£ f Langsdorffs Brief Nazigegner in Mexiko Siemensarbeiter für Das Andere Deutsch- land Der Malwinen- schwindel Russlands Haltung Masaryk an unsere Zeit Englische Arbeiter- partei und Das An- dere Deutschland Andere Deutschland (LA OTRA ALEMANIA) Periodico Aleman Independiente JAHRGANG III - Nr. 21 EINZELNUMMER 20 CENTAVOS JAHRESABONNEMENT: 1 PESO BUENOS AIRES, 15. JANUAR 1940 Ausblick ins Kriegsjahr 1940 Zu Beginn des Jahres 1940 wird der Krieg zwischen Hitlerdeutschland und den Westmächten noch immer kaum militä- risch, sondern vorwiegend politisch und ökonomisch geführt. Unbeweglich liegen sich die schwerst bewaffneten Millionen- heere in Maginot- und Siegfriedlinie ge- genüber und die — vorwiegend den Be- dürfnissen der Kriegsberichterstatter ent- springenden — Nachrichten über Kampf- handlungen an der Westfront lohnen nicht die Lektüre. . DER SEEKRIEG dagegen als Mittel zur wirtschaftlichen1 Niederzwingung des Gegners hat in den letzten vier Wochen seinen Fortgang ge- nommen und sehr beachtliche Resultate gezeitigt. Magnetische Minen und Taschenkreuzer waren die grossen Trümpfe, mit denen Hitler nach dem Versagen des U-boot- kriegs die englische Blockade durchbre- chen oder gar lahmlegen wollte. Den an- fänglichen Erfolgen der magnetischen Minen haben Gegenmassnahmen Eng- lands ein schnelles Ende gesetzt. Auch. weiterhin mögen sie noch manche Schiffsverluste herbeiführen, aber ein wirksames Mittel gegen den würgenden Druck der Seeblockade werden sie nicht sein. Wie sich hier die nazistische Renommiererei im wesentlichen als Bluff er- wiesen hat, so erst recht bei den als Wunder der modernsten Technik gepriesenen Taschenkreuzern. Beim ersten ernsthaften Kampf ist der "Graf Spee" besiegt worden. Die von den Nazis aufgemachte und von den Urteilslosen geglaubte Rechnung 3:1 hält einer Prüfung der Gefechts- stärke der englischen Kreuzer gegenüber dem besiegten deutschen Schiff nicht Stand. LUFTKRIEG Zu der Enttäuschung über magnetischen Minen und die Taschenkreuzer tritt die über die deutsche Luftwaffe. Gering hatte immer wieder und mit grösstem Erfolg in die Welt hinausposaunt, dass die deutsche Flugwaffe die erste der Welt sei. Ob sie heute auch nur zahlenmässig noch den al- liierten Luftstreitkräften voraus ist, darf bezweifelt werden. Jedenfalls vermindert sich der eventuelle Vorsprung schnell und wird mit Hilfe der Lieferungen aus U. S. A. rasch eingeholt und ins Gegenteil verwandelt werden. Qualitativ aber waren in den letzten Wochen die englischen und französischen Flugzeuge durchweg überlegen. U-boote, Minen, Taschenkreuzer, Flugzeuge, sie alle haben sich gegen- über dem englisch-französischen Blockadekrieg als unzulänglich erwie- se». Das bisherige Fazit ist niederschmetternd für Hitler. DER DRÜCK AUF DIE NEUTRÄLEN Je mehr die Verbindung nach Uebersee abgeschnitten wird, um so mehr verstärkt sich der Druck Hitlerdeutschlands auf die neutralen Nachbar- staaten, deren Rohstoffe und Lebensmittel es für seine Kriegführung braucht. Krampfhaft suchen die kleinen Staaten ihre neutrale Position zwischen den Kriegführenden zu bewahren. Dabei leiden sie immer stärker unter dem Krieg. Die englische Blockade, teils auch der Rückgang der Einfuhr aus Deutschland, hat die schwersten Wirkungen auf das Wirtschaftsleben und auf die Versorgung der Bevölkerung. Dazu wachsen die Ausgaben für den Ausbau der Verteidigung immer mehr an, und die seelische Spannung Wächst ins Unerträgliche. Denn weder Holland-Belgien, noch die nordischen Staaten, noch die Bal- kanstaaten fühlen sich sicher vor einem deutschen Angriff. Wann und in welcher Richtung ein solcher erfolgen wird, lässt sich auch heute noch nicht sagen. Ein ANGRIFF GEGEN HOLLAND-BELGIEN berührt zwar, wie wir schon in der vorigen Nummer sagten, nicht die komplizierten deutsch-russischen Beziehungen. Er könnte heute um so mehr ohne Rücksicht auf Russland unternommen wfirden, da Hitler infol- ge der Beanspruchung Russlands in Finnland und der inzwischen einge- tretenen Isolierung Russlands nicht mehr wie bisher den russischen Druck zu fürchten braucht, wenn er im Westen mit all seinen Kräften engagiert 2 ist. Man konnte also heute erst recht vermuten, dass hier der: deutsche Angriff erfolgen wird. Aber dieser Angriff würde den totalen Krieg mit Frankreich und England in Gang bringen, und es scheint, dass Hitler und der deutsche Generalstab vor diesem Risiko zurückschrecken, da sie nicht an schnelle Erfolge glauben, und da sie es nicht wagen, dem immer unzufriedener werdenden deutschen Volk die Belastungsprobe des tota- len Krieges zuzumuten. Was DIE NORDISCHEN STAATEN angeht, so wären diese — trotz der überraschenden Widerstandskraft Finnlands — nicht in der Lage, einem gemeinsamen deutsch-russischen Angriff lange Widerstand zu leisten. Nachdem der Angriff auf Finnland gezeigt hat, dass Sowjetrussland keine grundsätzlichen Bedenken gegen- über Angriffskriegen auf schwache Nachbarvölker trägt, können morali- sche Motive nicht der Grund dafür sein, der Russland von einem derarti- gen gemeinsamen Vorgehen mit Hitlerdeutschland abhält. Aber die hin- ter der nach aussen betonten Freundschaft fortdauernde latente Feind- schaft und das hundertprozentige Misstrauen zwischen Hitlerdeutschland und Sowjetrussland erschweren augenscheinlich eine Verständigung über eine Abgrenzung der Interessensphären in der Ostsee und im eu- ropäischen Norden so sehr, dass man zum mindesten bisher scheinbar noch nicht zu einem Einvernehmen über ein gemeinsames Vorgehen ge- langt ist. Das Gleiche gilt für die WETTERECKE BALKAN. Nach wie vor ist der Balkan das Hauptgebiet der diplomatischen Kämpfe und Intriguen der grossen europäischen Staaten. Für Deutschland wird das rumänische Petroleum in dem Moment zur Le- bensfrage, wo. der Krieg zu Lande wirklich ausbricht. Die unter deutschem Druck erfolgten Zusicherungen Rumäniens für erhöhte Lieferungen sind noch immer nicht im entferntesten ausreichend. (Zur Zeit können sie wegen des Zufrierens der Donau nicht einmal erfüllt werden). Russland erstrebt heute wie zur Zeit des Zarismus den offenen Zugang zum Mittelmeer. Zugleich richtet sich das Hauptinteresse Italiens nach dem Balkan. Es möchte den Kriec} gerade an dieser Stelle ausnützen für seine imperialisti- schen Ziele. Hier findet es seitens der Westmächte in der gegenwärtigen Situation den geringsten Widerstand, da diese unter allen Umständen ein deutsch-russisches Vorgehen auf dem Balkan verhindern müssen, ohne selbst in der Lage zu sein, den Balkanstaaten hinreichende Hilfe schicken zu können. Es darf heute als ziemlich sicher gelten, dass Italien im Falle eines russi- schen oder deutsch-russischen Angriffs — ein isoliertes Vorgehen Deutsch- lands gegen den Willen Russlands erscheint als ausgeschlossen — ein- greifen wird. Die Furcht davor wird die an sich wegen der auf dem Bal- kan besonders scharfen Interessengegensätze sehr schwierige Verständi- gung Deutschlands und Russlands über ein gemeinsames Vorgehen noch mehr erschweren. Ein Defensivbündnis der Balkanstaaten würde sie wohl Völleners unmöglich machen. S Zu einem solchen ist es bisher immer noch nicht gekommen. Die Bemü- hungen gehen aber weiter. Ihnen diente die Besprechung zwischen Ciano und Csaky in Venedig. Und die Rede König Carols in Kischinew, in der er sich mit unerwarteter Schärfe gegen die russischen Absichten zur Rück- gliederung Bessarabiens wendete, scheint zu beweisen, dass die rumä- nisch-ungarische Verständigung auf dem Marsche ist, und dass Rumänien sich heute bereits vor einem ungarischen Angriff sicher fühlt. CHAMBERLAINS PERSPEKTIVE Dass bisher ein deutscher Angriff in keiner der hier aufgezeigten drei Rich- tungen stattgefunden hat, dass allen drei Angriffen schwere Bedenken ge- genüber stehen, darf nicht zu dem Glauben verleiten, dass er überhaupt nicht stattfinden werde. Viel wahrscheinlicher ist, dass die wachsenden wirtschaftlichen und innerpolitischen Schwierigkeiten Hitler zu einem An- griff nötigen werden. Diese Ueberzeugung spricht auch aus Chamberlains Rede am 9. Januar, in der er sagte, das englische Volk müsse sich Re- chenschaft darüber ablegen, "dass wir vor einer Phase des Krieges ste- hen, die weit fürchterlicher sein wird als alles, was wir bisher gesehen". Von der heute noch nicht vorauszusehenden Situation wird es abhängen, nach welcher Seite— vielleicht im Frühjahr — der deutsche Angriff er- folgen wird. Von entscheidender Bedeutung dafür wird DIE HALTUNG RUSSLANDS sein. Der Angriff auf Finnland wird sich wahrscheinlich als der schwerste und folgenreichste Fehler der stalinschen Aussenpolitik erweisen. Das alle Welt überraschende Scheitern der russischen Offensive bedeutet ei- nen ungeheueren Prestigeverlus für das russische Heer und die russische Weltgeltung. Gewiss werden die finnischen Erfolge aus durchsichtigen Gründen aufgebauscht, und gewiss darf man nicht die besonderen Bedin- gungen des finnischen Geländes im Winter ausser acht lassen. Aber trotz- dem bleibt die Tatsache bestehen, dass sich das russische Heer und seine Leitung in keiner Weise der selbst gestellten Aufgabe gewachsen gezeigt haben. Man hat sich völlig über die eigene und die finnische Kraft ge- täuscht, der Blitzkrieg ist kläglich gescheitert, und die Regierung Kusinnen hat keinerlei Widerhall in Finnland gefunden. Wenn dennoch die russi- schen Heere in absehbarer Zeit durch vielfache Ueberlegenheit den finni- schen Widerstand erdrücken, so wiegt das kaum den Prestigeverlust auf, sicher aber nicht die erneute Isolierung Russlands, gegen das sich die Weltmeinung ebenso wie gegen Deutschland richtet, bis in die Kreise der bisherigen Freunde der Sowjetunion hinein. Leider vergessen manche deutsche Emigranten über der Stellungnahme gegen die russische Politik, was Chamberlain und Daladier gesündigt ha- ben, und wollen in ihnen plötzlich Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit sehen. Sie sollten erst recht etwas mehr Skrupel hegen, Seite an Seite mit Mussolini und Franca "die abendländische Kultur gegen den Bolschewis- mus zu verteidigen . Wir haben gegenüber einer solchen grundsatzlo- sen und völlig opportunistischen Haltung immer wieder nachdrücklich zu betonen, "dass wir auch heute nichts, aber auch garnichts mit der Politik der "Münchener" und mit den faschistischen "Verteidigern der abendländi- 4 sehen Kultur" zu tun haben. Wir dürfen nie vergessen, dass sie die Vei> bündeten oder wenigstens Mitschuldigen Hitlers und des Nationalsozialis- mus gewesen sind, dass ohne sie Erfolge und Verbrechen Hitlers und des Nationalsozialismus niemals einen solchen Umfang hätten erreichen kön- nen. Aber das hindert uns nicht festzustellen, dass gerade die Politik Stalins den Mussolini und Franca Wasser auf ihre schon recht schlecht gehenden Mühlen getrieben hat. Und aus der neuen Isolierung Sowjetrusslands er- wächst die Gefahr, dass Russland enger mit Hitlerdeutschland zusammen- gehen wird, als es das ursprünglich beabsichtigt hat. Daraus aber könn- ten sich unabsehbare Folgen ergeben. Ein wirkliches BUENDNIS ZWISCHEN HITLER UND STALIN würde den Krieg sehr verschärfen und verlängern. Es würde den Krieg erst in den vollen Weltkrieg verwandeln. Ganz Europa, vor allem Italien würden in ihn hinein gerissen. Sollten sich dann, was höchst unwahrschein-' lieh ist, Siegeschancen für Deutschland-Russland ergeben, so würde jeden- falls auch USA in den Krieg eingreifen. Das lässt sich auch aus der Rede schliessen, die ROOSEVELT am 3. Januar gehalten hat. In dieser Rede hat er sich schärfer als jemals gegen die Isolationisten gewendet, gegen die Leute, die wie der Vogel Strauss ihren Kopf in den Sand steckten und nicht sehen wollten, d$tss die Zukunft der Welt und mit ihr Amerikas vom Ausgang des gegenwärti- gen Krieges abhinge. Der Sieg der Diktatur und des Militarismus und damit die Unterdrückung von Freiheit und Wahrheit gingen jeden Men- schen an. 4 Es soll keineswegs gesagt sein, dass das Militärbündnis zwischen Hitler und Stalin Wirklichkeit werden muss. Man wird wohl auch in Moskau erkennen, welch grosse Gefahren es für Russland haben müsste. Es wür- de in der Stunde der Gefahr für Russland nicht möglich sein, die Arbei- terschaft in der Welt für sich zu mobilisieren. Aber die unglückliche Wen- dung, welche die russische Aussenpolitik mit dem Angriff auf Finnland genommen hat und die Folgen dieses Schrittes lassen eine solche Ent- wicklung heute als möglich erscheinen. Unsere scharf ablehnende Stellung gegenüber solchen Konsequenzen der stalinschen Politik ergibt sich, wie wir zu betonen nicht müde geworden sind, mit absoluter Notwendigkeit aus unserem bedingunglosen Kampf ge- gen Hitler und den Nationalsozialismus. Wenn hier von einer der unerfreulichsten Möglichkeiten des neuen Jahres 1940 die Rede war, so soll zum Schluss die andere Möglichkeit nicht un- erwähnt bleiben, die gleichzeitig unser Neujahrswunsch an alle unsere Freunde und Leser ist: Deutschland muss wieder Deutschland werden! Helft mit! 5 DER STURZ HITLERS UND DIE VERNICHTUNG DES NATIONALSOZIALISMUS. Die Schwierigkeiten und die inneren Gegensätze in Deutschland wach- sen. Die plötzliche Wendung von der Todfeindschaft gegen Sowjetruss- iand und den Kommunismus zur Freundschaft mit Stalin, hat dazu eben- sosehr beigetragen wie die steigenden Kriegslasten. Wir wissen nicht, wieviel von den Nachrichten über wachsende Spannungen an der SpitzS des Regimes zutreffend ist. Aber wir wissen, dass sie da sind, und dass sie sich verschärfen müssen. Wir wissen, dass die Schwierigkeiten in der Tschechoslowakei und Polen nicht nur, nein auch in Oesterreich wach- sen. Wir hören sehr verschiedene Nachrichten über den Lebensmittel- mangel und die steigende Bespitzelung und Terrorisierung, aber der Gesamteindruck ist der, dass die Dinge sich für das Regime verschlim- mern. Wir wissen nicht, wie weit die bewusste illegal kämpfende Oppo- sition schon in der Lage ist, die wachsende Misstimmung und Unzufrie- denheit positiv auszuwerten. Aber wir wissen, dass sie an der Arbeit ist, und wir erfahren, dass sie ihre Chancen noch nie so günstig beurteilt hat wie heute. So ist die Hoffnung berechtigt, dass Hitler noch in diesem Jahre gestürzt wird. Nach seinem Sturze aber würde sich nach unserer Ueberzeugung keine andere Nazigarnitur und auch keine reaktionär-militaristische Re- gierung, wie sie faschistenfreundliche Kreise in England noch immer wünschen, in Deutschland stabilisieren lassen. Wenn der gestaute Strom in Lluss kommt, wird er sich nicht mehr eindämmen lassen. Hier liegt die Chance und die Aufgabe, die das Jahr 1940 den deutschen Antifaschisten stellt. Der rechtzeitige, der möglichst frühe Sturz der Hitlerdiktatur, die Befreiung Deutschlands von innen heraus, das ist der gro- sse Beitrag, den das deutsche Volk zur Rettung Deutschlands und Europas zu leisten hat. Stern im Dunkeln Wir waren so von Dunkel eingemauert, dass Finsternis uns nicht mehr schrecken kann, und von Erfahrung innerlich durchschauert, dccss uns kein Geifer mehr beflecken kann. So lange hat das Leiden uns gedauert, ein Gast, der kaum aus Nacht noqh wecken kann: dass wir in Hölle, Nacht und Untergehen den ersten Stern, die Hoffnung, leuchten sehen. Iwan Heilbut. 6 Ein Führer zum neuen Europa Masaryk erzählt sein Leben. Gespräche mit Karel Cctpek, Otto Strasser, Masaryk. Ein Führer zum neuen Europa Wenn wir uns auf dem beschränkten Raum unserer Zeitschrift mit diesen beiden Büchern und mit der Persönlichkeit Masaryks beschäftigen, so mögen die weiter unten folgenden Worte Masaryks die Antwort auf die Frage geben, warum das geschieht. Das weitergesteckte Ziel unseres Kampfes gegen Faschismus und Hitlerdiktatur, aber auch der einzige Sinn dieses Krieges, wenn er überhaupt einen hat — es kommt darauf an, ihm diesen Sinn zu geben —, ist die Neuordnung Europas, sind die Vereinig- ten Staaten von Europa. Masaryk war ein Vorkämpfer des neuen Europa. Er forderte als Grundlage den Dreiklang von Nation, Demokratie und So- zialismus. Aber einen Nationalismus als natürliche Grundlage der kultu- rellen Entwicklung unter schärfster Ablehnung des Chauvinismus und Hurrapatriotismus, vielmehr eine Vereinigung von Nationalismus und In- ternationplismus im Sinne des grossen Sozialisten Jean Jaures; eine wirk- liche Demokratie, die nicht Tarnung für Klassenherrschaft und Ausbeu- tung ist; und einen Sozialismus, dessen Ziel die Freiheit und das Glück der Menschen ist. Und zum andern ist Masaryk in unseren Zeiten moralischer Begriffsver- wirrung und erbärmlicher Feigheit ein leuchtendes Vorbild sittlicher Grö- sse, unbedingter Wahrhaftigkeit, hoher Verantwortlichkeit und rastloser Arbeit. Man kann und wird in vielem anderer Meinung sein wie Masaryk, aber niemand, der nicht engstirnig und stur-dogmatisch ist, wird sich ohne Nutzen mit Masaryks Ideen auseinandersetzen, und niemand, der nicht moralisch abgestumpft ist, kann unbeeindrukt bleiben von der edlen Menschlichkeit dieses grossen tschechischen Patrioten und grossen Euro- päers . Das Buch von Capek, aus zwanglosen Gesprächen mit Masaryk entstan- den, vermittelt in wundervoller Anschaulichkeit Einblicke in Denken, Werk und Wesens Masaryks. Das Buch ist ein dauernd wertvoller Besitz. Otto Strassers Buch ist nicht nur durch den Dargestellten, sondern auch durch den Darsteller interessant. Es zeigt, dass der Leiter der Schwarzen Front seit seiner Trennung von Hitler viel zugelernt hat, so viel, dass man ihn heute wohl unbedenklich als Bundesgenossen im Kampf gegen die Nazibarbarei betrachten und behandeln darf. Wenn wir allerdings sag- UNPOLITISCHE! Die Wiederherstellung des makello- sen deutschen Namens erkämpfen wir AUCH FUER EUCH! Darum ist das Gebot der Stunde und des Gewis- sens: Farbe annehmen und Farbe bekennen! 7 ten, dass man mit vielen Anschauungen und Meinungen Masaryks nicht übereinstimmen wird, so gilt das erst recht für die Anschauungen O. Strassers. Aber Masaryk ist ihm augenscheinlich behilflich gewesen, aus seinen verstiegenen und romantischen Vorstellungen von Nation und So- zialismus den Weg zu einem gesunden Realismus zu finden. Von seinem Unverständnis für die Lehren von Marx z. B. hat aber gerade Masaryk ihn nicht befreien können. Besonders zu loben ist, dass Strasser in dem redlichen Bestreben, "das Bild eines grossen Lehrers zu zeichnen, die Hauptgrundsätze seiner kul- turellen, politischen und ökonomischen Lehre einem grösseren Publikum bekannt zu machen", Masaryk selbst durch viele Zitate ausgiebig zu Wor- te kommen lässt. So ist auch dieses Buch —■ nicht immer eine leichte Lek- türe — dem, der sich Mühe gibt zu lernen und sich eine selbständige Meinung zu bilden, warm zu empfehlen. WORTE MASARYKS FÜR UNSERE ZEIT NATIONALE EHRE Die Ehre der Nation verlangt Verteidigung bezw. Erkennen der Wahrheit und nichts mehr; und grösser ist die Sittlichkeit und Mannhaftigkeit, die einen Irrtum anerkennt als die Verteidigung eines Irrtums, mag ihn auch das ganze Volk teilen. VATERLANDSLIEBE Ein normaler Mensch .trompetet nicht in die Welt hinaus, er liebe seine Eltern, seine Frau, seine Kinder; das versteht sich für ihn von selbst. Liebst du dein Land, so brauchst du darüber nicht zu reden. Mich hindert immer eine gewisse Scheu, Worte wie "Vaterland" und "Volk" auszusprechen. Ich preise mich nicht als Patrioten an, ich schreie nicht, der andere sei ein Landesverräter; ich muss geduldig beweisen, dass sein Weg aus den und den Gründen verfehlt ist. WAHRE POLITIK Was ist wahre Politik anderes als bewusste Gestaltung der Menschen, als Formung und Komposition des wirklichen Menschen. PROPAGANDA Lügen und Uebertreiben ist die schlechteste Propaganda. Das Lügen, macht sich nicht bezahlt, weder in der Politik, noch im täglichen Leben. Die Wahrheit siegt. SKLAVEN UND SKLAVENHALTER Unmenschlichkeit, Grausamkeit ist eine Frucht sklavischen Geistes, von Sklaven und Sklavenhaltern zugleich. Sklaventum und Sklavenhalter be- dingen sich gegenseitig. Grundsatz und Kompromiss In der politischen Praxis sind Kompromisse nötig, nicht der Grundsätze, aber der Praxis. Nicht ein goldener Mittelweg, sondern ein klares Ziel und seine bewusste Verfolgung! Es gibt einen Unterschied zwischen Kompro- I miss und Kompromiss. Der anständige Mensch vermeidet ein Kompromiss der Grundsätze, nicht aber eines der Mittel, zumal in nebensächlichen und weniger wichtigen Dingen. NATIONAUSMUS UND INTERNATIONALISMUS Der richtige Nationalismus ist dem Internationalismus nicht entgegenge- setzt; wir aber verabscheuen diejenigen nationalen Chauvinisten, welche im Namen des Nationalismus andere Völker unterdrücken. HUMANITAET Humanität ist nicht identisch mit Pazifismus um jeden Preis, mit passivem Pazifismus. Der Verteidigungskrieg ist sittlich erlaubt und notwendig; Hu- manität schliesst nur den Angriffskrieg aus, sie ist gegen die Gewalt; aber Humantiät ist nicht für Passivität, sondern im Gegenteil: für Aktivität, für möglichst wirksame Energie. Humanität soll nicht bloss ein Wort und auf dem Papier sein, sondern Tat und beständige Tat. Die sittliche Grundlage aller Politik ist die Humanität. SOZIALISMUS Der gegenwärtige Sozialismus zwingt mit seiner Praxis und mit seiner Theorie einen jeden zur Revision seiner eigenen Weltanschauung und Le- bensführung. Der Sozialismus ist zum Prüfstein unseres Wissens und Ge- wissens geworden. Wir Sozialisten glauben, dass wir die Armut ausrotten werden. Der Sozialismus strebt nach der Anerkennung der wirtschaftlichen Menr schenrechte. Der Krieg und die aus dem Krieg hervorgegangene soziale Revolution wird nirgends ein ungestörtes Weiterbestehen der sozialen Ordnung der Vorkriegszeit erlauben. Ein reales Sozialisierungsprogramm darf nicht die Sozialisierung der Bil- dung vergessen. Arme Jugend! "Die HJ hat völlig neue Möglichkeiten ge- schaffen, das Wachsen der Jugend zum tragenden Geschlecht der Volksewigkeit von morgen zu befruchten"; dieser Satz Roland Freislers, eines der Führer der deutschen Rechtsfront, ist nicht nur eine der sprachlichen Ungeheuerlichkeiten, wie sie bei der Naziführung nach Hitlers glorreichem Beispiel üblich sind, er ist auch eine der ungeheuerlichen Nazilügen. Das erweisen unwiderlegbare Tatsachen der Nazistatistik. Danach hat sich die Zahl der verurteil- ten Jugendlichen unter dem Naziregime verdoppelt, und es sind sechzehn neue Anstalten für jugendliche Kriminelle ge- schaffen worde. Das ist geschehen im Zei- chen des angeblichen gewaltigen wirt- schaftlichen und moralischen Aufstiegs. Und dabei ist zu bedenken, dass die Ge- walttaten und Roheitsdelikte gegen Nichtnazis bei den jugendlichen Verbre- chern nicht mitgezählt sind, da sie ja von der Diktatur begünstigt oder direkt ange- zettelt werden. Die Verwilderung der Jugend ist unter dem Naziregime und durch die "Erzie- hungsarbeit" der Hitlerjugend so weit fortgeschritten, dass auch die noch nicht 18jährigen der Drohung der Todesstrafe unterstellt worden sind. So droht heute in Deutschland den durch die Schuld des Naziregimes zu Verbrecher Gewordenen und zu zugleich den jugendlichen politi- schen Freiheitskämpfern gegen die Nazi- diktatur in gleicher Weise das Henker- beil. 9 Langsdorfs letzte Worte an seine Mannschaft Der Inhalt des vom Kapitän Langsdorfs zurückgelassenen Briefes wer- de bisher dem deutschen Volke vorenthalten. Schmeichelhaftes für die heutigen Machthaber Deutsehlands dürfte darum das Vermächtnis des Kapitäns schwerlich enthalten. Wir kennen den Wortlaut des Abschiedsbriefes nicht. Sollte der Frei- tod aber einen Wert haben, dann hätte Langsdorfs sich etwa mit fol- genden Worten von der Besatzung des "Graf Spee" verabschieden müssen. Kameraden! Euch gegenüber bedürfen die Vorgänge, die zur Versenkung unseres prächtigen Schiffes führten, keiner Erklärung. Ihr kennt mich genügend, um zu wissen, dass nicht die Sorge um mein eigenes Schicksal mein Ver- halten bestimmte. Ob ich taktische Fehler beging, das mag später in Ruhe untersucht werden. Nicht zur Erörterung jener Fragen richte ich diese Abschieds-Worte an euch. Es treibt mich, heute — frei aller dienstlichen Fesseln — nicht als Vorgesetzter, sondern als Freund zu euch zu sprechen. Manch einem unter euch mag mein Freitod als die selbstverständliche Tat eines Mannes erscheinen, der seinen Platz auf der Kommandobrük- ke verlassen musste. Aus dieser überkommenen Auffassung von See- manns-Ehre hätte ich es vorgezogen, mit unserem Schiff unterzugehen. In Deutschland wird heute so viel gesprochen von dem Bruch mit über- alterten Anschauungen. Und ich selbst wäre bereit gewesen, solch einen Bruch zu vollziehen und zu beweisen, dass es schwerer und ehrenvoller ist, seinem Vaterland zu leben, als — abgenutzten Ehrbegriffen entspre- chend — freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Wenn ich dennoch meinen Entschluss fasste, so tat ich es in der Hoff- nung auf stärkere Wirkung, als ich sie von meinem Leben jemals erwar- ten konnte. Erfüllt in diesem Sinne die Hingabe meines Lebens ihren Zweck, dann wiegt dagegen der Verlust des "Graf Spee" leicht. Kameraden, als erstes beabsichtige ich, mit dem Opfer meines Lebens laut und für alle Welt vernehmlich zu protestieren. Mein Offiziers-Eid band den Lebenden. Der Tote darf frei sprechen. Ich verstehe nicht viel von Politik. Aber heute sehe ich klar: Hitler versprach dem deutschen Volk, er wolle es gross und stark ma- chen. Heute aber sind wir eingepfercht innerhalb unserer Grenzen. Mögen sie auch in die Tschechoslowakei und nach Polen hinein verlegt sein. Was haben wir damit gewonnen? Die ganze Welt steht gegen uns. Hitler sagte, er wollte dem deutschen Volk den Frieden bringen. Heute aber stehen wir allein in einem Kriege, dessen Schrecken noch nicht ab- zusehen sind. Nicht einmal unser Verbündeter Mussolini wagte, uns bei diesem Kampf auf Leben und Tod zu folgen. 10 Hitler versprach dem notleidenden Gewerbetreibenden, dem Bauern und Arbeiter, es solle ihnen besser gehen. Heute aber fragt eure Eltern, wie es damit steht. Nie haben sie so schwer zu fragen gehabt wie unter der Hitlerdiktatur. Hitler sagte dem Kommunismus den Kampf an. Heute aber verbündet er sich mit seinem Todfeind, um die früher als germanische Brüder so bewunderten Engländer zu vernichten. Kurz: Von dem, was Hitler versprach, hat er nichts gehalten. Soll das deutsche Volk für einen solchen Mann verbluten? In den letzten schweren Tagen zwischen der Versenkung unseres Schif- fes und diesem Augenblick, in dem ich für immer von euch Abschied nehme, habe ich viel nachgedacht. Ich habe erkannt, dass ich in fal- scher Auffassung meiner Offizierspflicht meine wahre Pflicht gegenüber unserem geliebten deutschen Vaterland verfehlt habe. Es war falsch, einem Mann und einem System zu gehorchen und zu dienen, die zwar vorgeben, für Deutschlands Grösse zu wirken, die aber in Wahrheit Deutschland in Schande, Not und Unglück geführt haben. Vor meinem Tode will ich bekennen, dass ich geirrt habe. Möchten mein Tod und mein Bekenntnis ihre Wirkung tun! Und Ihr? Euere Waffen habt ihr abgeben müssen. Aber der richtige Kampf sollte für euch erst jetzt beginnen. Reiht euch in die Front derer ein, die der Tyrannei in Deutschland ein Ende bereiten und dadurch Deutschlands Ansehen und Weltgeltung wiederherstellen wollen! Wenn ein Fremder so zu euch spricht, ihr würdet ihn nicht anhören. Mich aber, eueren Kapitän, kennt ihr als so guten Patrioten, wie es nur irgend einer ist. Ich hoffe deshalb, dass ihr auf mich hören werdet. Dann wären der Untergang unseres Schiffes und mein Tod nicht umsonst gewesen. Nazi und Nazigegner in Mexiko Mexico-City, den 15. XII. 1939. Selbst unter dem tatkräftigen Volksfrontregime des Generals Cardenas, war es der Nazipropaganda gelungen, in Mexiko festen Fuss zu fassen. Seine wichtige strategische Lage (unmittelbare Nähe zu U. S. A.) und sein reger Handelsverkehr mit dem dritten Reiche (infolge des Boykotts der Oelimperialisten war Mexiko gezwungen, grosse Petroleummengen auf dem Tauschwege im faschistischen Deutschland und Italien abzu-*- setzen) hatten es zur Folge, dass Mexiko zum Tummelplatz von Nazi- Agenten und' Spionen wurde. Man sparte auch mit dem Gelde nicht, so dass bis zum Kriegsausbruch der grösste Teil der hiesigen bürgerli- chen Presse unverhüllt Söldnerdienste für Nazi-Deutschland leistete. Seit Kriegsausbruch hat sich die Situation einigermassen geändert, indem auch die gegnerische Partei, die diplomatischen Vertretungen Frank- reichs-Englands, einigen führenden Presseorganen ausgiebige "Subven- tionen" in der Hauptstadt zukommen liessen. Immerhin, es war ein ungleicher Kampf, den die fortgeschrittenen Schich- ten der mexikanischen Werktätigen und ihre wenigen Presseorgane ge- gen die zunehmende Nazigefahr im Lande führten. Umso mehr, da ausser der Nazi-Wühlarbeit auch die Attacken der Oelimperialisten gegen das 11 heutige demokratische Regime abgewehrt werden mussten. Die Nazi- agenten gingen mit der üblichen Taktik, vor, indem sie die einheimische Reaktion als Stosstruppen zu eigenen Zwecken ausnützten. Letztere be- kämpfen jede noch so bescheidene Reform des Cärdenas-Regimes, ver- suchen die Unzulänglichkeiten, die unvermeidlichen Kinderkrankheiten der Agrarreform und der Enteignung der ausländischen Petrolwerke als Krebsschaden hinzustellen, um im Trüben fischen zu können. Aus dem Hintergrund werden diese Söldnertruppen und Splitterparteien teils vom internationalen Oelimperialismus, noch mehr aber von den verschiedenen deutschen Zentralen instruiert. Letztere operieren immer häufiger mit den üblichen demagogischen Parolen gegen "Rote" und Juden, wobei vor allem die zahlreichen politischen Emigranten aus Deutschland, Oester- reich und zuletzt aus dem republikanischen Spanien in den Mittelpunkt der Nazi-Offensive gestellt wurden. Es bleibt ein historischer Verdienst der jungen mexikanischen Demokra- tie, dass sie dem doppelten Druck nicht nur nicht wich, vielmehr im Kampfe gegen ausländischen Imperialismus und Faschismus die Ober- hand gewann. In erster Reihe ist es der Wachsamkeit der Organisation der mexikanischen Arbeiterschaft, der C. T. M. zu verdanken, dass ins- besondere im Kampfe gegen Nazi-Wühlarbeit, im Jahre 1939 gute Erfol- ge erzielt werden konnten. Im Laufe dieses Jahres sind in Mexiko zwei wichtige Nazi-Spionagezentralen aufgeflogen, wobei die deutsche Ge- sandtschaft in Mexico-City stark kompromittiert blieb. Den deutschen Na- ziagenten und ihren Strohmännern zeigte die Arbeiterschaft ihre Macht, indem sie am ersten Mai und Anfang November, am Jahrestag der mexi- kanischen Revolution, über 50.000 uniformierte Arbeiter aufmarschieren liess. Dies war ein Anschauungsunterricht für die faschistischen Söldner und ihre Auftraggeber, dass die Arbeiter- und Bauernorganisationen das gegenwärtige Volksfrontregime vor jedem Umsturz schützen können. Au- sser diesen Organisationen, hatte auch die Regierungspartei (P. R. M.) wie auch zahlreiche Verbände des demokratischen Bürgertums wiederholt ihren Abscheu vor dem Faschismus und ihre brüderliche Solidarität mit den Opfern desselben demonstrativ zum Ausdruck gebracht. In die Tau- sende geht die Zahl derjenigen politischen Emigranten aus Deutschland, Oesterreich und besonders aus Spanien, die in Mexiko eine neue Heimat gefunden haben. ^ , Diese brüderliche Solidarität der mexikanischen Demokratie hatte es der einzigen deutschen Antinazi-Organisation, der "Liga pro Cultura Alema- na" ermöglicht, im verlaufenen Jahre eine erfolgreiche Tätigkeit zu entfal- ten Wenn auch zahlenmässig schwach, konnte die "Liga eine aufschluss- reiche Vortragsserie über das Wesen des Faschismus organisieren, wo- bei Zehntausende von mexikanischen Werktätigen über die wirkliche Lage im Nazi-Deutschland unterrichtet wurden. Seit Ausbruch des im- perialistischen Krieges in Europa verdoppelte die Liga ihre Aktivität, um die wütende Nazi-Hetzkampagne zu entkräften. Man begann gleichzeitig cuch mit interner Erziehungsarbeit, um die Mitgliedschaft zu schulen. Um der Nazi-Wühlarbeit entgegenzutreten, hat die "Liga deutsche Sprach- kurse für Mexikaner organisiert, eine Arbeit, die bisher die hiesige deut- sehe Gesandtschaft monopolisierte und zur Nazipropaganda missbrauchte. Das Uebergreifen der Nazimethoden auf Frankreich brachte neue Aufga- ben für die "Liga". Bekanntlich wurde vom reaktionären Regime des Fre- 12 miers Daladier eine grosse Anzahl von französischen revolutionären Ar- beitern, darüber hinaus auch Hunderte von antifaschistischen Emigranten festgenommen und unter unmenschlichen Verhältnissen in Gefängnissen gehalten. Aus ihrer Reihe hat nun die "Liga" neununddreissig führende Antinazi-Schriftsteller, Journalisten — ohne Unterschied der politischen Partei — ausfindig gemacht und für ihre Befreiung eine grosszügige So- lidaritätsaktion eingeleitet. Es genügt nur die Namen eines Friedrich Wolf, Hermann Budzislavski, Alfred Kantorovicz, Leonhard Frank, Franz Werfel usw. zu erwähnen, die aus dem Gefängnis der französischen Imperialisten befreit werden sollen. Im Einverständnis mit hiesigen Organisationen, mit jener der "Frente socialista de abogados", der Gewerkschaft der Lehrer "Strem" usw., hat die "Liga" ein Gesuch an die mexikanische Regierung gerichtet, allen diesen Antinazi-Kämpfern- Asylrecht zu gewähren. Wir hof- fen zuversichtlich, dass der Appell der "Liga" nicht unerhört bleiben wird. Gelingt es der "Liga" mit den mustergültigen Emigrantenorganisationen der Spanier eine noch engere Zusammenarbeit auszubauen und die inne- re Schulung noch mehr zu vertiefen, wird sie in diesem Jahre weitere Er- folge im Kampfe für ein freies, demokratisches Deutschland erzielen kön- nen, L. CONRAD. Um die Zukunft Österreichs FS, Paris, im Dezember. Man schreibt uns aus Kreisen der österreichischen Emigration: Immer häufiger flattern in der letzten Zeit Nachrichten auf, die von Zusi- cherungen zu berichten wissen, die die Westmächte zugunsten einer Wiederaufrichtung Oesterreichs gegeben hätten. Diese Nachrichten sind von Interessentengruppen lanciert und entsprechen, bisher, nicht den Tat- sachen. Wohl stehen weite Kreise Grossbritanniens und Frankreichs den Wünschen der "Exilösterreicher" nach Befreiung ihrer Heimat mit starken Sympathien gegenüber, die Art der Lösung des österreichischen Problems ist noch kaum zur Diskussion gestellt, geschweige denn gefunden. Sicher ist, dass in Paris nicht ganz einflusslose Kreise zu einer Lösung der öster- reichischen Frage im legitimistischen Sinne neigen und in ihrer Neigung dadurch bestärkt werden, dass Otto von Habsburg (ebenso wie seine Mutter) seit je aus seiner frankreichfreundlichen Einstellung kein Hehl ge- macht hat, sicher ist aber auch, dass in Grossbritannien das demokrati- sche Prinzip, das an eine Selbstbestimmung des österreichischen Volkes denkt, im Vordergründe steht. Soweit eine Fühlungnahme mit Nordame- rika erfolgt ist, hat auch diese gezeigt, dass USA die Oesterreicher selbst bestimmen lassen will, wie sie ihr Schicksal gestalten wollen. Gerade das österreichische Problem hat noch nach keiner einzigen Rich- tung eine abschliessende Phase zu verzeichnen. Der Krieg muss vorerst oewonnen sein, dann werden sich die "Kriegsziele" leichter feststellen las- sen, die dem obersten Ziel, dem des militärischen und wirtschaftlichen Sieges, nur nachgeordnet werden können. Die Erfahrungen, die man mit 13 dem Rumpfösterreich von 1918 bis 1938 gemacht hat, waren auch für die Westmächte nicht ermutigend. Seipel, der die österreichische Demokratie nicht zu schwächen beabsichtigt hatte, hat sie geschwächt, weil er in das Spiel der parlamentarischen Kräfte den ausserparlamentarischen Faktor der Heimwehren einfügte und weil er selbst zutiefst von monarchisti- scher Gesinnung erfüllt war. Einer starken Persönlichkeit wie Seipel, dem grossen Gegenspieler Otto Bauers, diesem in manchem innerlich ver- wandt — beide entzündeten sich an ihrer (menschlich nicht vorhandenen) Gegnerschaft und wuchsen daran — konnte es beschieden sein, die Fiktion eines selbständigen und lebensfähigen Oesterreich glaubwürdig auf- recht zu erhalten. Seinem Nachfolger Dollfuss war dies nicht beschieden. Auch heissestes Mitleid darf die Geschichte nicht fälschen! Dollfuss war weder eine starke Persönlichkeit, noch ein grosser Politiker. Ein noch kleineres österreichisches Geschlecht spielte ihm die Trümpfe in die Hand, das Parlament gab sich selbst auf, der Heimwehrführer Fey nahm das Odium des unseligen Februar 1934 auf sich, den Dollfuss hätte verhin- dern müssen. Auf Dollfuss, der eine Schachfigur Mussolinis gewesen war, folgte Schuschnigg. Seipel, der in vielem der weltfremde Priester geblieben war, hatte in Starhemberg ein konstruktives Element gesehen und sich geirrt, Seipel hatte einmal scherzweise Schuschnigg als sei- nen Kronprinzen deklariert — und damit einen besonders verhängnisvol- len Irrtum begangen. Schuschnigg, dem nicht minder als Dollfuss mensch- liches Mitleid beschieden ist, brachte kaum eine Eignung für die Regie- rungsgeschäfte mit. Er führte als Kapital seine Anständigkeit — aber nicht alle seine Mitarbeiter konnten von sich das Gleiche behaupten. Die Korruption wucherte üppig. Schuschnigg vervielfachte Dollfuss' Berufun- gen auf die katholische Einstellung seines Kurses — und fügte damit der Katholischen Kirche in Oesterreich schweren Schaden zu. Schuschnigg gab immer wieder die Parole von der "deutschen Mission Oesterreichs" aus — und weckte schon dadurch im Volke folgenschwere Missverständ- nisse. Schuschnigg gestaltete den halbfaschistischen Kurs Dollfuss' zu ei- nem persönlichen und ganzfaschistischen Regime um, wofür ihm Persön- lichkeit und Brutalität mangelten. Schuschnigg erkannte die Notwendig- keit der Versöhnung der Arbeiterschaft, ohne indessen auch nur einen Schritt in dieser Richtung zu tun. Die Verfolgungen der Arbeiterschaft nahmen nicht nur nicht ab, sie verschärften sich sogar zeitweise. Wenn in Oesterreich selbst heute allgemein von der Wiedererringung der Freiheit gesprochen wird, so geschieht dies einheitlich unter Ausschaltung jeder, auch der geringsten Möglichkeit, den Dollfuss- oder Schuschnigg- Kurs zu restaurieren oder Persönlichkeiten, die sich im Dienste dieser Aera der Anti-Demokratie kompromittiert hatten, abermals ans Steuerruder zu lassen. Man versteht unter Befreiung Oesterreichs die Abschüttelung des Hitlerjoches, man versteht darunter die Demokratisierung Oesterreichs, sei dies im Rahmen eines neuorganisierten mitteleuropäischen (man ver- zeihe das Wort) Lebensraumes, wobei manche an eine demokratische Monarchie nach englischem Muster denken, sei dies durch eine Volksab- stimmung, der verschiedene Fragen zugrunde zu legen wären, wobei die des Zusammenschlusses mit einem aufrichtig demokratischen Deutsch- land nicht übersehen werden dürfte. Ertötet ist in Oesterreich nur der Gedanke eines Zusammenlebens mit einem Hitler- oder Preussendeutsch- 14 land, keineswegs das Ideal, um das 1848 und (auf dem Papier) 1918/19 gerungen wurde. Hier, in Paris, im "Hauptquartier" der österreichischen Emigration, gehen die Wünsche, die insgesamt von recht persönlichen Argumentationen durchtränkt sind, weit auseinander. Wortführer der Arbeiterschaft sind die "Brünner Illegalen" von gesterft, denen die Arbeiterschaft daheim die Treue gehalten hat. Sie sind die äusserste Linke. Als Mittelgruppe ha- ben sich Fürst Starhemberg, den man kaum vorzustellen braucht, der ehe- malige Generalsekretär der Vaterländischen Front, Minister und Freund Mussolinis, Zernatto, einer der Hauptschuldigen an der Vergewaltigung der demokratischen Idee in Oesterreich, und Dollfuss' nur all zu oft im Zusammenhange mit wenig einwandfreien Geschäften genannter Freund, Kouleurbruder und ' 'Handels''-Minister Stockinger zusammen- getan. Wenn der Widerstand gegen diese Gruppe auch in Paris in ste- tem Wachsen ist, spiegelt er doch nur den einmütigen Widerstand der Heimat gegen diese Männer. Zwei Grüppchen bilden die rechte Flan- ke; deren Namen sind ziemlich unbekannt. Legitimisten unter Führung des ehemaligen Presseattaches der österreichischen Gesandtschaft in Paris, Dr. Martin Fuchs, einer Miniaturausgabe des ehemal. Legitimi- stenchefs Dr. v. Wiesner, und katholische Arbeiter, die der ehemal. Mi- nister und christl. Gewerkschafter Rott leitet. Der erste Versuch, nach tschechoslowakischem Muster einen "Nationalrat" auf die Beine zu brin- gen, ist gescheitert. Es kann ein Zusammengehen mit der Mittelgruppe nicht geben und Links und Rechts sind innerhalb der österreichischen Emigration Feuer und Wasser. Die Gerüchte von der Bildung einer öster- reichischen Legion sind Ballons d'essay, die verfrüht aufgeflogen sind, das Gerücht von der Uebernahme des Kommandos durch den Fürsten Starhemberg eine Ente, die man sofort zum Abschluss gebracht hat. Man lasse sich also durch wahrhaft Freud'sche Wunschträume, die die Pariser Wahrsagerinnen verkünden, nicht täuschen: das Schicksal Oester- reichs steht noch nicht zur Diskussion, es wird nur das Teilschicksal in- nerhalb des Gesamtschicksals einer radikalen Demokratisierung des eu- ropäischen Raumes sein. Es wird ebenso wenig Platz haben für hitleristi- sche Schlafwandler wie für Vergangenheitsfiguren, die die Geschichte bisher vom Tische ab- und in die Erinnerungskiste einzuräumen verges- sen hat. STANDRECHT GEGEN ARBEITER In den kriegswichtigen deutschen Betrieben herrscht das Standrecht. Auf Sabotage und Dersertion steht Todesstrafe. Als Saboteur gilt jeder, der durch fehlerhafte Arbeit Heereslieferungen verzögert oder unbrauchbar macht oder trotz Verbot einen kriegswichtigen Arbeitsplatz verlässt. ÄRBEITERERSCHIESSUNGEN In Hamburg wurden in der ersten Kriegswoche Arbeiter, die ihren Be trieb verliessen und trotz wiederholter Aufforderung nicht auf ihren Ar- beitsplatz zurückkehrten, wegen Desertion zum Tode verurteilt und er- schossen. Vom inneren Kriegsschauplatz 15 DER KAMPF DER ARBEITER GEGEN DIE HITLERDIKTATUR GEHT WEITER Dass alle Terrormassnahmen der Gestapo nicht ausreichen, um dem ille- galen Kampf der Arbeiter ein Ende zu machen, beweist das folgende Flugblatt der Berliner Siemensbetriebe: An unsere Kameraden in den Rüstungsbetrieben, an die gesamte Bevölkerung Berlins! Dieser Krieg ist weder ein gerechter und nationaler Krieg, noch ein Krieg für die Freiheit. Es ist kein gerechter Krieg, weil er nicht für die Ehre und Freiheit unseres Volkes geführt wird, sondern für die Untedrückung anderer Völker, für die Annektion anderer Länder. Hitler führt ihn, um neue Rohstoffquellen und neue Absatzmärkte für die Grossindustrie zu erobern. Er führt ihn mit dem Ziel, die Arbeiter anderer Länder derselben Ausbeutung durch das deutsche Grosskapital zu unterwerfen, unter der ihr selber schon lei- det. Ein derartiger Krieg ist gegen das Volk, es ist ein imperialistischer . Krieg. Es ist nicht wahr, dass die Erreichung der Kriegsziele Hitlers dem Volke bessere Lebensbedingungen bringen wird. Hitler hat Oesterreich annek- tiert, Polen und die Tschechoslowakei überwältigt, aber es ist nicht bes- ser, sondern schlimmer für euch geworden. Alles was die Eroberung und Unterjochung fremder Länder euch gebracht hat, deutsche Arbeiter, Bauern und Handwerker, waren neue Lasten, Opfer und Steuern. An dem Tag, an döm Hitler in Prag einmarschiert ist, wurden die Arbeitsstunden der Bergarbeiter verlängert. Deutschland ist grösser geworden, aber das deutsche Volk wurde ärmer. Nein, ein imperialistischer Krieg kann nie Sache des Volkes sein. Sache des Volkes ist es, gegen diesen Krieg zu kämpfen, diejenigen los zu werden, die die Verantwortung für ihn tragen, und Frieden zu Schliessen. . . . Hitler hat gesagt, er kämpfe nur für das Selbstbestimmungsrecht der un- terdrückten deutschen Minderheiten. Aber diese Lüge ist seit seiner Be- herrschung anderer Völker festgenagelt. Früher hat Euch Hitler immer gesagt, es sei seine Mission, Europa vor dem Bolschewismus zu retten. Aber Schritt für Schritt musste er Sowjetrussland weichen und seine Pläne, dies Land zu erobern, aufgeben. Hitlers Politik des Antibolschewismus ist vollkommen blossgestellt worden, und damit ist einer der Angelpunkte des Nationalsozialismus zerbrochen. Was bleibt dann noch vom Nationalsozialismus, nachdem die Lügen vom Selbstbestimmungsrecht, Lebensraum und Antikomintern-Pakt fallen ge- lassen werden mussten? Was bleibt, ist das nackte Gesicht des deutschen Imperialismus. Dafür, deutsche Kameraden, sollt Ihr Euer Leben opfern. Ihr sollt Euer Blut ver- giessen für die Leute, die Euch, erniedrigt und betrogen haben, und sollt Euren Arbeitgebern noch mehr Reichtum und Macht verschaffen. Das ist der Sinn von Hitlers Krieg. Der Hitler-Krieg ist auch ein anti-nationaler Krieg. Er bringt die deutsche Nation und die Einheit Deutschlands in Gefahr. Der Versuch, anderen Völkern ein Nazi-Versailles aufzuzwingen, bedroht Deutschland mit einem noch schlimmeren Versailles. Darum ist die Beseitigung Hitlers zu einer nationalen Aufgabe geworden, zu einem Kampf um die Erhaltung Deutschlands. Deutsche Arbeiter, und darunter die Berliner Arbeiter an der Spitze, müssen diesen Kampf in geschlossenen Reihen führen. Heute liegen die Dinge anders als 1914. Damals zogen die meisten der Führer der deut- schen Arbeiterbewegung ihr Banner in den Schmutz durch Unterstüt- zung der Kriegstreiber. Karl Liebknecht und seine treuen Genossen standen allein. Heute kann unter deutschen Arbeitern nicht der Gedanke aufkommen, auf Hitlers Seite überzugehen. Nieder mit Hitler! Es lebe der Kampf .des arbeitenden deutschen Volks für Frieden und Freiheit! Eine neue Situation ist durch den Krieg geschaffen worden. Zieht selbst Eure Folgerungen. Wir kämpfen für den Frieden. Und es kann keinen Frieden geben, solange Hitler an der Macht ist, und solange die Macht der wahren Herren Deutschlands, der Krupp, Thyssen, Siemens, Klöckner, nicht vollkommen gebrochen ist. Diesmal wollen wir das Uebel an der Wurzel ausreissen und ein neues Deutschland bauen, in dem der Aus- beutung und der Profitsucht, die zu immer neuen Kriegen führen, ein En- de gesetzt ist. v Wir kämpfen für den Frieden! Wir kämpfen für die Freiheit! Wir kämpfen für einen wahren und dauerhaften Frieden, der nur zustande kommen kann, .wenn Schluss gemacht wird mit der Herrschaft Hitlers und der Rü- stungsindustrie, und wenn diese ersetzt wird durch eine wirkliche Volks- regierung der wahren Vertreter der Arbeiter, Bauern und Handwerker. Für eine Regierung ohne die Thyssen und ihre Helfershelfer. Kämpft für Euör Brot, für Eure Butter und für angemessene Löhne! Büro- angestellte, kämpft für ein ausreichendes Gehalt! Bauern und Handwer- ker, kämpft für Eure gerechten Forderungen! Aber all dies werdet Ihr nur erreichen, wenn der Nazismus ersetzt wird durch ein demokratisches fort- schrittliches System. Die deutschen Arbeiter sind ihren alten Idealen und Zielen treu geblie- ben. Niemand kann sie abhalten vom Kampf um die Erreichung ihrer Ziele für ein neues, fortschrittliches und freies Deutschland. Keine Macht der Welt kann den Fortschritt aufhalten. Und._sQ.ist dieser Kampf für Frieden, Freiheit und Brot ein gerechter Krieg des Volkes, ein Antinazi-Kampf. Arbeitendes deutsches Volk, nutze die Krise aus, die dieses System mit sich bringen muss. Ihr müsst das Schicksal des Landes in Eure Hände nehmen. Ihr seid nicht allein. Ihr kämpft für das ganze Volk, Ihr kämpft für Deutschland. Lang lebe das Bündnis des deutschen Volkes mit den von Hitler unter- drückten Oesterreichern, Tschechen, Slowaken und Polen! Für das Selbst- bestimmungsrecht aller Völker. Lang lebe die Freundschaft mit allen friedlichen und fortschrittlichen Kräften der Welt! Dieser Kampf kann nur mit einer geeinten Arbeiterklasse geführt wer- den. Nehmt Euch ein Beispiel an unseren Fabrikgruppen, in denen Ge- werkschaftler, Sozialdemokraten und Kommunisten geeint sind. Nichts kann unsere Einheit zerbrechen, nichts kann uns verwirren. Wir wissen Wahres von Falschem zu unterscheiden. Wendet Euch an die Bauern auf dem Lande, an den Mittelstand in den Städten. Wir wollen weiterkämpfen gegen Antreiberei, Ueberstunden und Lohnkürzungen, so wie wir es in den letzten sechs Jahren zu tun ge- lernt haben. Bereitet die Einigkeit und Widerstandskraft für den entschei- denden Kampf vor! 17 I Helft den Kleinbauern und Handwerkern in ihrem Kampf um ihre Sicher- heit und für den Sturz Hitlers. Deutsche Soldaten, bereitet Euch vor auf die Zeit, wo Ihr Eure Waffen umkehren müsst. Der Feind steht in unserem eigenen Lande. Stürzt die am Kriege Schuldigen, das ist das einzige Ziel, das Opfer wert ist. Deutsche Frauen! Von Euch hängt alles ab. Noch erinnert Ihr Euch an die Schrecken des letzten, vier Jahre dauernden Krieges. Handelt wieder so wie zu Ende des Weltkrieges, dann wird dieser Krieg nicht vier Jahre dauern. Lasst euch nicht ausbeuten. Leistet Widerstand bis zum äusser- sten gegen diesen Krieg und die für ihn Verantwortlichen. Deutsche Jugend! Sei die Flamme der Revolution — das ist heute Deine Aufgabe und Dein Vorrecht! Schliesst Euch alle zusammen! Malt Parolen an, verteilt Flugblätter: FUHR FRIEDEN, FREIHEIT UND BROT! SCHLUSS MIT DEM KRIEG! NIEDER MIT HITLER! Gewerkschaftler, sozialdemokratische und kommunistische Arbeiter der Siemens Rüstungswerke. Patriotismus und Humanität In Ergänzung der Besprechung des Buches von Otto Strasser über Masaryk und der Worte Masaryks bringen wir den folgenden Auf- satz von Benesch, dem engsten Mitarbeiter und Nachfolger Masaryks und Präsidenten der Tschechoslowakei. Eine Nation als Kollektiv kann der Welt von heute nur dadurch etwas sein, dass sie ihr System der nationalen Kultur auszubilden vermag. Diese nationale Kultur, die die politische, wirtschaftliche, soziale, künstlerische, moralische und geistige Kultur einschliesst, blieb in der Geschichte der Menschheit nur dann etwas Dauerhaftes und Grosses, wenn sie mit den Idealen der Menschheit, der Humanität übereinstimmte. Darum müssen alle nationalen Kulturen nach der Harmonie mit den Idealen der Mensch- heit streben; sie können sich nicht abschlössen, sie sollen sich nicht ge- waltsam bekämpfen. Sie können und sollen um ideelle und moralische Werte wetteifern. Patriotismus ist mir die Liebe zur Kultur des eigenen Volkes und die Achtung vor der Kultur des anderen Volkes. Ein echter Patriot ist mir daher derjenige, der begreift, dass die Nation und die nationale Kultur ein Ausdruck des Menschentums ist und zu sein hat — und schönes, erhabenes und vollkommenes Menschentum kann sich wieder nur in nationalen Kulturen und bei Einzelmenschen in der Liebe und der Achtung zu ihnen äussern. Darum gibt es keinen Gegen- satz zwischen ihnen: das nationale Gefühl und das Gefühl der Mensch- lichkeit ergänzen sich. Sie sind zwei Seiten einer und derselben reinen, goldenen Medaille. Es kann nach meiner Meinung niemals einen glühen- deren, heisseren, stärkeren Patriotismus geben als den, der sich nur als Ergänzung der grossen allmenschlichen Moral empfindet. In der Ge- schichte war ein grosser Mensch stets ein grosser Patriot; dieser Satz sagt aber nicht die Wahrheit, wenn man ihn umkehrt. 18 Ich habe meine nationale und menschliche Pflicht im Ringen um die na- tionale Selbständigkeit nicht darum erfüllt, weil ich die Nation, das Kol- lektiv, als einen Faktor ansah, der sich selbst genügt und sich Selbst- zweck ist. Ich erfüllte diese Pflicht einfach darum, weil ich es als ein Ge- bot der Menschlichkeit betrachte, dass jedes Individuum ebenso wie je- des Kollektiv-Individuum — eine Nation — frei und selbständig leben und seine nationale Kultur ausbilden soll. Für den, der an humanitäre Ideale glaubt, ist jeder Schritt, jede Hand- lung und jedes Gefühl ein Dienst für die Menschheit, für die Nation und für die Entfaltung der eigenen Individualität zugleich. Eine solche Arbeit und ein solcher Dienst erwartet keine Anerkennung und keine Entlohnung und verlangt sie nicht. Sie ist sich selbst Ziel, gewährt dem Einzelmen- schen die grösste Genugtuung, die grösste persönliche Geltung. Eine sol- che Arbeit pflegt mit religiösem Glauben getan zu werden und geweiht zu sein. Den Idealen der Humanität dienen, heisst aber auch, sie verteidigen. Es ist nicht human, Böses zu tun, aber es ist auch nicht human und sittlich, Böses zu dulden oder dagegen gleichgültig oder neutral zu sein. Das hu- manitäre Ideal erfordert, überall und in allem das Böse abzuwehren. Da- her ist die humanitäre Moral keine Schwachheit, wie Chauvinisten und Machtphilosophen den Leuten einzureden trachten, im Gegenteil, sie ist die Moral der starken und kulturell reifen Menschen. Die Philosophie der Macht ist eine Philosophie der Animalität und der Barbarei. Sie verur- teilt jeden, der nicht Kraft und Macht hat, zur Sklaverei, vor allem freilich das schwache Volk. Und wenn ihr dennoch ein schwacher Mensch oder eine schwache Nation anhängt, so ist es entweder Entartung oder komisch. Durch die humanitäre Moral wird dagegen das nationale Ideal viel höher als durch alle Machtphilo- sophien erhoben. Sie vermag auch Macht und Kraft zu schätzen und zu verwenden, stellt sie aber in den Dienst des Rechtes und der Wahrheit und weist auf das entschiedenste jenen moralischen Zynis- mus zurück, der die Ideen des Rechtes und der Gerechtigkeit auf der materiellen Macht und Kraft aufbauen will. Sie zieht jeden einzelnen zu grösseren Opfern und zu entschlossenerem Kampfe heran, als jeder na- tionale Imperialismus und Macchiavellismus, die sich bisher immer schliesslich gegen ihre Urheber gewendet haben. Achtung vor dem Men- schentum und seine unnachgiebige Verteidigung, — das ist und war stets mein Patriotismus. Es war und bleibt der wirksamste und heiligste Pa- triotismus! Ich machte diese Ideen ebenso im Verhältnis von Mensch zu Mensch wie von Nation zu Nation geltend, ebenso in politischen wie in wirtschaftli- chen und sozialen Fragen, ebenso in Fragen der privaten wie der öffent- lichen Moral. Ein Mensch, für den das wohlverstandene Ideal des Menschentums et- was bedeutet, bedenkt in Schicksalsstunden des Lebens seine sittliche, nationale und menschliche Pflicht, bedenkt die Eventualitäten, bereitet sich und seine Lieben auf sie vor und schreitet ohne Rücksicht, was auch rechts und links von ihm vorgehen mag, vorwärts. Fällt er, so fällt er; dann wird er in künftigen Generationen auferstehen und siegen. Siegt er, so hat er seine grosse Pflicht erfüllt und triumphiert für die gegenwär- tigen und künftigen Generationen. 19 Die englische Arbeiterpartei über die Kriegsziele Vor einer Versammlung der Abgeordneten und Kandidaten der eng- lischen Arbeiterspartei hat Attlee eine in langen Beratungen vorbe- reitete Rede gehalten, die als Stellungnahme der Partei angesehen werden darf. Darin heisst es: Der erste Grundsatz ist, dass es keinen Diktaturfrieden geben soll. Wir haben keinen Grund, das deutsche Volk zu demütigen, niederzuwerfen oder zu zerreissen. Die Opfer des Angriffs haben Anspruch auf Wieder- gutmachung, aber jeder Gedanke an Rache oder Strafe muss ausge- schlossen sein. Wenn der Friede dauerhaft sein soll, muss er aus dem. Einvernehmen aller, nicht aus dem Diktat einiger weniger Völker her- vorgehen. Der zweite Grundsatz ist die Anerkennung des Rechts jedes Volkes, ob gross oder klein, ohne Rücksicht auf Rasse und Religion, zu leben und seine eigene Kultur zu entwickeln, sofern es dabei nicht die Rechte an- derer Völker verletzt. Der Deutsche muss seine Vorstellung von dem Vor- rang der deutschen Rasse aufgeben und anerkennen, dass der Pole, der Tscheche und der Jude ebensoviel Recht wie er, nicht mehr und nicht weniger, auf einen Platz in der Welt und einen Anteil an den Reichtü- mern der Natur haben. Ebenso muss der Engländer anerkennen, dass das Gleiche auch für den Afrikaner oder jeden anderen Einwohner des britischen Weltreichs gilt. Der Deutsche muss dem Oesterreicher das Recht zugestehen, selbst über seine Zukunft zu bestimmen. Ebenso muss der Engländer dieses selbe Recht dem Inder einräumen. Drittens: es darf keinen Angriff und keinen Gebrauch von Waffengewalt als Mittel der Politik geben. Der Krieg muss zum Verbrechen erklärt und die Geltung des Rechts gesichert werden. Viertens: erforderlich ist die Anerkennung der Rechte nationaler Rassen- und religiöser Minderheiten. Wo in einem Staate Rassenminderheiten vorhanden sind, muss als wirksame Instanz eine internationale Körper- schaft über die Souveränitätsrechte des einzelnen Staates gesetzt werden. Fünftens: muss der Grundsatz angenommen werden, dass internationale Anarqhie unvereinbar ist mit dem Frieden, und dass daher im gemein- samen Interesse eine internationale Instanz nicht nur höhere Rechte, son- dern auch die Macht haben muss, sie durch politische oder wirtschaftli- che Massnahmen durchzusetzen. Europa muss sich als Föderation zu- sammenschliessen oder zugrundegehen. Sechstens muss der Imperialismus aufgegeben und der Grundsatz aner- kannt werden, dass bei der Verwaltung der Kolonien und der Schutzge- biete, denen die Selbstregierung noch nicht zugestanden werden kann, die Interessen der Eingeborenen entscheidend sein müssen, und dass alle Länder gleichen Zutritt zu Märkten und Rohstoffen haben müssen. Dies kann am besten erreicht werden durch ein erweitertes und verstärktes Mandatsystem unter einer internationalen Instanz. Die Annahme dieser Grundsätze erfordert die Schaffung internationaler Einrichtungen zu ihrer Durchführung. Insbesondere bedeutet das Fortbe- stehen einzelstaatlicher Streitkräfte die Fortdauer der Voraussetzungen und der Mittel des Krieges. Statt dessen muss eine internationale Streit- macht von so überlegener Stärke bestehen, dass kein Angreifer sie her- auszufordern wagt. 30 Argentinische Abfuhr nazistischer Taktlosigkeit Das jüngst von der "Junta zur Rückge- winnung der Malvinen" erlassene Mani- fest muss die Nazis schwer enttäuscht haben. Versuchen doch die Goebbels- Sendlinge seit Kriegs-Ausbruch die ar- gentinische Volks-Stimmung gegen "den bekannten Dieb John Bull", der die Mal- vinen gestohlen hat, aufzupeitschen. Aber ach, die Junta lehnt diese unerbe- tene Bundesgenossenschaft ausdrücklich und entschieden ab, indem sie erklärt, die Rückgewinnung der Malvinen "wird ein Werk sein, das verwirklicht werden wird durch die ausschliessliche Anstrengimg, wir unterstreichen das Wort (!), der Ar- gentiner-" Nicht genug mit diesei betonten Abfuhr, wird den Herren Nazis aber noch klar gemacht, warum man auf ihre Hilfe ver- zichtet: weil man die Methoden brauner Aussenpolitk ablehnt. Man hofft vielmehr darauf, die Inseln zurückzugewinnen "durch die Rechtsmit- tel, die der internationalen Politik ent- sprechen", denn, so heisst es weiter: "Wir sind immer im Geiste der Gerechtigkeit vorgegangen... Die unvernünftige Ge- walt hat niemals erreicht, unser Volk zu verleiten oder einzuschüchtern." Damit man aber nicht etwa auf den Ge- danken verfällt, dass diese Worte ein Hinweis auf die früheren englischen Er- oberungs-Methoden sein sollen, wird noch hinzugefügt: "Wir wohnen einem Prozess moralischen Verfalls bei, der die Charaktere erschlafft und die Menschen für die Knechtschaft vorbereitet... Die Zukunft des Menschen ist in Gefahr, der das Risiko läuft, ge- knechtet und in das blinde Instrument materialistischer Kräfte verwandelt zu werden." Darum wende man sich "gegen alle sogenannten Befreiungs-Aktionen, bei denen das den Schwachen verpfändete Wort jedes Wertes entbehre und deshalb jeder Pakt und jede Vereinbarung illu- sorisch werde." Kann man überhaupt noch eine treffen- dere Charakterisierung der Nazi-Aussen- politik finden? Wenn aber die geistig- minderbemittelten Hitler-Jünger noch nicht verstanden haben sollten, was die höflichen Worte der Junta ihnen sagen, so wollen wir es ihnen auf gut deutsch erklären: "Ungebetene Gäste — und Bun- desgenossen — gehören vor die Tür. Packt Eure Koffer!" AUFSTAND Ich will nicht mehr die Hungerstrasse schwanken, die uns des Reichen Peitsche wies! Wem haben wir das Hungerleben zy ver- danken? Dem fetten Dieb, der Ehrlichkeit als höchste Tugend pries! Die Mächtigen der Erde sind emporge- stiegen aus Elend, Ungezieferstroh, weil sie dem Bösen sich verschrieben! Nur recht! Ihr werdet nicht mehr froh! Enttront habt ihr die alten Götter alle, die heiligen Schriften lästerlich ver- brannt und aufgehängt in kalter Ruhmeshalle das eigne Bild — ihr seid erkannt! Bald flitzen durch die asfaltierten Strassen nicht mehr die stolzen Staatskarossen, die wir noch grüssen mussten mit erho- benem Arm, bald dröhnt durch sie der Racheschritt der "Volksgenossen" — ich hör euch winseln: Gott erbarm! Ihr selber kanntet kein Erbarmen: "Löscht aus die frechen Kreaturen!" Wo sind die schützenden Gendarmen, die euch auf "ewig" Treue schwuren? Verlassen steht ihr vor dem Richter, bald ist das Trauerspiel vorbei; dann flammen auf die Lichter befreiter Menschheit: Schönster Mai! LARS BRODERSEN. DER UNPOLITISCHE HILFT DEN NAZIS, ALSO DEN VERDERBERN DEUTSCHLANDS 21 Stimmungsbarometer "Wir wollen weiter marschieren, wenn auch alles in Scherben fällt, denn heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt." Als neulich das obenstehende schöne Lied wieder einmal in der Deutschen Stunde aus dem Radio Paris ertönte, ist eine nachdenklich gestimmte Amtsstelle auf den Gedanken gekommen, dass ja auch Argentinien zu der Welt gehören könnte, von der Hitlers braune Mannen sagen, dass sie ihnen gehören soll. Und vorsorglicherweise sind diese und ähnli- che Manifestationen hitleristischer Wunschträume bis auf weiteres verboten worden. Wir müssen in diesem Falle für die Nar zis auf mildernde Umstände plädieren, ob- wohl das nicht zu unseren Gewohnheiten gehört. Die Führer der diversen Wohltä- tigkeits- und Kulturverbände sind in ei- ner keineswegs beneidenswerten Lage. In einer Zeit wie der heutigen sollten sie alle — wenigstens soweit sie den unteren und •mittleren Dienstgraden angehören — im Schützengraben durch die Tat beweisen, dass es ihnen um ihre Gesinnung und die grossen Worte von gestern ernst ist. Statt dessen verharren die Braven he- iroisch im sicheren Argentinien, gehen ins Kino und auf den Ball, führen ihre Frauen spazieren, gehen ihren Geschäf- ten nach und erkaufen sich ihre Seelen- ruhe durch ein gelegentliches Eintopf- essen oder eine Spende an das WHW. Selbst die Etappenschweine im Dritten Reich, selbst d£e oberste Nazigarnitur, sogar der Führer im bombensicheren Felspalast von Berchtesgaden sind hun- dertmal mehr gefährdet als alle unse- re Müller und andere Thermänner. Auch der verbissenste Hitlergegner muss zuge- ben, dass das für die "argentiniendeut- schen" Nazis keine angenehme Lage ist. Was sollen sie also anderes tun, als sich und den andern an Hand von Hitlerwor- ten und Hesszitaten vormachen, dass das oberste Gebot jedes wahren braunen Kämpfers hierzulande heisst: "Harre aus! Halte durch! Ein Schuft, wer von den argentinischen Fleischtöpfen deser- tiert!" Dieser Parole entsprechend bom- bardieren die Helden in Buenos Aires das perfide Albion mit ihren hysteri- schen Schimpfkanonaden und kleben an heimlichen Orten die kleinen Malwinen- zettelchen an, dem derzeitigen Erbfeind so einen Todesstoss nach dem andern versetzend. Und dann kamen die blauen Jungs voll der "Graf Spee'. Junge Leute, die alle Etappen der Nazidressur von den Pimp- fen bis zur SA durchlaufen haben. Sie haben Krieg geführt auf eine romanti- sche, abenteuerliche und nicht ungefähr- liche Art. Sie haben die afrikanischen Küsten abpatrouilliert, vor Madagaskar gekreuzt, sich einmal sogar als französi- sches Panzerschiff ausgegeben, haben wie die Seeräuber der Kinderbücher sich an dem Schinken, dem Whisky und den Zigaretten gütlich getan, die sie auf den gekaperten englischen Handelsschiffen vorfanden. Sie haben schliesslich die er- ste grössere Seeschlacht des Krieges mit- gemacht, für deren blamablen Ausgang sie nicht verantwortlich gemacht werden können — musste nicht das Herz eines jeden Nazis höher schlagen, als die blauen Jungs von der "Graf Spee" nach Buenos Aires kamen? Es schlug höher. Die Seeleute konnten sich bald vor lau- ter Einladungen nicht mehr retten. Je- der wollte mindestens einen für sich mit Beschlag belegen, um sich in seinem Ruhm zu sonnen. Aber was für einen erbärmlichen Ein- druck haben unsere braven Nazioten auf die richtigen Nazis gemacht, die sich auch unter der Besatzung der "Graf Spee" befinden! Was haben sie ihnen nicht alles für Bären aufgebunden von ihrem "Kampf" hier in Argentinien, von den Saalschlachten mit Juden, Elmigran- ten und Kommunisten, die hier einst- mals die Oberhand hatten! Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Speeleute bis in die Offizierskreise hinein sehr schwer enttäuscht sind über diese "deutsche Ko- lonie", die vom Geiste des Dritten Reiches auch nicht einen Hauch verspürt hat, sondern offenbar durch den ver- bindlichen Einfluss der Umwelt eines de- mokratischen Landes völlig degeneriert ist. Einer unserer eifrigen Fraunde schickt uns aus dem Tigre-Delta einen Brief, in dem er von den Schwierigkeiten spricht, die ihm seit Ausbruch des Krieges er- wachsen sind. Während die Argentiner im allgemeinen viel mehr Sympathie für DAS ANDERE DEUTSCHLAND auf- bringen als früher, ist bei den Deutschen festzustellen, nach den Beobachtungen unseres Freundes, dass "Leute, die ich schon gewonnen glaubte, einfach nicht mehr verstehen können, dass Hitler und Deutschland zweierlei sind." Wir selber wissen um die Schwierigkeiten, auf die unsere Aufklärungsarbeit bei denen stösst, die der Verdummungspropaganda der Nazis zum Opfer gefallen sind. Das 22 ist jene Sorte, die sogar glauben wür- den, dass zwei mal zwei sechs ist, wenn der Führer es ihnen zu befehlen glaubt. Von Deutschland selbst wissen wir, dass der Prozentsatz der unheilbar Gläubigen im Fallen begriffen ist und die Partei je- ner in unaufhaltsamem Steigen ist, die es sich nicht abgewöhnen wollen, mit ih- rem eigenen Kopfe zu denken. Aber es dürfte wohl noch eine geraume Zeit Was- ser durch die Kanäle des Deltas fliessen, bis die Möchtegernnazis in Argentinien die Ohren spitoen werden. Immerhin darf uns die Schwere unserer Aufgabe nicht davon abhalten, sie in Angriff zu nehmen. Auch denen, die uns nicht hö- ren wollen, werden wir immer wieder zurufen: wir sind gegen Hitler, aber für Deutschland. Mit dem neuen Jahre haben wir neue Quittungsblocks für unsere Vertreter im argentinischen Innern eingeführt. Die alten haben ihre Gültigkeit verloren. Al- le Freunde, die die neuen Quittungs- blocks noch nicht besitzen, werden ge- beten, sich mit der Administration in Verbindung zu setzen. Im Ausland und an Orten, wo wir noch keine Vertreter haben sollten, wendet man sich direkt an uns. Ein grosser Teil der Nationen Europas liegt im Krieg. Schon vom letzten Welt- krieg hat man gesagt, dass es der letz- te sein sollte. Auch dieser Krieg wird nicht der letzte sein, wenn die Völker nicht die Aufgabe einer Neil Organisie- rung Europas in Angriff nehmen wer- den. Dieses Thema steht schon heute auf der Tagesordnung. Wir haben eine Rei- he von Persönlichkeiten aus der Engli- schen, französischen, tschechischen, pol- nischen und italienischen Kolonie um ihre Meinungsäusserung zur Frage der europäischen Neuordnung gebeten und werden ihre Antworten in den nächsten Nummern abdrucken. ACHTUNG! Achten Sie bitte sorgfältig auf unsere Adresse: LA OTRA ALEMANIA, Tucu- män 309, Buenos Aires. Post, die an un- sere frühere Anschrift (casilla de correo) gesandt wird, erreicht uns nicht. ADRE SSENAENDERUNGEN müssen der Administration umgehend mitgeteilt werden, wenn Verzögerungen in der Zustellung von DAS ANDERE DEUTSCHLAND vermieden werden sol- len. SCHLAGLICHTER DIESMAL NICHT! Auf einem Bahnsteig in Paris verteilte in den Tagen der Mobilmachung eine gut- mütig-eifrige Dame Blümchen an Solda- ten ,die zur Front fuhren. Der Unteroffi- zier sammelte die Blumen wieder ein unr gab sie mit den Worten zurück: "Mada- me, diesmal ist das nicht!" KRIECHEN SEHR GUT! Aus einem Sportbericht des "Völkischen Beobachters": "Ganz allgemein aber sah man sehr gute Leistungen, vor allem im Kriechen". Ein Triumph nationalsozialistischer Er- ziehung! "NEUTRALITAET" Aus direkter Quelle erfahren wir folgen- des: Ein schweizer Redakteur fragt beim Zen- sor an, ob es noch erlaubt sei, aus "Wil- helm Teil" zu zitieren (natürlich handelt es sich um Stellen, die dem Hitlerregime unerwünscht klingen). Er erhält zur Ant- wort: "Ich möchte lieber davon abraten". VOM VOELKERBUND Der Völkerbund hat 70 Beamten, die dem Ruf ihres Landes zu den Waffen folgten, die Gehaltsauszahlung gesperrt. Inzwi- schen beziehen die deutschen Reichsange- hörigen, die der Völkerbund heute noch in ihren Stellungen belassen hat, ihre vol- le Besoldung". ("Journal des Nations".) KRIEG UND MODE In einem Aufsatz über Pariser Mode le- sen wir: "Es gibt auch praktische und bequeme Kleider für den nächtlichen Flugalarm und die Schutzkeller. Ausserdem haben sich die Modistinnen angestrengt, eine Coiffure zu finden, die gut zur Gasmas- ke steht." — Daneben sieht man ein Bild mit der Unterschrift: "Hier die in Paris kreierte Tenue für die Fliegerschutzkel- ler", und ein anderes, auf dem man eine Modistin mit der Gasmaske und der "in- genieuse coiffure" sieht, die "so gut zur Gasmaske passt". — Sie flechten und we- ben himmlische Rosen ins irdische Leben. VERGESSEN SIE NICHT unseren Hilfsfonds. Für den Hilfsfonds des ANDEREN DEUTSCHLAND zu ge- ben, ist Pflicht eines jeden Hitlergegners. Senden Sie Ihre Spende an LA OTRA ALEMANIA, Tucumän 309, Buenos Aires. Jeder Eingang wird quittiert. 23 Zum letzten Mal wird DAS ANDERE DEUTSCHLAND mit dieser Nummer an eine grosse Anzahl von Personen versandt, die unsere Zeitschrift drei Monate ko- stenlos zur Probe bekommen haben, wenn wir nicht bis spätestens den 1. Februar eine feste Bestellung von ihnen bekommen haben. Füllen Sie noch heute den untenstehenden Bestellschein aus. An DAS ANDERE DEUTSCHLAND, Revista Mensual Tucumän 309 BUENOS AIRES. Ich bestelle hiermit die Monatsschrift DAS ANDERE DEUTSCHLAND ab ......................... auf .... Jahr. Der Betrag von Pe- sos ........ für das Abonnement und von Pesos ........ für den Hilfs- fonds liegt als Postbono — giro postal — Scheck — bei. Vor- und Zuname:.............................. Strasse....................,.................. Ort...................................... Bitte leserlich schreiben — Nichtzutreffendes streichen. Drei Monate kostenlos zur Probe versenden wir "Das Andere Deutschland" an Adressen, die uns von unseren Abonnenten aufgegeben werden. Benutzen Sie den untenste- henden Schein: I......................................... ........................................... 3.......................................... 4......................................... 5.......................................... 6........................................... Name und Adresse des Abonnenten: 24