rXACHRICHTeiXBLATT DCS KRMflfVJEWISH CLUB ls\C..REW KORK, lVV 1. Jahrgang NEW YORK, DEN 1. SEPTEMBER 1935 19 No. 10 ROSCH-HA-SCHONO 5696 Das jüdische Neujahr ist kein Fest des hoffnungsfreudigen Optimismus. Es ist ein Tag der Selbstbesinnung, der inneren Ein- kehr. Ein Tag der Abrechnung nM uns selbst. Wenn wir uns Rechenschaft abge- legt haben über das, was wir im vergütn-* genen Jahr versäumt und verfehlt haben, dann wissen wir, welche Fehler wir im kommenden Jahr vermeiden müssen. Dies ist das Facit des verflossenen Jah- res: ein weiteres Jahr unumschränkter Hitlerherrschaft. Das Naziregime ist so stark als es jemals war. Darüber müssen wir uns klar sein. Wir haben uns schon viel zu oft durch überoptimistische Prog- nosen täuschen und beruhigen lassen. Wir hören jetzt schon seit zwei Jahren immer und immer wieder, dass Deutschland un- mittelbar vor der wirtschaftlichen Kata- strophe stehe. Und doch ist die Katastrophe nie eingetreten. Wir hören jetzt schon im dritten Jahre, dass der kommende Winter den "unvermeidlichen Zusammenbruch" bringen muss. Das ist einfach nicht wahr. Aussenpolitische Erfolge — weniger Hitlers politischer Klugheit als günstigen politi- schen Konstellationen zuzuschreiben — ha- ben die Naziherrschaft gefestigt. Die Folge davon ist: Das Ausland hat sich mit Hitler abgefunden. Er ist sozusagen salonfähig geworden. Das "Weltgewissen" beruhigt sich ja, ach, so schnell. Wer regt sich noch darüber auf, dass es in Deutschland Konzentrationslager gibt? Gewiss: im Inneren mag der Nazismus Zeichen von Schwäche aufweisen — Un- zufriedenheit, Teuerung, Warenknappheit. Aber auch diese sind nur die Folgen beson- derer politischer Zusammenhänge, sicher mehr verursacht durch die eigene desperate Politik der Nazis, als durch irgendwelche antifaschistische Aktionen von aussen her. Was hat man im Ausland schon getan? Was zum Beispiel tun die Juden in New York zur Bekämpfung des Hitlerismus ? Ueber schöne Reden und ^Zeitungsartikel ist man kaum herausgekommen. Es ist im- mer das gleiche Schauspiel: Massenver- sammlungen, begeisterte Redner, "flam- mende Empörung," und zum Schluss — wird eine Resolution gefasst. Im Resolu- tionenfassen hat sich bis jetzt der anti- faschistische Kampf erschöpft. Uns aber sollte der Kampf gegen den Faschismus mehr sein als nur Mittel zum Zwecke billiger Publizität. Wir bekämpfen den Faschismus ja nicht nur, weil wir per- sönlich angegriffen sind. Wir bekämpfen ihn aus der Erkenntnis heraus, dass er das zerstörende Element per se verkörpert. Der Faschismus, — das ist der Weltkrieg. Der Faschismus, — das ist die Kriegsvorberei- tung im Interesse des Friedens, so lange, bis die mit Explosionsmaterial geladene Ma- schine eines Tages von selbst explodiert. Der Vorstand wünscht allen Mit- gliedern und Freunden des Clubs ein besseres, glücklicheres Neues Jahr. Aengste und Sorgen brachte uns das alte Jahr. Aengste und Sorgen leiten uns hinüber ins neue. Wie sich das Schicksal auch wenden möge: uns Juden steht ein weiteres schwe- res Jahr bevor. Rassenhass und Religionshass beherrschen die Welt. Ein neuer Weltkrieg droht. Lasst uns hoffen, dass das kom- mende Jahr unsere A engste nicht verwirklichen möge. Lasst uns hoffen, dass das kom- mende Jahr das Ende des Hitleris- mus sehen möge, und dass es uns vorwärts bringe auf dem Wege zur V ölk erversöhnung. Lasst uns hoffen, dass der Geist der Freiheit und Gerechtigkeit die Völker regieren möge, — zum Wohle des unterdrückten Judentums, und zum Wohle der ganzen Menschheit. Der Faschismus ist unberechenbar. Heute marschieren die Legionen Mussolinis gegen Abessinien, morgen vielleicht ist es schon ein deutscher "Ritt gen Ostland". Der Fa-, schismus, sich selbst überlassen, wird alles das zerstören, was die Menchheit im Laufe von Jahrhunderten mühsam geschaffen hat. Unser Kampf gegen den Faschismus ist ein Kampf um die grossen Menschheits- ideale. Ein Kampf um die Grundlagen der Kultur kommender Geschlechter. Deshalb ist unsere Seite in diesem Kampfe von vornherein festgelegt. Unsere jüdische Ge- schichte und Tradition gebieten uns, für Freiheit und soziale Gerechtigkeit einzu- treten. Wer heute noch die Kultur retten will, muss aktiv gegen den Faschismus kämpfen. Der kommende Monat soll einen Wende- punkt in der Geschichte unserer Organisa- tion bringen. Weite Kreise unserer Mitglied- schaft verlangen, dass der Club seine bis- herige unpolitische Einstellung aufgeben soll, dass er sich einreihen soll in die Front des Abwehrkampfes. Das ist das Gebot der Stunde. Es ist mehr denn je zuvor notwendig, alle antifaschistischen Kräfte zusammenzuschliessen. Wenn politi- sche Klugheit es früher gebot, dass der Klub — wenigstens nach aussen hin — unpoli- tisch war, um auf diese Weise zum Sam- melpunkt aller politischen Richtungen zu werden, so gebietet jetzt die gleiche poli- tische Klugheit, dass wir aus unserer Re- serve heraustreten, — dass wir, kurz ge- sagt, militant werden. Zunächst aber müssen wir uns über Mit- tel und Ziele unserer politischen Tätigkeit klar werden. Es gibt ein altes Mediziner- sprichwort: "Primum nil nocere." Vor al- lem nichts tun, was schaden könnte. Und unbedingt schädlich wären namentlich alle überstürzten Einzelaktionen. Schädlich schon deshalb, weil sie nur geeignet wären, unse- ren Gegnern zu nützen. Die antifaschistische Arbeit ist gerade in New York ohnehin ku sehr verzettelt. Es gibt zuviele antifaschi- stische Verbände und Verbändchen. Ebenso schädlich wäre es, wenn wir jetzt versuchen wollten, uns auf ein bestimmtes Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main AUFBAU Moses, Bermeo&Haas Anwälte für aus- ländisches Recht Beratung u. Korrespondenz in allen deutschen Rechts- angelegenheiten, Prozess- und Erbschaftssachen. Vertragsentwürfe Firmengründungen Geldtransferierungen Einwanderungen O FRITZ MOSES vorm. Landgericht Berlin prakt. seit 1926 in New York ... e ALFRED HAAS vorm. Deutscher Rechtsanwalt • 2 RECTOR STREET NEW YORK, N. Y. Telephon: DIgby 4-7595 Kosisle Fürsorge Stellenvermittlung. Unsere Vermittlungsstelle ist täglich (mit Ausnahme von Sonnabend und Sonntag) zwischen 10 und 12 Uhr vormittags unter der Telephonnummer Washington Heights 7-7853 erreichbar. Personliche Besprechungen nur nach vorheriger tele- phonischer Verabredung. Wir bitten alle, die von irgend welchen Arbeitsmöglich- keiten hören, dies sofort an obige Stelle zu berichten. Alle Auskünfte in Bezug auf Einwanderung, Einbürgerung, Uebersendung der 1. und 2. Bürgerpapiere, sowie Beratung in Krankheitsfällen und Verweisung an zuständigste Stel- len erteilt Herr Alfred Katzenstein, 395 Fort Washington Ave., New York City. Wir ersuchen, alle Anfragen nach Möglichkeit schriftlich zu stellen. • GOTTESDIENST FUER DIE HOHEN FEIERTAGE. Der Deutsch-Jüdische Club ist gebeten worden, seinen Mit- gliedern bekanntzugeben, dass an den Hohen Feiertagen besondere deutsch-jüdische Gottesdienste abgehalten wer- den. Besonders bei unseren Neueingewanderten sollte be- sonderes Interesse dafür vorhanden sein. Der Gottesdienst wird im Grossen Saal des "ROYAL MANOR", 157. Strasse und Broadway, New York City, stattfinden. Die Preise sind so niedrig gehalten, dass es jedem möglich sein sollte, dem Gottesdienst beizuwohnen. Für Eintrittskarten und nähere Auskunft wende man sich an: Herrn Alfred Katzenstein, 395 Fort Washington Ave., New York City. Telephon: WAshington Heights 7-7853. Parteiprogramm festzulegen. Die partei- liche Ueberzeugung muss nach wie vor Pri- vatangelegenheit jedes Einzelnen bleiben. Aber für parteipolitisches Gezänke ist die Zeit jetzt zu kostbar. Wir sind nicht in der Offensive. Der Kampf ist uns. aufge- zwungen worden. Wir treiben Abwehr- g)litik. Deshalb brauchen wir eine starke inheitsfront. Wir verraten kein Geheim- nis mehr, wenn wir unseren Lesern mittei- len, dass ein Zusammenschluss aller anti- faschistischen Gruppen New Yorks in hof- fentlich nicht mehr allzuweiter Ferne liegt. Es ist aber auch höchste Zeit. Wir wissen, wie aktiv die Nazipropagandisten hier im Lande sind. Die Gegenpropaganda ist noch viel zu lax. Hier ist ein unerschöpfliches Arbeitsgebiet. Unerschöpflich, — und doch nur der Anfang. Das letzte, grosse Ziel: kennt nicht die Geschichte genug Beispiele dafür, dass Diktatoren von der Emigration her gestürzt worden sind ? Wir aber sind nur ein kleines Häuflein von Menschen. Unserer grösste Gefahr: dass wir uns von Anfang an Aufgaben stel- len, denen wir nicht gewachsen sind. Die Pölitik ist nun einmal die Kunst des Er- reichbaren. Wir müssen uns notwendiger- weise vorerst noch auf Kleinarbeit beschrän- ken. Als allererstes: die bedingungslose Un- terstützung aller antifaschistischen Kampf- aktionen, die schon im Gange sind. Ich greife nur einige wenige heraus. Zum Bei- spiel: 1. Unbedingte Unterstützung der Boy- kottbewegung. Das setzen wir ohnehin bei jedem Mitglied unserer Organisation vor- aus. 2. Unterstützung aller Bestrebungen, die die Abhaltung der Olympiade in Nazi- Deutschland verhindern wollen. 3. Unterstützung aller Gruppen, die den diesjährigen Friedens-Nobel-Preis für Carl von Ossietzky gewinnen wollen. 4. Antidefamationstätigkeit. Darunter verstehen wir u. a. die sofortige Richtig- stellung aller jener unwahren und halb- wahren Behauptungen, die von bezahlten und unbezahlten Nazipropagandisten in die hiesige Presse lanciert werden. Insbeson- dere die sog. "neutrale" deutschsprachige Presse bietet hier ein lohnendes Arbeits- feld. Wir wiederholen: dies soll natürlich kein fertiger Arbeitsplan sein. Wir müssen uns für heute mit Hinweisen begnügen. Viele unserer Mitglieder mögen dieses Programm für herzlich ungenügend halten. Aber wir müssen bedenken, dass wir mit einem Mini- mum von materiellen Mitteln arbeiten. Da- für aber sind die moralischen Werte auf unserer Seite und das Wissen, dass der Endsieg unser sein wird. Es ist nicht das erste Mal, dass das Judentum eine Periode schwerster Bedrückung siegreich übersteht. In dieser Gewissheit begrüssen wir das Neue Jahr. • Zuschriften, die die Zeitung betreffen, sind an den Schriftleiter, Dr. Alfred Eichenberg, 162 Ost 91. Str., zu richten. Redaktionsschluss für die Okt.-Nummer unwiderruflich am 19. Sept. Auskünfte in allen Klubangelegenheiten er- teilt der Sekretär, Fred H. Bielefeld, 28 . W. 90. Strasse, Tel.: SChuyler 4-1579. ^ b & ^» V 9 k Dr. F.Schlesinger Klub-Zahnarzt 308 OST 79. STRASSE NEW YORK CITY Tel.: RHinelander 4-5643 Bücher und Zeitschriften DER EMIGRATION Grösste Auswahl an Neuerscheinungen "Die Neue Weltbühne" "Das Neue Tagebuch" "Europäische Hefte" "Neue Deutsche Blätter" u. a. m. KATALOG AUF WUNSCH MODERNE DEUTSCHE BUCHHANDLUNG 250 EAST 84th STREET NEW YORK CITY Phone REgent 4-1522 AUFBAU M o n N I n - P ro g rs m m September 1935. Mittwoch, den 4. September: Ausserordentliche Generalversammlung (nur für Mitglieder). Tagesordnung: I. Statutenänderung betr. aktäv-ipolitischer Stellungnahme unserer Organisation. II. Beitritt zu einem Tischtennisverband. III. Bericht über die Sanierung unse- rer Zeitung. IV. Verschiedenes. Eine grosse Anzahl unserer Mitglieder hat das Verlangen ausgesprochen, dass unsere Organisation sich auf eine ausgesprochen antifaschistische Politik festlegen soll. Der Vorstand hielt sich nicht für berechtigt, einen so wichti- gen Beschluss durchzuführen, ohne die Ansicht der Mit- gliedschaft zu hören. Wir rechnen deshalb mit reger Beteiligung an der Aussprache. Für unsere Sportler dürfte es weiterhin von Interesse sein, zu prüfen, welchem Tischtennisverband wir uns anschlös- sen sollen. Mittwoch, den 11. September: Vortrag: Das Problem der Geburtenkontrolle. Redner: Dr. Siegfried Lasch. Herr Dr. Lasch, ein Mitglied unserer Organisation, hat sich bereit erklärt, dieses Problem, das ohne Uebertreibung als eine der brennendsten Tagesfragen bezeichnet werden kann, sowohl vom allgemeinen als auch vom ärztlichen Standpunkt zu erörtern. Ein Besuch dieses Vortrags kann nur empfohlen werden. Eintritt: Mitglieder frei, Gäste 25c. Samstag, den 14. September: Sommernachtstanz auf dem Dachgarten des Hotel Delano, 108 West 43. Str. Beginn 8.30 Uhr abends. Eintrittspreis: Im Vorverkauf 75c, an der Abendkasse 10c Zuschlag. Nähere Angaben siehe Anzeige auf Seite 12. Sport - P Sonntag, den 1. September: Monntag, den 2. September: Badeausflug nach Rockaway Beach. Treffpunkt: 10 Uhr morgens, oberer Wartesaal der Atlantic Ave. Long Island Railroad Station, Brooklyn. Nachzügler treffen uns am Strand zwischen 94. und 95. Strasse (Holland Station), Waverly: Bath. Fahrpreis 50c, Baden 25c. Sonntag, den 8. September: Besuch des Sommerheims des Prospect Unity Club. Treff- punkt: 10.30 Uhr morgens, Westchester Square (Pelham Bay Subway Station). Nachzügler treffen uns im Sommer- heim, erreichbar: Lexington Avenue Subway, Pelham Bay Local bis Westchester Square. Von dort Omnibus No. 6 bis Bronx Beach Pool. Mittwoch, den 18. September: Vortrag. Palästina, das Land der erneuten sozialen Gerech- tigkeit. Redner in: Frau Dr. S. Schwabacher. Die Rednerin ist erst vor kurzer Zeit von einer ausgedehn- ten Reise durch Palästina zurückgekehrt. Das Ergebn!» ihrer Studien an Ort und Stelle war vornehmlich die Er- kenntnis, dass die jüdischen Einwanderer in Palästina nicht über den Sozialismus reden, sondern ihn in die Tat um- setzen. Frau Dr. Schwabacher hat schon wiederholt in unserem Kreise gesprochen. Wir dürfen eines interesanten Abends gewärtig sein. Der Vortrag wird durch Filmvorführungen illustriert. Eintritt: Mitglieder frei, Gäste 25c. Mittwoch, den 25. September: Vortrag: Wirtschaftliche und soziale Verhältnisse im heuti- gen Deutschland. Rednerin: Prof. Dr. Frieda Wunderlich. Diese Rednerin bedarf kaum einer weiteren Einführung. Sie war vor dem Machtantritt des Hitlerregimes Professor am Berufspädagogischen Institut zu Berlin, Direktorin des Büros für Sozialpolitik und Herausgeberin der Zeitschrift "Soziale Praxis". Zur Zeit gehört sie der "Graduate Faculty of the New School for Social Research" als Professor an. Sie ist infolge ihrer zahlreichen Verbindungen besonders geeignet, über dieses Thema zu berichten. Eintritt: Mitglieder .frei, Gäste 25c. Alle Vorträge finden im Klulbhaus, 210 West 91. Strasse, statt. Beginn 9 Uhr abends. rosrAmm Sonntag, den 15. September: Badeausflug nach Rockaway Point. Treffpunkt: 10.30 Uhr morgens, Ecke 40. Strasse und Broadway. Fahrpreis einschliesslich Baden 75c. Sonntag, den 22. September: Ausflug nach Saxon Woods (Westchester County). Treff- punkt: 10 Uhr, Ost 180. Strasse und Lexington Avenue Untergrundibahn-Station. Rundfahrtkosten 50c. » Tennis: Jeden Samstag nachmittag 5:30 Uhr in den Hamil- ton Tennis Courts, Dyckman Str. und Nagle Ave. (Dyck- man Str.-Station der Broadway-7. Ave. Linie). KURT WERNER & CO 11 BROADWAY NEW YORK Beste Neujahrswünsche! Allen meinen Freunden und Bekannten wünsche ich Fred J. Herrmann jc/o Kurt Werner & Co., 11 Broadway, New York und erfolgreiches Neues Jahr! KITTY SCHIFF 1245 Xexington Avenue New York City Happy and Prosperous New Year! i AUFBAU AUFBAU" Published by the GERMAN-JEWISH CLUB, INC. N e u j a h r s - G e d a n k e n Von Eric de Jonge. 210 West 91st Street, New York, N. Y. Advertieing rates on applicatlon Editor: DR. ALFRED EICHENBERG 1. Jahrg. New York, September No. 10 GERMAN-JEWISH CLUB, INC. KLUBHAUS: 210 West 91. Strasse, New York Präsident...................... ERNST HEUMANN 1. Vlzc-Präsident............. JULIUS J. SICHEL 2. Vize-Präsident.......... FRED J. HERRMANN Sekretär....................FRED H. BIELEFELD Hilfs-Sekretär................. OTTO R. FELDER Finanzsekretär................E. SCHNEEBERGER Schatzmeister ........... MICHAEL SNYDACKER Beisitzer................ ARTHUR AMERIKANER .......................ERICH DE JONGE ......................... ALFRED HAAS ' ..................DR. SIEGFRIED LASCH Dem Klub gehören folgende Aerzte und Zahn- ärzte an: A. Aerzte: Dr. Kurt Berliner, prakt. Artz, 1235 Park Ave.| Tel.: ATwater 9-4350. Dr. Alfred Eichenberg, prakt. Arzt, 162 East 91st] Street. Tel. ATwater 9-0907. Dr. Siegfried Lasch, Facharzt für Frauenkrank-J heiten und Geburtshilfe, 123 West 93. Str. Tel.:| Riverside 9-1093. Dr. Paul H. Lichtensteiii, Facharzt für Frauen- krankheiten und Geburtshilfe, 130 Wadsworth| Ave. Tel.: Wadsworth 3-3179. Dr. Paul Oppenheimer, prakt. Arzt, 3058—34. Str.,1 Astorla, L. I. Tel.: Ravenswood 8-1244. — Man-] hattan Office: 123 West 93. Str. Dr. Bruno Rosenhain, Internist, 6849 Burns Str., Forest Hills. Tel.: Boulevard 8-4932. — Man- hattan Office: 34 West 77. Str. Tel.: Endicott 2-0100. B. Zahnärzte: Dr. Frank Dreyfus, 139 East 57th Street. Tel.: ELdorado 5-7878. Dr. Fritz Schlesinger, 308 East 79th Street. Tel.: RHinelander 4-5643. * * * Der Zweck des Klubs ist die Heranbildung seiner Mitglieder zu guten amerikanischen Bürgern und zu selbsttbewussten, aufrech- ten Juden, namentlich durch Vermittlung Jüdischer und allgemeiner Geistesgüter, ferner erstrebt der Klub den freundschaft- lichen Zusammenschluss der deutschen Juden in New York durch gesellschaftliche Veranstaltungen zu fördern. (Auszug aus den §§ 1 und 2 der Statuten.) Klub-Nachrichten. Unserem lielben. Mitglied Else Strauäs sprechen wir anlässlich des unerwarteten Ablebens ihres Vaters unser herzlichstes Beileid aus. Neuaufnahmen. Martin Hofmann, Fred Kramer, Alfred L. Strauss, Rose Wolf. Mögen sie. ernsten oder freudigen Cha- rakters sein, Festtage tragen den Keim zuversichtlicher Stimmung in sich. Lebe« wir auch niedergedrückt an jedem anderen Tage, es ist etwas an einem Festtage, das uns wieder aufhebt, das uns diesen Tag als einen Markstein, als eine Wende er- scheinen lässt. In der Mischna werden vier Jahresan- fänge genannt. Danach beginnt das poli- tische und Festjahr mit dem Nissan, das agrarische und soziale Jahr mit dem 1. Tischri. Dort finden wir auch die Bemer- kung, dass an diesem Tage alle Erden- wesen vor Gott vorüberziehen, damit für ein Jahr ihr Schicksal bestimmt werde. Und in der Bibel heisst es für den Monat Tischri: Es bringe die Erde Grün und Gewächse hervor. Das sind zwei Stellen, deren endgültiges Ziel Ernte und Absterben ist, denen ein Fatalismus unterliegt, dem wir nicht zu- stimmen können. Wir erleben das neue jüdische Jahr in Tagen, die uns niederdrücken und beäng- stigen, in Tagen, deren Geschehnisse schwer auf der Menschheit liegen, doppelt schwer aber auf uns Juden. Es ist etwas in den Juden unserer Tage gefahren, das nicht zu seinem Wesen passt, das nicht aus dem Geist der Festtage dieses Monats fliesst. Ein Pessimismus, ein Nichtglauben wollen an sich selbst; es scheint der Glaube an liie bessere Zukunft zu fehlen, Beinahe sind wir zu Fatalisten geworden, Izu Menschen, die von sich und durch sich (nichts zu erhoffen scheinen und alles dem (Schicksal anheimstellen wollen, "mag kom- Imen, was kommen mag, wir können es (nicht ändern." Beinahe-- Das ist der Fatalismus vergangener (Generationen, der sich bis heute bat mit- (schleppen lassen. Ein Kismetglaube von (Generationen die, versklavt, bedrückt und (getreten ihr Leben zwischen engen Mauern für sich leben mussten. Deren einzige Ver- teidigung Schweigen, Dulden und Warten war. Die den Kopf einzogen, wenn ein widriger Wind über sie einherbrauste und warteten, bis die Sonne einer neuen Zeit über den Horizont kam. Das können wir nicht und das wollen wir nicht. Wir gehören neuen Generationen an. Generationen, die gelernt haben, den Kopf frei und hoch zu tragen als Menschen und Juden. Wir sind anders geworden und wissen, dass Festtage nicht allein reine Schöpfungen der religiösen Sehnsucht der Menschheit sind. Dass sie aufgebaut sind auf Tatsachen der Geschichte und Natur, Dinge, die physiologisch die Entwicklung der Menschheit beeinflussen. Tatsachen der Geschichte und Natur haben wir erkennen gelernt. Wir kennen ihre Vorgeschichte und ihre Auswirkungen. Aus dieser Kennt- nis heraus müssen wir es ablehnen, Toten- gräber unseres Schicksals zu sein, müssen wir es ablehnen, den Tag des Gerichtes als nur für uns bestimmt anzusehen. Wenn aber die neuen Generationen die Weisheiten und Worte der Bibel aufgreifen und nach Bezeichnungen suchen, die für sie Rosch Haschono verständlicher machen, dann greifen sie den Tag des Posaunen- schalls heraus. Der Tag, an dem der Ruf des Schofars uns seine uralte Meinung wieder aufzwingt. Nicht wie in früheren Zeiten: Ruf zur Reue und zur geistigen Erneuerung, sondern seine früheste Be- deutung: Kriegsalarm. — Schofarton heute darf nichts anderes sein als Fanfarenstoss für Israel: Wacht auf, Ihr Schlafenden. Mitbestimmer seid Ihr im Kampf um Euer Schicksal. Frei- heitskämpfer der kommenden Geschlechter. Rosch Haschono 5696 — Tag der Er- neuerung. Erneuerung des Kampfes gegen Eure Feinde. Erneuerung Eures Judentums. Rückblick und Ausblick der Sportgruppe. Wenn der Sommer sich seinem Ende zuneigt, ist es auch für die Sportgruppe an der Zeit, Rechenschaft abzulegen über das, was sie getan hat und was sie in der kommenden Wintersaison zu tun gedenkt. Mit dem Eintritt der warmen Jahreszeit wurden alle Hallensportarten eingestellt und die Zusammenkünfte am Strand der Mittelpunkt der Sportgruppe wie auch des ganzen Klubs. In althergebrachter Weise trafen wir uns meist an der Rockaway Beach. Am 30. Juni wurde die Saison eröffnet. Von diesem Tag an sah man Sonntag für Sonntag eine grosse Menge unserer Klubmitglieder stundenlang in der Sonne liegen, was natürlich bei einigen einen mehr oder minder starken Sonnenbrand verursachte, wahrend andere auf Grund ihrer veränderten Hautfarbe kaum wiederzuerkennen waren. Der Ab- wechslung halber fuhren wir an zwei Sonn- tagen nach Rockaway Point, das ebenfalls herrliche Badegelegenheit bietet. Das Som- merheim des Prospect Unity Club wurde einmal besucht. Dort kamen vor allem die, die neben dem Wasser ausgiebiges Ballspiel lieben, auf ihre Kosten. Ein weiterer Be- such des Prospect Unity Heims ist für diesen Monat vorgesehen. Wenn auch das Schwimmen den Haupt- teil des Programms ausgefüllt hat, so sollen aber hier der Bootsausflug nach Bear Mountain und die Omnibusfahrt nach Lake Ronkonkoma nicht unerwähnt bleiben. An anderer Stelle ist zwar schon über beide Veranstaltungen gesprochen worden. Den- noch soll hier nochmals darauf hingewiesen werden, dass es für die sehr zahlreichen Teilnehmer unvergessliche Stunden ge- wesen sind. Insbesondere für die, die erst kurze Zeit hier im Lande sind, ist es wohl der erste Einblick in die Naturschönheiten Amerikas gewesen, von denen man drüben ja nur sehr wenig liest. Der Vollständigkeit halber soll noch er- wähnt werden, dass wir Samstag nach- mittags auf den Hamilton Tennis Courts uns zum Tennisspielen trafen. Wenn auch die Beteiligung hier nicht sehr gross war, so ist es immerhin sehr erfreulich, dass der Klub auf dem Gebiet des weissen Sports seinen Mitgliedern Gelegenheit zur Betäti- gung geben konnte. Für die ersten Sonntage dieses Monats haben wir noch Badelausflüge vorgesehen. Dann werden unsere bei Vielen so belieb- ten und herbeigesehnten Sonntagsausflüge aufs Land wieder einsetzen. Wir haben uns sogar vorgenommen, in diesem Jahre immer pünktlich wegzugehen und nicht den halben Tag am Treffpunkt mit Warten zu vertrödeln. Auf unseren Ausflügen werden wir, wie immer, Zeit und Gelegenheit zu Ballspielen — insbesondere Hand- und Völkerball — finden. Unter Umständen, d. h. wenn genügend Interessenten vor- (Fortsetzung auf Seite 10) A U F B Ä 1) . s Die Olympischen Spie 1 e Die seltsame Rolle des Herrn Avery Brundage. In diesen Tagen, da die Stimmung ame- rikanischer Kreise gegen eine Beteiligung an dem Berliner Olympia sich stetig ver- schärft, erscheint es uns dringend geboten, kurz zu schildern, wie sich die Verhältnisse tatsächlich entwickelt haben. Die "Amateur Athletic Union", die Trä- gerin der Olympischen, Spiele für die U.1S.A., beschloss auf ihrer Tagung im November 1933 angesichts der damals herrschenden allgemeinen Empörung über die Untaten der Nazi-Regierung, an der olympischen Veranstaltung von 1936 nicht teilzunehmen, falls die deutschen Behörden den Juden nicht gestatteten, in freiem Wettbewerb mit den "arischen" Sportlern des Reiches für die grosse Prüfung zu trainieren. Avery Brundage, der damalige Präsident der "A.A.U.", wurde auf seine Anregung offiziell beauftragt, sich nach Deutschland zu begeben, um an Ort und Stelle zu er- kunden, ob die Deutschen ihr feierliches Versprechen, jüdische Bewerber und Be- werberinnen in keiner Weise zu benach- teiligen, verletzt hätten. Nach einem mehr- wöchigen Aufenthalt im Dritten Reich er- stattete Mr. Brundage Ende September 1934 vor dem "American Olympic Com- mittee" den mit Spannung erwarteten Be- richt. In anderthalbstündiger Rede setzte er den Delegierten auseinander, die mass- gebenden deutschen Instanzen dächten auch nicht im entferntesten daran, die jüdi- schen Kräfte bei der Aufstellung der Kampfmaninschaften auszuschalten, und die repräsentativen Vertreter der jüdischen Sportverbände Deutschlands hätten ihm (Brundage) gegenüber selber betont, dass sie mit der Behandlung der ganzen Frage durch die deutschen Behörden völlig zu- frieden seien. Als entscheidenden Trumpf spielte Mr. Brundage in diesem Zusam- menhang eine Erklärung aus, die ein "deutsch-jüdischer Bankier von interna- tionalem Ruf", dessen Namen zu nennen, ihm leider verwehrt sei, abgegeben habe. In der Aussprache, die dem Berichte folgte, wurden Dutzende von Fällen ange- führt, in denen die deutschen Behörden ihr Wort gebrochen hatten. Alle diese Fest- Stellungen verhallten jedoch wirkungslos, da Mr. Brundage nochmals in aller Form erklärte, er sei mit der Gewissheit, dass die interessierten jüdischen Kreise Deutsch- lands selber keinerlei Einwand zu erheben hätten, nach den Vereinigten Staaten zu- rückgekehrt. Diese Beteuerung hatte zur Folge, dass die Annahme der deutschen Einladung beschlossen wurde. Immerhin hatte die Diskussion die günstige Wirkung, dass man dem bindenden Beschluss auf Grund sorgfältiger Ueberlegung folgenden Wortlaut gab: "In the light of the report of Mr. Brundage and the attitude of representa- tives of the German Government, we aecept the invitation of the German Olympic Committee to the 1936 Olympic Games" Nach dem hier Dargelegten steht also einwandfrei fest, dass der Bericht des Herrn, Brundage die Basis für die positive Entscheidung geliefert hat. Was hat aber nun der Präsident der "A.A.U." in der — selbstverständlich vertraulichen — Sitzung den Delegierten im einzelnen tatsächlich mitgeteilt und aus- welchen Quellen hatte er seine deutschen Eindrücke bezw. In- formationen in Wahrheit geschöpft? Wenn wir die zweite Frage in den Vordergrund rücken, so leitet uns dabei die Erkenntnis, dass hier der Schlüssel des Ganzen zu suchen ist. Mr. Brundage hat wirklich mit den Vertretern der jüdischen Sportverbände Deutschlands gesprochen — ein einziges Mal und zwar in einem Berliner Cafe, Anfang September 1934. Das Bezeich- nende ist jedoch, dass diese Unterredung in Gegenwart zweier Regierungsvertreter gepflogen wurde, nämlich der Herren Breit- meyer und Dr. C. Diem, die vom Reichs- sportkommissar v. Tschammer-Osten bezw. dem Reichssportausschuss eigens entsandt worden waren. Die Anwesenheit dieser beiden Herren machte es den jüdischen Herren von vornherein unmöglich, die Fragen, die Brundage ihnen vorlegte, wahr- heitsgemäss zu beantworten, weil dies für die Auskunftserteiler das Konzentrations- lager und für ihre Sache neue Drosselungs- massnahmen bedeutet hätte. Obwohl Mr. Brundage vor seiner Abreise von autori- tativen amerikanischen Persönlichkeiten ausdrücklich davor gewarnt worden war, den deutschen Versprechungen und An- gaben auch nur im entferntesten Glauben zu schenken, und obwohl man ihn immer wieder auf die Notwendigkeit einer der Dingen auf den Grund gehenden Enquete hingewiesen hatte, war er naiv (?) genug, vor den Ohren und Augen der beamteten Aufpasser an die jüdischen Sportkollegen eine Reihe heikelster Fragen zu richten, ohne aus den ausweichenden und gequälten Erwiderungen den Schluss zu ziehen, dass er unbedingt noch einmal unter Ausschluss unbefugter Zeugen mit seinen jüdischen Gewährsmännern zusammentreffen müsse, um Klarheit über den wirklichen Stand der Dinge zu gewinnen. Dass er ganz ge- nau wusste, worauf es unter den obwal- tenden Umständen ankam, geht aus der Formulierung seiner verschiedenen Fragen unzweideutig hervor. Er hat jedoch vom ersten Augenblick an darauf verzichtet, seine Menschenkenntnis walten zu lassen und den Aussagen der jüdischen Herren den Wahrheitswert beizumessen, den sie besassen. Eine Aussprache, bei der die jüdischen Sportler frei von der Leber hät- ten reden können, würde Herrn Brundage mit wesentlich anderem Material ausge- rüstet haben. Nicht umsonst hatte ja der wackere Herr v. Tschammer-Osten nach jener berühmten grundsätzlichen Zusage an die internationale Sportgemeinde für den nazideutschen Hausgebrauch augen- zwinkernd hinzugefügt: die Parteigenossen dürften gewiss sein, dass man bei der praktischen Durchführung die grundsätz- liche Anschauung der N.S.D.A.P. zur Gel- tung bringen werde. Und nun zur Auskunft des "deutsch- jüdischen Bankiers von internationalem Ruf!" Es musste von vornherein Verdacht erwecken, dass Herr Brundage eine so ge- wichtige Aeusserung zitierte, ohne den be- treifenden Mann zu nennen, und es ist eigentlich erstaunlich, dass seine Zuhörer beim September-Meeting 1934 eine so ge- heimnisvolle moralische Bürgschaft harm- los akzeptierten. Dass Herrn Brundage gegenüber die von ihm zitierte Aeusserung in der Tat gefallen ist, das können wir auf Grund unserer Informationen bestätigen. Wir sind aber auch in der Lage, die Dis- kretion verständlich zu machen, die man mit Bezug auf jene deutsch-jüdische Per- sönlichkeit beobachtete: Der Herr Bankier hat bei seiner "Aufklärung" des U.S.- Sportführers in Einverständnis mit dem Reichspropaganda - Ministerium gehandelt, und zwar war es nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass er dem Hakenkreuz- Regime einen derartigen Dienst erwies. Dieser Ehrenmann rapportiert nach jeder seiner zahlreichen Auslandsreisen — natür- lich gegen entsprechende Gegenleistung — sofort bei "Wotans Mickey Mouse", dem für Wahrheit und Fairness glühenden Dr. Goebbels. Auf jeden Fall fühlen wir uns nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, an Herrn Brundage folgende drei Fragen zu richten: - 1. Haben Sie mit den Vertretern der jüdischen Sportverbände Deutschlands auch nur ein einziges Mal abseits von amtlicher Aufsicht und Kontrollen gesprochen? 2. Warum haben Sie am 26. September 1934 den Delegierten die Tatsache ver- schwiegen, dass die Unterredung, auf der Sie Ihre Schlussfolgerungen in erster Linie aufbauten, unter Nazi-Kontrolle stattfand, also überhaupt keine objektive Belehrung liefern konnte?! 3. Empfinden Sie nicht selber, dass der Finanzmann, der Ihnen unter dem Schutze der Anonymität im Interesse der Nazi- Regierung die Uniwahrheit sagte, von der Liste der glaubwürdigen Zeugen gestrichen werden muss? Der moralischen Erpressung, als die sich das Arrangement der famosen Berliner "Aussprache" darstellt, hat das national- sozialistische Deutschland noch unzählige andere Verstösse gegen Geist und Sinn der Olympischen Spiele folgen lassen. (Man braucht nur daran zu denken, dass die im Dritten Reich neuerdings zur Regel ge- wordenen Ortslverbote den jüdischen Sport- kreisen schon den Zugang zu wichtigen Trainingsstätten und Kampfplätzen ver- sperren!) Das weiss die ganze Welt — nur Avery Brundage pilgert als ahnungsloser Engel durch den Dschungel der Nazilügen. Wir vertrauen jedoch auf das untrügliche Gefühl für Fair Play, das die Anhänger des Sports in den Vereinigten Staaten von jeher ausgezeichnet hat. Dieses Gefühl muss und wird — den Nazi-Sympathien Mr. Brundages zum Trotz — die Parole ausgeben: Bleibt weg von der Olympiade des Hitler- Reichs! Verus. Zur Beachtung! Ein unbekannter Gönner schickt unserem Klub seit einigen Wochen regelmässig den "Stürmer" (jawohl, den "Stürmer") zu. Es ist zwecklos, sich über den Inhalt die- ses pornographischen Schmutzblattes weiter aufzuregen. Lediglich als psychopathologi- sches Dokument verdient es einiges Inter- esse. Wesentlich interessanter als der Inhalt ist in solchen Hetzblättern gewöhnlich der Anzeigenteil. Und da entdeckten wir ein Inserat, das unserer Meinung nach der breiten Oeffentlichkeit dieses Landes mitge- teilt werden muss, — nicht nur dfen jüdi- schen Kreisen. Nämlich: Coca Cola inse- riert im "Stürmer". Die Hersteller von Coca Cola scheinen also besonderen Wert auf die Kundschaft derer zu legen, die den "Stürmer" unter- stützen. Unsere Leser werden daraus die nötige Konsequenz ziehen. 6 AUFBAU KITTY'S BEAUTY SALON 1245 LEXINGTON AVENUE 1. Etage Zwischen 84. und 85. Strasse (3 Minuten von der 86. Strasse- Exprees-Station) NEW YORK CITY Tel.: RHinelander 4-7147 Shampoo......35t Manicure......35t Augenbrauen . . . 35t Haarschneiden. . . 35t 3 Items......$1.00 Diese Preise gelten für jeden Tag, einschliesslich Samstag. INH. WALTER PLAUT Autorisierter Agent für Schiffahrt«-, Flug-, Bus- und Eisenbahnlinien. O Fahrkarten zu Origi- nal-Preisen. Kostenlose Auskunft in Einwande- rungsfragen. • LEBENS-, UNFALL-, GEPÄCK-VERSICHE- RUNG. • VERGNÜGUNGS- REISEN - CRUISES • Tel.: CAledonia 5-1432 Nach Geschäftsschluss und Sonntags Tel.: LExington 2-7803 79 MADISON AVENUE Ecke 28. Str. New York City Erwachen um Dreyfus. Von Franz J. Katz. Beschämend waren sie, aber unmissver- ständlich und bezeichnend, die Begleitum- stände, unter denen Frankreich Alfred Dreyfus, den durch sein unschuldiges Lei- den zu Weltruhm gelangten jüdischen Ober- sten seiner Armee, zu Grabe trug. Gewiss, wir haben als mildernd zuzubilligen, dass man in diesem Jahre dem 14. Juli mit Spannung und Besorgnis entgegensah. Wir wissen wohl, dass der 146. Jahrestag der Bastille-Erstürmung von einer Stimmung getragen war, die manche Begebenheit durch fehlende oder fehlerhafte Regie zum Zündholz am Pulverfass hätte werden las- sen können. Aus dieser Erwägung heraus schreiben wir sogar die seiner Zeit in der Dritten Republik verhangene staatliche Beschattung des öffentlichen Lebens dem Streben nach Erhaltung politischer Ruhe zu. Alle Sympathie jedoch, mit der man jene denkwürdige Kraftprobe zwischen Westeuropas klassischer Demokratie und dem Faschismus beobachtete, vermag nicht an Tatsachen zu rütteln: dem regierungs- seitig angeordneten Presse-Schweigen, der Verheimlichung von Zeitpunkt und Ort der Bestattung, dem Ausschluss der Oeffent- lichkeit von den Beisetzungsfeierlichkeiten. In aller Stille, in einem unbekannten Winkel, in aller Verborgenheit ^urde Alfred Dreyfus — scheuen wir uns nicht vor einer wahrheitsgemässen Ausdrucks- weise — wie ein Hund verscharrt! Kein Zylinderhut und kein schwarzer Rock, noch die Krokodilstränen herbeibeorderter Regierungsvertreter können diesen ebenso schmerzlichen wie peinlichen Eindruck ver- wischen, In unseren Tagen antidemokra- tischer Tendenzen wäre eine staatliche Todesfeier für Dreyfus, wäre ein amtlich verkündeter Volkstrauertag das zeitge- mässe Bekenntnis zu den Idealen der Französischen Revolution gewesen. Es ist jedoch unverkennbar, dass die "Action Fran^aise" sich zu Recht als würdiges und zuständiges iSprachrohr des Zeitgeistes, feiger faschistiscner Verkommenheit an- sah und den kaum erkalteten Toten be- reits am Tage nach der Beerdigung lästerte und verleumdete. Ob dies wohl nur ge- schah, um eine der letzten und bedeutend- sten Fragen Dreyfus' zu beantworten? Kurz vor seinem Hinscheiden, bei Aus- bruch der Judenverfolgungen im Deutschen Reiche, äusserte er verwundert, erschüt- tert und zweifelnd: "Habe ich denn ver- geblich gelitten?" Dreyfus' Leben steht hier nicht zur Aus- sprache. Viele der Unseren kennen den Verlauf seines Lebens, und der Unkundige kann das Wesentliche bereits in den Nach- schlagewerken finden. Was uns bewegt, das ist das Leben des "Unbekannten Dreyfus", Dein Leben und mein Leben, das Leben des Alltagsjuden, das Leben des unbekann- ten Juden. Was uns bewegt, das ist die Frage, die jüdische Frage, die der Ver- storbene noch kurz vor seinem Hinscheiden aufwarf. Selten ist eine Frage von einer tragikreicheren Gestalt an uns gerichtet worden — von einem Manne, dessen blü- hendes Leben reaktionärer Kasten justiz, traditionellem, antisemitischem Vorurteil, dem Judenhass, geopfert worden war. Die schwerwiegende Frage kommt aus dem Munde eines Menschen, dem das Leben erst den Frieden gönnte, als die Folgeerschei- nungen vorheriger, langwieriger Miss- handlung den Schatten über sein Dasein zu werfen begannen und ihn mit ver- frühter Altersschwäche und Blindheit schlugen. Noch sind seine Lebenserinne- rungen nicht im Druck. Wir wissen nicht, GÖLTEN PHOTO STUDIO PHOTOGRAPHIEN jeder Art 1269 LEXINGTON AVENUE Zwischen 85. u 86. Strasse NEW YORK CITY Telephon: ATwater 9-9625 Besondere Ermässigung für Klubmitglieder. Vorsorge verhütet Nachsorge! Darum lassen Sie sich doch versichern. • Abschlüsse jeder Art von Versicherungen, Annuitäten und garantiert gesicherten Einkommen für Lebens- zeit besorgt Ihnen zu dien bestmöglichen Bedingungen durch die New York Life Insurance Co. ■ « JENNIE MAYER 250 PARK AVENUE Room 500 New York City Tel.: ELdorado 5-6324 AUFBAU 1 ob und welcherlei Gedanken in seinem Hirn ums Judentum spielten. Dreyfus' Jahre der Zurückgezogenheit lassen uns aber darauf Schliessen, dass seinem Geist die Erkenntnis der Eigenart und Lage des jüdischen Volkes versagt geblieben ist, sonst hätte ihn selbst seine Rehabilitierung nicht zur Bildung jenes Trugbildes ver- leitet, das sich in der Frage widerspiegelt, die er auf Grund der Ereignisse in Deutsch- land enttäuscht und halb ungläubig stellt, ob er so denn vergebens gelitten hätte! Das Wort "Vergebens" ist mittlerweile in den Mittelpunkt jüdischer Ueber legung gerückt. Seit geraumer Zeit können wir mit diesem Wort den Erfolg jedes jüdi- schen Versuches kennzeichnen, sich ohne Berücksichtigung des national-jüdischen Gesichtspunktes mit der nicht-jüdischen Umwelt auseinanderzusetzen. "Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt!", sagte Schil- ler. Für uns Juden, als Gesamtheit betrach- tet, wie ich betonen möchte ,ergab sich bis- her keine Möglichkeit zum, Leben. Von unserem Recht, jüdisch zu leben, schon ganz zu schweigen. Dass sich der Wunsch und das Streben aufrechter und selbst- bewusster Juden, ausschliesslich fürs Ju- dentum, fürs jüdische Volk zu leben, noch weniger iverfolgen liess, liegt auf der Hand. Nirgends aber zeigt sich Undank als der Welt Lohn ans Judentum, nirgendwo zeigt sich die Hinfälligkeit, die Vergeblichkeit jüdischen Einsatzes für die Sache unserer Gastvölker und Wohnländer deutlicher als in Regierungs- und Bevölkerungseinstellung der Länder mit grossen jüdischen Minder- heitsgruppen. Legion ist die Zahl der Juden,-die in allen Winkeln der Erde, unter den Flaggen aller Herren Länder in allen Eroberungs-, Unabhängigkeits— und Bür- gerkriegen fochten und fielen. Heute — müssen sie sich entrechten, aushungern, fol- tern, enteignen lassen: Polen, Deutschland, Oesterreich. Die Räumlichkeiten weltbe- rühmter Universitäten hallen von anti- semitischen Schlagwörtern wider: Paris, Budapest, Bukarest. In England ist der antisemitische Strassenredner zur Alltags^ erscheinung geworden. Die Bankhäuser und Unternehmungen des Kraft- und Nach- richtenwesens in Amerika verweigern Ju- den die Anstellung. In Belgien .häufen sich die Ausweisungen zugewanderter ostjüdi- scher Kleinbürger. Weissrussische Flücht- linge, Einwohner Manchukuos, erpressen hohe Geldsummen durch Raub jüdischer Kinder. Das mandatswidrig von Palästina abgetrennte Transjordanien wies die dort ansässigen Juden aus und verbietet jeg- liche jüdische Zuwanderung. Despotische Drangsalierung des Judentums ist eine regierungsseitig geförderte Praktik, die Lettland und dem Yemen gemeinsam ist. Kein Staiat der Erde versäumt es, seiner jüdischen Minderheit das Leben schwer zu machen, sei es offiziell-gesetzlich oder durch inoffizielle, passive Zurückweisung gewisser Schichten. Ob wir uns dem Nationalismus unseres Gastvolkes oder nach einem et- waigen Fehlschlagen dieses Versuches dem Internationalismus zuwandten, alle unsere Versuche, sich an unsere Umgebung anzu- passen, wurden vereitelt, ja selbst eine zeitweilig herrschende, dekadente Neigung nach ungerechtfertigter Selbstaufgabe zeigte keinerlei Wirkung. Wohin wir uns wandten, was wir auch taten, es war-- vergebens! Für kurze Zeit machte sich der soge- nannte "Emanzipationsstandpunkt" breit, der Jude unterscheide sich von seinen Mit- bürgern nur durch seinen Glauben ("Staats- bürger jüdischen Glaubens"). Dieser heute belächelte Standpunkt war bereits auf fal- schen Voraussetzungen aufgebaut, denn der atheistische und zu anderen Glaubens- bekenntnissen übergetretene Jude ist längst zu einer vertrauten und alltäglichen Er- scheinung geworden. Seit der Zerstörung des Zweiten Tempels, seit der Vertreibung des Judentums aus Palästina stossen wir auf ein sich ständig wiederholendes Auf und Ab gleichartiger Vorgänge in der jüdischen Geschichte, das Perpetum mobile von Einwanderung und Auswanderung. Quo vadis, Ahasverus? Der ewige Wan- derer, das jüdische Volk--der Sisyphus unserer Tage! Diese Gedanken, die uns an der Bahre Dreyfus' mit Bitternis erfüllen, lenken unsere Aufmerksamkeit auf den neuen, sich für sein eigenes Volkstum einsetzen- den Juden. Die Zahl der Juden, die sich ihrer kläglichen und würdelosen Rolle als Hampelmann unJ Spielball anderer Völker bewusst werden, ist im Steigen begriffen. Unabhängigkeitsbestrebungen zahlenmässig kleiner und sonstwie unterlegener Nationen sind schon oft durch die Aussenpolitik der Grossmächte missbraucht und verzögert worden. Ebenso erging es dem zionistischen Judentum, welches bisher allerlei Kohlen für das Britische Kolonialamt aus dem Feuer zu holen hatte. Erinnert sei an die ersten modernen jüdischen Patrioten, die Soldaten der Jüdischen Legion. Es be- durfte mehrerer Reisen ihres Kommandeurs nach London, Paris und Rom, um der Ver- wirklichung dieses Gedankens zum Durch- bruch zu verhelfen. Der Anfang bestand im "Zion Mule Corps", einem Dienstregi- ment von 656 Mann, die als "unzuverläs- sige Hilfstruppen" nur Train-Charakter zugestanden erhielten, sich aber vor Galli- polis derartig bewährten, dass die Auf- stellung jüdischer Regimenter unter alli- ierter Oberherrschaft zwecks Befreiung Palästinas von den Mittelmächten be- schlossen wurde. Diese sollten den Namen "Jewish Legion" offiziell führen. Englische Assimilanten, die jedoch im militanten Zionismus eine Gefahr für ihr Ansehen als Patrioten sahen, hintertrieben die Verkün- dung dieses Namens, und die jüdischen Legionäre bildeten die Regimenter der 38th, 39th und 40th Royal Füsiliers. Die 38er waren meistens nach Aegypten ge- flohene palästinensische Juden, die 39er und 40er amerikanische, und kanadische Juden. Unterhändler, die die Aufstellung weiterer Regimenter russischer Juden oi> ganisierten, wurden durch den Friedens- schluss überrascht. Den jüdischen Legio- nären, welchen seitens der englischen Re- gierung Ländereien versprochen worden waren, ist dieselbe betrügerische Behand- lung zuteil geworden, die Grossbritannien auch anderweit einen Namen machte. Dies ist letzten Endes natürlich auch darauf zurückzuführen, dass das Judentum nicht hinreichend und einheitlich genug organi- siert war, um den erforderlichen morali- schen Druck ausüben zu können, der den Dingen noch einen anderen Verlauf gegeben hätte. Aber auch hier handelt es sich darum, dass ein Anfang gemacht worden ist, dass Geister wachgerufen worden sind, die nun nicht mehr zu «bannen sind. Jüdische Geister und jüdischer Geist sind wachgerufen worden! An der Bahre Alfred Dreyfus' offenbarte sich uns erneut, dass wir Juden als Diener und Bannerträger anderer Völker weder erwünscht noch tauglich sind. Am Grabe Alfred Dreyfus', dem menschlichen Sinn- bild jüdischer Vergangenheit und jüdischer Irrwege, überkommt uns abermals die Er- kenntnis, dass jüdisches Leben nur dann sich selbst gerecht werden kann, wenn es dem eigenen Volke, dem Dienste am Juden- tum gewidmet wird. TOURISTEN-KLASSE Geräumig - Gemütlich - Grosse Schränke Sehr niedrige Raten Private Toilette - Richtige Betten Herbstreisen NACH EUROPA • Luxuriös • Bequem • Schnell • Billig mit Amerikas berühmten SCHNELL-DAMPFERN • S.S. Washington ab N. Y. 25. Sept.. 23. Okt. • S.S. Manhattan ab N. Y. 11. Sept., 9. Okt. Einzelfahrt ^ Rundfahrt $113 aufw. W $204 aufw. .... Luftgekühlte Speisesalons Schwimm-, Turn- und Gymnastik- Hallen - - Unterhaltung - - Tanz KABINEN- IC L A S S E • Höchste Klasse an Bord • PRES. ROOSEVELT • PRES. 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Nicht nur muten Schreibweise und Ueberschriften etwas fremd an, Inhalt und Aufmachung der besonders interessierenden Nachrichten aus Deutschland lauten oft derart wider- sprechend und sind bräunlich gefärbt, dass man manchmal nicht weiss, hat man eine im freien Amerika erscheinende Zeitung oder irgendeinen Generalanzeiger einer deutschen Provinzstadt vor sich. Nach kur- zer Zeit findet man aber den Schlüssel zum Zwiespalt in der Tatsache, dass die ob- jektiveren Meldungen ausländischer Nach- richtenagenturen sich mit den sogenannten Sondermeldungen der Staatszeitung kreu- zen, deren Verfasser, mehr oder minder geschickt, ihre Schulung in der Berliner Propaganda werkstätte verbergen. Andere Stellen oder ein späterer Artikel mögen sich mit diesem Zwiespalt und seinen Ur- sachen befasen; der "AUFBAU" als ein Sprachrohr der deutschen Juden New Yorks will in der heutigen Ausgabe die "jüdische" Spalte der Staatszeitung einmal unter die Lupe nehmen. Jede Samstagsnummer bringt nämlich einen Artikel mit der Ueber sehr ist "Aus Lee Greenspoons Sammelmappe." Verziert ist dieser Erguss mit dem Kopf eines alten bärtigen Mannes, der einen stei- fen Hut und eine Brille auf der Nasenspitze trägt und der in jeder Nummer das gleiche Lachen zeigt. Da alle Artikel überdies mit "Gut Scha/bibes, Herr Redakteurleben" be- ginnen und der sonstige Inhalt auf einen jüdischen Verfasser schliessen lässt, denkt man unwillkürlich: Glückliches Amerika, das in den Jahren 1933 bis 1935 noch Ju- den aufweist, die Grund haben, fortgesetzt zu lachen. Verfolgt man aber für mehrere Wochen die Zeilen des besagten Mr. Greenspoon, so verwandelt sich dieses Wundern in Aerger und Ekelgefühl. Ich habe keine Anstren- gungen gemacht, die Persönlichkeit dieses Artikelschreibers ausfindig zu machen, mir genügt sein wöchentliches Sabbath- gericht. Hierin zeigt er sich als ein würde- und instinktloser Typ deutsch-jüdischer Assimilation. Man wird schwerlich heute noch einen solchen Menschen in Deutsch- land finden, sogar Herr Naumann würde ihn nicht in seine Gruppe "aufnehmen wol- len. Ungefähr 25 Artikel habe ich von diesem Mr. Greenspoon gelesen, die Hälfte davon liegt mir zufällig vor, sämtlich aus der Zeit von Ende April bis Mitte August 1935. Da mit diesen Zeilen der Zweck verfolgt wird, dem lachenden Greis in jüdischer Auf- machung das Grinsen ein für allemal zu verderben, ihm die Augen auf- und den Greenspoon-Mund zuzumachen und ausser- dem Verlag und Redaktion der Staats,zei- tung das Gefühl ihrer jüdischen Leser zu reenspoon. e e enthüllen, soll das allgemeine Urteil an mehreren Beispielen erläutert werden. Schon rein stilistisch geht jedem Men- schen mit deutschem Sprachgefühl dieses Geschreibsel auf die Nerven. Es handelt sich hierbei ja nicht um die Mundart ir- gendeiner im letzten Menschenalter in Deutschland lebenden Personengruppe, son- dern um einen Kauderwelsch, wie man ihn in ausgesprochenen Antisemitenblättern in den letzten Jahren regelmässig lesen konnte, wenn man dort mii den angeblichen Wor- ten eines Juden dessen "schändliche Aeus- serungen" wiedergeben wollte. Es ist kein Sächsisch, kein Bayrisch, kein Plattdeutsch, kein Jiddisch, aber auch kein Frankfurte- risch, obwohl manche Redewendungen an diesen Dialekt anklingen. In Antisemiten- art wird der Alltagssprache des deutschen Juden ein Satzbau angedichtet, der grund- sätzlich das Zeitwort vor das Hauptwort setzt, wodurch ein groteskes Deutsch pro- duziert wird, wie es einige Zitate noch zei- gen werden. Wenn deutsch-amerikanische Nichtjuden und besonders die hier gebore- nen den Mr. Greenspoon als einen lebenden Vertreter der deutschen Juden ansehen, dann müssten sie es eigentlich freudig be- grüsst haben, als im Mai 1933 die Werke deutscher Schriftsteller jüdischer Abstam- mung auf von Ochsen gezogenen Mist- wagen zum Scheiterhaufen gefahren wur- den und als Nazi-Studenten der Welt ver- kündeten, auch der beste jüdische Schrift- steller könne kein reines Deutsch schreiben. Noch schlimmer aber steht es um den Inhalt. Analysiert man auch nur ein hal- bes Dutzend dieser Artikel, dann stellt man mit Leichtigkeit fest, nach welchem gleich- bleibendem Rezept dieser Brei zusammen- gerührt wird. Hochaktuelle politische Nachrichten wer- den mit mehr oder minder an den Haa- ren herbeigezogenen, uralten, angeblich jü- dischen Witzen und Witzeleien künstlich vermischt und das Ganze mit Moralinsauce Übergossen. Politische Massnahmen der amerikanischen Regierung und aller Regie- rungen der Welt werden nach Herzenslust kritisiert, ängstlich und "untertänigst" wird aber alles vermieden, was auch nur im entferntesten als eine Kritik an Nazi- Deutschland auf gefasst werden könnte. Die Bedrückungen und unsagbaren Nöte der deutschen Juden sind diesem augenschein- lich in Deutschland geborenen Mr. Green- spoon vollkommen fremd. Er lacht nur und leistet sich Witze, die er aus irgend- welchen veralteten Witzbüchern krampfhaft zusammensucht. Das Schlimmste dabei ist jedoch, dass dem deutsch-amerikanischen Leser der Jude derart verzerrt und mit unangenehmen Eigenschaften behaftet auf- getischt wird, dass ihm Hitler und dessen Massnahmen nur allzu verständlich erschei- nen müssen. So wird das alte schöne Märchen von dem armen Kind, das vor Weihnachten an den lieben Gott ein Briefchen richtet, dem Hil- lel Kapaun zugeschrieben, dessen "Brieflich" von dem "bekohweden" Daniel Feist gefun- den wird, der als Agent vom lieben Gott kurz vor Pesach dem armen Kapaun fünf- zig Mark als Festgeschenk auszahlt. An- statt dem Wunsche seiner Frau zu folgen und dem Wohltäter seinen Dank abzustat- ten, rafft sich Kapaun nur zu der Aeusse- rung auf: "Woso bedanken? Als Agent vom lieben Gott werd der Mann bekommen seine schöne Kommission von jedem Ge- schäft, was er macht fier Gott." Auf der gleichen Linie liegen der schnöde Undank und das peinliche Misstrauen des Jonas Selig, dem ein ehrlicher Kunde zuviel er- haltenes Wechselgeld am nächsten Tag zu- rückbringt und der hierauf auch nur zu sagen weiss: "Wieviel muss ich dem Mann zuviel herausgegeben haben, wenn er mir zurückbringt eine Mark?" Der reiche Jakob Wasserspiegel wird in seinem Geiz und seiner Blödheit gezeigt, als er dem Geheimrat für die bevorstehende Gallenoperation nicht die geforderten fünf- tausend Mark zahlen will, aber sofort aus Angst für seine eigene werte Person diesen Preis bewilligt, als der Professor zu seinen, Assistenten sagt: "Also bereitense alles vor . . . aber seiense vorsichtig un passense a bische besser auf wie das letzte mal . . . schneidense nicht wieder daneben." Dieser Witz wird aus nicht ganz ersichtlichen Gründen zur Illustrierung der Staaten- konferenz gelegentlich des englischen Krön- juibiläums herangezogen, auf der Minister- präsident Hertzog seine Geneigtheit aus^ drückte, an Deutschland1 eine afrikanische Kolonie auszuliefern. Hierzu äussert sich Greenspoon wie folgt: "Un da hat einer von der Mischpohche, der Herr Hertzog- leben aus Afrika, dem Melech gegelben ä sehr gute Eitze: m'r sollt' geben den Deut- schen wieder ä Kolonie, ä Stick Afrika. Erstens — hat gesagt der Herr Hertzog- leben — brauchen die Deutschen wirklich ä Kolonie; un zweitens brauchen mir in Afrika de Deutschen." Diese englische Juibiläumskonferenz muss überdies dazu herhalten, den Inhalt eines jüdischen Festtages so zu skizzieren: "Wenn bei uns so an ä Jomtoff (Feiertag) de Mischpohche (Verwandtschaft) zusammen- kommt, dann werd erst gut geachelt (ge- gessen) und geschasskent (geredt) . . . Nu, worüber werd geredt't? Ieber de Massematten (Geschäfte)." Im Sinne der Pessach-Hagadah kann man da nur sagen: So ist es vielleicht bei euch Greenspoons, aber nicht bei uns Juden. Seine imperialistischen Gef-ühle verliert Greenspoon aber sofort, wenn es zur ame- rikanischen Politik kommt. Verständnis- los steht er vor dem Zwiespalt, dass die Regierung der U. S. A. Weltfrieden und Abrüstung als Ziel proklamiert, zu gleicher Zeit aber neue Kriegsschiffe baut und grosse Flottenmanöver abhält. Er fasst das in den sozialistisch - pazifistischen Stosseufzer zusammen: "Wosu brauchen m'r aufzurüsten, wenn m'r nachher wollen abrüsten ? Mir kennten de Millionen wahr- haftig sehr gut benutzen vor was ande- res, warum missen mir se mit Gewalt enauswerfen ? " Neckischerweise bringt die gleiche Ausgabe der Staatszeitung in fett- gedruckten Lettern die erfreuliche Nach- richt: Reich überrascht die Welt mit neuer Seewaffe. Jat die deutsche Flottenaufrüstung gröss- ten Stiles, das ist ein andres Paar morali- scher Stiefel. Glaubt übrigens ein Mensch, dass dieser Mr. Greenspoon es wagen würde, den Wehrgedanken des deutschen Volkes zur See mit einem Ausspruch verächtlich zu machen: "Nich dass ich m'r besonders interessiere vor der Marine; das Einzigste was ich weiss zu schätzen von der Marine iss ä marinierter Häring mit Zwiesel, viel Zwiesel." 0 nein, so etwas leistet sich Greenspoon nur der Flotte seines ameri- kanischen Vaterlandes gegenüber, hier wandert man für solche ketzerisch pazifi- stischen Gedanken weder in das Konzentra- tionslager noch ins Zuchthaus. Das deutsch-englische Flottenabkommen erfährt folgenden gemütvollen Kommentar: "Wie lange haben de Deutschen missen war- ten auf ihre Nekome, und jetz erlebense se doch an de Franzosen. Die platzen bald vor AUFBAU Rohches (Wut) un Kimesine (Neid), weil die Deutschen sich haben verständigt mit de Engländer . . . schön, sollense platzen, de Franzosen — es is nor schad, dass se nich sinnen geplatzt vor zehn Jahr." Da- mit aber auch die Juden nicht zu kurz kommen, wird im gleichen Artikel Moses Perlfarb in seinen prächtigen jüdischen Ei- genschaften gezeigt, als er dem Strassen- räuber auf das bekannte Verlangen "Geld oder Leben" eine gute Partie anträgt, da- mit jener das Geld und Perlfarb das Leben hat. So ein Witz ist Stoff für Herrn Strei- cher: Der Jude in Todesängsten denkt nur ans Geschäft und will mit Pfiffigkeit den Goi übertölpeln. Eine ähnliche Auffassung vom Juden muss die Geschichte von dem sterbenden Levi Nelkenduft vermitteln, des- sen drei Söhne im Vorzimmer seinen heran- nahenden Tod erwarten. Als dieser jüdi- sche Vater das merkt, weiss er nur zu sei- ner Frau zu sagen: "Sarahlieb, was sinn m'r das vor Sachen: Alle sinnense hier . . . und wer iss im Geschäft?" Die Einteilung der jüdischen Trauerzeit und die alten sinnvollen Sterbegebräuche müssen herhalten, um den Streit um Ahes- sinien sowie die Rollen der Italiener, Eng- länder und Franzosen zu erklären. Ueber- sehen hat Greenspoon dabei nur die Deut- schen als lachende Erlben, vermutlich nur deshalb, weil man diese hüibsche Eigen- schaft gar zu selten bei Juden findet und er deshalb keine passende Geschichte zur Hand hatte. Dafür wird aber der Moische Steinschneider so recht aus Herzenslust als Gauner und Betrüger vorgeführt, der die Gutmütigkeit "des "betuachten" Samuel Graustein zu einer regelrechten Unter- schlagung ausnützt. Zur Barmizwah sei- nes Sohnes leiht sich Moische die schweren silbernen Leuchter des reichen Rassegenos- sen aus und verspricht: "ich werd gut acht geben drauf un wer se hüten als wennse wären mein Eigentum." Dass er das fremde Eigentum veruntreut, ist doch bei einem solchen Juden für Mr. Greenspoon eine Selbstverständlichkeit. Neu dagegen ledig- lich die Nuance, dass der Jargon redende Richter von dem Erlös dem armen Moische nur sieben Taler belässt und die restlichen dreissig selbst einsteckt, während natürlich der gutmütige Eigentümer Graustein, als von Beiden betrogen, leer ausgeht. Derartig erhabene und die Sabbathfreude der jüdischen Leser erhöhende Geschich- ten und Witze produziert Mr. Greenspoon allwöchentlich. Entschädigt wird iÄq,n ganz selten mit der Genugtuung, dass sich auch Greenspoon ab und zu ärggrt. Das tut sich dann so kund: "Mir is so mies vor der ganzen Folletik, dass ich werd reden heut nich ä einziges Wort ieber Polletik. Warum soll ich? Damit das® ich m'r noch mehr rohches (ärgern) ieber die Chochme (Klug- heit) von dem Supriem Kohrt? Oder im- mer de Gemeinheiten, was der Mussolini anstellt in Tirol ? Oder de Meisses, was de Polen machen mit de Deutschen?" Sein Aerger muss damals mächtig und echt ge- wesen sein, denn er hatte darüber sogar die deutsch-polnische Abmachung über die, Einstellung der gegenseitigen Pressefehden vergessen. Sonst hätte er sicher nicht Deutschlands amtlich erklärte Freunde so unvorsichtig beleidigt: "Biedermann, was soll ä Seifenfabrik in Polen ? Ausgerechnet in Polen. Die sinnen keine grossen Freunde vom Wasser un von Seif schon gar nich." Diese Auszüge aus den Greenspoon'schen Ergüssen und die wörtliche Wiedergabe sei- ner literarischen Perlen wird hoffentlich auch in den Augen des wohlmeinenden und zur Verzeihung neigenden Lesers das ein- gangs gefällte allgemeine Urteil als ge- rechtfertigt erscheinen lassen. Besonders gekennzeichnet wird die Mentalität des Mr. Greensppon in einem Artikel, in dem er ausnahmsweise einmal nicht die Juden oder andere Völker in den Schmutz zieht. Zum Anlass nimmt er eine Meldung, wonach die Nazis die nach Stresemann, Sonnemann, Boerne und Jakob Schiff benannten Stras- sen in Frankfurt am Main umgetauft hät- ten. Ihn interessiert, ob es sich bei Jakob Schiff um den in Frankfurt am Main gebo- renen Mitinhaber der New Yorker Bank- firma Kuhn, Loeb & Co. handelt, der "hat getan viele Mizwes (Wohltaten) fier seine Heimat," oder um den "beriehmten" deut- schen Dichter gleichen Namens. Die Um- taufe der nach diesem benannten Strasse wird durch den Abdruck eines Nachrufs in wirksamen Gegensatz gestellt, der in einer Frankfurter Tageszeitung erschienen war und mit einem deutsch-patriotischen Ge- dieht, des Verstorbenen schliesst. Aber so- fort zittert Mr. Greenspoon, vielleicht könnte auch diese leiseste Kritik judenfeindlicher Massnahmen in gewissen Nazi-Kreisen New Yorks oder bei Herrn Göbbelä Anstoss er- regen, weshalb er sich für alle Fälle im Voraus entschuldigt: "Ausserdem geht uns hier das garnischt an; die drieben sollen tun, was s i e halten fier recht, un mir hier werden tun, was m i r halten fier recht . . . un da haben mir beide genug zu tun . . ." Wundert man sich dann noch, dass auch dieser Artikel wieder schliesst: "Womit ich verbleib Ihr untertänigster Lee Green- spoon" ? Jeder unbefangene Leser stellt sieh na- türlich die Frage, weshalb verzapft eigent- lich dieser Greenspoon jede Woche solchen "Schabbesschmuss" und warum nimmt die Redaktion der Staatszeitung dieses Mach- werk fortgesetzt auf. Es wurde mir ge- sagt, der Redaktions stab kümmere sich blutwenig um den Inhalt dieser "Lustigen Ecke" und glaube vermutlich aus alter Ge- wohnheit, diese zwei Spalten gefielen den jüdischen Zeitungsbeziehern und entsprä- chen ihrem Geschmack. Welche Wirkung sie tatsächlich haben und wie der selbst- bewusste Jude sie aufnehmen muss, haben diese Ausführungen hoffentlich gezeigt. So- gar Mr. Greenspoon sollte froh sein, sich nicht stets einen solchen Artikel albquälen zu müssen, denn Anfang Mai legte er das elegische Seelen'bekenntnis ab: "Ae Jahr hat zwölf Monat, un ä Jalir hat zweifund- fünfzig Wochen zu Gesund — tan wenn m'r, wie ich, jede Woch muss schreiben ä Brief- lich., was die geschätzten Leser soll machen ä Hanmuhe (Spass), dann is das osser ä Kleinigkeit. Wenn einem dabei is mies vor der Welt . . . Nu, dann schreibt m'r ieber." Greenspoon wird deshalb als Erster glücklich sein, von dieser Pein befreit zu werden, es sei denn, dass er selbst dem von ihm bespotteten Grundsatz seines Leopold Szibroczewski nachlebt: '"jetz wollense nor verdienen so viel wie möglich un so rasch wie möglich; wie se das machen, iss ihnen Nebensache." Aber das nimmt eine in deut- scher Sprache geschriebene jüdische Zeit- schrift bis zum Beweis des Gegenteils noch nicht einmal von Lee Greenspoon an. Dem Verlag und der Redaktion der Staatszeitung bietet sich aber hier die im Zeitungsgewerbe seltene Gelegenheit, Mit- arbeiter und Leser durch einen kräftigen Scherenschnitt wenigstens in einem Punkt zufriedenzustellen. H. GUT MOEBLIERTES ZIMMER, $4.00, evtl. auch Pension. HEILLIK, 82 West 92nd Street, N. Y. C., Apt. I-B. NEWLY FURNISHED ROOM, with or without board, only roomer German- Jewish family. Reasonable. 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