das Herz- Europas, und wenn sein Herz krank ist, wird ganz Europa krank werden und dann die Welt. Das Mittel, den Krieg zu vermeiden, be- steht darin, die schöpferischen Kräfte der Menschen zu Gesundung und Glück zu lenken. Scheitern wir bei dieser Aufgabe, so mögen wir Deutsch- land schwächen und lährpen, es wird doch einen neuen Krieg geben." Das Problem des demokratischen Sozialismus Wir entnehmen diesen Artikel des Hamburger sozialistischeil Jugendführers, der bereits im Ju- ni 1946 erschienen ist. der Johan- nesburger Montsschriit "Europe to-morrow". Es ist die Tragödie Deutschlands dass die Gelegenheit zur Demokratie immer dann entsteht, wenn die Bedin- gungen dafür so ungünstig wie mög- lich sind- 1945 wie 1918 haben dis demokratischen Deutschen eins furchtbare Erbschaft zu übernehmen. Noch tragischer ist es, dass die Deut- schen weder 1918 noch 1945 den Wen- depunkt ihrer Geschichte zu einer tie- in Deutschland Von Heinz Joachim Heydorn fen und symbolischen Aktion der Selbstbefreiung verwendet haben. Hät- ten sie das getan, so wären sie in der Lage gewesen, die lebendigen und schöpferischen Bedingungen zu schaf- fen, die der Demokratie eine unzer- störbare Grundlage gegeben hätten. Weder 1918, noch 1945 hatten wir ei- ne Revolution. Wieder einmal wurde die Befreiung von aussen auferlegt, die Freiheit, die Millionen allzu leicht sieh aus den Händen nehmen liessen, und die sie wieder preisgeben wer- den, wenn die Dinge sich entsprechend entwickeln. Es gab allerdings eine Gruppe ent- schlossener Männer, die vielleicht auch die Fähigkeit zur Führug der Revolu- tion hatten, Männer, deren Leben er- füllt war von der Sehnsucht nach diesem Augenblick. Aber das Volk blieb stumm. Die Menschen ertrugen ihre Leiden als unvermeidlich mit ei- ner tiefen Selbstverneinung und ohne Verständnis, ohne dass sie ja sagten, aber auch ohne den Willen, eine Autorität (zu beseitigen, die zu ertra- gen sie jahrhundertelang erzogen war ren. DAS ANDERE DEUTSCHI AND 3 Die sozialistische Einheit Die Situation von 1918 hat sich jetzt wiederholt, aber unter sehr viel schwierigeren Bedingungen. Das legt uns deutschen Sozialisten eine Ver- antwortung auf, wie sie vielleicht nie zuvor in der Weltgeschichte eine Ge- neration zu tragen hatte. anderes Licht im Denken des deut- schen Volkes gebracht. Wir hätten ei- ne Tradition kompromisslosen Kamp- fes geschaffen, die uns eine reale Chance für die Zukunft gegeben hät- te. Wie die Dinge liegen, können wir unsere eigene Vergangenheit nicht vor dem deutschen Volk rechtfertigen. nen und klar® Forderungen aus ihr abzuleiten, die, mögen sie auch filc den Augenblick nicht populär sein, morgen dringend nötig sind. Die Er- fahrungen von 1933 liegen hinter uns. Die kommende Situation wird viele Symptome jener Krisis in verschärf- ter Form zeigen- Es mag Unfcerschie- 1 de geben, aber die Umstände können sogar noch gefährlicher sein. Die Aussichten der Kommunistischen Partei In diesem Zusammenhang mag es nützlich sein, die Bedeutung und die Aussichten der KPD zu unversuchen. In der SPD wird die Kommunistische Partei heute häufig unterschätzt, weil sie zur Zeit nicht fest Fuss unter den Massen fassen kann wegen der Vor- gänge in der russischen Zone, und weil sie anfangs eine sehr opportunistische und unsozialistische Politik betrieben hat. Abef abgesehen davon, dass die Macht der Kommunisten und ihr Er- ziehungsmonopol in der Ostzone ihre Stellung festigen kann, gibt es noch andere Faktoren, die man in Rech- nung stellen muss. In der russischen Zone vollzieht sich ein fortschreiten- der Prozess der Stabilisierung wäh- rend in der westlichen die Situation sich dauernd verschlimmert. Diese Entwicklung übt schon einen starken psychologischen Einfluss auf die Be- völkerung der westlichen Zone aus. Die grosse Wanderbewegung vom Osten nach dam Westen beginnt lang- sam ins Gegenteil umzuschlagen. Wei- te Kreise dt-r Bevölkerung haben den Eindruck gewonnen, dass im Osten nach den ersten Tagen eines völligen Chaos jetzt ein organischer Wieder- aufbau beginnt. Zwei andere wichtige psychologische Faktoren kommen hiiiteu. Die KPD ist auf autoritären Prinzipien aufgebaut, und das muss ihr in weiten Kreisen dar deutschen Bevölkerung Sympa- thien gewinnen, für die Demokratie, auch heute noch, nur ein Wort ist, und für die alle psychologischen und histo- rischen Umstände zugunsten des autoritären Prinzips sprechen. Dar- über hinaus ist die KP in wachsendem Masse der Wortführer für nationale Probleme geworden und wendet' sicli bewusst an die nationalen Gefühle des Volkes. Autorität und Nationalismus wurzeln so tief im deutschen Volke, dass sie unter den veränderten heu- tigen Bedingungen einen entscheiden- den Einfluss zugunsten des Kommu- nismus ausüben können. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass lange Zeit hindurch von weiten Sektoren der deutschen Nationalisten eine prorussische Politik begünstigt wurde, die heute wiederum eine Zu- sammenarbeit mit den Kommunisten erwägen, weil sie in ihr eine Chance für eine nationale Wiedergeburt an der Seite Russlands erblicken. Ferner besitzt die KP im Vergleich zur SP sehr aktive politische Kaders. Trotz ihrer höheren Mitgliederzahl sind die Sozialdemokraten weit weni- ger aktiv und beweglich, Ur.ter solchen Umständen ist es durchaus möglich, dass die KP im Lauf der Zeit eine po- etische Macht ersten Rang** ZW. DA« Unsere erste klare Vorstellung nach dem Zusammenbruch war. dass es heute nur eine einheitliche sozialisti- sche Bewegung in Deutschland geben dürfte. Die Mitglieder der früheren S. A. P. und des I. S K., die beide eine wichtige Rolle im Untergrund- kampf gespielt hatten, traten wieder in die S. P. D. ein. Wir erkannten deutlich, dass unsere Basis im Volk viel zu klein war, um unabhängige Parteien aufrechtzuerhalten. Es be- stand anfangs auch die Absicht, die Kommunisten in diese Einheitsfront einzub^iehen. Inzwischen sind sowohl die SPD wie die Christlich Demokratische Union wichtige Faktoren im deutschen poli- tischen Leben geworden, und die er- sten grosse Probleme, die in den nächsten Jahren gelöst werden müs- sen, haben die Gegensätze hervortre- * ten lassen. Die Entwicklung ist schnel- ler fortgeschritten, als man vor einem Jahr annehmen konnte, als die Partei mit dem Wiederaufbau ihrer Organü sation beschäftigt war. Gefahren und Verantwortlichkeit sind entsprechend gewachsen, und viele von uns haben erkannt, da,3 wir heute eine einzigar- tige historische Chance haben, die vielleicht nie wiederkehren wird, wenn wir unsere Aufgabe nicht begreifen. Die alten Führer Ich kann hier nur einige der ent- scheidend»^.! Probleme aufzeigen. Die Sozialdemokratie wird heute noch fast völlig geführt von Männern, denen das deutsche Volk niemals verzeihen wird, dass sie sich 1933 die Macht oh- ne jeden Widerstand aus der Hand nehmen liessen. Weil e.s notwendig ist, unsere eigene Geschichte und die sich aus ihr ergebenden Lehren zu verstehen, ist die Vergangenheit wie- der einmal ein Problem geworden. Die repräsentative Leitung der Par- tei sucht noch immer ihre Vergan- genheit zu rechtfertigen (Schumacher: "Es sind taktische, aber keine grund- sätzlichen Fehler gemacht worden") und behauptet, dass nur die SPD durch die Geschichte gerechtfertigt worden ist. Ein bekannter norddeut- scher Parteiführer hat kürzlich gesagt, dass die Nazis schon früher als 1933 (zur Macht gelangt wären, wenn die SPD, die letzte grosse Vertreterin der Demokratie, von der Verantwortung zurückgetreten wäre und ihren Geg- nern freie Hand gegeben hätte, statt die parlamentarische Koalition trotz der schweren ideologischen Opfer, die sie forderte, aufzugeben. Die Alterna- tive wäre einem grundsätzlich soziali- stische Haltung und ein Kampf bis zum bitteren Ende gewesen. Der Kampf und die Opfer, welche die So- zialisten bis zum Untergang gebracht haben würden, hätten uns in ein ganz Eine Mittelpartei? Vielleicht erweckt die Diskussion über diese Dinge den Eindruck histo- rischer Reminiszenzen, in Wahrheit aber stehen sie in engster Beziehung zu unseren gegenwärtigen Aufgaben. Es besteht jetzt die Absicht, der SPD eine breitere Grundlage zu geben, als sie sie vor 1933 hatte- Die Anhänger des Nazismus bestanden in entschei- dendem Masse aus weiten Kreisen des mittleren Bürgertums und der bäuer- lichen Bevölkerung; sie holten, sich vor dem zu retten, was sie als den drohenden Vormarsch des Proleta- riats ansahen. Das sind die Klassen, welche die SPD heute vor allem zu gewinnen sucht. Mit ihnen gelangen viele neue Elemente in die Partei, die vor 1933 eine völlig andere politische Auffassung hatten. Wenn auch die breitere Basis grundsätzlich richtig sein mag, so schliesst sie doch grosse Gefahren in sich, denen wir in Zu- kunft ins Auge zu sehen haben. Kom- promittieren wir deswegen unsere kla- re sozialistische Linie, so besteht die Gefahr, dass aus der Partei ein Or- gan der Mittelklassen wird, und dass die aktiven Elemente der Industriear- beiterschast zu den Kommunisten ge- hen', die, wie in der Vergangenheit, ihr Existenzberechtigung aus dem Ver- sagen der SPD als sozialistische Par- tei herleiten würde. Wir haben die Aufgabe, Millionen von proletarisierten Menschen zu ge- winnen, die sich aber noch sträuben, als Proletarier angesehen zu werden. Geistige Konzessionen an diese Psy- chologie der Mittelklassen müssten eine verhängnisvolle Wirkung haben- Das deutsche Volk lebt heute noch in einer Art Heimweh. Es hat noch kei- ne klare Einsicht in die wirkliche Si- tuation, um so weniger, weil ihm ein Milliarden-Schleier von Papiergeld sein nacktes Elend verhüllt. Aber verant- wortungsbe wusste Menschen wissen genau, wohin die Entwicklung führen muss, und es ist eine , gebieterische Notwendigkeit; dass sie eine Politik "Verfolgen, die dieser sozialen Entwick- lung gerecht wird, die uns zu ihrer Kontrolle befähigt, und die dafür sorgt, dass die Geschichte nicht schneller verläuft, als wir ihr zu fol- gen imstande sind. Die Stunde für umfassende und tiefgreifende sozialistische Mas;nah- men ist jetzt für Deutschland gekom- men. Die Krise, die noch nicht in ih- rem vollen Ausmass begriffen ist, wird bald eine aktuelle Bedeutung von grösstem Gewicht haben. Wenn wir ihrer mit reformistischen Konzeptio- nen Herr zu. werden versuchen, wird die Macht der Umstände uns erdrük- ke.n, und Andere werden die Aufgabe zu lösen haben. Für die SPD ist heute die wichtigste Forderung der Gegen- wart, die Situation deutlich zu »rken- 6 DAS AN0EHF oeVYSCHl AlHÖ so metif, als die unzulänglich« ETntna- zifBfcierung und die Versehlechterung der Ernährung sich zu ihren Gunsten autiWirken- Dass man den Deutschen sagt, sie seien schuld am Krieg, stillt ihren Hunger nicht, und sie glauben nidht, wenn man ihnen erzählt, die Demokratien seien besser als die Nazis. Ein weiterer Faktor zugunsten der KP ist die Vorstellung vom Ueberge- wicht und der Lebenskraft der Sow- jetunion. Diese Vorstellung haben sehr viele Deutsche, und sie lässt sie an- nehmen, dass Russland am Ende er- folgreich sein wird. Aus all diesen Gründen darf die KP nicht Unterschätzt werden, vor-allem dann nicht, wenn es sich als unmög- lich erweist, die soziale Situation in den Westzonen für längere Zeit zu stabilisieren. Wir dürfen uns keinen Täuschungen über den Stand der Din- ge hingeben. Man darf nicht vergessen, dass der grösste Teil des deutschen Volkes, auch der ArbeiterKiasee, nocn mcnt polltisch organisiert und noch stark von Nazivorstellungen infiziert ist und deshalb eine sehr skeptische Haltung gegenüber den neuen politischen Par- teien einnimmt. Mehr und mehr wer- den die beiden grossen sozialistischen Partelen in Deutschland als Agenten fremder imperialistischer Rivalen an- gesehen, die auf deutschem Boden für ihre eigenen Interessen kämpfen- Des- halb ist es vor allem notwendig, eine klare internationale sozialistische Li- nie einzuhalten und «ich* nicht aus- schliesslich gegen eine Seite drängen zu lassen. Dieser Kampf um die abso- lute Freiheit und Sauberkeit unserer politischen Stellung ohne Rücksicht auf die Konsequenzen spielt gegenwär- tig eine wichtige Rolle in der SPD.... Am Scheideweg Wir müssen uns heute wiederum entscheiden, welchen Weg wir ein- schlagen wollen, Aufs neue stehen wir am Scheideweg. Wir wollen einen europäischen Sozialismus, ein europä- isches Deutschland, ein Deutschland in dem die fundamentalen Werte dsr freien Persönlichkeit eine Stätte ha- ben. Fast unsere ganze Geschichte spracht gegen diesen Versuch und ge- gen die unter uns, die das zu verwirk- lichen suchen. Schumacher hat Recht, wenn er sagt, .dass der Umfang der Demokra- tie in Deutschland nicht weit über die SPD hinausgeht'. Aber diese Partei ist alt und in weiten Kreisen erstarrt. Sie ist tief mit den Ideen einer Welt ver- bunden, die 1933 gestorben ist und nie- mals wiederkehren wird. Es gibt nur sehr wenige, die fähig sind, der heu- tigen moralischen und ökonomischen Katastrophe ins Gesicht zu sehen. Es wird schwer sein, uns von unseren Fehlern frei zu machen, um unsere eigene demokratische Revolu- tion durchzuführen; es kann nur durch einen Erziehungsprozess ge- schehen, für den es zu wenig Lehrer gibt. Wir haben zu wenig Kontakt mit der jüngeren Generation, die bis jetzt — und das ist wahrscheinlich die be- achtenswerteste Tatsache unserer ge- genwärtigen Situation — noch keinen Schritt nach irgend einer Seite hin getan hat, und niemand weiss, wohin sie gehen wird. Aber es ist die junge Generation, aus der der Geist einer demokratischen Revolution kommen muss, und im zwanzigsten Jahrhun- dert kann eine demokratische Revolu- tion nur eine sozialistische Revolution sein. Für diese Revolution haben Gene- rationen der besten Deutschen gelebt und gewirkt. Die Fackel muss aufs neue entzündet werden von einer neuen sozialistischen Jugend. Aber wo ist sie? Werden wir fähig sein, sie ihr vorarvzutragen, wir die wenigen jungen Menschen, die heute in der Partei tä- tig sind? Neue Erfahrungen und neue Worte sind notwendig geworden* Der Schrecken liegt hinter uns- War seine Wirkung stark genug, um diese neuen Worte und diesen neuen Geist hervor- zubringen und sie aus der Tiefe s:ch erheben zu lassen gleich einem Sturm- wind, der über alle Lande geht? Oder hat diese Vergangenheit uns nur aufs neue bestärkt in jener resignierten Hinnahme unseres Schicksals, die un- sere Geschichte bestimmt hat? Es gibt keinen anderen Weg zur Lösung des deutschen Problems. Si6 wird nicht durch Erziehungsmassnah- men kommen und nicht durch Organi- sation und nicht durch Entnazifizie- rung; Aus einer elementaren Erfah- rung heraus, unter dtr Stosswirkung grosser Krisen und Kämpfe muss die sozialistische Renaissance kommen. Sie kann nicht künstlich herbeigeführt werden. Es ist wie der Geist im Neuen Testament — niemand weiss, woher er kommt und wohin er fährt. An uns ergeht der Ruf, die Wortführer die- ser neuen Generation zu sein. Plato hat gesagt, dass der Glaube nie grös- ser sein kann als in der Stunde der äussersten Finsternis. Unser Glaube ist so gross, dass er nicht getrennt werden karrn von unserem Willen zum Leben. Hunger und Armut können nie grösser sein als jetzt. Werden wir fä- hig sein, unsere Aufgabe zu erfüllen? STALINGRA tu efser In ffr. ft4 tmserer Zrit- schrfft erschienenen Besprechung hat K. ö- Paetel mit Rephl Pliviers Buch „Stalingrad" ein imgtettbliehes, ein einmaliges Boeh genannt. Er hat au- sserdem viel Richtiges über das Buch gesagt. Wenn Ich trotzdem auf diese Besprechung zurückkomme, so des- halb, well sie nach meiner Meinung aueh Putsche» enthält end Wesentli- che» nicht sagt. Paetel meint, das Buch sei ein Heldenepos, wenn auch ei» Efwpi sinnlosen Heldentums, da die Opferen* einer Armee von 336.006 Mann ..militärisch sinnlos und natio- nalpolitisch verbrecherisch" gewesen •ei. Aber Pürier hat kein Heldenepos geschrieben und ganz gewiss keins schreibe» wollen, soviel Heldentum auch In »einem Buch vorkommt- falls ei# «Ahe», verbissenes, verzweifeltes Awftarren und Weiterkämpfen unter den furchtbarsten Bedingungen und den unsagbarsten Läden für eine bö- se, sinnlose, verlorene Sache Helden- tum genannt werden kann. Und ne- ben diesem ..Heldentum'' gibt es ge- nug? Stumpfheit, Panik und nackten Egoismus. Was Flivier k». Wahrheit zitßt, ist d*r grauenvolle Untergang ein«? Arme* von 330 000 Mann, die *fMiiWiuniig«ligJten wird darch die verdammte preussische Disziplin, durch d n militärischen Kadaverge- horsam. der die Generäle wider ihre bessere Ueberzeugung auf Befehl des Obersten Kriegsherrn, des Adolf Hit- ler hunderttausende von Menschen sinnlos in rltn Untergang treiben lässt, und der die Soldaten wi? eine Herde Schafe sich abschlachten lässt. Plivier nennt das nicht Heldentum. sondern Gehorsam, Gehorsam, verfluchten, erbrecherischen Gehorsam". Wir drucken unten ab, was Plivier über die begangenen Schandtaten und von den über Leichen gehenden Hoff- nungen sagt, die die Mehrzahl dieser brauchbaren Werkzeuge der Nazigang- ster erfüllt hat — Einer der zur Ein- sicht Gekommenen sagt, dass er est angeknackte Hirnschalen Gefallener gesehen habe, aas denen am Leben Geb.iebene das Hirn gesogen hätten. „Das" — d. h. also» dass einer dem andern das Hirn aussaugt! — .das ist die Konsequenz, das ist das Ziel» auf das wir ausgerichtet waren, und nicht erst seit gestern und nicht erst, als wir über den Don und die Kalmük- kensteppe kamen, und als wir in das Stalingrader Fabrikviertel eindrangen- Das ist die Konsequenz der Lehre von der besseren Basse". Wenn Stalingrad genommen und der Sieg errungen worden wäre, dann wä- re alles vielleicht ..militärisch sinn- voll" gewesen, aber dann wäre „das Unrecht zu einer Institution erhoben1' worden, und das wäre das Aller- schlimmste gewesen, denn ..wenn Ur- sache ohne Wirkung, wenn Schuld oh- ne Sühne bleiben könnte, — das Gleichgewicht der Weit wäre ge:tört, und kein Bestand der Dinge wäre, und nur noch Verkehrung. Und das kann nicht sein' * Pliviers Buch sollte in Deutschland und in der ganzen Welt von Millio- nen und Abermillicnen geCesen wer- den. August Siemsen. Wir bringen zwei kurze Abschnitte: SO FING ES AN Stalingrad ^ar der Preis für Ster- ben und Krankheit, für Verstümme- lung und Hunger und Strapazen und Schwären, und es bedeutete die Ver- gebung aller Sünden. Die Haufen russischer Flüchtlinge, Greise und Frauen und Mütter mit Brustkindern, zu Hunderten bei schar- fem Ostwind, bei 20, bei 39 Grad Käl- te an der Bahn liegend und auf Züge lauernd, die niemals mehr fahren wiir- DAS ANDERE DEUTSCHI AND den, bei Sawadnowka hinter Stachel- draht verfallenden russischen Zivil- und Kriegsgefangenen, denen nichts als die Darnigeschlmge verendeter Pferde zum F*ass vorgeworfen wur- den, — in einer Schlucht von kroati- schen Soldaten verschleppte Frauen, dort Strümpfe stor.fr ;id und Nasser tragend und Wäsche waschend und genötigt, nachts mit den Soldaten da:; Lager zu teilen. — eine Zivi bevölke- rung, gepresst zum Strassen- und Be~ f. itigungsbau, zum Ausheben von Grä- ben, in Massen zusammengetrieben und waggonweise nach Deutschland in die Sklaverei verschleppt, halb ent- völkerte Dörfer, der Willkür der Ge- stapo und wilkürlichen Zugriffen der Gestapohenker ausgelieferte Miiäi.;::- vöikerungen: ein ganzes nahergetre- tenes Land war, rechts und Lnks und hinter den Kolonnen geblieben, und das aus tausend Bränden schwel nde und aus tausend Wunden ' blutende Staiingrad so Ite jedfe Untat sühnen, jedes Verbrechen lösch: n, ;:oü'. * krumm gerade und aus Unrecht Rvcht machen. Dass ein besiegtes Sta- iingrad das Verbrechen nur weiter- schleppen und das Unrecht zu einer Institution erheben und die Unrecht- träger selbst in Gendarmen und Auf- passer verwandeln und dem e.genen Volke den Untergang bringen würde, — wenn dieser Gedanke, und es kann nicht anders sein, manchmal in eini- gen und manchmal in v^l n Kopsen gewesen ist — einen Ausdruck hat er in der Armee ven 330 00!) Mann nicht gefunden, . . . UND SO WAR DAS ENDE Durch Sclinep und Stiile b'-wegta sich der Zug, durch Tag und Nacht quer über den von den Wolgahügeln und den Rosseschkahöhen eingesäum- ten weiten weissen Te-Jer. Von StaLn- grad-Mitte über den Flugplatz und hinweg über die Baik i Kvutaji, wei- ter über die f ache Steppe, über den Bahndamm hinüber, neben dem Bahn- damm her bis Gumrak, und weiter auf der Dtrasteppe in Richtung Kctla- ban; und aus Staüngrad-Nord üb r Gorcditschtsche und Alexandra wfca und ebenfalls ausmündend auf dii? Donsteppe in Richtung Kotluban. wo vom Kriege unzer^türtes Land und die Eisenbahn den Strom aufnehmt n konnte. Und weiter mit der Geschwindigkeit ven einem Stundenkilometer. Am Horizont wuchs eine Steppen- siedlung auf. und herankommend wir es nichts als ein Seite an S ite und Rad an Rad und Dach an Dach ste- hender riesiger Pulk zertrümmerter und ausgeplünderter LKWs und % PKWs und Kübelwagen und Omnibus- se, und wer dort an einer Wu^smvand hinsank oder sich unter einen Wagen verkroch, um niema.s mehr aufzuste- hen, würd davon nicht abgehalten. In sine Schlucht lief der Weg ab, und die Schlucht war #»in Grab ven P Ul- stern- Sturm- und Flakgeschützen und die Stätte schwarzer KrähenF,chwär;$ic, and an der anderen ueite stieg der Weg wieder zur Ebene an. Di; Fü: sc trotteten und schleift, n und glitsch- ten über die Strasse, und es war eine ehemalige Fluchtstrasse und der Weg einer dahinrolenden Panik gewesen; über die UebeTrollten und 1» den Lo- den Gestumpften war Schnee, war Ne- bel, war Sonnenschein, waren wieder Räder hingegangen, und jetzt war es er Untersuchungskommissar der kriegtechnischen Abteilung des ame- rikanischen Senats; George Meader, war 3 Monate in Russland und stellte fest, dass sich noch mindestens 3 Mill. deutsche Getangene in der UdS SR und den ihr unterstehenden Ge- bieten befinden. Zum Weihnachtsfest ist es allen Gefangenen, auch in Russ- land, erlaubt, eine Postkarte zu schreiben. Der Sprecher des französischen Aus- senministeriums erklärte, dass die Rückführung der deutschen Kriegsge- fangenen eine totale Katastrophe für die französische Industrie bedeuten würde. Es handle sich bei den Ge- fangenen zum grossen Teil um hoch- qualifizierte Arbeitskräfte, zum an- dern Teil um Arbeiter, die an ihrem Arbeitsplatz eine spezielle Ausbildung erfahren hätten und nur sehr schwer und langsam zu ersetzen wären. Die französischen Arbeiter wären unter den augenblicklichem wirtschaftlichen Verhältnissen kein wirklicher F.rsatz für die Kriegsgefangenen. Die von Berliner Stellen verbreitete Nachricht, dass aus Rtfssland dem- nächst Millionen deutscher Kriegsge- fangener entlassen werden sollten, 1 wurde von offizieller russischer Seite als durchaus- unbegründetes Gerücht bezeichnet, das jeder tatsächlichen Grundlage entbehre. Vorgesehen sei, im Jahre 1947 100.000 Mann nach Massgabe des Fortschritts der von ihnen in Bussland tu erfüllenden Auf- 12 DAS ANDERE DEUTSCHLAND BERLIN UM DIE JAHRESWENDE 300 g. Kartoffelschalen, gekocht und durch den Fleischwolf geurent, geben mit 200 g Eichelmehl Idas vorher ent- bitter t sein muss) ein knäckebrotar- tiges Gebäck wobei dem Teig, je nach Geschmack, Salz oder Zucker beige- geben werden kann." — Dieses Re- zept, aus vielen ähnlichen Weih- nachtsrezepten für die Berliner Haus- frau herausgegriffen, kennzeichnet die Situation der Vier-Mächte-Stadt 17 Monate nach der deutschen Kapitula- tion und kennzeichnet zugleich die diesjährige Weihnachtsstimmung bes- ser als manche theoretischen Betrach- tungen über Kalorienwert bsi hier verteilten Nahrungsmitteln. Weih- nachten 1945 brachte noch manche Vorräte zutage, die dazu helfen konn- ten, die Dürftigkeit des Leben§ einige Festtage lang zu verdecken.' Weih- nachten 1946 gibt nur dort noch sol- che Möglichkeiten, Wo der Schwarze Markt der Auslandswaren im Ganse ist, etwa in den' südwestlichen Berli- ner Vororten, wo ein grosses Lager mit Displaced Persons eine der Haupt- lieferquellea das Schwarzmarktes für solche Waren darstellt, die die Aus- landsflüchtlinge in reicherem Masse zugeteilt bekommen, als sie sie selbst verbrauchen... Nicht weit von den Weihnachtsbu- den und von den Geschäften, deren Feusterdekoration mit dem Schild- chen "Unverkäufliches Ausstellungs- stück" versehen ist, finden sich die Läden für die Besetzungsangehörigen. In diesen Schaufenstern sieht der Berliner alles, was er sich als Weih- nachtsfreude denken könnte und et- was mehr. Raffiniertestes Kinderspiel- zeug bis zu den herrlichsten Eisen- bahnen etwa im französischen Sektor. Oder die bunt etikettierten Blech- büchsen mit Fleischkonserven, Süd- früchten, eiae Auswahl des Bücher- marktes d=r Welt. In den Badezimmern der Berliner friert das Wasser in den Röhren ein. In den Küchen, soweit sie nur mit Gaskochern oder elektrischen Ko- chern ausgerüstet sind, gefriert das Abwaschwasser, ehe das Geschirr ge- putzt ist. Kohlen konnten im franzö- sischen Sektor noch nicht verteilt werden. Im russischen Sektor gibt es zwei Zentner Kohlen monatlich je Kopf der Bevölkerung. Im amerika- nischen und britischeu Sektor sollen je Familie neun Zentner für den ge- samten Winter verteilt werden. Vor- sintflutliche eiserne Oefen sind auf- getaucht; um diese primitive Wärme- quelle hockt in einem Zimmer die Familie, gleichviel ob Arbeiter oder Gelehrter, wenn nicht ein Familien- mitglied in den Diensten einer Bs- satzungsmacht steht, wobei die Rus- sen am freigebigsten sind... Die ' Politiker, die in dem neuen Parteileben und in dem neuen Parla- mentarismus eine Rolle spielen, be- mühen sich, der Masse der Bevölke- rung die Zusammenhänge zu erklä- ren. Di« Wahlen Ende Oktcbör haben es gefügt, dass der Beginn einer Ber- liner Selbstverwaltung mit dem Win- terbeginn zusammenfalle, was für das Ansehen der Demokratie ohnehin nicht sehr günstig ist. Denn Misshellig- keiten werden jetzt leicht mit dem Hinweis beantwortet, dass also auch die Demokratie die Dinge nicht bes- sern könne. Auch hier sind die Ta- gesnöte zu gross, als das die Bevöl- kerung bereit wäre, historische oder wirtschaftliche Betrachtungen anzu- stellen. In dem Berliner Stadtparla- ment, in Parteiversammlungen, in den Zeitungen versucht man immer wieder, diese Zusammenhänge klar- zulegen. Aber so gross gerade in Ber- lin nach den Erlebnissen bei der rus- sischen Eroberung die Bereitwilligkeit der Bevölkerung war, die Schuld und die Hinterlassenschaft des vergange- nen nationalsozialistischen Regi- mentes zu erkennen und in Rech- nung zu stellen, so sehr haben die Erlebnisse mit der Viefc-Mächte- Herrschaft m dieser Stadt die Be- kenntnisbereitschaft und die Neigung zu innerer Einkehr abgeschwächt. Die Disharmonien unter den Siegermäch- ten sind kaum irgendwo in Deutsch- land deutlicher 'hörbar gewesen, als in Berlin, wo drei Rundfunksender, von drei Mächten beeinflusst, zu den Hörem sprechen, wo aus vier Sekto- ren die Leitungen oft vier verschiede- ne Meinur jen verbreiten, wo die Ver- hältnisse unter den Soldaten selbst sehr oft im Strassenbild die Verschie- denartigkeit der Einstellung zum Le- ben demonstrieren. Fehlgriffe bei der Aufführung von Auslandsfilmen, die militärische oder nationale Propagan. da anderer Nationen zeigten, kamen hinzu. Im ganzen genommen riskie- ren deshalb manche Politiker, wenn sie allzu deutlich von der Schuld am Kriege sprechen, dass ihnen — aus- gesprochen oder unausgesprochen — die Gegenfrage nach der Schuld an den Nachkriegszuständen entgegen gehalten wird. Das aber ist in der Gesamtwirkung deshalb peinlich, weil die neue deutsche Demokratie sich ihre Glaubwürdigkeit bei der Masse der Bevölkerung erst erwerben muss, und weil die leitenden Politiker auf Fragen nach den Nachkriegszuständen auch keine Antwort wissen oder sie nicht geben können, solange Vor- schriften der Besetzungsmächte kri- tische Aeusserungen verbieten. (Entnommen aus "Die Tat", 27. XI. 46» DAS GESICHT DER ZEIT Prügelstrafe In Palästina Die Irgun Zval Leumi hat in Flug- blättern erklärt, dass sie die Urhebe- rin der Entführung eines englischen Majors und zweier Sergeanten ist, an denen die gleiche Prügelstrafe vollzo- zen wurde, die sie einem jungen 17- jährigen Juden augefügt hatten, der im Kampf um Recht und Freiheit sei- nes Volkes in einer "Bombe" Flugblät- ter getragen hatte- "Man" — d. h- sogar dl© Jewish Agency — entrüstet sich darüber, dass die '"Terroristen" sieh in-solch unfei- ner Weise an einem englischen Major vergreifen konnten: von den Sergean- ten ist weniger die Rede. Wir meinen umgekehrt, dass die Verhängung der Prügelstrafe gegen einen jungen jüdi- schen Nationalisten eine niederträchti- ge Brutalität Ist. Ihr gegenüber erscheint uns das alttesta- mentliahe "Auge um Auge, Zahn um Zahn" als die einzige Antwort die verstanden wird. In Wunschträumen haben wir uns oft genyff vorgestellt,. wie gut und- nütz- lieh es wäre, wenn die faschistischen und nazistischen Folterknechte von unsichtbarer Hand immer gleich das- selbe erführen, was sie ihren wehrlo- sen Opfern teufügten. Und wir sind nicht der Meinung, dass es etwas an- deres ist, wenn in amerikanischen Gefängnissen der Dritte Grad ange- wendet wird, oder wenn englische Of- fiziere, eingeschlossen der Oberkom- mandierende in Palästina Sir Evelyn Barker, Prügelexekuticnen gegen po- litische Gegner exekutieren lassen. Das Schlimmste aber ist, dass Mr. Bevin und die englische Arbeiterre- gfierung den Sir Evelyn Barker im Amt lassen und also augenscheinlich die Prügelmethoden billigen. y.iw aufschlussreiches Wahlergebnis in Oesterreich Bei den Wahlen, die kürzlich von den Eisenbahnern durchgeführt wur- den, hat die sozialistische Partei einen überwältigenden Sieg davon getragn: 81 o|o aller Eisenbahnerstimmen wur- den für die sozialistischen Vertretet abgegeben. Die Kommunisten erhiel- ten nur 13 und die Österreichische Voikspartei gar nur 6 ojo. Sogar im reaktionären Tirol kamen die Soziali- sten auf 83 ojo. Auch die Verwaltungs- angestellten der Eisenbahn, die vor Hitler in der Mahrzahl bürgerlich stimmten, entschieden sich dieses Mal überwiegend für die Sozialisten. Gewerkschaftliche Biickständigkelt in U. S. A. "The International Teamster", das offizielle Organ der "International Brotherhood of Teamster", dar Fuhr- leute-Gewerkschaft, veröffentlichte in seiner Oktobernummer einen Aufsatz unter der Überschrift "Imigranten bringen schlechte Ideen". In diesem Artikel wendet sich Daniel Tobin, Herausgeber des Blattes und seibar ein Emigrant, gegen den Vorschlag Tru- mans, 50.000 "personas desplazadas" nach Nordamerika hineinzulassen. Er behauptet, das hinter der Agitation, die einige wohlmeinende Personen für diesen Vorschlag entwickeln, "finster© DAS ANDERE DEUTSCHLAND 13 MITEILUNGEN DES DEUTSCHLAND-HILFSWERKS Aus Schweden wird uns mitgeteilt, dass das Komi- tee bisher keine Exportbewilligung für 1947 bekommen konnte, sodass vor- läufig aus Schweden keine Pakete ge- schickt werden können. Schweiz Die Schweizerische Arbeiterhilfe, die bisher unsere Pakete in die drei westlichen Zonen, aber nicht in die russische und nicht nach Berlin schicken konnte, hat nun endlich nach monatelangen Bemühungen die Er- laubnis erhalten, auch nach Berlin Pakete zu schicken, und zwar in alle vier Sektoren. Diese Pakete sind die folgende: Kinderpaket, 5.100 kg, 2ü bzw. 35 Pesos; Standardpaket, 5.600 kg. 30 bzw. 35 Pesos.; Dänemark-Paket, 4.500 kg., 35 bzw. 40 Pesos:; Familien- paket, 8.200 kg., 45 bzw. 50 Pesos. Gehen Pakete verloren? Aus der Schweiz wird uns mitge- teilt, dass in der Auslieferung der Pa- kete zwar Verzögerungen vorkommen könneHi, die unvermeidlich sind, dass aber bisher noch keine Pakete verlo- ren gingen. Wörtlich heisst es in dem letzten Bericht der Schweiz. Arbeiter- hilfe: "Der Bearbeiter dieser Frage hält es für unrationell, jeder Rekla- mation nachzugehen, weil sich immer wieder herausstellt, dass bis zu deren Beantwortung die Lieferung erfolgt ist, und tatsächlich Verluste bisher nicht vorgekommen sind. So legt er sein Hauptaugenmerk darauf, mit dem Abstreichen und Heraussenden der Quittungen' jeweils auf dem Laufen- den zu sein, wodurch die meisten Re- klamationen sich erledigen." Rationen "Mit einer Tagesration des Nor- malverbrauchers von 7 g. Fett, 16 g. Fleisch, 35 1)2 g. Nährmittel, 18 g. Zucker, 4,6 g. Kaffee-Ersatz, ein zehntel Litter Milch, 285 g. Kartoffeln und 250 g. Brot steht das deutsche Volk zu Beginn des achten Jahres der Rationierung der Lebensmittel vor dem einfachen Verhungern. Die schwerwiegenden Folgen werden durch den Mangel an Eiweiss bedingt. Nach einer Festlegung der Hygiene-Kom- mission des Völkerbundes soll die zur vollen Erhaltung der Substanz und Absichten «zu erkennen sind." Und zwar beständen die "finsteren Absichten" darin, "Horden von Anhängern aus- ländischer Ideologien" ins Land zu bringen. Tobin wird dann noch deut- licher: "Das Vorspiel der Sintflut von aussen ist der Feldzug dafür, 50.000 heimatlose Juden zuzulassen. Wahr- scheinlich sind die meisten von ihnen, die unter der Verfolgung durch die Nazis zu leiden hatt?n, kommunistische Sympathisierende. Es wäre nur na- türlich für sie, beim Kommunismus Schutz gegen den Faschismus zu su- chen." — Diesen höchst reaktionären Ausführungen ist der einstimmige Be- schluss der AFofL — der Spitzenorga- nisation, der im übrigen auch die Teamster angehören — entgegenzu- Leistungsfähigkejt aller Organe unbe- dingt notwendige Eiweisszufuhr das tägliche Minimum pro kg Körperge- wicht etwa 1 g., d. h. bei einem 70 kg. schweren Erwachsenen etwa 70 g. betragen Die tägliche Eiweisszu- fuhr beträgt z. Z. jedoch nur ca. 12 g. vollwertiges Eiweiss. "In den ausgebombten Städten über- steigt die Wohnungsraumnot alle Be- griffe Fast täglich wird durch Be- schlagnahme von Häusern diese Not noch gesteigert. Auf der andern Sei- te ist die Wiederherstellung noch brauchbaren Wohnraums in den aus- gebombten Städten, die Schaffung neuen Wohnraums in diesen wie an anderen Orten vollkommen lahmge- legt und praktisch, soweit sie wirklich in Angriff genommen werden kann, in ihren Auswirkungen bei der Grös- se des Bedarfs gleich Null. Dass dieses Zusammengepferchtsein von Millio- nen Menschen, die c ch dazu der Ge- fahr des Verhungers ausgesetzt sind, eine Gefahr auch für die Besatzungs- behörden darstellt, die unheilvolle Wirkungen zeitigen kann, liegt aui der Hand." (Aus einem Bericht Osna- brücker Aerzte). Berliner wählen In der sozialistischen nordamerika- nischen Zeitschrift "The Call" ver- öffentlicht Andre Martin einen Be- richt über seine Reise durch Deutsch- land, den er mit folgenden Worten beschliesst: "Wenn Amerikaner zu den Wahlen gehen (wenn auch viele nicht gehen), so gehen sie aus dem Hause, nach- dem sie ein gutes Frühstück oder Mittagessen zu sich genommen haben. Die 85 ojo der Berliner, die abstimm- ten (und von denen beinahe 50 o|o für die Sozialdemokraten stimmten), kro- chen aus ihren Ruinen mit leeren Mägen. Ich wusste schon einiges über die Lebensbedingungen in Deutschland, bevor ich dorthin ging, aber die Wirk- lichkeit geht über jede Vorstellung hinaus. Man muss das bittere und trockene schwarze Brot versuchen (das zum Teil aus Gerste besteht), um zu begreifen, was es heisst, hauptsäch- stellen, in dem praktisch die Zulassung von etwa 200.000 "desplazados" drin- gend verlangt wird. Atombomben-Torte Bei einer festlichen Veranstaltung eines nordamerikanischen Offiziers- Klubs traf ein besonders sinniges Ge- schenk einer Bäckervereinigung ein: eine grosse Torte in der Form einer geplatzten, Atobombe. Natürlich lies- sen die beiden höchsten Offiziere es sich nicht nehmen, sich fotografieren zu lassen, wie sie mit heiterer Miene das Torten-Monstrum anschneiden. Dabei musste die zartfühlende Frau eines der Offiziere diesem die Hand führen« lieh von diesem Brot und Kartoffeln zu leben. Man muss sehen, was es bedeutet, in einer Stadt zu leben, von der mehr als die Hälfte zerstört worden ist. Man muss sozialistische Genossen besuchen die keine Fensterscheiben haben und kein Glas finden können, um sie zu reparieren, die mit zwei an- deren Familien in einer Wohnung le- ben, die ihr Essen nicht wärmen kön- nen, weil die Gasleitungen mit Schutt verstopft sind und keine Möglichkeit besteht, diese zu reinigen — nur dann kann man die politische Aktivität un- ter diesen Verhältnissen richtig be- werten. Ich verstand das ganze Elend Berlins richtig, als ich die Kinder bar- süss zur Schule gehen sah oder mit Lumpen bekleidet, und ich dachte an den kommenden Winter. Aber in Berlin besteht noeh mehr als Elend, es besteht beinahe hoff- nungsloses Elend. Als ich die Hoff- nungslosigkeit dieser Leute nachge- fühlt hatte, da verstand ich, warum Genossen, die etwas Hilfe vom Inter- nationalen Solidaritäts-Komitee er- halten hatten, so begeistert dar übe* waren. Nicht wegen der wenigen zu- sätzlichen Nahrung — wenn sie ih- nen auch dazu verhalf, sich am Le- ben zu erhalten — sondern weil je- des Paket ein Zeichen dafür war, dass man sie nicht vergessen hatte, und dass die Solidarität noch besteht. Jetzt, wo ich zurück aus Berlin bin und gesehen habe, unter welchen er- schreckenden Verhältnissen unsere Genossen leben und ihren Kampf für Demokratie und Freiheit führen, füh- le ich, dass es meine Pflicht ist, für verstärkte Hilfe zu ihren gunflten mich einzusetzen. Zu viele sind schon begraben worden, gestorben an Unter- ernährung." Aus Briefen Hamburg, 8i. 11. 46. "Heute habe ietx das Paket geholt. Am liebsten wäre ich damit nach Hause geflogen, um meiner Frau zu zeigen, was wir alles bekommen haben. Ja, Ihr hättet uns sehen sollen, als wir das Paket aus- packten. Freude, nichts als dankbare Freude. Für uns war wirklich ein grosser Festtag. Unser kleiner Spross steckte immer wieder die Hand na?n der Schokolade aus. Als dann unsre Grosse nach Hause kam und Kakao bekatii, wusste sie gar nicht, was sie sagen sollte. "Viele schöne Stunden wird uns das Paket bereiten. Wenn ich abends von den Sitzungen nach Hause komme, gibt es wohl eine gewisse Zeit etwas besonders Gutes, und man steigt nicht menr ganz so» durchgefroren in das kal'e Bett. Meistens tagen wir in un- geheizten Räuimen. Ja selbst die Woh- nung ist kalt,, denn wir müssen mit ur.&ier Feueruing sparen. Stellt EucJ» vor, mit vier Personen haben wir bis jetzt für den Winter 4 Zentner Bri- ketts bekommten. Vorher gab es zwei- mal 2 Zentner Holz, davon habe.i wir N»er schon gekocht. Uns graut vor. I >AS ANDERE DEUTSCHLAND BESTAETIGTE PAKETSENDUNGEN DsS ypeutschland-Hilfswerk", Austria 2064, Buenos Aires teilt uns mit, dass es via Schweiz Empfangsbestätigungen der folgenden von Buenos Aires aus bestellten Lebensmittelpakete erhielt: (Weitere Empfangsbestätigungen sowie sonstige Mitteilungen des "Deutschland-Hilfswerks" werden laufend an dieser Stelle veröffentlicht.) dem Winter. Der Körper verlier: im- mer mehr an Widerstandskraft. Un- sere Fettzuteilung veade bewiesen haben, dass sie mit uns verbunden sind. "Die Verhältnisse in Deutschland Sind Ihpep ja bekannt. Dass es für uns Sozialist«: schwer ist, die Arbei- terschaft von unsere Idealen zu über- zeugen, können sie sich danken. Als Vorsitzender des Industrieverbandes "Metall" und des freien Deutschen GewerkschaftsbuuUls, Bezirk Bochum, habe ich tjjigiich mit dep Nöten und Sorgen der Arbeiter in den Betrieben zu tun. Manchmal möchte man ver- zweifeln, weil die Schwierigkeiten last unüberwindlich sind. Trotz der wirt- spliaftlichen und sozialen Not. in der wir uns befinden, ist es uns hier >; NsÄrk gelungen, ^O.poo Arbeiter aller Berufe zu organisieren. Grosse Sor- gen machen uns augenblicklich die Öertlchte, dass in unserem Bezirk 68 Betriebe demontiert werden sollen. Würde dieses Wirklichkeit, dann wäre der Beeirk wirtschaftlich ruiniert. Wir könnten dann mit einer Arbeitslosig- keit von 30 — 40.000 Menschen rech- nen Es ist für uns Gewerkschaftler bedauerlich, dass wir nicht die Mög- lichkeit haben, von den englischen Behörden irgendwelche ■ Angaben zu erhalten, ob die Gerüchte auf Wahr- heit beruhen. Um das Schlimmste ab- ZUweftren, wollen wir durch eine Kundgebung die Qeffentlichkeit auf die grosse Gefahr, 4:ie uns bevorsteht, aufmerksam machen, und gleichzeitig einen Appell an die Militärregierung und an die internationale Arbeiter- schaft richten. Wir sind uns bewusst, dass wir cur durch die Hilfe des in- ternationalen Gewerkschaftsbundes die schwierigen Verhältnisse in Deutsch- land meistern werdßn. Meine Ueber- zeugung ist, dass wir uns auf die in-, ternationaie Arbeiterschaft verlassen ■ können. Mit sozialistischem Gruss! Willi Braumann." —Helft den deutschen Antifaschi- sten! Werdet und werbet Mitglieder! Anmeldungen und Auskünfte, Paket- listen und Paketbestellungen täglich in unserm Büro. Sprechstunde: 17 — 1.9 Uhr. Deutschland-Hüfswerk, Austria2064 Buenos Aires. Telefon: U. Y. 72-6058 Eing. Datum Absender 11. 6. 46 Mercedes Hering, s Paolo 2. 7 46 Tichauer — Chile .9. 6. 46 K. Schendei Caixa Postal 12 7. 46 D. Dschenffzig — Bs. As. 18. 7. 46 O.A. de Victor — Cördoba 20.7.46 H. Hengstberg — Chile 25.7.46 Gertrud Levy — Bs. As. 22.7.46 Wilhelm Redlich — Chile 24.7.46 H. Hering — Sao Paolo 31.7.46 Ino Planter — Chile 1.8.46 K.. de Bibula — Bs. As. 5.8.46 Walter Jacoby — Bs. As. 9.8.46 E. de Sander — Bs. As. 15.8.46 E. Wischnewski — Chile 14.8.46 Max Lumenheim — Chile 14.8.46 F. Gonzola — Stgo — Chile 21.8.46 A. Guhi — Chile H. Winkler — Chile 25.8.46 Socorro Alem Dem. 25.8.46 Socorro Alem. Dem. » 23.8.46 Ida Kalb — Bs. As. 27.8.46 Lewinski — Chile 31.8.46 R. Ostermann — Bs. As. Otto Maier — Chile Otto Maier — Chile 30. 9. 46 Marg. Wojhan ■ 30.9.46 Fr. Hirschler — Bs. As. 30. 9. 46 Fr. Wölcken. Florida 30.9.46 Tita Weiss — Bs. As. . 4.10.46 Fr. Maasen — Bs. As. 4.10,46 Bruno Goltz — Bs As. 4.10.46 Bruo.o Goltz — Bs. As. 4.10.46 Bruno Goltz — Bs. As. 4.10.46 H. W. Ciaren — Cordoba 4.10.46 L. Brudersdorff — Bs. As. Rentenzahlung in Berlin Dep einzigen Hinweis auf Ihre Fra- ge fanden wir im "Weser Kuriers Bremen, ,der in seiner Ausgabe vom' 2. 16. 46 schrieb: "Der Magistrat der St-ädt Berlin hat Durchführungsbestimmungen für die Auszahlung von Pensionen am 1. Ok- tober dieses Jahres beschlossen und sie zur Genehmigung an die Alliierte Kommandantur der Stadt Berlin wei- tergeleitet. Versorgungsberechtigt sind danach alle Personen, die an die £tadt Berlin, ihre Gesellschaften und Eigenbetriebe, an das frühere Deut- sche Reich ' in seinen" Grenzen vom 31. Dezember 1937, die Länder und Gemeinden Anspräche auf eine Pen- sion geltend machen können. Die Versorgungsberechtigten müssen ihren Wohnsitz oder dauernden Aulenthalt ifi Berlin haben, sie müssen ohne aus- reichendes Einkommen sein und dür- fen nicht zu den Personen gehören, die in Berlin gemäss den Entnazifizie- l-ungs-Anordnungen. der Alliierten Kommandantur vom 26. Februar 1946 entlassen und nicht in ihre frühere.i Rechte wieder eingesetzt worden sind, oder als Berufssoldaten und Beamte der ehemaligen deutschen Wehrmacht versorgungsberechtigt -varen. Die Zah- lungen übernimmt die Versicherungs- anstalt der Stacft Berlin. Die Versor- gungsbezüge werden in Höhe der Ren- Empfänger Empfangen D. Hering-Herzberg. Berlin G. Tichauer — Berlin I. Frankenstein — Berlin W. Hermann — Berlin 16.11.4? H^ngstenberg — Berlin Ella Wille — Berlin D. Hering P. Flanter — Berlin Grade — Berlin Liselotte Jacoby — Berlin H. Horn Fr. Peteres —• Berlin M. Lumenheim — Berlin Fr. Kurz — Berlin Guhi — Berlin Festenberg — Berlin Franz Drucker — Wien Martha Klos — Wien Liselotte Schiey — Berlin Jäger — Berlin Weisenbo — Berlin Guhi — Berlin Guhi — Berlin Wollersdorf — Hamburg Alers — Hamburg Bensemen — Hamburg F. Paasch — Hamburg E. Goltz — Hamburg H. Drosten — Hamburg S. Ciaren — Hamburg H. Roppen — Hamburg ten für versicherte der Versicherungs- anstalt Berlin gezahlt." Lebensmitvelknappheit in Russland, -r— Peter Kuzmin, Vorsitzender des re- gionalen Soviets von Saratow, er- klärte, dass die Trockenheit, die' in den Monaten Mai u. Juni die haupt- sächlichen landwirtschaftlichen Ge- biete Russlands heimgesucht hat, grösser gewesen sei als die von 1921, als lausende Hungers starben. Nur auf die im grosen Masstab von den kollektivisierten Gütern durchgeführ- ten Schutzmassnahmen sei es zurück- zuführen gewesen, dass nicht auch im vergangenen Jahre eine Hungersnot ausbrach. Diese Tatsachen erklären nicht nur die Beibehaltung der Brot- rationierung in Russland, sondern auch gewisse Massnahmen, die die Besatzungsbehörden in der Sowjet- zone Deutschlands durchführten. (Pestalozzi) Staatswert und Invividualwert Vaterland! DeLie Bürger sind dem Staat um kein Haar mehr wert als sich selbst, und jeder Glaube an den Staatswert von Bürgern, die keinen Individualwert für sich selbst haben, ist ein Traum, aus dem du früher oder später mit Entsetzen erwachen musst. Jedrs Land und besonders jedes freie Land steht nur durch, den sittlichen, geistigen und bürgerlichen Wert sei- ner Individuen gesellschaftlich gut. 21.11.1 16.10.46 16.10.46 12.12.46 12.12.46 12.12.46 12.12.46 12.12.46 12.12.46 12.12.43 12.12.46 12.12.46 12.12.46 OAS AND11E BiUTSCHlAND 15 ARTHUR NIKISCH Zum Gedenken eines grossen Künstlers und Arbeiterfreündes . Am. 23. Januar 1947 werden es fünf- undzwanzig Jahre, dass Arthur Ni- ltisch für immer die Augtn schloss. Als er in Leipzig, wo er als Jüngling begonnen hatte, und wohin er später aus dem Ausland, vom Weltruhm um- strahlt, zurückgekehrt war, nach fünf- undzwanzigjährigem Wirken zu Gra- be getragen wurde, trauerte die ganze Stadt. Es trauerte die Bevölkerung ohne Unterschied der Stände und Klassen; für einen Tag konnte es scheinen, als hätten die Menschen der Grosstadt alle zueinander gefunden — in dem einen Gefühl der Trauer um einen gemeinsam geliebte« und be- wunderten Menschen. Wie die Leipzi- ger Arbeiterschaft empfand, 'zeigt eine Erinnerung aus Nikischs letzten Le- benstagen: Die Gas- und Elektrizitäts- arbeiter waren in den Streik getreten, kein Haus hatte Licht oder Gas. Eiu Nikisch befreundeter Musiker, der Sozialist und Leiter der nach ihm benannte« Arbeiterchöre, Barnet Licht, rief bei der Streikbewegung an, und auf die Nachricht, dass der Künstler schwerkrank darniederliege, wurde - sein Haus mit Strom versorgt. In Art nur Nikiicn Lebten una ehr- ten diu Arbeiter zugleich den xucstlei und aeri Freund. Er war nicht etwa ein be wusster Sozialist; aber er iiiiii- te tief die Notwendigkeit und den Wunsch, das Heiligtum der Musik nicht nur den privilegierten Schich- ten, sundern gerade auch der Aroei- tersch.au, dem Proletariat zu erschlies- sen. Die altberühmten Leipizger Ge- wandüiauskonzerte, aereu lvuhm Men- delssonn begründet hatte und cue fünf- zig Jahre danach unter Nikisch in ihre höchste Ulanzpericde eingetreten waren, sie waren stets ein Privileg des gehobenen Bürgertums gewesen, der ••Gesellschaft", die sich allwö- chentlich im Winter in Smokj-ig und Abendkleid in dem herrlichen Kon- zerthaus einfand. Licht, der treffliche Arbeiterchordirektor, brachte — es war während des Krieges — Nikiscn die Idee nahe, eine Anzahl der tradi- tionellen zwanzig Symphomekenzerte für die Mitglieder des von den Ge- werksenaften geschaffenen Arbeiter- bildungsinstitus zu wiederholen. Ni- kisch war von der Idee wie elektri- siert. Würde man aber die Zustim- mung der patrizischen Gewandhaus- geselischaft zur Ueberlassutig des ihr gehörigen Hauses an die sozialistische Organisation erlangen? "Das werden wir schon machen", erwiderte Nikisch dem Freund mit seiner souoren tie- fen Stimme; und seiner Autorität, sei- ner mit Energie gepaarten Liebens- würdigkeit gelang es, alle Widerstän- de zu beseitigen, und die ABI Kon- zerte dys. Gewandhausorchesters wur- den zu einer ständigen Einrichtung, die sich auch nach Nikischs Tod un- ter -seinen Nachfolgern bis zur Zer- schlagung der Gewerkschaften, bis 1933 erhielt. In dem Saal, der bisher nur die elegante Welt beherbergt hat- te, begeisterten sich nun auch die Männer 'Und Frauen des werktätigen Volkes an den Schöpfungen Mozarts, Beethovens, Schuberts — vielleicht ■ war dem Künstler dieses Publikum sogar lieber, als jenes feiner gekleide- dete, in dem so mancher nur anwe- send war, weil es eben zum guten 'ion gehörte, dabeizusein. Es waren Feste, diese Konzertabende, die in der Er- innerung fortleben. Unvergesslich xor allen aber bleibt das Sylvesterkonzert nach der Revolution 1916, als Ni- kisch Beethovens Neunte dirigierte, das Hohelied der Menschheitsverbrü- derung, • um am Schluss vor der ju- belnden Hörerschaft einen Lorbeer- kranz mit grosser roter Schleife über- reicht zu bekommen. Nikisch war kein politischer Mensch; er lebte nur in seiner Kunst und hat nie io Wort oder Schrift politisch Partei ergriffen. Nie aber hat es auch, wie es, zumal in der Hitlerzeit so mancher andere tat, sein Künstlertum als einen Deckmantel für irgendwel- chen Opportunismus benutzt. Er hat aus der Hand von Fürsten und Kö- nigen Orden empfangen wie aus der Hand von Arbeitern jenen Kranz mit blutroter Schleife; nie aber, auch aui keiner Photographie, sah man ihn mit einem der bunten Dinger geschmückt. Und — wiederum bezeichnend —r als 1914 deutsche Gelehrte und KüHstr ler ihre fremdländischen Auszeicl»- nungen zurückschickten, natürlich nicht ohne diese patriotische Tat in der Zeitung zu plakatieren, da mach- te Nikisch diese, wie der Satiriker Karl Kraus es nannte, "verkehrte Or- tiensstreberei" ebenfalls stillschwei- gend nicht mit. Er hatte die Sterne und Bändchen nicht erstrebt, sie wa- ren ihm gleichgültig; aber der natio- nalistischen Tagesmode, so beliebt die- se höheren Orts war, mochte er sich nicht fügen. Dem Nazismus hätte er nie gedient — ich weiss, wie seine Witwe, die ihn ja am besten gekannt haben muss, beim -Einbruch der Barbarei in die deutsche Kultur gesprochen -hat — es ist unmöglich, sich den gütigen und menschenfreundlichen Mann als Kon- zertdirigenten etwa auf einem Nazi- parteitag vor einem , Parterre von Mördern und Brandstiftern vorzustel- len. Er wäre geflüchtet oder beim Anblick des Grauens zerbrochen. Das neue, das sozialistische Deutsch- land wird Arthur Nikisch nicht ver- gessen. Anton Flnkelstein, La Paz (früher Leipzig) BORNIERTHEIT! Ein grosser Teil des Ausland- deutschtums — zum mindesten in Südamerika — zeichnet sich durch seine politische Unwissenheit und ei- nen sturen "Patriotismus" aus, die aus ihm ein leichtes Opfer des Na- tionalsozialismus werden liessen. Be- zeichnend für diese Art Deutsche ist, was der frühere Zentrumsabgeordnete Paul Hesslein in Nr. 34 seiner "Politi- schen Briefe" berichtet: Es war kurze Zeit nach Pearl Har- bours also nach dem Eintritt Nord- amerikas in den Krieg, als im Mili- tärverein Santiago ein Teilnehmer, wenn auch sehr bescheiden, sich eine Frage erlaubte. Der Fragesteller mein- te, ob nicht ähnlich wie im. Jahre 19*18 auch in dem -neufen KMege Nordame- rika ih "Eflrojia ein grosses Heer lan- den könnte. Mit allen Zeichen der Entrüstung erhöh sich der Oberst- leutnant a. D. Hans von Kiesling und erklärte folgendes: "Diese defaitistische Anfrage be- antworte ich wie folgt: Niemals wer- den die Amerikaner auf dieser Atlan- tikseite eine Armee landen. Denn sie haben absolut keinen Schiffsraum da- zu. Sollten sie e$ aber wider jede Logik dennoch tun, so wird folgendes ge- schehen: Zwei Berliner Schutzleute mit Notizbüchern bewaffnet und von einer Berliner Pferdedroschke beglei- tet, begeben sich zur Lanq|ungsstelle der Amerikaner und nehmen dieses ben fest, plazieren die Landungsarmee in ihre Droschke, geleiten sie durch Spanien, Frankreich bis durchs Bran- denburger Tor ins Zentrum von Her. tin und liefern sie dort im Polizei- präsidium am Alexanderplatz ab. Die-- se amerikanische Landungsarmee kommt in kein Gefangene»- oder gar Konzentrationslager, sondern sie wird — da absolut unkriegerisch, unmilitä- risch und wertlos — lediglich wegen "groben Unfugs" verhaftet. Be- kämpft braucht sie garnicht zu wer- den". Aus! Das ist kein schlechter Witz. So sprach wirklich der grosse "Feld- herr" Hans von Kiesling, und der Fragesteller musste sich uhter dem brausenden Jubel der übrigen Teil- nehmer an der Versammlung des Militärvereins Santiago besch&gat und bescheiden niedersetzen. Das Ende Pteussens Unter dieser Ueberschrift schreibt der "Südkurier" a#x 17. XXL 1946: "Nachdem die Landtage in Potsdam, und Halle beschlossen hatten, ihre ProvinzialVerwaltung in Länderregie- rungen umzugestalten, und die sowje- tische Besatzungsmacht bereits ihr Einverständnis mit dieser Massnahme zum Ausdruck gebracht hat, sind nun- mehr die letzten Beste des alten preussischen Staates beseitigt. Die Pro- vinzen Sachsen und .Mark Branden- burg sind ebenso Wie die Stadt Berlin und die Stadt Hamburg ein "Land". Aus der Provinta Hannover mit Braun- schweig und Oldenburg ist das Land Niedersachsen geworden. Die Provinz Hessen-Na&gau wurde mit dem ehe- maligen Grossherzogtum Hessen zu. sammengeschweisst. Die Ostprovingen stehen unter polnischer Verwaltung. 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