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Das Andere
Deutschland
(LA OTRA ALEMANIA)
Periodico Aiemän Independiente
JAHRGANG HI — Nr. 29
BUENOS AIRES, 15. August 1940
EINZELNUMMER 30 CENTAVOS
JAHRESABONNEMENT: 3 PESOS
Wie geht es weiter?
Sterndeuter und Propheten, die für
Ende Juli grosse kosmische und po-
litische Erschütterungen voraussagten,
haben sich geirrt. Weder ist Hitler
am 27. Juli ermordet worden, noch
ist die Invasion gegen England bis-
her gestartet worden, die heute kern
Blrtzangriff sein würde, da das Mo-
ment der Ueberraschung nicht mehr
vorhanden ist. Wird der Angriff be-
gonnen haben, wenn diese Zeilen in
Druck gehen? Wird er im August
stattfinden? Wird er überhaupt un-
ternommen werden?
Wenn das Risiko nicht sehr gross
wäre, hätte man die Wochen der eng-
lischen Schwäche unmittelbar nach
dem Zusammenbruch Frankreichs
wohl trotz <ier sicherlich grossen.
Hoffnungen auf die englische Quin-
ta Columna ausgenützt. Diese Hoff-
nungen, die nach den ausgezeichne-
ten Erfahrungen, die man früher mit
Ohamberlain und Montague Norman,
mit Clivedon Set und City gemacht
hatte, gewiss nicht unberechtigt er-
schienen, sind nicht in Erfüllung ge-
gangen. Heute ist England geistig und
materiell weit besser zur Abwehr ge-
rüstet als vor sechs oder sieben Wo-
chen.
Ferner aber mahnen die Vorgänge
auf dem Balkan und Russlands Hal-
tung zur Vorsicht. Ein Misslingen des
Angriffs könnte hier sehr unerfreuli-
che Rückwirkungen zeitigen. Ein sol-
ches Misslingen könnte darüber hin-
aus alle bisherigen Erfolge in Prä-
ge stellen. Hitler ist zwar heute mi-
litärisch der Herr des ausserrussischen
europäischen Pestlandes, aber obwohl
die Grenzen ziemlich hermetisch ab-
geschlossen sind, kann es doch keinem
Zweifel unterliegen, dass die unter-
jochten Völker keineswegs "befriedet"
sind, und dass die in Folge der eng-
lischen Blockade wachsende wirt-
schaftliche Not nach einem Misslin-
gen des Angriffes auf England im
Winter zu schweren Erschütterungen
der Hitlerdiktatur führen müsste. viel-
leicht sogar in Deutschland selber.
Das Zögern Hitlers ist umso ver-
ständlicher, als er sich Hoffnungen
machen darf, England ohne direkte
Invasion niederringen zu können. Mit
Unterstützung Mussolinis nicht mr,
sondern auch unter Mitwirkimg Fran-
co-Spaniens und Jajpans liesse sich
T
vielleicht die englische Blockade kon-
terkarieren. Mussolini hat bereits mit
dem Angriff auf Englisch-Somaliland
lind auf Aegypten, dessen Ziel Alexan-
drjen und der Suezkanal ist. einge-
setzt *
Franco-Spanien ist durch den Bürger-
krieg und durch die Unfähigkeit der
Pranquisten am Rande des Abgrundes.
Oer jetzt schon dort wütende Hunger
würde durch ein Bündnis mit Hitler
und Mussolini, die Spanien nicht mit
Lebensmitteln beliefern können, noch
furchtbarere Ausmasse annehmen,
Aber da Franco trotz aller lächei'L-
chen Grossprechereien nicht in der
Lage ist, eine selbständige, geschwei-
ge denn eine Grossmachtpolitik zu
treiben, wird er tun müssen, was seine
Protektoren von ihm verlangen. Für
diese ist Franco-Spanien nicht wegen
seiner militärischen und wirtschaftli-
chen Stärke wesentlich, sondern we-
gen des zu startenden Angriffs auf
Gibraltar, und um von der spanischen
Küste aus die englischen Zufahrtswege
auf dem Atlantik mit Flugzeugen and
XJ-Booten zu bedrohen.
Wie weit Japan gewillt ist, Hit-
lers Spiel gegen England mitzuspielen,
lässt sich nicht mit Bestimmtheit sa-
gen. Mit Worten betont das neue Mi-
litärkabinett sehr stark den japani-
schen Willen, an der faschistischen
Neugestaltung der Welt im Rahmen
einer asiatischen Girossraumpolitik
mitzuwirken. Man darf aber nicht ver-
gessen, dass das an sich schon schwa-
che Wirtschafts- und Kriegspotential
Japans durch den langen Krieg mit
China noch mehr geschwächt ist, und
dass Japan für seine Kriegführung in
hohem Masse davon abhängig ist,
dass USA es mit Petroleum und mit
Eisen beliefert. Immerhin ist es mög-
lich, dass gerade diese Abhängigkeit
und die Drohung, der japanischen
Plugwaffe kein Naphtha mehr aus
USA zu liefern, die japanischen Mili-
taristen zu einem plötzlichen Angriff
gegen Holländisch-Indien veranlassen
könnten. Das würde den gegenwärti-
gen Krieg auf den Stillen Oezan aus-
dehnen, und ihn in vollem Umfang
zum Weltkrieg machen.
Eir.es ist sicher. Unter Hitlers Rüh-
rung schicken sich die Achsenmächte
zum Generalangriff gegen das briti-
sche Weltreich an. Niemand ?st in der
Lage vorauszusagen, wie der Erfolg
dieses Ansturms sein wird. Aber zwei-
erlei muss betont werden. Erstens:
England ist ganz gewiss nicht schuld-
los in. seine gefährliche Situation ge-
kommen. Es hat die Mandschurei
preisgegeben und damit der japani-
schen Aggression in Asien Tür und
Tor geöffnet. Es hat Abessinien in
Stich gelassen und damit Mussolini
die Machtposition verschafft, von der
aus er jetzt zum Angriff schreiten
kann. Es hat die Niederlage der spani-
schen Republikaner und den Sieg der
Franquisten verschuldet und damit
selbst seine Position in Gibraltar un-
tergraben. Seine Lage erscheint heute
um so bedrohter, als die Schuldigen
an dieser Entwicklung noch immer
nicht zur Rechenschaft gezogen sind,
vielmehr weiterhin wichtigste Posten
bekleiden, weil mit anderen Worten
kein völliger und weithin sichtbarer
Brach mit der trüben Vergangenheit
erfolgt ist.
Das zweite aber, was gesagt werden
muss, ist, dass es für den Antifaschi-
sten trotz alledem völlig falsch ist,
die Niederlage Englands zu wünschen.
Wie die Dinge liegen, ist England
heute der Hauptgegner der faschisti-
schen Weltverschwörer gegen alles,
was Menschenrecht, Freiheit, Kultur
heisst. Die Gefahr, dass ein reaktio-
näres, ein konservativ-kapitalistisches
England einen zu grossen Sieg in die-
sem Kriege erringen könnte, besteht
nicht mehr. England kann in diesem
Existenzkampf nur siegen, besser nur
sich vor der Vernichtung retten, wenn
es sein Gesicht verändert. Nicht nur
Indien wird Dominium werden, auch
die englische Arbeiterschaft wird eine
ganz andere Stellung einnehmen mü-
ssen als bisher. Für die Interessen der
Citylords werden weder die Inder,
noch die Arbeiter kämpfen.
Wie es weiter geht, das hängt aber
ferner entscheidend von USSR und
USA ab. Beide müssen wünschen, dass
England sich behauptet gegen den
konzentrischen Ansturm. In USA sieht
man das immer mehr ein. Das Auf-
rüstungsprogramm wird immer gewal-
tiger. Die Havannakonferenz, die so
geschickt vorbereitet war. dass sie sich
nicht torpedieren liess, hat, ohne zu
weitgehende Hoffnungen zu erfüllen,
doch die panamerikanische Zusam-
menarbeit und die gemeinsame Ab-
wehr der faschistischen Bedrohung
gefördert. Wie weit diese Zusam-
menarbeit reichen wird, hängt mass-
2
gehend, davon ab, was USA ökono-
misch den südamerikanischen Staa-
ten zu bieten hat. Jedenfalls rüstet
sich USA militärisch und politisch
darauf, entschiedener als bisher in den
grossen Weltbrand einzugreifen. Ob
seine Hilfe für England früh genug
kommt oder wirksam genug ist, ist
eine andere Frage.
Für Russlands Haltung gilt weiterhin
das schon früher hier Gesagte: Seine
Politik bleibt doppelgesichtig. Es be-
tont seine freundschaftlichen Bezie-
hungen zu Hitlerdeutschlancü und
deckt Hitler im Osten den Rücken.
Aber praktisch baut es weiterhin sei-
ne Stellungen in einer Weise aus, die
sich gegen Hitler und seine Pläne
richtet. Aus dieser Politik erwächst
die grosse Gefahr, dass Hitler Eng-
land niederwerfen und sich dann ge-
gen Russland wenden könnte. Wir
sind nach wie vor der Meinung, dass
Stalins ureigenstes Interesse wünschen
muss, dass England nicht völlig be-
siegt wird. Es handelt sich nicht dar-
um, für andere Kastanien aus dem
Feuer zu holen, sondern darum, Russ-
land vor dem Naziritt nach Osten zu
sichern. Hitlerdeutschland ist der ge-
fährlichste Feind für Sowjetrussland,
nicht England.
Zum Schluss noch ein Wort gegen
die Pessimisten. Wir wissen nicht,
wie der gegenwärtige Kampf gegen
England ausgehen wird. Aber wir wis-
sen, dass Hitler und der Faschismus
wohl ein ungeheueres und unver-
meidlich gewordenes Werk der Zer-
störung durchführen, dass sie aber
nichts Positives und Dauerndes auf-
bauen. können. Selbst durch ihre Er-
folge graben sie am eigenen Grab. Sie
werden immer neu Gegenkräfte wach-
rufen, und diese Gegenkräfte werden
um so eher triumphieren, als sie nicht
nur die Vernichtung des Faschismus,
sondern den sozialen und politischen
Neubau der Welt zum Ziele haben.
Das Andere Deutschland
in Misiones
Als vor mehr als einem Monat Ab-
teilungen des Gendarmeriekorps in
Apöstoles und Colonia Liebig etwa
vierzig Nazis verhafteten und an ver-
schiedenen Stellen Haussuchungen
durchführten, schrien die amtlichen
Stellen der Nazipartei sofort über
"Deutschenverfolgungen" "Mache der
Juden und Engländer von der Natio-
nalgendarmerie" und behaupteten
nicht mehr und nicht weniger, als dass
Das Andere Deutschland hinter all
dem stecke.
Seitdem sich herausgestellt hat, dass
von der Gendarmerie nicht nur be-
lastendes Material in Hülle und Fülle,
sondern auch Waffen einschliesslich
Maschinengewehren gefunden wurden,
sind die Nazis vorsichtiger geworden.
Die massgebenden Stellen des Dritten
Reiches haben unter Einsetzung all
der Mittel, über die sie verfügen, ver-
sucht, den Fall Apöstoles sang- und
kk iiglos zu beerdigen.
Sie haben bisher keinerlei Erfolg ge-
habt, sowohl dem Pg. Winkelmann,
•dem Konsul in Posadas, als auch dem
Pg. von Thermann in Buenos Aires .ist
bei allen argentinischen Stellen mehr
oder weniger höflich bedeutet worden,
sie mögen sich nicht um Sachen küm-
mern, die sie nichts angehen.
Die Untersuchungen gingen trotz al-
lem weiter. Die Offiziere des Gendar-
meriekorps trieben die Taktlosigkeit
so weit, dass sie in Gegenwart der
Pgs. von der Botschaft, die sich ei-
gens nach Apöstoles bemüht hatten,
15 Mausergewehre und einen Haufen
Munition auf der Quinta von Dr.
Suntheim aus der Erde buddeln He-
ssen.
Dieser Lauf der Ereignisse hat natür-
lich nicht verfehlt, auf die tapferen
Helden von der Nazipartei seine Rück-
wirkungen auszuüben. In Misiones je-
denfalls gibt sich der Durchschnitts-
Pege keineswegs mit der parteioffiziel-
len Erklärung "Deutschenverfolgung",
"Mache des Anderen Deutschland" zu-
frieden, sondern sucht auf eigene
Faust den Dingen auf den Grund zu
kommen.
Eine ganze Reihe von Nazimitläufern
sind bei diesem Bemühen der Lösung
des Rätsels erheblich näher gekom-
men als ihre "Führer". Sie haben
schleunigst die "La Plata Zeitung"
3
abbestellt und haben aus den diver-
sen Naziorganisationen, denen sie an-
gehörten, ihren Austritt erklärt. Selbst
unter denen, die in Apostoles verhaftet
waren, befinden sich solche, die sagen,
es sei von ihnen schon ein Fehler ge-
wesen, dass sie ein paarmal für den
Opferring und die Winterhilfe gezahlt
hätten. Sie schimpften sehr, dass sie
mitverhaftet worden waren, obwohl sie
doch eigentlich gar keine Nazis sind.
Aber wenn sie selber sich in die Lage
der Nationalgendarmen hineinverset-
zen, werden sie zugeben müssen, dass
die argentinischen Beamten keinerlei
Anhaltspunkte dafür finden konnten,
dass sie Nicht-Nazis sind. Hatten sie
nicht selbst ihre wahre Gesinnung mit
dem grössten Geheimnis umgeben?
Im Falle Apostoles hat sich die These
als richtig erwiesen, die Das Andere
Deutschland vertreten hat, solange es
besteht: man kann nicht den Baum
auf beiden Schultern tragen, man
muss sich entscheiden. Wer nicht zu
uns gehört, ist den Nazis zuzurechnen
und muss die Konsequenzen tragen.
Im übrigen besteht keinerlei Anhalts-
punkt für die von den Naziführern
verbreitete optimistische Annahme,
dass anderwärts die Ereignisse von
Apostoles sich nicht wiederholen
könnten. Die Nazis selber wissen zu
gilt, dass Apostoles in keinerlei Weise
eine besondere Rolle in der Nazipar-
tei spielte. Noch viel weniger aber hat
es einen Sinn, grosse Hoffnungen auf
einen Wechsel der argentinischen Re-
gierung zu setzen. Auch darauf hat
Das Andere Deutschland seit Jahr und
Tag hingewiesen: die argentinische
Regierung musste früher oder später
gegen den von den Nazis geschaffenen
Staat im Staate vorgehen, ganz gleich,
welches ihre politische Orientierung
ist. Selbst eine faschistische Regierung
— und gerade sie — kann nicht dul-
den, was sich die Nazis in Argentinien
erlauben. Ist nicht die im übrigen sehr
stark mit dem Dritten Reich sympa-
thisierende Regierung Brasiliens am
ersten und nachdrücklichsten gegen
difc. Organisationen der Nazis vorge-
gangen?
Erfreulich ist, dass die grosse argen-
tinische Presse ausnahmslos anlässiich
der Ereignisse von Apostoles darauf
hingewiesen hat, dass es ein Anderes
Deutschland gibt, das nicht verant-
wortlich zu machen ist für die unge-
setzlichen Treibereien der Nazis.
Wenn dennoch die sich aus Apostoles
ergebende Verschärfung der Gesetze
und die strengere Ueberwachung all-
gemein den Charakter der Beschrän-
kung deutscher Kulturarbeit tragen
wird, so können wir uns dafür allein
bei den Nazis bedanken, die noch
überall in der Welt dem Deutschtum
den Garaus gemacht haben. Und nicht
zuletzt in Deutschland selbst.
Heute fangen in Misiones viele an, das
zu merken. Eine viel zu grosse Zahl
von Siedlern in Misiones ist den Na-
zis nachgelaufen. Es scheint uns ein
bisschen spät, dass sie erst jetzt zur
Besinnung kommen, wo es ihnen an
den Kragen geht. Wären sie von vorn-
herein zusammen mit unseren Freun-
den so gegen die Nazis aufgestanden,
wie das in Colonia Liebig im Schul-
kampfe geschehen ist, dann stände es
heute um das Deutschtum in Misiones
fraglos besser.
Sir.d nicht die Nazis drauf und dran,
die deutschen Siedler, und mit ihnen
alle anderen Einwanderer im wahren
Sinne um die Früchte ihrer Arbeit zu
bringen? Ihnen, und ganz besonders
den deutschen Einwanderern ist die
Erschliessung von Misiones zu danken.
Niemand in den Städten macht sich
eine Vorstellung von dem Schweiss
und den Entbehrungen, die nötig wa-
ren, damit die Einwanderer sich in.
Misiones durchsetzten. Für die meisten
ist Jahre lang ein Glas Bier ein un-
erschwinglicher Luxus gewesen, denn
die meisten sind ohne Kapital ner-
übergekommen. Hier, mitten im Ur-
wald, waren sie völlig auf sich allein
gestellt. Keine Regierung war da, um
ihnen zu helfen, kein Konsul und kei-
ne Wohlfahrtseinrichtung.
Die meisten haben sich durchgebissen.
Und sie haben sich damit das Recht
auf Dankbarkeit erworben. Sie hät-
ten Anspruch darauf, von der argen-
tinischen Regierung gelobt zu werden
für die Arbeit, die sie im Dienste des
argentinischen Fortschritts vollbracht
haben. Davon kann heute nicht mehr
die Rede sein. Nachdem die Siedler
in viel zu grosser Zahl den vom Drit-
ten Reich herübergeschickten Agita-
toren aufgesessen sind, nachdem sie in
ihrer Verblendung ihre Hand gegeben,
haben zur Schaffung von Organisatio-
nen mit hochverräterischen Zielen,
haben sie sich dieses Recht auf
Dankbarkeit verscherzt.
4
Statt dessen kann heute oder mor-
gen ein Ausländerhass entstehen, von
dem an verschiedenen Stellen schon
recht deutliche Anzeichen vorhanden
sind.
Nun gibt es zwar kluge Leute, die
heute — wo sie befürchten, dass man
ih::en an den Kragen will — schon
immer gesagt haben, dass die Nazis
es zu schlimm treiben. Aber sie ha-
ben ein Recht, so zu reden nur dann,
wenn sie von vornherein und gegen-
über jedem diese gleiche Meinung
vertreten haben, so wie unsere Freun-
de vom ANDEREN DEUTSCHLAND
das getan haben.
Klassencharakter
Fünften Kolonne
Es war durch Jahrzehnte in allen
Ländern und Nationen der gangbar-
ste Vorwurf gegen die Angehörigen der
arbeitenden Klasse, dass es ihnen an
der noblen Qualität des Patriotismus
gebräche; sie wurden zu "vaterlands-
lcsen Gesellen" gestempelt. War es
denn nicht auch selbstverständlich? Sie
besassen nichts, diese Proleten, hat-
ten ke'nen Anteil an dem Reichtum
der Nation! Nur die Furcht vor der
Brachialgewalt, die das Vaterland ge-
gen den "inneren Feind" bereithielt,
gebot ihren dunklen revolutionären
Trieben zum Umsturz von Thron und
Altar und Eigentum E'nhalt. Der Krieg
von 1914|18 ramponierte zwar diese
Theorie ein wenig, denn damals —
leider — verbrüderten sich deutsche,
französische und englische Proletarier
nicht über die Schützengräben hin-
weg und Wilhelm II., der jene Schlag-
worte persönlich geprägt hatte, kannte
nun keine Parteien mehr sondern nur
noch Deutsche, nachdem alle sozial-
demokratischen Abgeordneten minus
Karl Liebknecht zum Händedruck im
Thronsaal erschienen waren. Aber
kaum war der Krieg vorüber, da wa-
ren sie es wieder, die angeblich den
"Dolchstoss von Ivnten" geführt hat-
ten, der das Heer, "im Felde unbe-
siegt", zur Kapitulation zwang.
Den Vaterlandslosen Gesellen von 1914
hat man zugetraut, dass sie nicht für
ihr Vaterland kämpfen werden, aber
niemand hätte gewagt vorauszusetzen,
dass sie Spione im fremden Dienst,
Saboteure und Franktireurs im Rük-
ken des eigenen Heeres sein würden
wie die fe'nen Leute der fünften Ko-
lonne von heute. Denn die fünfte Ko-
lonne des Hakenkreuzes setzt sich
nicht etwa aus Angehörigen des deut-
schen Heeres zusammen, die im Rük-
der
ken der norwegischen, holländischen
belgischen, französischen und mor-
gen der englischen Armee für ihre ei-
gene Idee, für ihr eigenes Vaterland
kämpfen als namenlose Soldaten, die
ausser dem Tod auch noch die Hin-
richtung riskieren, sondern aus Ange-
hörigen des angegriffenen Staates, die
Dienste leisten, oft bezahlte Dienste,
der ins Land gedrungenen feindlichen
Armee gegen das eigene Vaterland.
Es ist wichtig, zwei besondere Merk-
male der Fünften Kolonne festzustel-
len: ihre Angehörigen sind nicht Pro-
leten, sondern sie gehören der Cre-
me der herrschenden Klasse an; sie
sind nicht Internationalisten und Pazi-
fisten, sondern sie bekennen sich als
extremste Nationalisten, und ehe der
Ernstfall eintrat, stand ihnen vor lau-
ter patriotischer und nationaler Ex-
tase ständig Schaum vor dem Munde
wie den heulenden Derwischen des
Mahdi.
Die fünfte Kolonne ist der Aus-
druck der Umwertung aller sittlichen
Werte, hervorgerufen durch den so-
zialen Charakter dieses Krieges. In
den Tanks und Flugzeugen der kämp-
fenden Armeen haben die klassenbe-
wussten Repräsentanten der herr-
schenden Klassen ganz richtig die
apokalyptischen Reiter ihres Weltun-
terganges erkannt.
Eines von von den vielen Zeugnis-
sen für den kapitalistischen Klassen-
charakter der fünften Kolonne ist je-
ner Brief des berühmten englischen
Geburtshelfers Dr. Bourne, den der
"News Chronicle", das Blatt der ra-
dikalen Intellektuellen in England, in
seinem Leitartikel abgedruckt hat:
Es ist sehr interessant, die Na-
men der Parteigänger einer
deutschenglischen Freundschaft
5
aufzuzeigen. Der neue Abgeord-
nete für Bournemouth, Sir Le-
onard Lyle, war Mitglied der In-
stitution, die diese Annäherung
erstrebte. Diese Institution zählt
nicht nur mit Einzelmitgliedern,
sondern auch mit der Korpora-
tivmitgliedschaft von Industrie-
firmen und Banken, was auf ein
starkes kommerzielles Interesse
abseits von der allgemeinen
Sympathie für die faschistischen
Prinzipien hinweist. Eine andere
Liste von Direktoren von Ban-
ken, Versicherungsgesellschaften
und bedeutenden Handelsfirmen
beweist, dass eine feste Allianz
zwischen den konservativen Po-
litikern und den industriellen
Interessen an der Unterstützung
des Paschismus besteht.
Und es ist ein anderes Zeugnis für
die Umwertung aller Werte, dass die
Britische Eisenbahnergewerkschaft,
die zu Beginn des Krieges pazifisti-
sche Resolutionen gefasst hat, wie sie
sich die III. Internationale nicht schö-
ner wünschen konnte, auf ihrer
Reichskonferenz zu Beginn dieses Mo-
nats die Ausscheidung der Fünffce-
Kolonne-Mitglieder aus der Regierung
einstimmig verlangte: "Wenn die Re-
gierung reorganisiert werden soll, so
müssen diese Leute unserer Fünf-
ten Kolonne, die noch immer auf ih-
ren Posten verharren, definitiv ver-
schwinden. Ich würde gerne sehen,
dass man sie in eine Lage versetzt,
aus der heraus sie keine Möglichkeit
haben, das Vaterland zu verraten, wie
der Marschall Potain Frankreich ver-
raten hat", sagte der schottische Ei-
senbahner A. H. Paton, der den Antrag
begründete.
Dass alle Geschichte die Geschichte
von Klassenkämpfen ist, dass das
Klasseninteresse die Handlungen der
Exponenten der herrschenden Klas-
se bestimmt, dafür ist das Eingreifen
der Fünften Kolonne in diesen Krieg
ein Zeugnis. Der alte Lloyd George
hat kürzlich durch ein Pressebüro ei-
nen Artikel in der Weltpresse verbrei-
tet — hier stand er am 30. Mai in
der Critica — der später aber inter-
essante Erkenntnisse verkündet:
"Uebrigens hat man den Ein-
druck, dass diese (die franzö-
sische) Regierung nicht den Wil-
len des französischen Volkes re-
präsentiert, sondern wichtige In-
teressenten, die von den französi-
schen Rechtsparteien unter-
stützt werden. Deren Politik ist
grösstenteils für die französische
Niederlage verantwortlich. Sie
haben die Vernichtung der Frei-
heit in Zentraleuropa jeder Ver-
bindung mit Russland vorgezo-
gen. Wenn es gelungen wäre, die
frankorussische Allianz aufzurich
ten, ... glaube ich, dass Hitler
gegen eine so machtvolle Kom-
bination wie Frankreich, Russ-
land und das Britische Reich
sich nicht gewagt, hätte ... Sein
grosser Erfolg war die Ausschal-
tung Russlands ... Dieser un-
heilvolle Wechsel in der Position
der Demokratien ist gänzlich der
Presse und den Politikern der
Rechten zuzuschreiben. Wiewohl
das französische Parlament eine
nominell links gerichtete Mehr-
heit hat, übte die Presse einen
grossen Einfluss aus und befand
sich in Händen von Kapitalisten
der Rechten; auch gesellschaft-
liche und finanzielle Einflüsse,
überwiegend rechtsgerichtet,
trugen dazu bei, die schwächli-
che Gruppe, welche die Linke
führte, moralisch einzuschüch-
tern. Die Presse und das Parla-
ment Grossbritanniens standen
unglücklicherwe' se unter den
gleichen Einflüssen. Darum
wurde die Nichtinterventions-
politik in Spanien, dem Scheine
nach dazu bestimmt, das Gleich-
gewicht zwischen der. demokra-
tischen Republik und den spa-
nischen Reaktionären aufrecht-
zuerhalten, in ein Mittel umge-
wandelt, um die letzteren aufzu-
rüsten, damit sie die Republik
strangulieren konnten. Die spa-
nische Politik der englischen
und französischen Regierung
war der Beginn der schreckli-
chen Niederlage der demokra-
tischen Länder ... Eine energi-
sche und mutige demokratische
Politik in Spanien hätte dos
Bündinis zwischen Frankreich.
Gros^britannien und Russland
konsolidiert, Spanien auf unsere
Seite gestellt in dem Konflikt
jmit den Diktatoren."
6
Der -Gedankengang der Rechten in
Frankreich, England oder irgendwo ist
sehr einfach und entbehrt durchaus
nicht der Folgerichtigkeit: Bevor sie
Frankreich, das ganze Frankreich an
das französische Volk abtreten, tre-
ten sie lieber Teile davon an Hit-
ler ab und behalten den Rest. Der
Schreiber dieser Zeilen war vor und
nach München Ohrenzeuge vieler Ge-
spräche mit Persönlichkeiten in Eng-
land, die sich um die Haltung Eng-
lands zu Hitler drehten. Unvergessen
werden ihm die Aeusserungen eines
sehr nüchternen, sehr kaufmännisch
denkenden Unternehmers bleiben:
"Vaterland? Sie sagen Vaterland?
Was kann denn meinem Vaterland
passieren, wenn Hitler vorbringt?
Vielleicht bekommt er ein Stück Afri-
ka und Asien von uns. Aber ich be-
halte meine Fabrik, bleibe im Auf-
sichtsrat meiner Bank und meiner
Versicherungsgesellschaft. Ich behalte
meine Wagen, meine Pferde, mein
Stadthaus und meinen Landsitz und
mein Vaterland, wenn auch ein biss-
chen verkleinert. Wenn aber diese ver-
dammten Bolschewiken nach Europa
vordringen, verliere ich alles und mein
Vaterland und muss vielleicht froh
sein, wenn man mir erlaubt, diesem
jungen Mann da — er wies auf mich
— nach Südamerika nachzuwandern,
wo ich ein paar Eisenbahnaktien ha-
be."
Zuversicht
Gib mir, Genosse, deine schwere Hand,
in deren Zittern noch die Arbeit lebt!
Uns eint ein unsichtbares Band,
das nur der Gleiche gleich erlebt.
Wir sind vielleicht vom Kämpfen müd,
doch nicht besiegt. Und jeder Schritt
von uns geht mit den Tausend mit.
Was sind die Mühen, die missraten!
Wir dürfen nur nicht von einander gehn —
in jedem Land und jeder Stadt sind Kameraden,
die wir beim siegen wiedersehn.
Oscar Maria Graf
„NEU BEGINNEN!
Im August 1933 erschien eine Broschü-
re, ein dünnes rotes Heft, "Neu Be-
ginnen!" war ihr Titel, in Karlsbad-
"In Deutschland selbst entstanden.,
versuchte sie, die Bilanz aus den Er-
eignissen der jüngsten Vergangenheit
zu ziehen." Seitdem gehört Neu-Be-
ginnen zu den stärksten moralischen
und organisatorischen Kräften der il-
legalen Opposition in Deutschland,
die die Hoffnung wachhalten, dass
einmal wieder diesem gegenwärtigen
ein künftiges anderes Deutschland fol-
gen werde. Nun ist wieder, diesmal in
London, eine wenig umfang-, aber de-
sto inhaltsreichere Broschüre erschie-
nen, die Rechenschaft ablegt über sie-
ben Jahre illegaler Arbeit und über
den geistigen Entwicklungsprozess, den
die Bewegung genommen hat.
Neu-Beginnen ist aus Gruppen ent-
standen, die sich von der offiziellen
deutschen Sozialdemokratie noch vor
dem Zusammenbruch losgelöst hat-
ten. Von dem engen fraktionellen Ge-
sichtskreis, von dem Ausschliesslich-
keitsstandpunkt der geschlossenen
Sekte ihrer Anfangszeit hat sich die
Bewegung im Verlaufe ihrer illegalen
Entwicklung mehr und mehr befreit.
Heute sieht sie die Vergangenheit
nicht mehr unter dem Gesichtspunkt
7
der Schuldfrage, sondern versucht,
sie- als einen historischen Prozess zu
begreifen. Vielleicht gerät sie damit
allzusehr in die (Stimmung des Alles-
verstehen- und darum Alles-verzei-
henwollens. Eis hat seinen guten po-
litischen Sinn, wenn die Frage nach
der Schuld an dem Versagen der alten
Sozialdemokratie an den drei Wende-
punkten der neuesten Geschichte:
1914, 1913 und 1933 schonungslos zu-
ende gedacht wird. Aber vielleicht hat
es für eine illegal arbeitende Grup-
pe, die ihr Gesicht gläubig der Zu-
kunft zukehren muss, mehr Sinn als
für die Emigration, entschlossen ei-
nen Strich unter die Vergangenheit zu
setzen.
Was will Neu-Beginnen?
Die Antwort auf diese Frage sei hier
mit seinen eigenen Worten gegeben:
"Die weltgeschichtliche Bedeutung
des gegenwärtigen Krieges, unabhän-
gig von den Motiven und vorläufigen
Zielen der Kriegsgegner Hitlers, liegt
darin, dass er die entscheidende Aus-
einandersetzung mn Vorherrschaft
oder Untergang des Hitlerregimes er-
öffnet hat. Darum treten wir in die-
sem Kriege eindeutig für die militäri-
sche Niederlage Hitlerdeutschlands ein
— bei voller Erhaltung der Selbstän-
digkeit unserer Ziele und unserer Or-
ganisation. Der Sinn dieser Selb-
ständigkeit besteht darin, dass wir den
Sturz Hitlers unter den günstigsten
Bedingungen für eine demokratische
und sozialistische Entwicklung in Eu-
ropa anstreben: durch eine grundle-
gende demokratische Revolution."
"Auf die furchtbare Lehre, die der
Sieg des Faschismus in Deutschland
für alle Sozialisten bedeutete, sind an-
dere nicht minder erschütternde Er-
fahrungen gefolgt: Aufstieg ünd Nie-
dergang der Volksfront in Westeuro-
pa, die Selbstvernichtung der russi-
schen Bolschewiki, die Wendung der
russischen Diktatur zur Zusammenar-
beit mit Hitler. Der internationale
Vormarsch der Reaktion und die Krise
der sozialistischen Arbeiterbewegung
ist weitergegangen und es ist offenbar
geworden, dass sie auch eine Krise des
sozialistischen Gedankens geworden
ist. Sie beruht darauf, dass der Kampf
um die Verwirklichung des Sozialis-
mus aktuell geworden ist, aber unter
Bedingungen, die sich von den Erwar-
tungen der Arbeiterbewegung grund-
legend unterscheiden und auf die sie
nicht vorbereitet war."
"Der Ausgangspunkt einer Erneuerung
des sozialistischen Denkens muss die
Wiederherstellung der Einheit von
freiheitlichem und revolutionären So-
zialismus sein. Es war das Verhängnis
der Spaltung, dass sie die dogmati-
sche Gegenüberstellung aufrichtete,
als müsste ein freiheitsliebender So-
zialist ein Reformist, ein revolutionä-
rer Sozialist ein Verächter der Frei-
heit sein. Die Ueberwindung dieses
Dogmas kann nur erfolgen in der Her-
ausarbeitung euies konkreten Pro-
gramms des freiheitlichen Sozialismus
und seiner Verwirklichung im revolu-
tionären Kampf. Wir glauben, dass die
deutsche sozialistische Arbeiterbewe-
gung beim Sturz des Faschismus die
geschichtliche Chance hat, diese Lei-
stung zu vollbringen."
"Das Programm des freiheitlichen So-
zialismus kann nur entwickelt werden
an Hand der kritischen Untersuchung
der Grundlagen der neuen planwirt-
schaftlichen Systeme, des deutschen
Plankapitalismus und des russischen
Planbürokratismus. Sozialismus ist
mehr als ein System der ökonomi-
schen Planung und auch mehr als
Planung ohne Kapitalisten auf der
Grundlage des Staatseigentums: So-
zialismus ist die planmässige Lenkung
der Produktion im Interesse der ar-
beitenden Massen selbst, gesichert
durch die aktive Selbstverwaltung die-
ser Massen, die nur in einem frei-
heitlichen politischen System mög-
lich ist. ,Es wird immer klarer, dass
der Uebergang zur wirtschaftlichen
Planung ein Prozess ist, der sich in
verschiedenen Ländern unter ganz
verschiedenen Vorstellungen mit inne-
rer Zwangsläufigkeit vollzieht, einfach
aus der Gesetzmässigkeit der moder-
nen Produktionsweise, aus ihrer Ten-
denz zur Verwissenschaftlichung und
bürokratischen Zentralisierung her-
aus. Darin ist nichts spezifisch Sozia-
listisches, nur die wirtschaftstechni-
sche Voraussetzung des Sozialismus.
Freiheit ohne Plan wird immer mehr
zur Utopie. Aber Planung ohne Frei-
heit ist nicht Sozialismus, sondern bü-
rokratische Staatssklaverei.
"Die Frage nach der Möglichkeit des
Sozialismus in unserer Zeit ist daher
die Frage, ob Planwirtschaft ohne to-
talitäre Diktatur bestehen kann. Wir
bejahren diese Frage. Wir glauben,
dass die faschistische Diktatur in
Deutschland nicht für die Errichtung
der Planwirtschaft an sich nötig war,
sondern für die Planung bei Fortbe-
«
y
stand des monopolkapitalistischen Ei-
gentums und im Interesse des mono-
polkapitalistischen Profits, die Pla-
nung für die imperialistische Expan-
sion und den Krieg. Wir glauben, dass
auch die totalitäre Diktatur in Russ-
land nicht durch die Planwirtschaft
allein bedingt ist, sondern durch die
Planung durch ein bürokratisches Re-
gime der Erzwingung d! Jser Opfer.
In Russland waren nach der Revolu-
tion die machtpolitischen Vorausset-
zungen einer sozialistischen Planung
vorhanden, aber die ökonomischen
Voraussetzungen fehlten. In Deutsch-
land sind die •. ökonomischen Voraus-
setzungen für eine Planung im Inter-
esse der Massen vorhanden, aber die
machtpolitischen Voraussetzungen
fehlen. Wenn die deutsche Revolution
die sozialen Machtverhältnisse um-
wälzt, so wird sie zum ersten Mal den
Weg für eine sozialistische Planung
freimachen."
In dieser Synthese von Freiheit und
sozialistischer Planwirtschaft, die
Neu-Beginnen herausarbeiten will, von
revolutionärer Entschlossenheit und
Bekenntnis zur Freiheit liegt das Be-
deutungsvolle des Beitrages, den Neu-
Beginnen zum deutschen Freiheits-
kampf leistet. Im Vergleich dazu bleibt
die sehr knappe Formulierung der po-
sitiven Programmpunkte, die man der
Schrift entnehmen kann, dürftig, ja
unzulänglich: "Die Macht der preus-
sischen Militärkaste muss gebrochen
und ihre ökonomische Basis, der ost-
elbische Grossgrundbesit?, durch Ent-
eignung zerstört werden. Die kriegs-
industriellen Trusts, die zusammen
mit Grossgrundbesitz und Militär die
Stützen des Hitlerregimes sind, müs-
sen verstaatlicht werden. Die erste und
dringendste Aufgabe eines demokrati-
schen Regimes in Deutschland wird
es sein, die Planmaschinerie des Drit-
te Reiches von den Kriegsaufgaben
auf Friedensaufgaben, auf die Pro-
duktion im Interesse der arbeitenden
Massen selbst umzustellen. Diese Auf-
gaben der demokratischen Revolution
durchführen, heisst jedoch, zugleich
die Grundlagen eines friedlichen, euro-
päisch orientierten Deutschland und
die Grundlagen eines freiheitlichen
Sozialismus legen."
Gewiss, das sind Aufgaben, die sich
eine siegreiche deutsche Revolution
stellen wird, aber eine Bewegung, die
diese Revolution im Zeichen des So-
zialismus führen will, kann nicht
übersehen, dass es starke sozialkonser-
vative und sozialreaktionäre Kräfte
noch neben der Militärkaste, dem ost-
elbischen Grundbesitz und den kriegs-
industriellen Trusts gibt; dass Sozia-
lismus die Vergeseilschaftlichung al-
ler Produktionskräfte, die Aufhebung
aller Klassenprivilegien voraussetzt
und dass es, wenn irgendwo, hierin
keine Teil-, sondern nur Totallösun-
gen gibt. Aber diese Erörterung führ-
te über den Rahmen dieses Referats
hinaus.
Probenummern
können infolge der stark gestiegenen Herstellungspreise nicht mehr 3 Monate
gratis abgegeben werden. Wir liefern jedoch an die von Abonnenten vorge-
schlagenen Adressen weiterhin eine Probenummer.
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2. .. ■....... .. .............................
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pünktlich am 15. eines jeden Monats versandt. Adressenänderungen schrift-
lich mitteilen.
9
Europäischer Soziallsmus
Dieser Aufsatz ist bereits zu Anfang des gegenwärtigen Kieges
geschrieben worden. Er hat aber nichts von seiner grundsätzlichen
Bedeutung eingebüsst.
t*
Die Sozialisten in allen europäischen Ländern, in denen die Bewegung entschei-
dende Bedeutung hatte, haben durch das vergangene Jahrhundert und bis zum
Ausbruch des Weltkrieges theoretisch sehr stark ihren internationalen Charakter
betont, manchmal in schroffsten Ausdrücken („Ich kenne kein Vaterland, das
Deutschland heisst"). Nur die englische Arbeiterpartei, die aber erst mit dem
Ausgang des Jahrhunderts entsteht und nicht eigentlich sozialistische Züge auf-
weist., war stets ausgesprochen englisch und beginnt erst nach dem Kriege sich
für internationale Theorien zu interessieren.
Die Praxis war indessen eine sehr andere. Sie bestand wesentlich darin, dass die
Innenpolitik durchaus Denken und Handeln beherrschte, Aussenpolitik erst in
sehr weitem Abstand nachfolgte. Infolgedessen bestand der vielberufene Inter-
nationalismus mehr in einem gefühlsmässigen (sehr theoretischen) Weltbürger-
tum und in unbestimmten und fernen Zukunftsträumen von der vereinigten
sozialistischen Gesellschaft der ganzen Welt (die bei strengen Marxisten nicht
mehr staatlichen Charakter hatte, sodass also nicht einmal von den „vereinigten
Republiken der Welt" hätte geredet werden dürfen). Praktische Bedeutung hat-
ten solche Zukunftsträume natürlich keine. Ihre geringe Gefühlsstärke erwies
sich beim Ausbruch des Weltkrieges, als jede sozialistische Partei Europas ihre
nationale Verbundenheit entdeckte und bedingungslos das bedroht geglaubte Va-
terland verteidigte. —
Das Kriegsende schaffte hier keinen Wandel. Die Parole „nie wieder Krieg", ob-
gleich weit gefühlsstärker als der frühere Internationalismus, blieb ebenso all-
eemein und wirklichkeitsfern, wie die früheren weltumfassenden Träume. Und
der Versuch einer realen internationalen Organisation der Staaten im Völker-
lsund wurde in den Augen der meisten Sozialisten sehr bald diskreditiert durch
den undemokratischen Charakter und das praktische Versagen dieser Institution.
Das Auftreten Sowjetrusslands und sein Einfluss auch auf viele demokratische
Sozialisten verstärkte die Neigung, internationale Neuordnungen nicht selbstän-
dig anzustreben, sondern von einer erhofften von Russland ausgehenden Welt-
revolution zu erwarten. Da diese ausblieb, zog man sich überhaupt von aussen-
tsolitischen Problemen zurück. Und die Weltkrise warf die Arbeiterschaft dann
in eine ausschliessliche Verteidigung des bedrohten Arbeitsplatzes und des bis-
herigen Lebensniveaus, so die internationalen Neigungen in solche zu nationaler
Autarkie verwandelnd.
Das ist für Europa neuerdings anders geworden durch die immer stärkere Ge-
fahr, der sich jedes Land und seine Arbeiterschaft mit ihm ausgesetzt sieht. Ge-
wiss gibt es auch heute noch wesentliche Teile in jeder nationalen Arbeiterschaft,
die in der ausschliesslichen nationalen Verteidigung das einzige Heil sehen. Im
=anzen erscheint aber dieses Verharren in einer deutlich illusionären Isolierung
bei den sozialistischen Regierungsvertretern stärker zu sein, als bei den Arbeitern
selber. Deutliches Zeichen dafür ist, welches Interesse schon heute — in der er-
sten Phase des beginnenden Weltkrieges — die Diskussionen und Vorschläge für
den kommenden Frieden finden. Und in Europa ist ein zweites Zeichen eines
^ginnenden Wandels, dass mit diesen Friedensdiskussionen sich immer häufiger
verbindet die Forderung nach einer friedlichen und den Frieden sichernden Or-
ganisation Europas, oder wie man ein wenig vorgreifend sagt: nach den Ver-
einigten Staaten von Europa.
Freilich, diese Forderung findet Widerstand bei denjenigen, die das Ziel der „Ver-
einigten sozialistischen Republiken der Welt" im Auge haben. „Warum", sagen
diese sollen wir abgehen von unserem alten umfassenden Ziel. Was hat es für
einen Zweck, eine unbefriedigende Zwischenlösung zu suchen, die wieder den
10
Keim neuer Konflikte in sich schliesst? Wir haben immer gehört, dass der Völ-
kerbund daran gescheitert sei, dass er nicht umfassend genug war. SoHen wir
jetzt gar die Reste dieses Völkerbundes zerstören, indem wir einen- noch engeren
Bund schaffen, der in Gegensatz mit den anderen treten würde? Wenn schon
eine Neuorganisation des internationalen Lebens notwendig ist — und wer wür-
de das leugnen angesichts des vorhandenen zerstörenden Chaos? — Warum dann
nicht ganze Arbeit schaffen?"
Darauf ist zu antworten, dass diese ganze Arbeit nicht geschafft werden kann,
da oilenkundig die Mehrzahl der aussereuropäischen Staaten weder das Bedürf-
nis spüren, noch irgend eine Neigung zeigen nach einer wirklich organischen ihr
ganaes Leben beeinflussenden und ihre staatliche Souveränität einschränkenden
Verbindung. Das aber ist's, was wir brauchen.
Kein Staatenbund ist von Dauer, in welchem die einzelnen Staaten ihre volle
Souveränität behalten und nicht einen Teil ihrer Macht, insbesondere ihrer mi-
litärischen Macht an die übergeordnete Bundesinstanz abtreten. Eine solche
.Machteinschränkung wiederum, aber erscheint als ausgeschlossen, wenn nicht
innerhalb des Bundes und durch den Bund der Einzelstaat und seine Bewohner
wirtschaftlich gesichert sind. Mit anderen Worten: Voraussetzung für das Funk-
tionieren eines Staatenbundes ist die wirtschaftliche Einheit: Bundesbürgerrecht,
das heisst Freizügigkeit, Arbeits- und Siedlungsrecht im gesamten Bundesgebiet!
Aufhebung der Zollgrenzen, Währungseinheit und als notwendige Ergänzung die-
ser Einheitlichkeit Wirtschaftsplanung für das Bundesgebiet, um die einzelnen
Bundesländer aufeinander abzustimmen und ihre Arbeit zu koordinieren.
Gerade das Letzte, was unbedingt notwendig werden wird, ist nun aber im Welt-
ausmass noch gar nicht möglich. Einer solchen Aufgabe sind wir in keiner Wei-
se gewachsen. Wir müssen in engerem Rahmen die Möglichkeiten solcher Pla-
nung experimentell erforschen und die technischen Einrichtungen, die wir nicht
besitzen, dafür schaffen.
Ein solches or_ganisierbares Gebiet ist der Kontinent Europa, der auch deswegen
sich in seiner Wirtschaft koordinieren lässt, weil sie bereits heute durch die ka-
pitalistische Entwicklung vielfältig aufeinander abgestimmt ist. wenn auch kei-
neswegs in befriedigender und rationeller Weise. Es ist aber ausgeschlossen dass
diese Ordnung in einer auf ungeregelter Konkurrenz beruhenden kapitalistischen
Profitwirtschaft durchgeführt werden kann. Zuviele private Interessen würden
sich dem entgegenstellen. Und an ihnen müsste jeder solche Versuch scheitern.
Dieser Versuch ist indessen lebensnotwendig für das vom Untergang bedrohte
Europa. Und da er bei der heutigen privaten Wirtschaft nicht durchzuführen ist
üO wird schon um der Schaffung des Friedens willen eine neue Wirtschaftsord-
nimg unerlässlich.
Dabei wird es nur die Alternative geben zwischen Staatskapitalismus der die
Völker einer allgemeinen Zwangswirtschaft unterwirft und alle Staaten mehr
und mehr den totalitären angleicht, oder demokratischem Sozialismus, der durch
Organisation von unten auf und durch solidarische Zusammenarbeit zur Wirt-
schaftsordnung gelangt.
Wem das Ziel als zu weitreichend erscheint; dem sei gesagt, dass es nicht in ei-
nem Tage oder einem Jahre erreicht werden muss, dass wir indess in den ver-
gangenen hundert Jahren eine Entwicklung der Arbeiterorganisationen erlebt
haben aus bescheidensten Anfängen, dass Wirtschaftsorganisationen internatio-
naler Art vorhanden sind, deren Ausbau und Koordination weitgehend möglich
ist. dass endlich das letzte Jahrzehnt reich war an überraschenden und tief-
gehenden Umwälzungen, und dass bisher nur eines fehlte: die Erkenntnis der
Möglichkeiten und der Entschluss zur Ueberwindung der Schwierigkeiten bei
den Völkern selber. Warum? Weil diese Völker n;cht die Notwendigkeit dieser
Neuordnung an ihrem eigenen Leben erfahren hatten.
Heute beweist jeder Tag des Krieges den Kriegenden, den Kriegerleidenden und
den sogenannten Neutralen, die doch so sehr in die Kriegsnot mit hineineesso-
gen sind, wie unerlässlich es für uns alle ist, Freden in Europa zu; schaffen,
da« heisst aber Europa für den Frieden zu organisieren durch die solidarische
wirtschaftliche Zusammenarbeit. Morgen wird die Stunde des europäischen So-
zialismus sein. Möge sie uns bereit finden.
11
Österreichische Seite
Lieber Hitler als Habsburg

vt
Von einem; ehemaligen österrei-
chischen Politiker, der die letz-
ten Jahre vor der Eroberung;
Oesterreichs durch Hitler in
Prag verbrachte, erhalten wir
die folgende Darstellung.
Das Eintreffen Ottos von Habsburg
in den Vereinigten Staaten, wo er
als Oast Fierpont Morgan® seinen
neuen Wohnsitz erwählt hat, wird
wohl die osterreicniäcne moriarcni-
stischei Propaganda für einige Zeit
nach Amerika verlagern. Zu der Ar-
gumentation des österreichischen Le-
gitimisten gehörte der Vorwurf ge-
gen die österreichischen Sozialdemo-
kraten und, vor allem gegen den
tschechoslowakischen Staatspräsiden-
ten Benesch, sie hätte aurch die
Abwehr der Habsburger Restauration
und die Förderung der Anschlussidee
zur Ueberwältigung Oesterreichs
durch den Nazi-Faschismus beigetra-
gen. Der Satz "Lieber Hitler als
Habsburg" wird in diesem Zusammen-
hang dem Präsidenten Benesch in. den
Mund gelegt.
Wir haben weder ein Mandat des Prä-
sidenten Dr. Benesch, noch nehmen
wir für uns in Anspruch, priviiigierte
"Ausdeuter" zu sein, aber wir können
aus eigener Wahrnehmung der Prä-
ger Verhältnisse unwiderlegbar sa-
gfen, dass, wenn aucu der Ausspruch
auf dem Prager Hradschin getan wor-
den sein sollte, er lediglich symbo-
lische Bedeutung gehabt hätte. B»-
nesch wussx.« sehr wohl zwischen Hit-
ler und Habsburg zu unterscheiden,
aber wie Hitler für ihn das III. Reich
bedeutet, so bedeutete für ihn "Habs-
burg" jenes Oesterreich, das sich mit
abscheulicher Hast auf Grund eine»
Privatfaschismus in Richtung des Na-
zismus entwickelt hatte und diesem
schon sehr nahe gekommen war. Das
III. Reich an sich musste kein Feind
der Tschechoslowakei sein. Was gegen
die Tschechoslowakei stand, das war
Hitlers persönliche Feindschaft. Wohl
stammte Hitler aus Braunau, aber
die politische Schulung hatte . er in
den Gefilden von Trautenau, m den
geistigen Kleinräumen von Schönerer
und Wolf genossen. Hitler hat auch
Liueger nichts so verübelt wie dessen
p<hlefiina.tdsches: Jjasst mir meine
Böhm' in Ruh! Da Benesch die Bedeu-
tung des Führers für Deutschland
früher erkannt hatte als andere Men-
schen, war er sich darüber im klaren,
dass Hitler persönlich ein Feind der
Tschechoslowakei sein müsse, dass
aber, wenn Hitler in die Bahnen des
Realpolitikers einschwenken würde
(was Hitler nachher in manchem ge-
tan hat) die beiden Staaten nicht un-
bedingt Feinde sein müssten. Das
kleine Oesterreich hat die Tschecho-
slowakei zuerst mit den Römer Pro-
tokollen, vor allem durch die enge
Freundschaft mit dem antitsohechi-
S'Chen Ungarn des Herrn Bom^os ab-
geflossen und es hat auch die real-
politisch veranlagten Prager Kreise
durch seine innerpolitische Entwick-
lung seit 1933 oder wenigstens seit
Februar 1934 zu tiefstem Misstrauen
veranlasst. Benesch musste erblicken:
iiier die klare und eindeutige Feind-
schaft Hitlers, dort die durchaus un-
verlässliche Einstellung des kleinen
Oesterreich, das seine Freundschaf-
ten nur mit faschistischen Staaten
einrichtete, mit dem Westen so gut wie
gebrochen hatte und keinesfalls mehr
eine Flankendeckung gegen eine na-
zistisches Deutschland darstellte. Man
darf also sagen, dass "Lieber Hitler
als Habsburg" zu bedeuten hatte:
lieber die offenen und klar zutage
liegenden (schlechten) Beziehungen
mit Deutschland;, sogar mit einem
vergrösserten Deutschland als die Po-
litik Oesterreichs, die von Mussolini
gegängelt und oft auch von den Hor-
thysten beeinflusst, der Tschechoslo-'
wakei Nadelstiche zufügen musste.
Lieber ein erkannter Feind als ein
mehr als unzuverlässiger Freund.
Habsburg spielte in diesem Zusam-
menhang keine Rolle. Habsburg stand
keineswegs zwischen Hodscha und
Schuschnigg, als diese über Wunsch
Hodschas anfangs 1936 die mitteleu-
ropäische Frage prüften. Eine Eini-
gung in der Frage eines Zusammen-
gehens der mitteleuropäischen Län-
der (Deutschland ausgenommen) Ist
damials nicht darum gescheitert weil
der abschlussbereite Hodscha und der
skeptische Benesch Habsburger Sor-
gen gehabt hätten; sie ist nicht zu-
stande gekommen, weil Mussolinis
Befehle sehen damals ganz eindeutig
und die Intrigen aus Budapest schon
damals sehr wirksam waren. Habs-
bura- stand nicht zur Diskussion, weil
Schuschnigg, ein "akademischer' L«e-
gitimist, in seinen eigenen Augen
n
präsümptiver österreichischer Reichs-
verweser a la Horthy, die habsburgi-
sche Frage nicht für aktuell hielt.
Benesch hat also weder für Hitler
noch gegen Habsburg entschieden.
Benesch entschie'" für die grösser«
Klarheit. Dass der Demokrat und
wohl auch Sozialist Benesch sich ftlr
das Oesterreich von 1933 bis 1938
nicht erwärmen konnte — wer könn-
te ihm das verdenken?
Was nun Oesterreich selbst anlangt,
so wollen wir mit aller Eindeutigkeit
feststellen, dass auch ein habsburgi-
sches Oesterreich oder gerade ein
hiabfiburgiisches Oesterreich Hitler
ebenso zum Opfer gefallen wäre wie
das von einem österreichisch privile-
gierten Heimfaschismus ausgehöhlte
des Jahres 1938. Dem habsburgischen
Oesterreich wäre niemand zu Hilf»
gekommen. Wenn später verbreitet
wurde, Prankreich hätte Otto gehol-
fen, so stimmt das nicht. Otto be-
sass in Prankreich Freunde, gewiss —
aber das Prankreich von 1938 war das
Prankreich von 1940, war jenes
Prankreich das im Unbewussten ein
richtiges Schwächeempfinden hatte
und das darum 1939 nicht einmal be-
reit war sich vor die Tschechoslo-
wakei zu stellen. Der Vorwurf, dass
die österreichische Arbeiterschaft
"lieber Hitler als Habsburg*' ge-
wollt habe, ist ganz unzutreffend. Die
Parole der Sozialisten hat immer ge-
lautet: Weder Habsburg noch Hitler.
Man vergesse zu all dem nicht, dass
vom ersten Tage des Heimwehr-Pa-
schismus an Monarchisten überall lei-
tend in jenen Heimwehrteilen tätig
waren, die die Verfolgung der Arbei-
terschaft, die Entmachtung der Ar-
fteitervertret^r und die Zerschlagung
der Arbeiterorganisationen auf ihre
Pahnen geschrieben gehabt hatten.
Insbesondere hat die alpe,nländische
Hocharisti»Krat.ie. die legitimistisch
"war. den Heiwehr-Faschismus aufge-
päppelt. Und Starhemberg ist Legiti-
misti bis zu jenem Zeitpunkt gewesen,
•da er nach der Würde eines Tfeichs-
verwesers — ebenfalls a la Horthy —
griff und Schuschnigg in die Quere
gekommen war. Pey, der Mann des
103 4.	snhwarz-
gelber Legitimist, die Heimwehrgra-
fen waren insgesamt Legitimisten,
nimmt man Revertera. Görings Land-
jägermeister, und Alberti aus. Aber
auch die sogenannte legitimistische
Führung hat nie auch nur ein Wort
gegen die Umgestaltung Oesterreichs
in einen faschistischen Staat gespro-
chen. hat niemals die Greueltaten des
l'eber 1934 missbilligt, sie hat wohl
Schuschnigg missiraut, ein Miss-
trauen, das Otto im Exil im gestei-
gerten Masse besessen hatte, aber
sie hat itamer" ihre Mitarbeit jenem
System geliehen, das das Bollwerk der
europäischen Demokratie, die Gemein-
de Wien, vernichtet und das die
österreichische Arbeiterschaft um alle
Errungenschaften gebracht hat, die
sie erobert hatte.
Man wird versuchen, leichtgläubigen
Amerikanern, die europafremder sind
denn je, vorzugaukeln, die Entschei-
dung zugunsten Habsburgs hätte das
österreichische Volk vor Hitler be-
wahrt — unwahr! Wahr ist, dass die
Legitimigten, wenn auch — vielleicht
— nicht Otto persönlich, jene Systeme
Dollfuss und Schuschnigg immer
vorbehaltslos unterstützt haben, derert
oft kaum noch getarnter Faschis-
mus der Wegbereiter des Nazismus
gewesen ist. Schuschnigg darf man
mit vollstem Recht nachsagen, dass
er eine Linie gegangen ist, die
"lieber Hitler als Habsburg" zu be-
deuten hatte. Seine Abkommen mit
Hitler waren zwingender als augen-
zwmkernde Packeleien mit der soge-
nannten legitimistischen Führung.
Kein Erzherzog, kein Herr von Wies-
ner, kein Baron Reichlin, keiner der
Oberlegitimisten hat gegen den Fe-
bruar 1934 protestiert, keiner gegen
das Parlamentsspiel Schuschniggs
und keiner gegen die vollfaschistische
Vaterländische Front! Die österreichi-
sche Arbeiterschaft hatte keine Ur-
sache, sich mit der Parole "Hitler
oder Habsburg?" zu befassen. Ihre
Antwort war gegeben!
Niemand wird Otto von Habsburg un-
geachtet seiner Fehler und der Feh-
ler seines Pariser Zirkels jene Sym-
pathien versagen, die einem Emigran-
ten. der von Land zu Land flüchten
muss, immer beschieden s^ein müs-
sen, niemand wird seine Kentniss»
und seine Fähigkeiten bestreiten ■—
aber, dies gilt für Amerika: nielit
Otto steht zur Diskussion, sondern
eine so radikale Neugestaltung Buro-
pas, eine so kompromisslose Entgif-
tung, dass es Wege nach rückwärts
und Methoden von gestern nicht mehr
geben kann!	E. J.
AUCH DU
kannst zu Deinem Teil für DAS ANDERE DEUTSCHLAND mitarbeiten indem
Du uns über interessante Neuigkeiten in Deinem Bezirk unterrichtest. Schreibe
an DAD, Tucumän 309, Buenos Aires. Sprechstunden täglich von 6—7, ausser
Donnerstag und Freitag.
13
STIMMEN AUS DEM LESERKREIS
Ein Sieg auf der
Die Freie Deutsche Bühne in Buenos
Aires hat in den vier Monaten ihres
Bestandes gute und auch schlechte
Stücke auf geführt; und leichte, sehr
leichte Unterhaltungsware; ihre
Schauspieler haben ihre Rollen gut,
zum Teil ausgezeichnet, aber auch
mittelmässig und — warum denn nicht
der Wahrheit die Ehre geben? —
schlecht dargestellt. Das sind Aussa-
gen, die sich über jedes Theater und
über seine Schauspieler machen las-
sen und nicht das, nicht Theaterkritik,
ist es, wozu der knappe Raum dieses
Blattes verwendet werden soll.
Es gibt in Buenos Aires grosse und
reiche Kolonien der verschiedensten
Nationen, aber keine hat es bisher
noch weiter als zu gelegentlichen
Liebhaberaufführungen gebracht. Nur
die deutsche Kolonie hat ihr eigenes
permanentes Theater von Berutfs-
schauspielern mit einem fest umrisse-
nen Repertoire. Das allein ist schon
wert, vom Chronisten dieser Zeit ver-
zeichnet zu werden, der auch, hinzuzu-
fügen hätte, dass dieses Ergebnis er-
zielt wurde in einer Zeit, die weder
wirtschaftlich noch psychologisch dem
Unternehmen günstig war. Denn die
Menschen haben heute leidei- wenig
Geld und noch öfter wenig Herz und
Gemüt übrig für eine so wenig le-
benswichtige Sache wie es das Theater
ist.
Aber das entscheidend Bedeutungs-
volle ist, dass dieses Theater nicht
von. der Gesamtheit der Deutschspre-
chenden in Buenos Aires unterhalten
wird, sondern nur von der kleineren
und ärmeren, von den Ereignissen der
aktuellen Weltgeschichte- am schwer-
sten betroffenen Hälfte der Deutschen
und Oesterreicher. Es sind nicht die
Gefolgschaftsleute des Nationalsozia-
lismus, denen die reichen Subventions-
Quellen der Goebbelsschen Flropagan-
dafonds und die Unsummen der er-
zwungenen Winterhilfsspenden zu Ge-
bote stehen, sondern die Ausgestosse-
nen, Geächteten, Heimatlosen, die
Emigranten und Flüchtlinge, die zum
grossen Teil in der Heimat ein Thea-
vter nicht einmal betreten dürften, die
Kulturf ront
auf und vor der Bühne dieses Thea-
ter, das einzige deutsche Theater au-
sserhalb Europas, aufrechterhalten.
Wer vom inneren Leben, den Lebens-
notwendigkeiten und Bedürfnissen des
Theaterbetriebes Kenntnis hat, wer
weiss, wie schwer es ist, sie mit säu-
bern Mittel und aus eigener Kraft
zu erfüllen, der wird, trotz aller im
einzelnen berechtigten Kritik die Lei-
stung der Freien Deutschen Bühne
anerkennen müssen. Sie hätte, so wie
sie ist, mit ihren Schauspielern und
mit ihrem Repertoire in jeder deut-
schen oder österreichischen Gross-
stadt der vornazistischen Zeit einen
ehrenvollen Platz behauptet — Wäre
es anders, hätte sie sich vor ihrem
Publikum, das mit den Ansprüchen,
an die es drüben gewöhnt war, ins
Theater geht, nicht behaupten kön-
nen. Dass sie dies aber hier vollbringt,
wo sie jede Woche ein neues Stück
herausbringen muss; mit einem not-
gedrungen sehr kleinen Ensemble und
der Gefahr, dass ihre Mitglieder Auf-
gaben übernehmen müssen, die ihrer
Eigenart nicht liegen; bei all den
Schwierigkeiten, die bei den abgebro-
chenen Verbindungen zu Eurooa und
der Zerstörung der nichtnazistischen
Theaterverlage der Aufbau des Spiel-
planes bieten muss; das ist eine Lei-
stung, der man die Anerkennung nicht
versagen darf.
Die anderen Deutschen am La Plata
dürfen und sollen mal ruhig ihr Thea-
ter kritisieren — wir vom Anderen
Deutschland empfinden es oft
schmerzlich, dass das Theater so we-
nig Problem- und Gesinnungstheater
ist; leider sind es mehr die Kassen-
ais die moralischen Erfolge, die den
Unterhalt eines Theaters sichern.
Aber jenseits von aller Kritik musS
doch das Eine im Bewusstsein festge-
halten werden, dass das blosse Da-
sein dieses Theaters ein Schlag für
die lügenhafte Propaganda der Goeb-
belsleute, dass sein Bestand ein Sieg
ist auf der Kulturfront gegen das Drit-
te Reich, den das Theater und seine
Zuschauergemeinde gemeinsam errin-
gen.
14
Zum Zusammenbruch der fi
Der Zusammenbruch der französi-
schen Demokratie, der Demokratie
„par excellence", ist kein so völlig
unerwartetes Ereignis, darf es vor al-
lem für uns nicht sein. Leider haben
zu viele Sozialisten ihre Hoffnungen
im Kampfe gegen den Faschismus völ-
lig auf den Sie? der „demokratischen"
Mächte gesetzt. Das hat jetzt zu ei-
ner Panikstimmung geführt und an-
dererseits die Einsicht in das Ge-
schehen unserer Tage getrübt. Wo
stehen wir und wohin geht der Weg?
Die faschistische Diktatur ersetzt
politisch, sozial und ökonomisch die
Demokratie, die nicht mehr in der
Lage ist, die ungeheueren Widersprü-
che des gegenwärtigen Wirtschafts-
systems zu überwinden. Sie musste
zuerst in denjenigen imperialistischen
Ländern Platz greifen, in denen diese
Widersprüche aus den verschiedensten
historischen und geographischen Grün-
den den höchsten Grad erreicht hat-
ten: Deutschland, Italien, Japan. Die
„westlichen Demokratien" mit ihrem
grossen Kolonialbesitz waren in viel
besserer Situation. Aber innerhalb der
herrschenden Klasse auch dieser Län-
der gibt es und gab es schon lange
einflussreiche Gruppen, die zur Auf-
rechterhaltung der bestehenden Klas-
senherrschaft die faschistische Dikta-
tur auch in diesen Ländern für erfor-
derlich hielten. Weite Kreise der
Bourgeoisie dieser Länder aber hiel-
nzösischen Demokratie
ten den Faschismus nicht für not-
wendig, ja sogar für ihren Interessen
abträglich. Die herrschende Klasse
wird immer erst im Augenblick äu-
sserster Not zur faschistischen Dik-
tatur greifen, weil die Diktatur zwar
Schutz der Herrschaft und Interessen
des Gesamtkapitalismus bedeutet, aber
zugleich viele Interessen einzelner
Gruppen der herrschenden Klasse
schädigen oder ausser acht lassen
muss.
So wird es verständlich, dass eine
militärische Niederlage, die noch kei-
ne endgültige war, genügte, um im
Geburtslande der Demokratie diejeni-
gen Kräfte der herrschenden Klasse
freizumachen, die sie in die Arme des
Derrotismus und des Faschismus führ-
ten.
Warum ist es notwendig', alles das
jetzt zu sagen? Weil wir nicht alle
Hoffnungen auf Errettung der Welt
vor dem Faschismus in die kapitali-
stischen Demokratien setzen dürfen,
sonst müssen wir furchtbare Enttäu-
schungen ertragen. Wir leugnen kei-
neswegs den Unterschied zwischen
Faschismus und Demokratie und wol-
len ihn nicht durch falsche Theorien
verwischen. Wir wissen, dass in der
Demokratie weit mehr Wirkungsmög-
lichkeiten für die Arbeiterbewegung-
sind als im faschistischen Terrorsy-
stem. Wir wissen, dass wir zeitweise
einen Bundesgenossen — unwillentlich
Miniaturen aus der Tschechoslowakei
Alteis ensanrmlung in Frag.
Die tschechoslowakischen Faschisten in Prag wollten Hitler einen Zug voll Alt-
eisen schenken. Die von ihnen unternommene Sammlung ergab 120 kg.
Verschmähte Mahlzeiten.
Die Volksspeisungen, welche die Nazis, um sich beliebt zu machen, in Prag ver-
anstalten, werden von den Tschechen boykottiert. Statt der erwarteten Tausande
nehmen nur Hunderte an ihnen teil.
Studenten in Oranienburg.
Tausende von tschechischen Studenten befinden sich in Oranienburg, wo sie der
üblichen unmenschlich grausamen Behandlung unterworfen werden.
Sudetendeutsche Wirtschaftsführer.
180 führende sudetendeutsche Industrielle und Geschäftsleute hatten eine Denk-
schrift eingereicht, in der sie um ökonomische Autonomie gebeten hatten nach
dem Muster des tschechischen Protektorats. Die meisten von ihnen wurden Yon
der Gestapo verhaftet. Mehrere entzogen sich der Verhaftung durch die Flucht
in den Tod. — Wie immer, so ist auch hier diei Einsicht zu spät gekommen.
(Aus den Berichten des Tschechoslowakischen Nationalrats für Amerika.)
— in den herrschenden Klassen der
sogenannten demokratischen Länder
haben, die einen Krieg" führen gegen
die faschistischen Länder, nicht weil
sie faschistisch sind, sondern wegen
imperialistischer Gegensätze. Aber die
herrschenden Klassen der Demokratien
jederzeit bereit, ihre eigenen Ideale zu
verraten, sind zweifelhafte und -wan-
kelmütige Bundesgenossen. Das be-
weist das Beispiel Frankreichs.
Die "Welt vom Faschismus (und vom
Kapitalismus) zu befreien, den Kampf
für die wahre Demokratie zu führen,
vermag nur die revolutionäre Arbei-
terbewegung, die heute allerdings ei-
nen Tiefstand erreicht zu haben
scheint wie npch nie in ihrer Ge-
schichte. Aber die Ereignisse mar-
schieren heute nicht mehr, sie fliegen
im 500 km -Tempo an uns vorbei, und
vielleicht früher, als wir glauben, wird
die Morgenröte der neuen Zeit den
Horizont erhellen.
II. B. Buenos Aires
Aus Brasilien
Die katholische Zeitung „A Nacao"
in Porto Alegre veröffentlichte vor ei-
niger Zeit einen ausgezeichneten Leit-
artikel aus der Feder des damaligen
Chefredakteurs Dr. Fiori über die
"Fünfte Kolonne in Brasilien", in
diesem Aufsatz war bei objektivster
Würdigung'der grossen Verdienste ör
deutschen Alteinwanderung Südbrasi-
liens und bei scharfer Verurteilung
der Unterlassungssünden, die frühere
Staatsführungen Brasiliens namentlich
auf kulturellem Gebiet gegenüber den
Einwanderern begangen hatten, die
immense Gefahr der „Fünften Kolon-
ne" für Brasilien und besonders für
den Süden des Landes aufgezeigt. Die
Freunde des „Anderen Deutschland" in
Südbiasilien liessen diesen Leitaufsatz
in zehntausenden von Sonderabzügen
drucken und in den Hauptstädten ver-
teilen. Die Wirkung war ausserordent-
lich und hat sich auch auf Nordame-
rika ausgedehnt.
Das hervorragende Buch „O Nacis-
mo sem mascara" von Bauer Reis mit
einem Vorwort des Franziskaner-Pa-
ters Pedro Sinzig (Rio de Janeiro),
das zeitweise verboten war, weil die
Deutsche Botschaft in Brasilien nicht
gewünscht hatte, dass das brasiliani-
sche Volk den Nazismus ohne Maske
kennen lerne, war seit geraumer Zeit
in seiner ersten Auflage vergriffen.
Einzelexemplare wurden bereits um
den Preis von einhundert Milreis (das
zehnfache des Verkaufspreises) gehan-
delt. Nun ist eine neue Auflage er-
schienen, die in allen Buchhandlungen
Brasiliens zu haben ist. Das Buch
kann nicht warm genug empfohlen
werden.
SOEBEN ERSCHIENEN:
LABOUR SPRICHT
Die britische Arbeiterpartei über Krieg, Frieden, neues Euro-
pa (Atlee, Noel-Baker, Hugh Dalton, Morrison etc., eingelei-
tet und übersetzt von Julius Braunthal).
Der Vertrag von Brest Litowsk und Deutschlands Ostpolitik,
eine aktuelle Broschüre von Wheeler-Bonnett.
EUROPAEISCHER FRIEDEN
ein Diskussionsbeitrag von Friedrich Mark.
Hitlers Weg zum Krieg.
Die wichtigsten Berichte aus dem Blaubuch.
DAS ANDERE DEUTSCHLAND, Tucumön 309 — BUENOS AIRES
j6
La Otra Alemania
PERIODICO ALE MAN ANTIHITLERISTA
SUPLEMENTO CASTELLANO
TUCÜMAN 309 — BUENOS AIRES — No. 29 — Afio 3
LA OTRA ALEMANIA
y los sucesos de Apöstoles
Las investigaciones que desde hace
mäs de un mes viene realizando
la Gendarmtria en Misiones, reper-
cutiran indudablemente en la opi-
niön clel liombre de la calle.
Uno de los mavores obstäculos
contra el cual tenemos que lu-
char nosotros, los alemanes anti-
hitleristas, es la credulidad de la
rente.
Fuimos vencidos nosotros mismos
en Alemania, porque la gente no
quiso creer en la gravedad del pe-
ligro hitlerista.
Pueron vencidos los demöcratas de
Tscheeoeslovaquia, Polonia, Norue-
ga, Belgica, Holanda y Francia,
porque — entre otras razones —
nadie entre ellos quiso creer en la
gravedad del peligro hitlerist-a que
les amenazaba.
Temiamos que lo mismo pasaria
en la Argentina. Pero despues de
3 es encuentros de armas de Apö-
stoles, nadie tiene ya el derecho.
sie es de buena fe, de negar la
existencia de una 5a. columna. Y
nadie puede creer en las declara-
ciones pacifistas de hombres cuya
capacidad imperialista es eviden-
te.
Sabemos que alguien declarö su
conformidad con J.a doctrina. mon-
roe, ampliandola asi: "Europa pa-
ra mi": En estas palabras grandi-
locuentes algunos quisieron ver una
razön mäs para iranquiüzarse. Pe-
ro por lo menos de nosotros no
quiere nada. Y lo que pasa en Eu-
ropa nos interesa poco,
El que habla asi olvida que el mis-
mo siniestro persona je declarö ya
lo mismo no se quantas veces. An-
tes de invadir a Tchecoeslovaquia
manifestö que queria vivir en paz
con este pais. Con Dinamarca, Ho-
landa y Belgica tenia tratados de
ayuda mutua. A Francia habia
prometido, despues del plebiscito
de la Sarre, que ya no tenia ningu-
na exigencia territorial en Euro-
pa. Y a Inglaterra la feste] aba
como la otra gran potencia aria
desünada a dominar el mundo.
Palabras, palabras ...
Despues de Apöstoles nadie tiene
ya el derecho de negar la grave-
dad del peligro.
En la America del Sur viven mäs
de 1.500.000 alemanes que el Ter
cer Reich reclama por pertenecer
ellos a la gran comunidad mun-
diäl de los germanos Que estä de-
terminada no por el lugar del na-
cimiento ni la casualidad del po-
saporte que uno tiene, sino por la
sangre a,ria . •.
Mäs de 1.200.000 de estos alema-
nes, que en su gran mayoria Twm
tenido que plegarse a las exigen-
1
das de los agentes hitlertstas, vi-
ven en la parte ccmprendida entre
los Estados del Sur brasileno, Mi-
siones, Entre-Rios, Paraguay y el
Uruguay. Alli los nazis pueden ert-
gir su primera colonia en la Ame-
rica del Sur. Partiendo de alli
ellos esperan poder conquistar al
nuevo mundo entero.
Es tan raro y increlble, entonces,
que se encontraron mauseres y
ametralladoras en Misiones? Si, ra-
ro es que las encontraron, por-
que en la regiön de Misiones, donde
hay extensas selvas, tres fronteras
en las cercanias y pocos argentinos
para controlarlas, hay miliares de
lugares para esconder las armas.
Las habia tambien para los bra-
vos empleados de los bancos de
Amsterdam, que se reuman de vez
en cuando para cantar, y que saüe-
ron de la ciudad con uniformes
y armas formando un regimiento
completo, para caer por la espal-
da a las tropas holandeses que
tomaron la ofensiva contra los na-
zis invasores.
Cuidado, pues, que mejor es pre-
venirse!
Y que los argentinos sepan que
hay una diferencia entre alema-
nes y nazis y que hay quienes
aplaudimos de todo corazön las
medidas tomadas en defensa de la
soberania argentina.
Pensamos que el, habernos de-
fendido desde hace ya anos contra
las exigencias del partido nazi fuö
y es un deber elementar para con
el pais que nos acordo su hospi-
talidad generosa.
LOS PENSAMIENTOS SON
LIBRES
Hans Litten, un abogado que se
hizo famoso por su valiente testimo-
nio en un proceso incoado contra Hi-
tler en 1932, fue uno de los primeros
que en el Tercer Reich han sido arro-
jados a un campo de concentraciön.
En uno de estos muriö Litten hace dos
aüos "de muerte repentina".
Uno de sus companeros de encie-
rro cuenfca de ese intrepido defensor
del derecho:
"A mediados de julio de 1934 to-
dos los internados del campo de con-
centraciön de Oranienburg fueron
trasiadados a Lichtenburg (Sajonia>.
Pensabamos que allf encontrarfamos
a algün viejo conocido, a "prominen-
tes"; se suponia generalmente que
Hans Litten estaba todavla en Ester-
wegen-Papenburg. Pero en aquel en-
tonces Litten se encontraba ya en
Lichtenburg, de lo cual nos entera-
mos recien cuando de la cärcel celu-
lar pasamos a los lugares de reuniön
do ese campo de concentraciön. ;En
que estado lo vimos! Los camaradas
que lo hablan conocido en Branden-
burg, donde ültimamente se repusiera
de las precedente brutalidadesi sufri-
das, apenas si lo reconocian; en nos-
otros, que no lo habiamos visto en
ninguna parte durante la prisiön pre-
ventiva, hizo una profunda impre-
si6n. Pelado al rape, apoyado en bas-
tenes, delgado, pälido, solo sus ojos
oenlan vida y miraban atentos a tra-
ves de los cristales de sus gafas. Con
la, misma afectuosidad que a los ami-
gos daba un apretön de manos a los
desconocidos a quienes el apenas vie-
ra alguna vez pero que le conoclan
bien. Litten constituia asimismio el
centro ■ de la atenciön general; no le
placfa referirse a los sufrimientos que
tuvo que aguantar. Sus espaldas es-
taban algo encorvadas — no asl su
indomable temple espiritual. Por el
momento le iba relativamente bien en
Lichtenburg. Se ocupaba eh trabajos
de encuadernaciön y tenia tambiön la
2
bi&ltoteöa :-:<x&go.r. Esa ocüpaciön
le güstäba. All! podia 61 adivinar gus-
tos, recomendar este libro, disuadir
de leer aqu61, y se podia estar segu-
ro de recibir de 61 la obra adecuada.
Con satisfaociön y emociön hablä-
bamos a menudo de Hans Litten; es-
fcaba en la sala de enfrente, a la que
no debiamos ir excepto durante la
distribuciön de libros. Como bibliotc-
cario se sentia rnuy bien. Pero en el
primer tiempo habia tenido que
aguantar cosas terribles en Lichten-
burg; su pierna herida y entumecida
no impidiö que los S. S. lo torturasen.
Creo que esa epoca pasada en Lichten-
burg, cuando encuadernaba libros y
dirigfa la biblioteca, fu6 la mäs feliz
durante su encierro.
Hans Litten habla conocido prime-
ro el campo de concentraciön de
Brandenburg, luego el de Esterwegen,
despues Lichtenburg. Es admirable cö-
mo esrte hombre carente de robustez
ffsica reunfa las fuerzas para resis-
tir esos terribles encierros.
Oierta vez, con motivo de una festi-
vidad nacionalsocialista cualquiera, se
Uevd a los prisioneros a una gran sa-
la. La orden terminante rezaba: jfes-
tejar! Los prisioneros debian confec-
cionar el programa y actuar tambiön
ellos mismos. Eso era dificil para per-
sonas que estaban compelidas a em-
plear los "bienes culturales"! tipica-
mente nazistas. Pero Hans Litten lo-
grö salir del paso; exhumö de su bi-
blioteca un tomo de poesias y los pri-
sioneros recitaron versos. Litten to-
m6 parte y todos pusieron atenciön
a las poesias que recitaba; cuando ter-
minö sus camaradas estaban profun-
damente emocionados. Tuvo ei valor
de recitar ante los S. S. una poesia
que nosotros habiamos recitado muy
a menudo en nuestra agitada epoca
Juvenil:
Los pensamientos son libres,
tQuidn puede adivinarlos?
Vuelan al pesar
Como sombras nocturnas.
Nadie puede conocerlos,
Nüigüri cazador matarios,
Quedamos en eso:
Los pensamientos son libres.
Yo pienso lo que quiero
Y	aquello que me agrada.
Pero todo en la tranquilidad
Y	como corresponde.
Mis deseos y aspiraciones
Nadie puede impedirlos,
Ouedamos en eso:
Los pensamientos son libres.
Y	cuando me encierran
I3n oscuros calabozos,
Todo ello es
Obra imitil.
Es que mis pensamientos
Desgarran las ligaduras
Y	las murallas:
Los pensamientos son libres.
Los S. S. no habian comprendido el
sentido de la poesia y la intenciön del
recitador; en todo es so recapacita-
ron sobre ella cuando era demasiado
iarde. Hay que imaginarse el cuadro:
alrededor los uniformes negros de los
S. S.; delante, de pie y un poco ele-
vado, un pobre hombre invälido y tor-
turado, recita una poesia que en ese
lugar reviste un caräcter opositor, re-
volucionario y vibrante. Para nos-
otros fue un acontecimiento, jy quö
acontecimiento! Se necesita valor per-
sonal para proceder asi, y Litten ic
poseia, porque en su fuero interno
mantenia su integridad moral que tan-
to odio le acarreö entre los nacional-
socialistas".
BEBEN UNIRSE TODOS LOS
OPRIMIDOS POH LA SVASTICA
En el extranjera podtrxa suponerse
que los trabajadores alemanes han ol~
vidado su solaridad para con los
camaradas polacos, checos, etc. Que
esta impresiön es falsa se deduce del
extracto de una proclama que el lo.
de mayo fu6 repartida en Alemania
por la "Union libertaria Sindicalista
contra la Sv&stica":
t
"tTn milljön de obreres polacos y
centenares de miles de checos fueron
llevados a Alemania por los nazis
para diiicultar nuestra lucha. A los
polaccs y checos les pagan jornales
aun mäs reducidos que a nosotros, se
aprovechan de ellos y los explotan. El
Prente de Trabajo alemän quiere in-
citarnos contra ellos, pero nosoitros
sabemos que los
Jo checos y n« lacos soii naestro» aOa>
das naturales en la lucha contra los
nasis explotadores y prepotentes y en
nuestra acciön por la libertad de los
trabajadores. Nosotros estamos con-
vencidos de esto y los ayudamos. De-
btn unirse todos los oprimidos por la
svästica.
No hay 5». Columna
en la Argentlna?
En estos dlas en que se habla tanto
de la infiltraciön nazi en el Uruguay,
es interesante leer lo que d'ce sobre la
Quinta Columna en la Argentina el
diario "La Noche" de La Paz, Boii-
via, en su ediciön del 7 de Junio de
1940.
En Espana se la bautizö. Y este
nombre define las actividades sinies-
tras desplegadas por elementos ex-
tranjeros. Ahora nadie desconoce el
peligro que representa la Qiunta Co-
lumna. Existe en todo el mundo. Y
tcdos los pueblos estän abocados a
esta amenaza. No solamente Europa,
America tambien tiene que defender-
se y mantenerse alerta contra ella. 3e
ha demostrado definitivamente que la
Quinta Columna alemana trabaja sin
descanso en los pueblos del hemisfe-
rio occidental. En la Argentina se han
hecho revelaciones sensaqionales al;
respecto. Todas las actividades nacio-
nales del vecino del Sur estän contro-
ladas por la Quinta Colmna. Sola-
mente en las fäbricas de luz hay em-
pleados mäs de seis mil alemanes
simpatizantes o emisarios de Hitler.
Su misiön estä determinada. Y en el
momento preciso maniobrarän con la
rapides que se requiere para impe-
dir toda posible reacciön. Lo mismo
que en Elscandinavia. Que en Holan-
da. Y en Belgica. Las regiones mäs
menazadas serian la Capital Fede-
ral y la ciudad de Rosario. En menos
de veinticuatro horas pueden dejar a
oscuras a estas dos ciudades para fa-
cilitar la ocupaciön de las mismas por
su conocido sistema de los desembar-
or>s de sus marineros miemtizados y
de sus paracaidistas. La persona« ar-
gen tina ha dado ya la voz de alar-
ma. Las pruebas de estas aserciones
son irrecursables.
Mlrar de eerea
Mirar de cerca, no dejarse enganar por
las apariencias: ahi estä el secreto de
una acciön eficaz contra la 5a. co-
lumna.
En Amsterdam, los empleados de los
bancos alemanes tenian. aparence-
mente, un club social donde se reu-
nlan para cantar v hacer ejercicios
ritmicos. Cuando la invasion de los
nazis, ssos rnismqs empleados de los
bancos germancs formaron un regi-
miento, que con armas y todo, saliö
de la ciudad para atacar por la es-
palda, al ejercito holandes.
Mo hay que dejarse enganar por pa-
saporres chilenos. Hay que ver, que
los rebratos de Sarmiento en los cole-
gios nazis sirven ünicamente para dl-
simular la propaganda totalitaria.
No orea que despues de los decretos
restrictivos del P. E. los nazis no se
ocupan de nada mäs que de cantos,
ciüturales y sociales en sus organiza-
ciones '"inooentes".
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