1 w I JlUll | UJÜ} OTRA ALEMANIA DAS ANDERE DEUTSCHLAND ORCANO DE LOS AlEMANES DEMOCRATiCOS D £ A M ER I C A DEL SUR AUS DEM INHALT August Siemsen: KATASTROPHENPOLITIK Oda Olberg: AGRARPROBLEM UND LANDARBEITERBEWEGUNQ IN ITALIEN MANN HAFTIGKEIT MIT DOPPELTEM BODEN Diskuspionstribüne: FORTSETZUNG DER RISKUSSION UEBER DIE POLITISCHE HALTUNG DES A. D- RENAZIFIZIERUNG UND REAKTION AUF DEM MARSCH REICHSNAEH RSTANDD! KTATUR STATT DEMOKRATIE Ludwig Thema: DER KRIEG EIN SCHULAUFSATZ B. Travert: MACHT FEUER UNTERM SITZ! PAKETBiSIAEIi§UNGEN 46 U j W O S * AIRES • r U C Li M A X 3 0 9 • $ i ' R E i 8 R Q N ü ME ROI 6 4 k DE AIRIL DE 194$ LA OTRA ALEMANIA "Das Andere Deutschland" (fündado ei l de jaalo de t»s1) Autortöado pot Besoluciön no. 314 del Mlnlatro del In» terior (11 abrtl 1848 Conflrmado pot Deereto Nr, 30,91) (• scjit. 45) del Superlor Gobierno de l* Naclön. 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Per- sonen, die die nazistische Betätigung der B. bezeugen können oder durch sie geschädigt wurden, werdea gebe- ten, sich unter Angabe von Einzel- heiten zu wenden an aen öffentli- chen Kläger der Spruen Kammer-in (13a) Cham ,uschliessen, wiederholt, dass nach unserer Ansicht in der Sow- jetunion der Kommunismus — und nicht einmal der Sozialismus — kei- neswegs verwirklicht ist. Aber es sind dort durch und seit der Oktoberrevo- lution die entscheidenden Vorausset- zungen dafür geschaffen, und so weit die Macht der Sowjetunion reicht, Werden sie weiterhin durch die Ver- nichtung des Grossgrundbesitzes und des Privateigentums an den grossen Produktionsmitteln, durch die Besei- tigung der Klassenprivilegien etc. ge- schaffen, einerlei, wie man über die dabei angewendeten Methoden den- ken mag. Dadurch wird ein immer grösserer Teil der Erde dem kapita- listischen Ausbeutungssystem und der imperialistischen Politik entzo- gen, gehen riesige dort investierte Ka- pitalien verlogen und steigert sich die Dauerkrise des Monopolkapitalis- mus ins Unerträgliche. Mit der ihn vor anderen bürgerli- chen Journalisten auszeichnenden Klarheit hat der amerikanische Im- perialist Lippmann kürzlich in einfa- chen Worten die Situation zutref- fend geschildert. Er sagt es sei von vornherein die Absicht der V. St. ge- wesen, die Sowjetunion nach dem Krieg auf ihr Gebiet zu beschrän- ken, also dasselbe zu tun, was nach dem Scheitern des Versuchs, gewalt- sam die Sowjetunion zu erwürgen, das Ziel der kapitalistischen Staaten nach dem ersten Weltkrieg gewesen ist. Amerika habe geglaubt, ; das an- gesichts der Schwächung der Sow- jetunion durch die Naziinvasion mit seinen vorhandenen Machtmitteln er- reichen au können. Das habe sich als völliger Irrtuni herausgestellt. Ange- sichts des Erstarkens der Sowjetunion und der Au>oehnung ihres Machtbe- reichs schlage Amerika nunmehr eine neue Politik ein. Es müsse alle Kräf- te für die Aufrüstung und die Un- terstützung seiner Bundesgenossen zusammenraffen, dem eigenen Volk Opfer auferlegen und seine Macht an den, wichtigsten Punkten konzen- trieren, von denen aus es durch An- griff auf die entscheidenden Zentren Russlands die militärische Entschei- dung erzwingen könne. Hier wird der eigentliche Sinn der Trumandoktrin und der Nebensinn des Marshallplans ausgedrückt. Die Vernichtung der Sowjetunion ist seit 1917 das Ziel geblieben. Zur Errei- chung dieses Zieles soll heute, aber in einem ganz anderen Ausmass die Gewalt angewendet werden, die in den Anfänger1 der Sowjetunion nicht ■zum Ziel geführt hat. Die Krise de» Kapitalismus Gegenüber dieser Offensive ist die Sowjetunion bisher nicht zurückge- wichen. Sie sieht in dem Krisenzu- stand des Kapitalismus, irisbesondere in der in der V St. heraufziehenden Krise hintnr der augenfälligen Stärke die wirkliene Schwäche der kapitali- stischen Piuiit. die sie augenschein- lich sehr hoch bewertet, obwohl die Ueberlegenheit des derzeitigen wirt- schaftlich-mili tärischen Kräftepoten- tials der vom Krieg nicht geschwäch- ten, sondern gestärkten V St. nicht ernsthaft neTweifelt werden kann. Die inneren Gegensätze in den V. St. treten allerdings zur Zeit zurück gegenüber der antirussischen und an- ^kommunistischen Einheitsfront. Re- publikaner und Demokraten, A. F. L. und C. I. O. und Sozialisten haben sich offiziell gegen die Kandidatur Wallace erklärt. Anders scheint al- lerdings nach vielfachen Berichten die Stimmung im Lande au sein. Ge- wiss hat Wallace keine Chancen, ge- wählt zu werden. Aber der Start ei- ner Dritten Partei kann angesichts des in neuen Streiks sich kund tuen- den Anwachsens der sozialen Span- nimg, die bei der kostspieligen neuen Kriegspolitik der V. St. wegen des unvermeidlichen Abwälzens der La- sten auf Arbeiter und Verbraucher sich schnell verschärfen muss, doch so erfolgreich sein, dass das Gefüge des amerikanischen Zweiparteiensy- stems und damit der amerikanische Monopolkapitalismus schwer erschüt- tert werden könnte. Sichtbar treten die Gegensätze in der kapitalistischen Einheitsfront in Europa hervor. Zwar haben nicht nur Frankreich sondern auch Eng- land neuerdings auf eine unabhän- gige Politik gegenüber den V. St. ver- zichtet, und die englische Labourre- sierung ist im Bunde mit Spaak so- gar gum Hauptrufer im Kampf ge- gen die Sowjetunion geworden, aber selbst bei den Brüsseler Beratungen und Abmachungen sind die Gegen- sätze doch recht deutlich in Erschei- nung getreten. Sie zeigen sich vor al- lem in der deutschen Frage. Deutsch- land muss galvanisiert werden, damit, es seine Rolle in der antikommimistl- schen Einheitsfront spielen kann. Nachdem dk Besatzungsmächte bis- her das Werk Hitlers, die Vernich- tung Deutschlands, weiter fortge- führt haben, indem sie den Deut- schen die Möglichkeit genommen ha- ben, durch eigene Arbeit ihre Exi- stenz und einen langsamen Neuauf. bau zu sichern, erkennen sie allmäh- lich, dass van einem Kadaver inmit- ten Europas keine angenehmen Wir- kungen für sie selbst ausgehen kön- nen. Darüber hört man schöne Wor- te, von denen die Deutschen aber nicht satt werden, und die ihre wach- sende Apathie und Verzweiflung nicht zu beheben vermögen. Aber im übri- gen war und ist man sich nicht einig, was mit Deutschland nun positiv ge- schehen soll. Einig ist man- sich darüber, deut- schen An $rif fstendenzen gemeinsam militärisch entgegenzutreten. Aber die Gefahr eines Leichnams besteht, Ja nicht darin dass er schiessen kann, sondern nur in dem Pesthauch, der von ihm ausgeht. Einig ist man sich darin, dass die Besatzungstrupperi in Deutschland bleiben müssen. Auch das wird nicht zur Belebung der deut- schen Wirtschaft, zur besseren Er- nährung der deutschen Bevölkerung und zur Aufrichtung der Moral bei- tragen. Darüber hinaus ist mkn sich nicht einig. Amerika möchte die Wie- deraiifrjchtung der deutschen kapi- talistischen Wirtschaft mit Hilfe, un3 zum besten des amerikanischen Mo- nopolkapitalismus; England fürchtet angesichts der Notwendigkeit, seinen pigenen Export zu steigern, mehr als je zuvor die deutsche Konkurrent; Frankreich möchte Deutschland zu dauernder politischer Ohnmacht und wirtschaftlicher Abhängigkeit yerur- teileti und endlich die Vereinigung der deutschen Kohle mit dem lothrin- gischen Erz erreichen, um so wieder eine entscheidende wirtschaftliche Machtstellung zu gewinnen; Hollanl braucht den Warenaustausch mit, Deutschland, möchte aber auch ein bisschen Eroberungen machen, und ebenso wie Belgien im Bunde mit Frankreich Massnahmen treffen, die Deutschlands politische Ohnmacht verewigen. Und hinter der mühsam durch den gemeinsamen Gegensatz zur Sowjet- union heroeigeführten Einigkeit trei- ben die Gegensätze der kapitalisti- schen Mäch»« auch jenseits des deut- schen Problems bestehen. Wie nach dem" ersten Weltkrieg hat sich ihre Konkurrenz auf den Weltmärkten auch nach dem zweiten sehr ^ver- schärft. Wie nach dem ersten, so sind nach dem aweiten Weltkrieg frühere Agrarstaaten stark industrialisiert worden, zw. hat ihre Industrialisie. rung weitere Fortschritte gemacht, das gilt für Kanada, Brasilien, Ar- gentinien, Südafrika, Australien, Neuseeland. Zu der daraus resultie- renden Erschwerung der Ksportmög- DAS AN Dilti DEUTSCHlANb licBkeiten kommen die wachsenden Schwierigkeiten im erwachten Asien, vor - allem in China, das mehr und mehr in die Hände der Kommunisten fällt. Aber gerade die hier aufgezeigte ; wachsenden Schwierigkeiten des ame r?kahischen Monopolkapitalismus und des kapitalistischen Systems und dei kapitalistischen Staaten in aller Welt sind der Hauptgrund, um die Gegen- sätze und Interessenkonflikte in ei- ner Einheitsfront gegen die Sowjet- union und den Kommunismus zu überrinden, die Krise durch Aufrü- stung und, wenn nötig, durch Krieg su vertagen, und den Versuch Zu ma- chen,, die Sowjetunion niederzuringen ehe es zu spät ist. Eins der vorbereitenden Hauptmit- teV: sind de; Bolschewiatensohreck und" die Kriegspsychose die täglich durch die Presse und Radio genährt werden. Wie gefährlich de? dadurch bereits erreichte Zustand ist, hat jüngst der Warnungsruf des hcch- konservativen und entschieden anti- sozialistischen alten Präsidenten der Südafrikanischen ' Urnen Smuts ge- geigt. Es werd er manche solche war- nenden Stimmen laut, allerdings nicht sehr laut, ds Telegrapiienagenturei und Weltpresse sie nicht verbreiten und es gibt seither ungezählte Millio- nen von Kriegsgegnern, die der Psy- chose nicht erliegen. Aber sie sind nirgends an der Macht. So bietet der März des Tshres 1948 hundert Jahr? nach den bürgerlichen Revolutionen des Jahres 1548, die von so viel glr'.u higem Ideaiismus erfüllt w nationalen Grund und Bodens von Ackerbauern bestellt werden, die nickt Eigentümer sind, und Eigentümern gehören, die nicht Ackerbauer sind". (S, 342X Die Agrarier begeisterten sieb nicht für die "grosse Tat sozialer Ge- rechtigkeit", sondern rüsteten sehr energisch zur Abwehr der Forderun- gen der Landarbeiterorganisationen Im Jahre 1920 — dem letzten vor de: Gswaltaktion des Agrarfaschismus — zählte der sozialistische Nationalver- fcand der Landarbeiter unter dem Vor- sita von Argentina Altobeüi 1.145.000 Mitglieder, die katho'isrfne Confsdera- tion Don Sturzos 944.000. Grundle- gend ist der Unterschied in der Zu- sammensetzung der Mitgliederschaft. Den sozialistischen Gewerkschaften gehörten vorwiegend landwirtschaft- liche Taglöhner. an, die nur ein Zehn- tel des Organisationsbestandes der katholischen Verbände ausmachten. Die Übrigen neun Zehntel waren 741-000 Pächter und 108.000 Klein- bauern. An der Hand dieser Zusammenset- zung ist es angebracht, in grossen Zü- gen die Agrarverhältnisse Italiens in Erinnerung zu rufen. Zunächst musa man sich ver Augen halten, dass Ita- lien der einzige europäische Staat ist, der mit vorwiegend landwirtschafsi- cher Produktion eine grosse Bevölke- rungsdichte hat — 132,8 auf den km2 im Jahre 1931; — 59,4 Prozent der Er- werbtätigen waren in der Landwirt- schaft tätig, gegen 41L in Frankreich, 51 in der Schweis, 29 in Deutschland und 9 Prozent in üjngland. Die Eo- clcngestaltung bestimmt Anbau und Besitzverhältnisse. Das eigentliche Latifundium mit F.xtensivwirtschaft o:;er Viehzucht herrscht in den was- serarmen Ebenen vor — im Latium, Ampullen und einem Teil von Sizilien. In den bewässerten Tiefebenen des Nordostens — Lomuaruui, EJmllia uid B-niagna — überwiegen grosse Güter mit hochentwickelter Bewirtschaf- tung, intensivem Anbau und muster- gültiger Viehzucht. An den Gebirgs- athängen de) Alpen und Apenninen Kian^rundbesitz n,it Wein- und Oli- venbau, im Hügelland Toskanas Halb- partsystern, das den Besitz ausgedehn- ter Liindemen mit Kleinbetrieb ver- einigt. Diese Vereinigung erklärt es, uass Toskana im Verhältnis zur mit Oelbäumen bestellten Fläche beinahe das Vierfache an Oliven produziert — eine viel Sorgfalt und Intelligenz heischende Kultur — ali die Latifun- dien Apuliens. Zitrusfrüchte südlich von Item und in Ligurien. Das ist na. türlich nur eine ganz oberflächliche Zeichnung, die vieles auslässt, so Reisbau, Zucker rüben, Obstbaus Flachs, Kastanien, Tabak_ Im gros- sen Ganzen kann man sagen, dass wasserarme Eoenen geringe Rentabi- lität bedeuten, schlechte Arbeitsver- hältnisse und aua geschichtlichen Gründen grosse Entfernung der Ar- beiter von ihrer Arbeitsstätte. Die südliche Landbevölkerung lebt in Städten, womöglich auf Hügeln zu- sammengepfercht in schmalen, hohen Häusern. Oft müssen die Arbeiter über drei Stunden gehen, ehe sie auf die Felder gelangen. Vor Jahrhun- derten haben Unsicherheit und Mala- ria sie in die Städte gedrängt. Die selben Ortsnamen, von denen heute Landarbeiteraufstände und Ueberfäl- le auf die Gebäude der StatitverwaL tung berichtet werden, haben seit ei- nem halben Jahrnundert periodisch die öffentliche Aufmerksamkeit durch m Aufstände und blutige Reprejsäslien auf sich gezogen. Klassengegensatz und Klassenkampf So hat der Großgrundbesitz in Ita- lien — der übrigens mit argentini- schem Masstab gemessen kaum über die Ausdehnung der "Chacra" hinaus» reicht — zwei ganz verschiedene Ab- wehrformen der Arbeiterschaft ausge- löst: Organisation im Norden und Aufstände im Süden. Intensive Be- stellung vermehrte den Kontakt der Tagelöhner, bessere Schulen machten sie der politischen Propaganda zu- gänglich, die Ergiebigkeit des rationell bestellten Bodens führte ganz von selbst zur Forderung besserer Ar- beitsbedingungen, die unter dem Druck der Gewerkschaften bewilligt wurden. Gesetzlich gewährleistete Rechte galten auch für die Arbeiter- schaft, Der Widerstreit wurde zwi- schen Grundbesitzer und Arbeiter- schaft ausgefochten. Im Süden war das anders. Da war der Gegner nicht der Grundbesitzer, von deoi man oft kaum den Namen wusste, sondern dessen Handlanger und Werkzeuge, die Munlzipien- Ihre Verwaltung war aus Kreaturen der Grundbesitzer gebildet. Mit deren Geld wurden sie "gewählt". Sie drück- ten beide Augen zu, wenn das Lati- fundium die Gemeindeländereien verschlang, sie verteilten die Steuern und die Zölle auf den Lebensmitteln (dazio di consumo) so, dass sie am schwersten auf den Aermsten laste- ten, sie handhabten die Parlaments- wahlen, damit nur Leute nach dem Herzen der Grundbesitzer in die Kammer kamen. In krasser Ueber- treibung, aber mit einer ansehnlichen Dosis Wahrheit hat einmal auf einem unserer Parteitage der Abgeordnete Genosse Lucci die Willkürherrschaft der Munizipien geschildert: "Klassen, kämpf in Süditalien? Wenn man ver- hindert, dass der Bürgermeister seine Kloake in den öffentlichen Acquädukt leitet!" In Süditalien gab es keine Schlösser und Feudalburgen zu ver- brennen, wie im Frankreich der gros- sen Revolution. Wenn es dem Land- volk unerträglich wurde, erstürmte es die Rathäuser, verbrannte die Archi- ve und Steuerregister — die Ortsbe- hörden schmiedeten ciie Ketten, sie kannte man, nicht den Grossgrund- besitzer, dessen lange Hand sie wa- ren. Im Gegensatz zu der auf Ge- meinplätzen beruhenden Ansicht hat es in Italien keinen Feudalismus ge- geben, keine Lehenshöfe mit Hörigen ^ und einer sich selbst genügenden Wirtschaft, wie in Mitteleuropa. Grob gesagt hat die Lage des Landvolks in den süditalienischen Latifundien mehr Anklänge an eine gemilderte Sklavenwirtschaft als an die Lage der Hörigen der Feudalzeit. Dadurch, dass die Organe der «okalen Verwal- tung, die Munizipien, die Interessen der Grossgrundbesitzer vertraten, fehlte jenes Mmdestmass an Rechts- garantien, ohne das das Proletariat sich nicht zur Wehr setzen und Bes- serstellung erzwingen kann. Nicht nur der Grundbesitzer, auch die Zentral- regierung zog Vorteil aus dieser Rechtlosigkeit, weil sie, ob sich nun konservativ oder liberal nannte, ihre DAS Farlamwtsmehrheit aus dem Süden bezog. Im Norden und im Zentrum Italiens waren dagegen die Bedingungen für den legalen Klassenkampf gegeben: Volksbildung, politische Aufklärung durch die sozialistische Partei, mo- derne Anbaumethoden, die qualifi- zierte Arbeitskräfte erforderte. Die Föderation der Landarbeiter mit r ehr als einer Million Mitgliedern war in ihren Lohnkämpfen im Vergleich zu den industriellen Arbeitern insofern im Vorteil, als die Landwirtschaft keinen Aufschub duldet. Das Vieh in den Ställen muss gefüttert, die Kü- hn müssen gemolken werden; zur Ernte reifes Getreide geht verloren, wenn die Arbeiter streiken. Die Ge- werkschaften errangen Sieg auf Sieg: Achtstundentag, menschenwürdige Unterkunft für die "Sachsengänger", vor- allen Dingen für die Jäterinner auf den Reisfeldern, die mit den Füs- sen Im Wasser arbeiten, Lohnerhö- hungen, Verbesserungen der Deputate —. all dies garantiert durch Kollektiv- verträge. Wenn aber die Arbeiter durch die Natur der Landwirtschaft etwas wie ein Monopol besassen und dadurch einen Druck ausüben konn- ten, so besassen die Grundeigentü- mer und Grosspächter das Monopol der landwirtschaftlichen Maschinen, wodurch sie, wenn es hart auf hart ging, ihre ganze Schicht, auch die mittleren und die zu Konzessionen geneigten Gutsbesitzer zu kompaktem Widerstand zwingen konnten, indem sie ihnen die Maschinen verweiger- ten, die pachtweise überlassen zu werden pflegten- Molinell» Aus dieser Sachlage ist der Gedan- ke entstanden, die Gewerkschaften zu Besitzern der Maschinen zu ma- chen. Der erste, der diesen Gedanken gehabt und verwirklicht hat, war Ge- nosse Massarenti, der gleichzeitig ein andres Monopol der Grundbesitzer in seinem Wirkungskreis aufgehoben hat: den ausschliesslichen Besitz der Arbeiterwohnungen. Solange die Be- sitzer die Möglichkeit der Delogie- rung hatten, blieb ihnen bei jedem Streik ein Trumpf in Händen, In der Gemeinde Molinella (Prov. Bologna, etwa 15.000 Einwohner) gehörte zu ansang dieses Jahrhunderts kein Quadratmeter Boden denen, die ihn bearbeiteten und auf ihm wohnten. Massarenti wusste, dass dieses eiser- ne Netz der Besitzer durchbrochen werden musste, wenn die Arbeiter ih- re Lage verbessern wollten Er stu- dierte damals Philosophie an der Uni- versität Bologna und erfuhr durch Zufall, dass ein Gut zu verkaufen war. Was sollte der mittellose Stu- dent tun? Es musste sofort etwas ge- schehen, ehe ein Gruadbesitzer das Gut aufkaufte. So brachte er ein al- tes Ehepaar, das ihm verwandt war, dahin, ihm sein ganzes Geld zu lei- hen. das die Ersparnisse ihres Le- bens und die Sicherheit ihres Alters bedeutete. Damit gab er die Anzah- lung, für den Rest wurde eine Hypo- thek aufgenommen. Die beiden alten Leute haben ihr Geld auf Heller und Pfennig zurückbekommen. Auf die- sem Grund und Boden entstanden ANOIRi BIUTSCHIAN» Arbeitern ohnungen, Konsumgenos- senschaften, Gewerkschaftshäuser und schliesslich der riesige Eisenbau des Maschinenhauses. Es ist unmög- lich den Entwicklungsgang dieses SO- zialistischen Unternehmens zu schil- dern- Dazu gehörte ein ganzes Buch. Massarenti hängt sein Studium an den Nagel und wurde zum Vize-Bür- germeister von Molinella gewählt. Im Jahre 1921 verfügten die Konsumge- nossenschaften und Gewerkschaften dur Gemeinde über ein Kapital an Grund und Boden, Maschinen, Waren und Bankdepots von 13 Millionen Lire -- damals etwa 2,66 Millionen Dollar Die Gewerkschaften hatten durch Kollektivverträge die Bewirtschaftung ausgedehnter Länüereien übernom- men Sie'stellten die Maschinen, den Treibstoff, die Arbeitskraft und brachten die Ernte ein. Die Vermitt- ler waren ausgeschaltet, und der Er- viag der Grundbesitzer war gestiegen. Viele Kollektivverträge waren auf die Dauer von'drei Jahren und darüber geschlossen. Inzwischen sank der Wert der Valuta, und die Besitzer er- boten sich von selbst, die Vertragsbe- dingungen entsprechend zu revidie- ren. Die Gewerkschaften lehten ab: ihre Verträge wären verbindlich, ent- hielten keine Klausel über Verminde- rung des Geldwertes und würden bis zum Verfallstag von ihnen eingehal- ten. In ihrem beschränkten Bereich waren die Gewerkschaften von Moli- nella eine moralische, politische und wirtschaftliche Macht. Der Faschismus Dann kam der Faschismus. Was in Molinella geleistet worden, war ein Vorstoss in Zukunftsland. Das wurde den Grundbesitzern klar, auch denen, die wirtschaftliche Vorteile von den neuen Verhältnissen hatten, Sie be- griffen, dass jetzt, wo in einem Teil der Provinz Bologna die ganze Be- wirtschaftung in den Händen der Ar- beiterorganisationen lag und dadurch die Produktion vermehrt und die Ko- sten vermindert waren, des Landar- beiterbewegung Italiens ein prakti- sches Vorbild geboten wurde, von dem aus ein Schritt genügte zur Enteig- nung ihrer Güter. Wo die Landarbei- terorganisationen am stärksten waren, entstand der Faschismus, als Gewalt der Besitzenden gegen die Legalität der Arbeiter. Im September 1922, also vor dem Marsch auf Rom, beschloss der Fa- schistenverband von Bologna zusam- men mit dem Verband der Agrarier alle Arbeiter von Molinella zu boyko- tieren- Die Kollektivverträge waren noch in Kraft; sie wurden einfach gebrochen. Das bedeutete Arbeitslo- sigkeit für Tausende vor Männern und Frauen und legte die in den Ma- schinen angelegten Gelder brach. Der den Gewerkschaften gehörende Grund und Boden konnte nur eine kleine Zahl beschäftigen. Und in die von Arbeitslosen wimmelnde Gemeinde rief man Arbeiter aus dem Venetia- nischen und aus der nächsten Umge- bung, die bei höherem Lohn weniger leisteten. Aber das war erst der An- fang. Jetzt setzten die Ueberfälle auf die Leiter der Gewerkschaften und auf die Konsumvereine ein, Menschen »AS ANDBIP D9UTS C Hl AND f werden miaahandelt, Waren gestoh- len, die Behörden decken die Verbre- chen. Von auswärts herbeigerufene '%.schisten überfallen das Maschinen- baus und die Warenlager der Kon- sumvereine. Sie haben schon einen Sarg für Massarenti mitgebracht. Der Ueberfall' trifft ihn im Büro des Maschinenhauaes. Kr zieht eine Ar- beiterbluse an, nimmt eine Seifenki- ste auf den Rücken und gelangt mit- ten (iurch die die Treppe hinaufstür- menden Faschisten unerkannt ins freie. Es sind Ortsfremde. Sie ver- haften einen der Angestellten, den sie für Masaarenti halten. Er steht schon unter dem schnell errichteten Galgen als ihn einer der Faschisten erkennt — er ist der Buchdrucker Bonfigli aus Mailand, der als Massa- renti gehängt werden sollte. Der, dem der Strick zugedacht war, verbringt die Nacht in einer Dreschmaschine und kann sich nach mehreren Tagen in einer grösseren Stadt verstecken. Ein Begierungsdekret des Präfekteii von Bologna enteignet mit einigen ju- ristischen Floskeln den "Nachlass" (!) der "Arbeiter-Kooperativen" von Mo- linella und ermächtigt den Faschisten Carnevali, zur Erfüllung der sich aus dem Dekret ergebenden Massnahmen die Unterstützung der öffentlichen Gewalt anzurufen. Der "Nachlass" ist restlos gestohlen und verschleudert worden, derweil sich die private Ge- walt in Molinella breit machte. Noch im Jahre 1926 verkauften die Läden des Orts Stoffe aus dem Bestand der Konsumvereine. Was folgt war eine einzige Reihe von Verbrechen. Alten Frauen, die Holz sammelten, wurden die Reissig- bündel auf dem Rücken angezündet, Aehrenleserinnen wurden misshandelt und wegen Diebstahls bestraft. Massa- renti hatte die Parole ausgegeben, der Gewalt nicht Gewalt entgegenzuset- zen. Was hätte eine waffenlose Land- bevölkerung ausrichten können gegen eine Ueberzahl Schwerbewaffneter, die der Unterstützung der Behörden und bedingungsloser Straflosigkeit sicher waren, die den Auftrag hat- ten, zu terrorisieren und zu zierstören und in eigner Sache raubten, was sie konnten? Die Parole des passiven Wi- derstandes hat Metzeleien verhütet und die Faschisten bitter enttäuscht, die von weither gerufen worden waren, u:n Bürgerkrieg zu spielen. Sie muss- ten sich damit begnügen, den Leuten die Häuser über dem Kopf anzuzün- den, Männer und Frauen blutig zu schlagen und zur Genesung ins Ge- fängnis zu schicken. Ein gerichtliches Nachspiel hatte nur die Ermordung des sozialistischen Arbeiters Marani, der vor den Augen seiner Frau und seiner Kinder erschossen wurde, nach- dem die Faschisten das Dach des Hauses abgedeckt hatten, um in der Nacht einzusteigen. Der Mörder, ein faschistischer Hierarch mit Namen Regazzi, wurde von den Geschwore- nen von Bologna freigesprochen und von der Menge im Triumph zu einem schon vorbereiteten Bankett getra- gen 2). Zwei Parteigenossen, die Brü- der Muslari wurden ermordet, weil sie auf die sozialistische Zeitung "Gius- tiziA' abonniert waren — hunderte wurden aue demselben Grunde süss-- handelt und verhaftet. Da die blosse Gewalt schliesslich auch die ermüdet, die" sie ausüben, vcurden nun die "Rädelsführer" der Gewerkschaftler auf die Inseln ver- schickt und der inzwischen in Moli- nella etablierte 'Fascio" verfügte die Ausweisung zahlreicher Sozialisten aus der Gemeinde; die Polizei verwei- gerte ihnen aber das Führungszeug- nis, ohne das sie nirgends Arbeit be- kommen konnten- Mit demselben Ver- fahren machte man auch die Aus- wanderung nach Uebersee unmöglich. Vom Jahre 1995 an hörte man nichts mehr von Molinella. Den Zeitungen war verboten, darüber zu berichten. Zwei Jahre später ging das Gerücht, dass die Familien, die nicht hatten entfliehen können, zwangsweise nach Kalabrien verfrachtet worden wären. Masaarenti ist in einer Irreninstalt in Rom interniert. Dies ist ein Ausschnitt aus dem Kampf, den Agrarier und Faschisten gegen die organisierten Landarbeiter geführt haben. Allein im ersten Halb- jahr 1921 wurden nach dem faschi- stischen Geschichtsschreiber Cliiurco zerstört: 25 Volkshäuser, 59 Arbeiter» kammfirn, 85 Konsumvereine, die Lo- kale von 43 Landarbeitergewerkschaf- ten und 51 sozialistischen Parteisek- tionen, 10 Druckereien und 6 Tages- zeitungen. Die Zahl der Toten ist nie genau festgestellt worden, belief sich aber auf Tausende. Der Turiner Uni- ersitätsprofessor Luigi Einaudi be- grüsste im Agrarfaschismus der Po- ebene "den Retter der liberalen Wirt- schaft, den Befreier der italienischen Landwirtschaft von der einem Mo- nopol gleichkommenden Hegemo:' der Arbeiterorganisationen". B, : Herr ist heute Finanzminister im Mi- nisterium "De Gasperi... Die "Getreideechlaeht" Der Faschismus hat sich aber nicht damit begnügt, die italienische Land- wirtschaft mit Blut und Eisen zu "be- Darin ff, Bohnenkaffee, und zwar an die 15. Zentner. Die Zeit, in der wir zu leben verurteilt sind, ist so würgend ernst, dass es schon erlaubt sein mag, zur Abwechslung einmal zu lachen Dr. Johannes Semler, der ge- wesene Wirtschaftsdirektor von Dfcutsch.Bisonesien und einer der starken Männer der jetzt CßU fir- mierenden Bayrischen Volkspartei, sprach bekanntlich vor einiger Zeit in Erlangen auf einer internen Ver- sammlung jener Partei äusserst mannhaft gegen die angelsächsischen Militärregierungen und ihre Deutsch- landpolitik. Er sprach etwa davon, dass die Lieferungen nicht viel taug- ten, und dass man nun endlich gut daran täte, die Deutschen sich selbst bemlsswirtschaften zu lassen. Als er dann nachhause kam, war auch rich- tig die Military Police schon zur Stelle, und die brauchte wahrhaftig nicht lang zu suchen, um in Semlers Wohnung zwar nicht die erwartete Mitgliedskarte der Untergrund- NSDAP» wohl a-ber LS Zentnersäcke freien*', er hat sie auch noch durch seine Ignoranz und seinen Autarkie- fimmel schwer geschädigt, nämlich durch die sogenannte Geireiae- schlacht, das Herzstück seines Wirt- sühai'tsprogramms. AÄ mutet einen geradezu kindisch an, ein Land wie Italien in der Ernährung seiner Be- völkerung von andern Ländern unab- hängig machen zu wollen. Italien kann hochwertige Agrarprodukte aus- führen, wie Zitrusfrüchte, Trauben, Frtlhgemüse, Mandeln, Kastanien. Es brauchte nicht den Anbau von Wei- zen zu forcieren. Das Ergebnis von viel Reklame und von der Erhöhung des Schutzzolles auf 70 Lire den Dop- pelzentner hat die Weizenproduktion nicht einmal um soviel gefördert, da-£ sie mit dem Bevölkerungszuwachs Schritt gehalten hätte- Vor dem er- sten Weltkrieg musste das Land 21,5 o|o seines Bedarfs einführen, nach fünf Jahren Getreidesiegen brauchte es 25,5 oo. Gleichzeitig wuclis die Maiseinfuhr um 3 Millionen Doppel. Zentner, Und das trotz der teil weisen Sanierung der Pontinischen ßümpie und andrer Ländereien, die Weizen anbauen. Ausserdem gereichte der ganze Plan gerade dem Süden zum Nachteil, von der gesamten Anbau- fläche für Weizen entfallen 64 o|o auf den Süden, mit eurem Durchschnitts- ertrag von 9 Doppelzentner pro ha., gegen 17 ha. im Norden. Hohe Ge- treidezölle sind immer ein Geschenk an den Grossgrundbesitz und die da- durch begünstigte Monokultur ist ge- radezu das Rückgrat des Latifun- diums. Der Kleinbauer erhält sich durch Mannigfaltigkeit des Anbaus. Die Missernte eines Produkts wird meist durch guten Ertrag des an- dern ausgeglichen. Ein schlechtes Weizenjahr richtet den ausschliess- lich. welzenbauenden kleinen Land- wirt zu gründe. Gar manches Lati- fundium hat auf die Art Kleinbesitz verschlungen. (Schluss folgt) voll Bohnenkaffee zu finden. Nun, Dr. Semler war ein vielbeschäftigter Mann, und das eben war die Ener- giequelle, aus der sich sein politischer Ehrgeiz speiste. General Lucian Clay, dessen jetzt bald endende Landpflegersckaft Ja bestimmt nicht nur förderlich und se- gensreich war — für die Deutschen versteht sich —, begnügte sich zu- nächst damit, diesen Semler wegen unzulässiger Kritik an den Besat- zungsmächten aus seinem Amt zu ent- fernen, fest überzeugt offenbar, dass es an Hampelmännern in diesem ihm anvertrauten Lande nicht fehlen werde. Dazu muss man wissen: Zu- lässige Kritik an den Besatzungs- mächten ist insoweit erlaubt, als sie wie Goldpapier das Bonbon einer ge- schickt variierten Lobpreisimg der Besatzungsmächto umhüllt. Ferner ist nicht uninteressant, dass die Bay- rische Regierung es ablehnte, sich von Semler so weltenweit zu distanzieren wie es ängstliche Gemüter im Augen- blick für ratsam hielten. Ihre Spiesß« MANNHAFTIGKEIT MIT DOPPELTEM BODEN DAS AN DEItF OBUTSCMlAND 8f seilen treue geht eben allem voran. Die Nachricht von den 15 Zentnern ist aus erster Quelle und bestens ver- bürgt. Ganz Bayern duftet bereits davon. Gleichwohl hielten es die be- teiligten Instanzen für richtig, den Fund als arcanuim imperii, als Herr- echaftsgeheimnis, zu behandeln. Der- lei hat, SS mag man sich gesagt ha- ben, etwas ungemein Aufreizendes an eich. Die Untertanen hegen noch viel- fach Erinnerungen an echten Kaffee und liessen sich nun vielleicht zu der Vorstellung verführen, die von ihnen mehr tolerierten als gewählten Re- genten hätten genau so wie sie selbst jene widerliche Brühe zu trinken, die man in Frankreich humorvoll "cafe national" nennt, während man das * Original davon, die naturwüchsige Kaffeebohne, in überseeischen Erzeu- gerländern mitunter zum Einheizen verwendet. Auch mag da die üeber- legung mitgesprochen haben, eine öffentliche Blamage der christlichso- zialen Regimestütze könnte sich als helmlicher Sieg des Sozialismus aus- wirken, und man weiss ja doch, dass die Claysche Besatzungspolitik dem Sozialismus nicht den schäbigsten Vorteil gönnt. Kurzum, die 15 Zent- ner Kaffee wurden zwar entdeckt und > beschlagnahmt, aber sonst geschah nichts. Es ist ja auch kaum anzuneh- men, dass diese Sache die selben Fol- gen haben könnte, wie seinerzeit der illegale Benzinhandel des Ministers Loritz. Loritz war, wie man sich jetzt erinnert, bayrischer Denazifizierungs- minister und der Schwarze Mann sei- ner Koalitionskollegen, vor allem dei schwarzen. Bei soviel suggestiver Schwärze soll er sich nun haben ein- fallen lassen, für seine Partei, die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung, Benzin zu Wucherpreisen zu kaufen. Nun, damals gab es noch keine Ben- zinzuteilungen an die Parteien, und die Parteien bedurften doch gar drin- gend der Motorisierung. Ein Denun- Siant sagte aus, und Loritz wurde ge- schasst und eingesperrt. Kein Habeas corpus (das es ja nicht gab) konnte da helfen. Loritz blieb im Loch, das natürlich, seinem Ministerrang ent- sprechend, ein Sanatorium war, und Sie er dann entfloh, fast so aben- teuerlich wie Casancva über die Blei- dächer des Dogenpalasts, da suchte die bayrische Polizei wochenlang un- ter Vernachlässigung ihrer anderen Obliegenheiten, selbstverständlich oh- ne zu finden. Jetzt ist Loritz in der Schweiz, die er von seiner Spionage- tätigkeit für die Alliierten während des zweiten Weltkriegs her intim kennt, und sendet von dort aus vergif- tete Pfeile gegen die hürnenen Sieg- friede der bayrischen Politik. Semler freilich ist in Bayern, wo der Zentner- weise Besitz von Bohnenkaffee als unstatthaft gilt, und harret der Din- ge. die da kommen mögen. Er mag aber ruhig sein; nichts wird kommen, denn der Unterschied zwischen ihm und Loritz liegt auf der Hand. Schwarzhandel um die Macht denun- zierte, der sich vornehmlich zwischen CSU und SPD hinter den Parteiku- lissen abspielte. Ja, er hatte sogar da- mit gedroht, dass er die Etmächti- gungspolitiker vom 23. März 1933 also tast alles, was in Bi^onesien Rang und Namen hat, vor die Schranker der Spruchkammern bringen werde. Das konnte und durfte man nicht dulden. Bei Strafe des eigenen Un- tergangs im Versäumnisfall, musste man dagegen Einheitsfront machen. So wurde Loritz Staaisfeind Nr. 1; so kam dieser Catilina zu Fall Im Gegensatz dazu hat Semler nichts weiter getan, als was jeder seiner Parteifreunde liebend gern täte: er hat sich ein bissohen als Winckelried aufgespielt. Das ist zwai eine Gau- nerei, dient aber gar trefflich dazu, sich politischen Wählerkredit zu ver- schaffen- Länder wie Bayern, wo die Arbeiterschaft zahlenmässig nicht sehr stark und von ihren Führern ein- fältig gehalten ist, fliegen auf solche l. Lieber Genoase Biemsen! Ich freue mich, dass unsere Dis- kussion offenbar zur Klärung beige- tragen hat. Darum komme ich auch gern Ihrer persönlich an mich gerich- teten Anregung — entgegen meine: ursprünglichen Absicht — nach, zum Ausgleich des Missverhältnisses in der Länge Ihrer und meiner Ausführun- gen, noch einmal zu den in unserer Aussprache behandelten Fragen Stel- lung zv nehmen. e Hierbei will ich das Wichtigste voi. ausschicken, d. h„ herauszuschäler, versuchen, was uns eint. Es sei hiei nur nüchtern aufgezählt. Gerade auf diese Weise wird vielleicht klarer, wie breit in Wahrheit die gemeinsame Basis ist: 1.) Wir müssen in unserer Zeit- schrift auch weiterhin das Einigende in den Mittelpunkt stellen. Dann kann das A. D als parteimässig nicht gebundenes sozialistisches Sprach- rohr eine wichtige Aulgabe erfüllen. 2.) Wir sollen auch weiterhin, ge- rade um unserer Sonder auf gäbe ge- recht zu werden, sozialistische Kri- tik an den uns nahestehenden Par- teien üben. 3.) Aus blindem Hasse geübte Kri- tik oder durch ihn diktierte Entschei- dungen können eine grosse Gefahr im Kampf der sozialistischen Par- teein bilden. 4.) Die Kritik soll fördern und nicht "das Heraufkommen des Neuen erschweren". 5.) Die Sozialisten Euorpas sollten nicht ablassen, sich um die Verwirk- lichung der Vereinigten Staaten von Europa "in Kooperation mit, nicht in Gegnerschaft zur Sowjetunion" zu be- mühen. 6.) Die KP weist einen weit grös- seren Mangel an innerparteilicher Demokratie als die SP auf, und sie bietet deshalb — vorsichtig ausge- drückt ■— keine besseren Möglichkef» nationalen Kraftmeiereien, wie jetzl wieder der Aufstieg der "Bayernpar- tei" des Herrn Lallinger beweist. Und, wie gesagt, was tat denn Semler an- deres, als gegen Lallinger praevenire m spielen? Die 15 Zentner Kaffee sind daneben eine Lappalie, so wie es auch der Benzinkauf des Loritz ge» wesen wäre, wenn Loritz eben nur ein bisschen Ministersolidarität emp- funden hätte, was leider nicht der Fall war. Von Semler ist ja In dieser Hinsicht nichts zu befürchten. Er liegt jetzt auf Eis und wird »ich frisch halten, um über kurz oder lang seine Rolle weiterzuspielen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass er un- terdes verhungert, denn illegale Er- fahrungen wie die mit den 15 Säk- ken sind dazu da, um genutzt zu wer- den, und wenn es nicht Bohnenkaf- fee ist, wird sich schon etwas ande- deres finden, womit sich dieser Seniler die Wartezeit vertreibt. F. M. 8, ten; als: che SP, für sozialistische Auf- fassungen zu kämpfen. Nach dieser nüchternen Aufzählung des Gemeinsamen, das gewiss wichti- ger ist als unser? Meinungsverschie- denheiten, müssen aber auch diese noch einmal betrachtet werden. Da- oei sollen viele Einzelheiten wie die Beurteilung der englischen Ostasien» Politik und auch die Behandlung des Falles Severing — bezüglich dessen prinzipieller Einschätzung wir ja auch übereinstimmen — unbetrachtet bleiben. Dennoch wird notgedrungen dieser Teil ein wenig länger als der erste werden müssen: 1.) Sie wissen, dass meine Freunde aen "Apparatismus" dei- SP sehr kräftig 5?u spüren bekamen und wir uns deshalb bereits im Jahre 1925 von ihr trennen mussten. Dennoch bin Ich der Ansicht, dass wir unsere Erfah- rungen, so schlecht sie auch gewesen soin mögen, nicht einfach auf die neue SP übertragen dürfen. D. h., wir müssen dagegen ankämpfen, dass in unserer Kritik all unsere früheren Er- lebnisse nachwirken, wie sie es von ihrer eigenen Kritik eingestehen. Und ich habe sogar von Freunden, die die gleichen schlechten Erfahrungen wie v:ir vor 1933 mit der SP gemacht hat- ten und sich dennoch ebenso wie die meisten Ihrer und meiner Freunde entschlossen, jetzt wieder in der SP mitzuarbeiten, die ausdrückliche Be- stätigung bekommen, wievieles doch anders In Ihr ist ala früher. 2.) Nicht nur deshalb halte ich es für richtiger, die Kritik aii der SP m einer Form zu halten, die ayeh dem Uneingeweihten das freund- schaftliche Bestreben klar macht, ei- ne Partei, die immerhin noch als die einsig belehrbare anzusehen Ist, an die notwendige sozialistische Zielset- zung au erinnern. 3.) Sie beirufen sich bei Ihrer Hal- hing unsers Ausseracben im Loritz, der gewesen sein mag, was er will, war unter anderen auch ein gefährlicher Querulant auf der inne- ren Front. Er hatte, ehe man ihn aus Angst vor seiner Opposition ins Ka- binett nahm, und auch nachher noch, unablässig in Wort und Schrift den DISK ÜSSIONSTRIBUENE Fortsetzung der Diskussion über die politische Haltung des D. A. D. DAS ANDERE DEUTS CHIAN1 W Hauptausschuss des A. D. Die Tatsa- che, dass in diesen Aussprachen die Kritik an wirklichem oder vermeint- lichem reformistischen Verhalten der sozialdemokratischen Parteien vor- herrschte, ist erstens ein Beweis da- für, dass diejenigen Freunde, deren Ansicht ich hier Ausdruck gebe, sich keinesfalls einer Kritik an diesen Parteien widersetzen, sondern ihr durchaus zustimmen, so weit sie be- rechtigt ist: dass sie ihrerseits aber mit ihrer Kritik an der Sowjet-Union und den Kommunisten im Interesse unserer Zusammenarbeit sich mehr zurückhalten als jene Kritiker. Zwei, vens aber werden Sie mir gewiss dar- in zustimmen, dass eine Kritik im geschlossenen Kreis rücksichtsloser sein und eher unwidersprochen blei- ben kann als die in einer Zeitschrift gedruckte, die sich an die breite Oer, fentlichkeit wendet, einerlei ob sie äabei an Feinde oder Freunde des So- zialismus gelangt. 4.) Unsere Kritik im A .D. muj.-, aber auch die Tatsache berücksichti- gen, dass wir tausende von Kilome- tern von dem entfernt sind, was In Deutschland geschieht. Was uns hier an Nachrichten über die SP oder auch die KP erreicht, so zahlreich sie auch sein mögen, gibt uns kein einwand- freies Bild und zwingt uns damit zu einer gewissen Zurüpkhaltung. Hier nur ein Beispiel: Nach Ihrer Erwide- rung und nafch verschiedentlichen per- sönlichen Aeusserungen von Ihnen könnte man den Eindruck bekommen, als ob der Hass der SP gegenüber der KP nicht umgekehrt genau so bei der KP zu finden sei. Dazu möchte ich das anführen, was ein Genosse aus Deutschland, ein Metallarbeiter, in ei- nem soeben eingegangenen Briet schreibt: „Im praktischen Tages- kampf in den Betrieben und der Oes fentlichkeit führen die Kommunisten ihre Streiche zu 99% gegen die SP In dem nun beginnenden Kommunal- wahlkampf kennen sie keinen ande- ren Gegner." Dazu fügt der Brief- schreiber noch an: „Du kannst meine Stellung wahrscheinlich schlecht ver- stehen, obwohl Du weisst, wie sehr ich früher für die Einheit eingetreten bin Keineswegs sollst Du aber denken, dass mich mein Hass nun blind ge- macht hat für die Notwendigkeiten.* 5.) Nicht nur aus Gründen der Bil- ligkeit, sondern auch gerade im In- teresse des Sozialismus darf unsere Kritik keineswegs vor der KP halt- machen. Wenn die Kommunisten ei- nen Freibrief deshalb erhalten soll- ten, weil die kapitalistische Presse über sie herfällt, dann brauchten sie sich • ja nur immer provozierender m verhalten, damit sie die sozialistische Kritik zum Schweigen bringen Kei- nesfalls dürfen wir uns damit abfin- den, dass wir keine Möglichkeit hät- ten, auf die KP einzuwirken, so we- nig wie wir uns mit einer an sich ver- urteilungswürdigen Tatsache abfin- den dürfen mit der Begründung, „bjc- stellt also nichts Neues und Unerhör- tes dar", eine Erklärung zum Staats- streich in der Tschechoslowakei» tiit auf Seite 11 unserer Zeitschrift vom 15. 3. zu finden war. Im Gegenteil, wir haben mit dem Mute der Verzweif- lung bb gegen die Gefähr- dung des Sozialismus, sei es auren sie SP oder durch die KP, zu kämpfen, und uns nicht damit abzufinden, dass unser Einfluss auf die eine oder die andere Partei zu gering ist. Anzuneh- men, dass insbesondere die Einwir- kung auf die KP unmöglich wäre, be- deutete ein so verheerendes Urteil über sie, dass ich trotz allem nicht zu dieser Resignation bereit bin. Aller- dings sollte die Kritik an der KP nicht weniger freundschaftlich sein, als wir sie in Zukunft gegenüber der SP halten sollten. Sie könnten mir entgegnen, ich habe Ihre Vorwürfe gegenüber der SP nicht entkräftet. Abgesehen davon, dass ich ihr auch keineswegs kritiklos gegen- überstehe — weshalb ich mich ihr ja nicht angeschlossen habe —- halte ich mich auch nicht für berufen, ihre Verteidigung zu übernehmen, so weit vom Schuss und als geruhsamer Zu- schauer. Vielmehr möchte ich .vor- schlagen, diese Verteidigung den Ge- nossen drüben in Deutschland zu über- lassen, von denen hoffentlich jemand die Zeit im Tageskampf erübrigt, die notwendige Stellung im A D zu neh- men. Im übrigen hoffe ich, dass unsere Aussprache bewiesen hat, wie bei gu- tem Willen Meinungsverschiedenhei- ten unter Sozialisten zum wenigsten geklärt werden können, und dass man trotz dieser Meinungsverschiedenhei- ten sachlich zusammenarbeiten kann Wiederum in alter Freundschaft Ihr Hans Lehmann, IL Lieber (Genosse Lehmann; Um den Lesern die Lektüre unserei Diskussion zu erleichtern, äussere ich mich gleich zu denjenigen Punktes Ihrer Antwort, bei denen mir eine Klarstellung notwendig erscheint. Was die von Ihnen festgestellten Uebereinstimmungen angeht, so ha be ich nur zu Punkt 6 eine Anmerkimg m machen. Es müsste heissen: Die KP bietet deshalb keine bessere Möglich- keiten als die SP „für die Durchset- zung abweichender Auffassungen" tü kämpfen statt „für sozialistische Auf fassungen". Für Sozialismus glauben beide Parteien zu kämpfen. Die Frage, die entscheidende Frage ist, inwieweit das in der Praxis geschieht. Zum zweiten Teil Ihres Schreitisns das Folgende; Punkt I. Ich übertrage nicht frü- here . Erfahrungen einfach auf die heutige SP. Ich habe vielmehr gesagt dass diese Erfahrungen meinen Blick dafür geschärft haben, dass die neue SPD im wesentlichen die alte ist. Die- se meine Ueberzeugung beruht, wie ich dargelegt habe, hauptsächlich auf der Beobachtung der offiziellen Poli- tik und der offiziellen Aeusserungen der Partei, in zweiter Linie auf zahl- reichen Briefen. Gerade heute habe ich wieder den Brief eines jederzeit bewährten und urteilsfähigen Genos- sen erhalten, auf dessen Urteil ich ganz besonderen Wert lege. In ihm heisst es innerhalb einer Schilderung tier gesamten politischen Situation tri Deutschland: „Bei der SPD der glei- che Hass gegen links, die gleiche Ver- ständigungsbereitschaft gegen rechts, «Sie gleich«? Verbissenheit sreren die leiseste eigene Meinung m de? Par- tei?'. Punkt 2. Ich halte die SPD als Pas' fcei für ebensowenig belehrbar wie nach dem ersten Weltkrieg. Belehrbaf1 sind nur die unorientierten oder falsch orientierten Mitglieder. Punkt 4. Ich-habe nicht bezweifelt, dass die KP ebenso gehässig die SP bskämpft wie umgekehrt. Mündlich habe ich lediglich festgestellt, das,? die kommunistischen Zeitungen, die wir hier erhalten, diesem Bruderkamn? nicht so viel Raum geben wie die so* zialdemokratischen Zeitungen. — Der Unterschied ist der, dass die SPD bei diesem Kampf immer mehr an die Seite des Bürgertums und der Reak* tion gedrängt wird. Punkt 5. Ich stimme Ihnen gründ* sätzlich zu. dass unsere Kritik nicht, vor der KP halt zu machen hat, die aewiss nichts weniger als sakrosankt» ist, wie ich das ja deutlich in meine? ersten Antwort gesagt habe. Dagegen bin Ich allerdings der Mei- nung, dass unsere Kritik nicht die Tatsache aussei- acht lassen darf, das? mit allen, auch den verlogensten Mit- teln von der gesamten Welbreakticm gegen die Kommunisten gehetzt und vorgegangen wird, Es erscheint mir ferner sinnlos, im- mer wieder die Organisationsprinzipien der KP anzugreifen, nachdem das frü- her bereits geschehen ist. Etwas an~ deres ist es, festzustellen, wenn die SP sich gegen ihre eigenen tiemokra*- tischen Organisationsprinzipien ver- geht. Eine Einwirkung auf die KP halte ich tatsächlich für unmöglich, und zwar aus dem einfachen Grunde, weif die kommunistischen Parteien ausser- ordentlich festgefügte, scharf zentra« listisch geleitete Kampforganisatio- nen sind, deren Mitglieder aus de* Ueberzeugung von der Notwendigkeit straffer Disziplin auch dann der Zen- trale folgen, wenn sie anderer Mei- nung sind. Mit einer ähnlichen Dis- ziplin haben Mönchsorden, Jesuiten* KaMnisten etc. Gewaltiges erreicht Man kann eine solche Organisation® form grundsätzlich anerkennen, man kann sie für die gegebene Situation eines Kampfes auf Tod und Leben für angebracht halten, oder man kann sie grundsätzlich ablehnen. Keines- wegs aber bedeutet die Feststellung? der Tatsache ein „verheerendes Ur- teil'*. Noch eine Bemerkung zu Ihre;}? Wort vom „geruhsamen Zuschauer" Ich glaube, dass dieser Ausdruck ti'üf Sie so wenig zutrifft wie für mich. Für den internationalen Sozialisier» sind die Arbeiterbewegung und der Sozialismus überall in der Welt seine eigenste Sache, und da wir in Deutsch- land gelebt und gekämpft haben und mit den dortigen Verhältnissen und Menschen vertraut sind, werden wir an dem, was dorr geschieht, besondere: starken, aber nicht „geruhsamen'1' Anteil nehmen Indem ich Ihre Hoffnung teile, unsere Diskussion zur Klärtmg und1. Verständigung beiträgt, freundschaftlichst Ihr ■ mm- <0 DAS GE »W Bürgermeister von New York W9!i»n OThrrer über de» Verrat an den Juden _____Jetzt sind wir Zeusen, wie die Hoffnung eines Volkes auf die Hei mat, die es mit Blut und Schweis suf Wüstenerde aufgebaut hatt, ver- eitelt werden soll. Wir erleben jetzt wie die Ehre der United Kations ge schändet werden soll, die sich fäv diese Heimat verbürgt haben, und wie man auch mit der Ehre der Vereinig ten Staaten spielt. Ironischerweise ist die Entscheidung, ttie den Staaten- und heimatlosen Ju- den helfen sollte, so rereerrt und sa- botiert worden, dass sie in ein Ab schlachten vorhi tierischer Ausmasse münden kann, trenn nicht rechtzei- tig eingegriffen wird. Ich glaube, dass1 die heldenmütiger Juden in Palästina ihr Leben nicht billig hergeben werden. Sie werden fechten, wenn es nottut, mit ihrer, nackten Händen. Diese Menschen sind keine Revolu- tionäre, die den Sturz; einer Regierung erstreben. Sie haben einen rechtmäs- sigen, gesetzlichen Anspruch und war- ten friedfertig auf den Tag, an dem das Mandat zu Sande geht und sie von Rechtswegen die Nachfolge antreten können. Die gesainte Zukunft der Vereinig- ten Nationen hängt heute davon ab wie ihr Palästina-Entscheid durchge führt wird. Man kann nicht intev nationalen Frieden haben, solange man internationalen Mord gestattet. Man kann nicht Frieden stiften, wenn mar an anderer Stelle der Anarchie gestat- tet. sdeh auasutoben,'' en selb- ständigen bayerischen St**t. Mo schwäbisch • alemannischer ZZshMib- « DAS ANDERE D BUTSCHtAMV" bund verlangt einen süddeutsche« Staat. Auch in der Rheinpfalz sind Verschiedene Organisationen — die „Sozialistische Rhein-Ünion", der „Pfälzer Heimatbund", der „Rheinisch- Fränkische Kulturkreis'8 — in separa- tistischen Sinne tätig. In Aachen fordert die „Rheinische Union" die Bildung eines unabhängigen Rhein- Btaates. Den Behauptungen, dass die Fran- zosen iä Ihrem Gebiet die separatisii pchen Bestrebungen unterstützen, ist tier politische Berater des französi- schen Oberkommandos entgegenge- treten. Er hat aber zugleich erklärt, tias Rheinland sei als ein besonders gelagerter Fall anzusehen. Auch das Wiederaufleben des Sepa- ratismus Ist ein unbestreitbarer Erfolg Bitler» und des Nationalsozialismus. Der Freidenker-Verband ist mir Bfta In Hamburg-Altona Dohrnstr. 7 neu begründet worden Der einst so mächtige Verband, die grösste Prei- denkerorganisation der Welt, muss heute nach seiner Vernichtung durch die Haids von neuem anfangen Sr gibt cur Zeit ein zweimonatlich er- seheinendes Mitteilungsblatt heraus and veranstaltet Punktionirkurs-e, Vorträge, Morgenfeiern und Jugend- weihen. Schrott! Eine amerikanische Mis- sion ist in Deutschland tätig-, um von den Schlachtfeldern und aus den zer- störten Fabriken Schrott für die Pro- duktion in den V. St. zu gewinnen. Die Ausfuhr soll im Jahre 1948 min- destens 500.000 Tonnen betragen, wie Alfred Kübel, der niedersiicbsische Wirtschaftsminister, mitgeteilt hat. Man geht wohl nicht fehl in der An- nahme, dass der Schrott hauptsäch- lich für die Aufrüstung Verwendung finden wird. V/i Millionen Schweine sind nach Angaben des Leiters der USA-Mili- tärregierung im Jahre 1947 in Bayern verschwunden. Das bedeute, dass rund 40% des Schweinebestandes schwarz- geschlachtet wurden. Jeder bayrische Normalverbraucher hätte monatlich etwa 1 Kg. Fleisch mehr erhalten kön- nen. Ein Beispiel. Um nicht Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, hatte ein Hausbesitzer im Taunus die Fussbo- denbretter der fraglichen Räume ent- fernt. Auf Anordnung des Wohnungs- amtes musste er selbst diese Räume beziehen und die anderen den Wicht« - lingen abtreten. % Not lehrt morden. Drei Berlinerin- nen ermordeten die polnische Mitbe- wohnerin, um sich ihrer Carepakete zu bemächtigen. 500.600 M. für Hitlers Kind, viel- mehr für Hitlers angebliches Kind, hat Herr Riegge in kurser Zeit sam- meln können. Er hatte der Eva Bräun ein Kind auf den Schoss aufphoto- montiert und erklärt, der Hitlerspross müsse aus den Klauen der Russen befreit werden. Auöh Windeln und ein Motorrad gehörten zu* den Spen- den der Hitlertreuen. 13.000 Lebensteittelpakete für deut- sche Waisenkinder aller Zonen haben die Kriegsgefangenen' in Jugoslawien KU Weihnachten in einem Sonderzug nach Deutschiangl geschickt. DER RECHTE MANN AM RECKTEN PLATZ „Dr. Kurt von Schuschnigg, der ehemalige Kanzler ton Oesterreich, wird im Sommer Professor an d?r Universität von St. Lduia' (USA) wer- den, wo er Vorlesungen über „den. modernen, demokratischen Staat"' halten wird". (Dailjy Express, London, 6. 2- 48). , ' DER "KUMPEL MIT DEN LANGEN HAAREN fr "Nachdem seit einiger Zeit auf den Butohrtsstrassen des Hamburg-Alto- naer Fischereihafens Lastautos b«~ x&ubt worden waren, liess die Ham- Jtarger Kriminalpolizei die Transpor- te regelmässig bewachen. Es stellte *ich heraus, dass eine Bande von Ju- gendlichen die Fahrzeuge in einer be- istimmten Strasse ansprang. Die ahge- iworfenen Kisten und Pakete wurden rffrum van den Komplizen geborgen. BÄebeo junge Burschen im Alter von IT hl» au Ä Jahren und vier Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren wurden als Tätet ermittelt und festgenom- men.** In einem Polizeiberichi sieht viele» Kehr einfach aus. "Vier Mädchen zwi- schen 18 und 17 Jahren..." Nicht zum ersten Mal ist hier die Rede von Mädchen, die Mitglieder oder gar An- führer jugendlicher Verbrecherbanden sind. "Zum ersten Mal habe ich gestoh- len während unserer Flucht aus Schlesien. Die Mutter konnte meinen Meinen Bruder nicht mehr tragen, d» habe ich einfach einen Hand wa- gen mitgenommen, der vor einer Haustür stand." Die mir das erzählt, igt eine MedMnetudentin. Ich ertapp- te sie, als sie in Einern Hamburger Wartesaal eine Tasse in ihrer Akten- tasche verschwinden lassen wollte "Ich weiss, dass ich Unrecht tue, aber wir haben nichte und brauchen diese Dinge doch so (dringend." Noch weiss sie, dass sie eine Ver- fehlung t>egeht, aber viele, sehr viele interessiert die moralische Seite ihrer Taten nicht mehr. Sie kennen nur ein Gesetz: die Selbsterhaltung. Und bei rShem grossen Teil von ihnen geht e^ wirklich um Sein oder Nichtsein, Zahlreicher aber sind die, die aus ih- rer Not Geschäfte zu machen gelernt haben. Sie stehlen und rauben, um zu verkaufen. Für diese jungen Men- eohtn gibt ee kein "Zu Hause*. sie le- ' ben in ausgedienten Luftschutzbun- kern und Wartesälen und im Sommer nicht selten unter freiem Himmel. Der "Kumpel mit den langen Haaren" ist unter den Kameraden geächtet. Er ist eben der "Kümper' der Gefährte, der alles teilt, in dem Wort liegt An- erkennung und Respekt. Der "Kum- pel mit den langen Haaren" bean- sprucht keine Sonderrechte als Frau. Er liegt mit den anderen auf der glei- chen harten Bank des Bahnhofbun- kers, er turnt ebenso geschickt auf fahrenden Güterzügen umher wie er gewandt ist im Umgang mit „dem Brecheisen, um an die Beute au ge- langen. Der "Kumpel mit den langen Haaren", ist häufig auf dem Schwar- zen Markt anzutreffen, oft von dem Schieber, der nicht zur Bande gehört, als gefährliche Konkurrenz gefürch- tet. » Denn der "Kumpel" lebt meistens in den Banden. Selten geht er allein auf "Tour". Häufig werden jugendli- che Verbrecherbanden von Mädchen . angeführt. Innerhalb dieser Banden gibt es gewisse ethische Gesetze, die streng befolgt werden und bei Nicht- beachtung so etwas wie ein Femege- richt nach sich ziehen. Räuberroman- tik des zwanzigsten Jahrhunderts? Oer "Kumpel mit den langen Haaren" hat — wie er uns auf den schwarzen . Märkten aller Zonen und in den Bun- kern aller deutschen Städte begegnec — nichts von Romantik an sich. . Gleichmütige Gesichter, unbeteiligt r.:id unberührt von den Ereignissen ulüd Sorgen der bürgerlichen Welt. E'ne alte Uniformjacke, umgefärbt cei er int verwaschenem Grün über ei- ner fleckigen, über den Knöcheln mit Papiergarn zusammengebundenen Ho- se —. v. ie viele sind uns so begegnet. Und wir achteten • icht auf sie.'wet es eben — 2u viele sind. Aber die Zigarette wird aus der Ho- stntasche mit 50 M?,rksche;nen bezahlt' Dicke Bündel solcher Scheite stek- ken in den Taschen der Jacke, oft ein Vermögen, das bestimmt dazu reichen würde, eine solide Existenzgrundlage zu schaffen. Aber der "Kumpel ir.it' den langen Haaren" kanja nicht mehr zurück. Ueber die Zukunft denkt er selten nach. Wozu auch, er hat ja eindringlich gelernt, wie entscheidend sich alle Dinge und die ganze Welt mit ihren anscheinend feststehenden Begriffen von heute auf morgen än- dern können. Und vielleicht will er> auch gar keinen' anderen Weg mehr gehen. Wenige der Mädchen, die auf- gegriffen und in Heime gesteckt, oder die vor den Gerichten abgeurteilt wer« den, zeigen einen Willen zur Besse- rung. Sie sind stumpf und müde und seheinen unbeteiligt selbst an ihrem eigenen Geschick;- (Ulrike Schäfer, in "Demokratisches Deutschland", Zürich.) _ . v. .. D. A. D. am Upton Sinclair Sehr geehrter Herr Sinclair. Wir denken Ihnen bestens für . Ih- ren Brief vom 8. August und den bei- gelegten Scheck. Ebenso danken; wir Ihnen herzlichst für die Uebersen. düng Ihres Buches "Presidential Mis- sion", über das eine Besprechung in einer der nächsten Ausgaben unserer Zeitschrift erscheinen wird, die (Sie hoffentlich regelmässig erhalten. Es dürfte Sie interessieren, daiss wir deut- schen Antifaschisten in Südamerika immer noch einen schweren Stand haben trotz dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus und die Zahl der Nazis in Südamerika nicht geringer geworden ist. Die Verhältnisse Europa bewirken, dass auch die deut- schen Antifaschisten v-cn Ta~ r bu Tag mutloser werden. Sie werden verste. han, dass uns Ihr Brief angesichts dieser Situation besonders gefreut hat. Mit bestem Gross I. A, Grönewald *At ANIIIf fteUTSCHLANO * \\ IM FELDE BESIEGT // Bne heftige Debatte war voran- gegangen, als die jung» Frau es end- gü'tig ablehnte, für ihre fünf Kin- der das so dringend benötigte Gemü- se direkt von den Feldern zu holen. „Fragen? — das habe ich ja ver- sucht. Kürzlich kam ich an einem Grundstück am Stadtrande vorbei, uro hoch aufgeschossener Salat stand. Ich überlegte, dass ich ihn gut als Spinat zubereiten könnte und frag- te den Bauern, ob er ihn mir gegen Zigaretten ablassen würde.' ,-Wo den- ken Sie hin?" sagte der. j,Den brau- che ich als Viehfutter." Ihr a-ht auch das Fragen hat keinen Zweck." Die Freundinnen sahen ein. dass weiteres Drängen zwecklos war. Sie gingen, und drauaeen fassten sie ei- nen Bntschluss. Sie zogen für Ihre Freundin aus. Jtfofirrüben zu erobern. Keinen Sack voll, aber möglichst ge- nug, um vielleicht .einen Säugling für eine Woche mit der notwendigen Nahrung zu versorgen .Die Beute ist am Stadtrand erspäht forden. Diese Frauen fühlen sich nicht ale Diebe. Ein Kind braucht Nahrung, und hier steht ein ganzes Feld voll davon. Sie haben ein mütterliches Herz und handeln danach, obwohl sie — wir wissen es alle, und es geht kein Weg daran vorbei — etwas Unrechtes tun. Sie schleichen sich an den Feldrain heran und lauschen vorsichtig nach allen Richtungen. Die Luft Ist rein, und Eile Ist geboten. Eifrig, während die eine buddelt, horcht die ander?. Wie konnte es nur geschehen, dass plötzlich die Feldwache — zwei Män- mr — vor Ihnen steht. Die eine Frau sass in hockender SttUung. Da ruft die zweite ihr geistesgegenwärtig zu: ..Brauchst Du Papier?" Die List glückt nicht. Ein Knüppel saust nie- der und trifft zweimal schmerzhaft den Ann der stehenden Frau. „Haiti** rufen beide In die Flüche der Männer und ihre Bereitschaft, er- neut zuzuschlagen. Sie leugnen kei- neswegs. Sie sagen die Wahrheit, nennen Namen und Adresse der jun- gen Frau mit den fünf Kindern, schildern deren Not und fragen ganz elrÜach: ..Was würden Sie tun?" Die Bauern brummten ein wenig vor sich hin. Dies war eine unbehagliche Si- tuation. «Jedenfalls nicht stehlen. Ihr könnt doch' an* hellen Tage kommen und tragen." v ,,Ach fragen , . •" Sie erzählten das Krlebnis der Freundin mit dem Salat. „Aber Ihr kriegt doch Gemüse zu- - set6ilt, wir müssen es doch abliefern." „Hann, was soll denn eine Frau mit fünf Kindern mit sieben abge- zählten MotUTtiben pro Person an- fangen, die alle paar Wochen für ei- noMahteelt ausreichen?" : Eine Weile stAttden die vier schwei- gend und nachdenklich da. Es war keine Rede mehr von dem Knüppel. Damit wehrt man Diebe ab, aber Fragen sind damit nicht zu lösen. Die Landwirte jßind keine Unmen- schen.1 Sie haben sich in ihrem Recht gefühlt und hab»71 hoetrafen wollen, statt dessen war man mensch- lich angerührt und trat von einem Fuss auf den andern. Die Frauen wandten sich zum Gehen. Bin Häuf- chen Mohrrüben blieb auf dem Feld liegen. Da rief ihnen eine Stimme nach: ,,Nehmen Sie doch die Wurzeln mit!" Eine leider altägliche Geschichte. Sollte es keinen anderen Ausweg für die ratlosen Mütter geben als nächt- liche Streifzüge in fremde Reviere zu unternehmen und dann mit Knüppeln besiegt zu werden? Und wer kann leugnen, dass die Haltung der Bau- ern verständlich ist? Niemand lässt sich gern die Früchte «einer Arbeit in der Nacht rauben. Das mit dem hochgewachsenen Salat hat auch ei* ns Kehrseite. Wir wissen alle um den Mangel an Viehfutter. Wohin sollte es da führen, wenn jeder au# Selbsthilfe greifen und die Felde» plündern wollte? Wie denken die verantwortlichen Stellen darüber? Soll sich die Biao* ne immer wieder sagen lassen, das» „drüben" für die kleinen Kinder be- deutend besser gesorgt wird. Und wenn dies nicht zuträfe, sollten wir nicht imlt gutem Beispiel vorangehen! Ingeborg Küster. (Aus ,.Das Andere Deutschland" Hannover) DER KRIEG Ein Schulaufsatz / Von Ludwig Thoma Der Verlag R. pipei u. CO., Mün- chen, der das Gesamtwerk Lud- wig Thomas übernommen hat, be- reitet zur Zeit in einer Grossaul läge einen billigen Auswahlband "Der Jagerloisl und andere Ge- schichten" vor. Wir entnehmen diesem Band den nachfolgenden „Schulaufsatz", den Ludwig Tho- ma 1905 im „Slmplizisstaius" ver- öffentlichte. Da er, aus begreifli- chen Gründen, in den „Gesam- melten Werken" bisher nicht ent- halten war, kommt seine Wieder- veröffentlichung einer Neuentdefc- tiung gleich. Der Krieg (bellum) ist jener Zu- stand, in welchem; zwei oder mehrere Völker es gegeneinander probieren. Man kennt ihn schon seit den ältesten Zeiten, und weil er so oft in cler Bibel vorkommt, heisst man ihn heilig. Im alten Rom wurde der Tempel geschlossen, wenn es anging, weil der Gott Janus vielleicht nichts davon wis- sen wollte. Das ist aber ein lächerlicher Aber- glaube und durch das Christentum abgeschafft, welches die Kirchen des- wegen nicht schliesst. Wenn es im Altertum einen Krieg gab, 7.erkrlegten sich auch die Götter. Die einen halfen den einen, und die anderen halfen den andern. Man sieht das schon im Homer. Die Götter setzten sich auf die Hü- gel und schauten zu. Wenn sie dann zornig wurden, hauten sie sich auf die Köpfe. Das heisst, die Alten glaubten das. Man muss darüber lachen, weil es so kindlich ist, dass es verschiedene Gott- heiten gibt, welche sich zerkriegen. Heute glauben die Menschen nur an einen Gott, und wenn es angeht, beten sie, dass er ihnen hilft. Auf beiden Selten sagen die Prie- ster, dass er zu ihnen steht, welches aber nicht möglich ist, we>.\ es doch zwei sind- Van sieht es erst hinterdrein. Wer verüert, sagt dann, dass er bloss ge- prüft worden ist. Wenn der Krieg an- eezaneeu <*nwt dl* M'islk. Die Menschen singen dann auf der Strasse m-l weine». Man heisst dies die Nationalhymne. Bei jedem Volk schaut dann der Kö- nig zum Fenster heraus, wodurch die Begeisterung noch grösser wird. Dann geht es los. Es'beginnt der eigentli- che Teil des Krieges, welchen man Schlacht nennt. Sie fängt mit einem Gebet an, dann wird geschossen, und es werden die X.eutc umgebracht. Wenn es vorbei ist, reitet der König herum und schaut, wie viele tot sind. Alle sagen, dass es trauri® ist, dass ao etwas sein muss. Aber die, welche gesund bleiben, trösten sich, weil es doch der schönste Tod ist. Nach der Schlacht werden wieder fromme Lieder gesungen, was schon öSter gemalt worden ist. Die Gefalle- nen werden in Massengräber gelegt, wo sie ruhen, bis die Professoren sie st'sgraben lassen. Dann kommen ihre Uniformen In ein Museum; meistens sind aber nur rxehr die Knöpfe übrig. Die Gegend, wo die Menschen umgebracht worden sind, heisst man das Feld der Ehre. Wenn es genug ist, ziehen die Sieger heim; überall ist eine grosse Rreude, dass der Krieg vorbei ist, und alle Menschen gehen Iis die Kirche, um Gott dafür zu danken. Wenn etaer denkt, dass es noch ge- scheiter gewesen wäre, wenn man gar nicht angefangen Hätte, so ist er ein Sozialdemokrat und wird eingesperrt» Dann kommt der Friede, in welchem der Mensch verkümmert, wie Schiller sagt, weil sie kein Geld kriegen und nichts verdienen können. Manche erhalten eine Drehorgel, mit der sie patriotische Lieder spielen, welche die Jugend begeistern, dass sie auch einmal recht fest zuhauen, wenn es losgeht. Alle, welche im Krieg waren, bekom- men runde Medaillen, welche klirren, wenn die Inhaber damit spazieren ge* hen. viele kriegen auch den Rheuma- tismus und werden dann Pedelle am Gymnasium, wie der unsrige. So hat auch der Krieg sein Oute» «ne fruchtet alles. DAS AUDI*» DIUTSCHlAMfr Mitteilungen des Deutschland-Hilfswerks i Auitfio 2064 , f in unserer Geschäftsstelle liefen die folgenden Empfangsbestätigungen von FeXcten ein. Die Origi- nale können bei uns Jederzeit eingesehen werden. (Strich bedeutet ohne Datum). T. A. 22-6058 Buenos Aires Smpfa&ger Pete m Tinos Bondy Ctoslsr x Ana* Lott, Dresden 26.10.4? Frieda Ziehnert, Dresden 39.10.4*? Weiter Gwlsetoer, Zwickau 1.11.47 Hugo Mohaupt, Dresden 3.11.47 etncuaa Fugmasm 3.12.47 Weiter Gerischer 1,13.47 fosellne Block, Berlin 7. 1.45 Ann* Lore, Wreedea Zo.lZ.4l Hugo Mohwupt, Drtadeo 10.12.47 3rete' Miller 3. 1.48 Med* Btrenz, Berlin 7. 1.46 Fried* eteeaz, Berlin 10. 1.4a Maxg. Ttinioermsna Hamburg 10. 1.48 Dr. TThle 9. 1.46 Gertrud Schüfftaai 34.13.47 Helga Obst 31.12.47 Anna Lora, Dresden 16.12.47 Walter Lohse ' 27.12.47 Anna Lora, Dresden »0.12.47 Smma Fugmann 30.12.47 Martha Thiel 17.12.47 Heine St*inbIchler, Frankfurt 12.1.48 Joaefine Blcok, Berlin 7.1.48 Helene Engelman 19.12.47 Brich Böhm 19.12.47 Gerhard Schneider, Berlin 23.1.47 Xmma MUller' 6.1.48 Arthur Jacobsolm, Berlin 21.1.48 Ftnnl Walter 20.1.48 Prlts Hallas 20.1.48 Anns Lora, Dresden 22.1.48 Luise Hasenstein 2.. 12.48 fr. Meyer 27.12.47 X. Mohaupt Dresden 16.11.47 Anna Lora, Dresden 18.11.47 S. Fugmann 18.11.47 L. Röhlig 15.11.47 von der Bey 12.11.47 Ton Beerleid» 12.11.47 H. Wendrtah 12.11.47 wn Oernet • 23.12.47 A. Rudert. Frankfurt *|M - 1».12.47 J. Baln*r ».1.48 Dr. C. Schmitt. Hersfeld 13.1.48 Edda Markowski, Stuttgart 2.1.48 X. Berthold. OerlngswsJde Willi Just, Welsswasser 18.12.47 Margarete Möller, KUhlungsbora Frieda Stren«. Berlin 26.11.47 Marie Tum« Königs wusterh IS. 12.47 Ä. Klink, Walslebeo ».1.48 amUle Schneider 2.1.48 Ursula Hohlleld Anna Lorz 29.12.47 Slsbeth Quttske 11.12.47 Hugo Mohaupt, Dresden 19.12.47 Hugo Mohaupt. Dresden ?9.12.47 Walter Oerischer, Zwickau Curt Walter, Dresden 27.12.47 Dr. R. Peohel, Berlin 2.£48 Walter Genscher, Zwickau 7.F.46 Walter Gerlsofaer, Zwickau 7.1.46 Robert Blalek 15.1.48 Carl Jungen, Bobenheim 31.1.48 Hildegard Hans Matthe Trapp, Berlin 2.2.48 Josef Konrad, Zell 5.2.48 6135 Auner Z, 6. 1.48 5746 Hohmann, H. 2. 1.48 6437 Stihlüter, A. 26. 1.48 4603 PllstIcker, F. 13. 1.48 5368 Weber, W. 3. 1.48 5043 Gfetta, M. 13. 1.48 5662 Prang. P. 13. 1.48 8667 Labryga, j. 13. 1.48 4766 Susenburger, X. S. 1.48 4789 Susenfcurger, Fr. 2. 1.48 4790 Susenburger, M. 3. 1.48 631» CroulMef, C. 3. 1.48 6435 Schlüter. A. 26. 1.48 5870 Meier, R. 13. 1.48 5930 Weiss, J. 13. 1.48 5370 Weger, w. 3. 1.48 5483 Radau, M. 6. 1.48 6605 Heitfeld, C. 6. 1.48 6295 Böhm. K. 13. 1.48 6200 Weber. W 3. 1.48 6190 Weber. W. 3. 1.48 6196 Weber, W. 3. 1.48 6197 Weber, W. 3. 1.48 6196 Weber, W. 3. 1.48 6195 Hau, O. 6. 1.48 6192 Äelziach, W. 6. 1.48 6191 Sichelschmidt, A. 6. 1.48 6666 Labryg* J. 13. 1.48 5600 Getta, J. 16. 1.46 6366 Weber. W. 3. 1.48 5365 Weber. W. 3. 1.48 6364 Weber, W. 3. 1.48 6846 Böhm, K, 13. 1.48 4434 Hirsehauer, X. S. 1.48 5047 Hammerschmldt, A, 5. 1.48 5046 Bruideek, «?. 20. 1.46 6041 Getta, J. 16. 1.48 6682 Prowein, R. 6. 1.43 6196 Junker, M. / 39.12.47 6266 Wüstenhagen, J. 5. 1.48 »322 Dassler, A. 6. 1.48 5538 Bilstein, E. 6. 1.48 5536 Bilstein, H. 5. 1.48 6800 Bilstein, X. 6. 1.48 6427 Bisenberg, J. 2. 3.48 6466 Schmidt, K.. 6. 1.48 6337 Stallkamp, K. 16. 1.48 6276 Ziegenbein, Q. 13. 1.48 6966 Figge, B. S. 1.48 »902 Wurlan, H. 3. 2.48 5901 Wurlan, H. 30. 1.46 6*761 Kotthaus, X. 2. 1.48 6406 Kirechbaum, ca. Ohne Datum 4926 Sehlotinann. x. 2. 1.48 4627 y. Basse, M. 6. 1.48 6313 Koch, H. 29.12.47 33. 30. 20. 30. 30. 20. 20. 22. 3l! 3. 31. 4432 Baumhoff, J. 29.12.47 3102 Sotatnerkorn, H. 29.12.4/7 5307 Busse, X. 27. 1.48 6491 Braun, M. 21. 1.46 9496 Braun, M. 21. 1.48 6447 Wilhelm, L. 17. 1.48 5627 Heltaerichs, J. 22. 1.48 4462 Wildken, A. (Beet.) 19. 1.48 5610 Günther, X. 20. 2.48 5912 Sander, B. 23 1.48 6671 Krüger, E. 2l! 1.48 4680 Burger, F. 20. 1.48 4457 Weber, H. 13. 1.46 5667 Carriere 5996 Gartke, J. 6007 Gartke, J. 6009 GUnther, K. 6102 GUlck, W. 6167 Peters, P. 5669 Wiehe, M. 5783 Pentiher, F. 6006 Makus, W. 56*6 Klinger, L. 5396 Tlede, H. 5515 Wagner, j. 5993 Klelndlenet, A. 6372 Krüger, A. 5083 Gräser, D. 14. 5854 Fehr, Av 14. 5328 Dörrles, X. 16 5946 Arndt, R. a-7 8347 Dörrles, H. 16! 5242 Breltenbaoh, M. 30. 47W Harms, Fr. 17 4692 Kaiser, ». 17' 4*48 Moeekel, N. ,9. 8637 Stelger, K. 24 12 47 6047 flohmld, W. 8. l'.48 6016 Schifer. J. 23.12.47 6003 Jung, M. 31 12.47 3564 Barth, H. 13. 1 ^6 6046 Sehmid. Kr. g. 1.4« 629e Heinzelbeoker, G. 23 12.47 5957 Rauch, K. 27,-12.47 WAe $*V 29.12.47 S708 Hetz, B. 18. 1.48 5060 Bissdorf, A. SZ.12^47 6167 Sshuplner. J. 33. 1 48 6327 Rose, Fr. 14 1 £5 6152 Prinz, Otto 14. 1'4g ♦609 Lena, G. 24. 1 4* 5669 Welse, S. 13 1 48 «492 Bettls, Fr. ' 24. 1.4S 6024 Glaser. O. 23. 1 48 8068 Burgnohnelder, L 23. 1 48 5669 Dfalert, M, 23. 1* 48 8563 Sehlaanowltz, L. 29 i 1.48 5566 Merz, O. 13. 1^48 5163 Fitaher, J. 16. '1*48 5866 Heok, L. 34.12 47 ^5? 5l^n- E- 22. 1.48 Ü746 OaJa, G. 3». 1.48 5377 Hauser K. 10. 3.48 1.48 1.46 1.48 1.48 1.48 1.48 1.48 1.48 2.48 1.48 2.48 1.48 31. 1.48 28. 1,48 1.48 1.48 1.48 1.48 l 46 1.48 1.46 1.48 1.48 Wallace, Tntman und Einstein Wallace erhob folgende Anklagen Segen die Regierung Truman: 1. Die internationale Krise wurde Künstlich geschaffen, um die Pläne «de* Grosskapitals zu fördern und um die Wirtschaftskrise in den Vereinig, ten Staaten zu vermeiden. 2. Das neue Mobilisierungsprogramm würde für die Arbeiterklasse Zwangs- arbelt bedeuten. 8. Die Regierung rüstet für einen schrankenlosen Krieg, der den Nord- amerikanem ebenso gefährlich wer. den kann wie den andern Völkern. 4. Die Kriegspolitik der Regierung wird allen Klassen der Bevölkerung absolute Militärkontrolle auferlegen. 5. Die Vereinigten Staaten bedrohen die Sicherheit der Welt. Wallace sagte welter: "Unser Land Ist in Gefahr, aber diese Gefahr rührt von seiner eigenen Politik her, die unser Volk ohne Notwendigkeit in ei- nen Krieg reissen wird... Die Si- cherheit der Vereinigten Staaten *1;<ä einsig und allein von Washington be. droht." Truman hat darauf folgende alber ne Antwort gegeben: Bs sei schon «vorgeschlagen worden. Wallace möge in die Rocky Mountains geh an und sich dort von Stalin als Führer der freien „Regierung der Vereinigten Staaten anerkennen lassen. Er selbst sei der Meinung, dass Wallace, wenn er die Freiheiten seines Vaterlandes vollkommen unterdrückt sehen möchte, sich nicht ins Felsengebirge zurückziehen solle, sondern dass er sich'1, in das von ihm so helss geliebte Land begeben und dort Hllfsstelluns gegen seine eigenen Landsleute lei- ste, wenn er das wünsche. Die Verei. nigten Staaten hätten stets nur d«>n Frieden und die Wohlfahrt der Welt angestrebt. Aber der Sklaverei zögen sie allerdings den Krieg vor. Angesichts disser Selhstentblössüiig Trumans wird man es verstehen, dass Einstein erklärt hat, Wallace sei der einzige Mann, der heute Amerika »us den kleinlichen Streitigkeiten unu PaketbestUtigungen des Deutsch- land-Hilfswerks Vom Deutschland - Hilfswerk, Austria 2064, Buenos Aires wird uns mitgeteilt: „Die auf dieser Seite dieser Ausga- be veröffentlichten Paketbest&ti* gungen stellen nur einen kleinen Teil der uns zugegangenen Quittun- gen dar, die wir dieses Mal aus Raumgründen nicht ' vollständig veröffentlichen können. Alle Pa- ketbesteller, deren Pakete in Deutschland oder anderswo inzwi- schen ausgehändigt vtorden sind, ohne dass ihr Name in dieser Li- ste eufgeführt wird, bekommen dieses Mal ausnahmsweise per Post direkte Nachricht." egoistischen Interessen retten könne, die es in eine schlimme innenpoliti- sche und internationale Situation führten. DAS ANDERE DEUTSCHLAND Macht Feuer unterm Sitz! Bei den unteahänglg lebenden India- nern Mexikos gibt es beinahe ebenso viele Regierungsformen wie Nationen und Sprachen. So verschieden alle diese Arten sein mögen, sie sind aus- nahmslos demokratisch, Auch Pefcii wird durch eines dieser Systeme re- giert. Vier Sippen bilden eine Föde- ration, in der jede ihre Selbständig- keit behalten hat. Uro den Rechten und Eigenheiten jeder einzelnen der vier Sippen ge~ recht w werden und um die Einheit und Kraft der Föderation -m wahren, beschlossen die Männer im Rat der Nation folgendes: Der Häuptling der Nation wird in jedem Jahre neu ge- wählt. Wer einmal "Cazique" war, kann es nicht zum zweitenmal wer- den. In jedem Jahr hat eine andere Sippe den Caziquen zu wählen. Der amtierende Cazique wohnt während seiner Amtszeit im Zentralort der Fö- deration, wo Ihm gutes Land zuge- wiesen wird, das er mit seiner Fami- lie bebauen kann. Eine Vergütung für sein Amt erhält er nicht. Für Fahler seiner Verwaltung ist er den Abge- sandten aller vier Stämme verant- wortlich. Die Amtseinsetzung des neuen Häuptlings vollzieht sich folgender- massen: Um € Uhr frllh stellt sich der Stamm, der den Häuptling stellt, auf deer, Platz vor dem Rathaus aul und bringt den erwählten Häuptling mit. Es steht allen Angehörigen der drei übrigen Stämme frei, sich eben- falls zur Feier einzufinden. Die Glok- ken läuten, Feuerwerkskörper werden abgebrannt, es wird musiziert, ge- tanzt und fröhlich gelärmt. Der neu gewählte Häuptling wird von den be- vorzugten Männern seines Stammes dem antretenden Häuptling- und des- sen Räten vorgestellt. Mit dieser Ver- stellung ist die Prüfling der Wahldo- kumente vollzogen. , Dann halten der zurücktretende und der neue Häuptling eine in Reime ge- setzte, von alteraher überlieferte Re- de. Wenn unter vielen Zeremonien endlich der Amtsstab übergeben ist, wird ein niedriger Stuhl gebracht, dessen Kits ausgehöhlt ist. Unter La- chen und Schemen der Männer streift der neue Häuptling seine weissen Baumwollhosen halb herunter und setzt sich in die Oeffnung des Stuh- les. Den Amtsstäb im rechten Arm sitzt er Würdevoll auf dem Stuhl, das Gesicht allen Männern der Nation zu- gekehrt. Er sitzt da, ao ernst und majestä- tisch, als wolle er seine erste feierli- che Amtshandlung beginnen. Nun kommen drei Männer von dem Stamm der im folgenden Jahr den Caziquen zu Wählen hat. Diese Männer tragen einen irdenen Topf, in dessen Seiten zahlreiche Zuglöcher eingebohrt sind. Der Topf ist mit glühenden Holzkoh- len gefüllt, die infolge der Zuglöcher tüchtig am Glühen bleiben. In gereimter Rede erklärt einer der Männer den Zweck der Handlung, Dann «teilt er den Topf mit den glü- henden Kohlen unter das Geaäss 'des neuen Häuptlinge. Das Feuer unter dem Gesäss soll den Häuptling daran erinnern, dass er nicht auf diesem Stuhl sitzt, um sich auszuruhen, son- dern uro für das Volk zu arbeiten; er seil lebendig bleiben, selbst wenn er auf dem Amtsstuhl sitzt. Er soll nicht vergessen, Cass der Stamm ihm Cs^ Feuer unterlegt, der im nächsten Jahr« den Häuptling stellt, d. h. er soll sich hüten, ein Kleber zu werden. Er hat das Amt aufzugeben, sobald seine Zeit allgelaufen ist. Sollte et dennoch "sitzen" bleiben, dann würde man ihm ein Feuer unter den Hintern legen, so gross, dass Weier von ihm noch von dem Sessel etwas übrigblei- ben würie. Sobald der Topf mit den glühenden Holzkohlen untergestellt tot, werden gereimte Sprüche aufgesagt- Solange diese Sprüche nicht beendet sind, darf sieh der neue Häuptling nicht von sei- nem Sita erheben. Was er auch emp- finden mag, er wird durch keine Mie- ne oder Geste offenbaren, wie warm ihm Wird. Im Gegenteil. Wenn alle Sprüche aufgesagt sind, springt er nicht etwa gleich auf, sondern bleib? TiOch eine gute Weile sitzen, um an- Ulrich Becher, Niemand. Ein neu zeitliches Mysterienspiel in 14 Bildern. Brosch. 140 Seiten. Zu beziehen durch Peter Thomas Fischer, 507 Fifth Ave- nue, New York. Diese dramatische Dichtung, dw Becher mit 22 Jahren geschrieben hat, und deren Buchfasaung von den Nazis in Wien beschlagnahmt war wirkt auch heute noch ausserordent- lich lebendig. Mit Hilfe seines Mediums Marie be- schwört in einer Weihnachtsnacht der Zauberkünstler Diabelli die Erschei- nung Christi. Zum Schrecken der an- wesenden sachverständigen Aerzte ver- schwindet die Erscheinung aber nichr wieder. Sie erklärt vielmehr, sehen zu wollen, wie es mit der befreiten Menschheit stehe. Und nun wandert „Niemand", der „Menschensohn", der Mensch, der nicht Wolf, sondern Bru- der des Menschen ist, durch die Stadt und sieht, Wie es um unsere „Christ, liehe" Welt steht. Nur auf die Mühse- ligen und Beladenen, die Erniedrig- ten und Beleidigten wirkt sein reines Menschentum, ohne dass sie ihn wirk lieh begriffen. Das missbrauchte Me- dium Marie, der von seiner Familie misshandelte Primaner, der Schute- mann Nr, Elf, der ausgebeutete Ar- beiter, der Matrose eines Kohlen dampfers „glauben" an ihn, während die „besseren" Kreise ihn erst ver- achten, ihn dann unschädlich mache?- wollen. I Die Bienen besitzen grosse Krai'v und z. T. zweifellos ausserordentlich, Bühnenwirksamkeit, so a. B. die Sze- ne, in der der Wiedergekehrte am Weihnachtsabend in die „traute deutsche Familie kommt, die gerade singt „Sei uns willkommen, trautet Gast", um sich aufs Schäbigste und Ekelhafteste gegen ihn zu benehmen Die Sprache ist in ihrer Einfachheit zudeuten, daäs er vor den Schmer- zen, die ihm sein Amt vielleicht Be- reiten können, nicht davonlaufen will. Oft macht er sogar selbst noch Scherze. Das steigert die Belustigung cer M&nner, die ihm zusehen und. darauf warten, ihn auszulachen, fall» er ein Zeichen von Uhbehaglichkel* offen'o&rt. Je lustiger die Scherze de* Häuptlings 4ind und je länger er sit- zen bleibt, um so mehr gewinnt er an Achtung uöd Vertrauen unter den Männern. Allmählich verglühen die KolileU, l angsam erhebt sieh der Häuptling. Die Haut hat heftig Blasen geeofen. Ein Freund kommt herzu, reibt Ihm, das Gesäss mit Oel ein und legt dann einen Verband mdt weichgequetach- ten Blättern auf, während ein ande- rer ihm ein grosses Glas Tequilo ein- schenkt. Wochenlang vergast der neue Häuptling nicht-, was er unter «einem Sita hatte. Dias hilft ihm, In »einer Amtszeit da® Amt so au führen, wie es von der Nation erwartet wird. « Aus B Traven "Regierung") und 1 Unmittelbarkeit höch&t ein- drucksvoll«, anders, als wir ee von Be- rher sonst gewohnt waren. Nur eip Zitat: „Lasst euch nicht ausbeuten und beutet nicht aus. Denn was Ihr *&. jeglichem Leben ausbeutet, Wird an auch ausgebeutet werden. Denn was ihr meiner Urnatur stehlt an Kraft und Grösse, wird euch an Kraft tmd Grösse gestohlen werden". Das Stück übersteigt leider durch- aus die hier in Buenos Aires für ei- ne Aufführung vorhandenen Möglich- keiten. Ks sollte — aktuell, wie es ge- blieben ist — und angeeichte de» ka- tastrophalen Mangels an geeigneten stücken in Deutschland möglich« viel aufgeführt werden. Wir empfeh- len es aber auch zu Anschaffung «od Lektüre. PEARL 8. ftUCKt Heer it l»a»pe»a (John Day, New York, 104?). Die Dichterin der „Outen Erde ' fühlte sieh angezogen vom „deutschen Problem", tmd da ihr die Leitartikel der grossen Presse ebenso wenig ver- trauenerweckend schienen wie die landläufig verbreitete Meinung, ging sie selbst auf die Suche nach der Lö- sung. Sie fand sie in der Lebenage-» schichte Erna von Pustaus, einer Deutschen aus den „gehobenen Mit- telschichten", deren bewusste Lebens- erfahrungen die beiden Weltkriege um- spannten. Aus der einfach und schmucklos berichteten Schilderune Pirnas, der Lebensgefährtin Frlta Sternbergs, ersteht dann die Antwort auf die Frage: Wie war das alles mög- lich? Wie konnte es soweit kommen? Pearl Bucks Buch erschien, nach- dem die Dichterin zwei Jahre Ifach- kriegsentwicklung in den Vereinigten Staaten beobachtet hatte. Kein Wnn- NEUE BUECHER »AS ÄNftlX! BIUtseniÄNi der, dass sie sehr schnell da» sterile und selbstgerechte Gerede von der Ge- samtschuld des deutschen Volkes überwindet, und dass sie in der deut- schen Nachkriegsentwicklung beäng- stigende Parallelen zu höchst aktuel- len Vorgängen in ihrer eigenen Hei- mat findet. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass ein Buch wie dieses In Nordamerika im rechten Augen- blick kommt. Möge es unter den Landsleuten der Dichterin viele und nachdenkliche Leser finden, H, Cr. Bruno Walter; "THEMA UND VA- RIATIONEN'", Erinnerungen und Ge- danken (Beitnann-Fischer, Stockholm, 1947). Nach mehr als SOjähriger Dirigen- ten-Tätigkeit hat Bruno Walter sich ein Ruhejahr bewilligt, um als 68 Jähriger Rückschau zu halten auf ein Leben, das völlig der Musik geweiht war. Dag Buch, das so entstand, Ist nicht- nur für Musikliebhaber lesens- wert. Die Variationen des Themas nahmen darin einen ziemlich grossen Raum ein und in kürzeren oder län- geren Episoden tauchen berühmte Zeitgenossen auf, die in der Politik, in der Wissenschaft und in der Kunst eine Rolle spielten und die dem Buch Buch sein besonderes Interesse geben. All diesen Kontakten zum Trotz, hat. Bruno Walter im elfenbeinernen Turm gelebt. Und es berührt eigenartig, um nicht mehr zu sagen, zu lesen, wie Bruno Walter trotz seiner Erfahrun- gen in Deutschland, nicht sonderli- chen Anstand daran genommen hat., mit Faschisten wie Schuschnigg per- sönlichen Umgang m pflegen. Ver- söhnlich stimmt das "Mea Culpa" am Ende des Buches: "So habe ich es in meinem Leben bestimmt an der energischen öffentlichen Parteinahme fehlen lassen, wie sie meiner späte- ren leidenschaftlichen inneren Er- griffenheit von den brennenden Fra- gen des Weltgeschehens entsprochen hätte... Doch muss ich betonen, dass ich mich nicht der Bequemlichkeit oder gar der Gleichgültigkeit bezich- tigen könnte, vielleicht aber des Di- lettantismus in der Organisation mei- ner Kräfte, die der Tyrannis der Kunst widerstandslos nachgaben," H. G. A. A. B. A. * ENRIQUE V. CORONA I MABTINEZ 1 &BOO&DO ij TTTCUatA7V 1441. lee ptso Oto, tt T. *8-8871_ IE gtiti 88= "98 FRANQUEO PÄGADO Concesiön No. 8096 TARIFA BEDÜCIDA Concesiön No. 2808 KOVOTRSK, WAWUTASCHBIK. 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