Das Andere Deutschland (LA OTRA ALEMANIA) orgcmo de los alemanes antihtileristas de la America Lcrtina. Editor y director: Dr. Augusto Siemsen, ex-di- putado al Reichstag:. TUCUMAN 309, BUENOS AIRES - U. T. 31-3922 Jahrgang V — Nr. 42 — September 1941 KRITISCHE WOCHEN BEB RUSSISCHE KRIEG Iji der Schlacht um Russland, die auch am verflossenen Monat in erster Linie alle Gedanken in Anspruch nahm, haben die Nazitruppen erhebliche Erfolge er- zielt. Mit der Ukraine verlieren die Russen einen grossen Teil ihrer Schwerin- dustrie; Krim und Schwarzes Meer sind gefährdet; Leningrad ist unmittel- bar bedroht; auch gegen Moskau ist man ein Stück weiter gekommen. Aber seihst wenn es den Deutschen gelingen sollte — was noch durchaus fraglich ist — an Ostsee und Schwarzem Meer weitere grosse Erfolge zu erringen, ja selbst wenn — was noch weit fraglicher ist — Moskau fallen sollte, besteht kein Grund zum Pessimismus. Was ha,t der bisherige Verlauf des russischen Feldzuges gezeigt? Er hat erneut bewiesen, zu welch furchtbarem, bis ins letzte durchorganisier- tem Gewaltinstrument das Versagen der grossen europäischen Mächte die Nazikniegsmaschine hat werden lassen. Selbst die ungeheueren Anforderungen und die riesigen Verluste_im russischen Krieg haben bisher die Reserven Hit- lers an Menschen und Material nicht zu erschöpfen vermocht. Andererseits hat das deutsche Oberkommando sein eigentliches Ziel, die rus- sischen Heere zu vernichten nicht erreicht. Hitler ist vielmehr in Russland auf einen. Gegner gestossen, der den Krieg ebenfalls totalitär unter vollster und rücksichtsloser Ausnutzung der ihm zu Gebote stehenden Mittel, an Gütern' und Menschen, zu führen gewillt ist und zu führen versteht. In einer in der Geschichte beispiellosen, in einem kapitalistischen Staat unmöglichen Weise verwüsten die Russen selbst das Lanu, das sie den Nazis überlassen müssen, vernichten sie alles, was den Gegnern nützen könnte. Diese Art Kriegführung wird nicht nur durch die Weite des Landes, sondern vor allem durch die bisher über jedes Lob erhabene moralische Widerstandskraft und Opferbereitschaft der russischen Bevölkerung ermöglicht. Eine Quinta Columna hinter der rus- sischen Front wird nicht sichtbar, wohl aber gefährden hinter der Nazifront Tausende und Abertausende von russischen Guerillakämpfern, Folter und Tod vor Augen, unaufhörlich die Verbindungs. und Nachschublinien der Nazis, was t tun so wichtiger ist, als diesen in den verwüsteten Gebieten jede Verpflegungs- möglichkeit fehlt. Die gewaltigen Leistungen des russischen Volkes geben Hoffnung, ja Gewiss- heit. dass die Sowjetunion den Kampf trotz aller noch so grossen Erfolge Hit- lers fortsetzen kann und fortsetzen wird. Die grossen neuen Industriegebiete in- Sibirien, das Vorhandensein fast aller wichtigen Rohstoffe in Sibirien und die in Aussicht stehende Unterstützimg Englands und Amerikas werden die mate- rielle Versorgung der russischen Heere auch im schlimmsten Falle zum minde- sten soweit sicherstellen können, dass die Sowjetunion den Krieg in einer Wei- se fortzusetzen vermag, dass gewaltige nazistische Menschen- und Material- massen dadurch gebunden werden. Und das wird zum — wenn auch langsame- ren — Sicherschöpfen und Verbluten der Nazis führen. ENGLAND UND USA Leider hat die Sowjetunion bei ihrem hartnäckigen Widerstand gegen die furchtbare Kriegsmaschine Hitlers bisher so gut wie keine Unterstützung von England und von USA. erhalten. Es wiederholt sich die bedauerliche Tatsache, dass Hitler seine ganze Macht gegen einen Gegner werfen kann, weil die an- deren — aus welchen Gründen auch immer — nicht in der Lage sind, die Si- tuation auszunützen und Hitler zum gleichzeitigen Kampf an einer anderen Front zu zwingen. Dieses Versagen hat in England selbst zu sehr scharfer Kritik geführt, an der selbst die konservative „Times" teilnimmt. In einem so viel gelesenen Blatt wie dem Lord Beaverbrock gehörenden ,,Sunday Express" wurde die Frage auf- geworfen- Wie ist es jnöglich, dass in dem Moment, wo Hitler alle seine Kriegs- mittel gegen Russland konzentriert, wo in dem schlechter bewachten Europa Situation und Stimmung für eine Rebellion günstig sind, kein britischer Soldat in Europa gegen Hitler kämpft? Die Flugangriffe gegen Deutschland seien ab- solut ungenügend, zur Unter Stützung Russlands müsse eine zweite Front in Europa geschaffen werden. Dann werden die profaschistischen Gruppen und. Quislings in England beschuldigt, aus Hass gegen die Sowjetunion die Politik: Churchills zu konterkarnieren. Die gleichen Leute hätten das Zustandekommen, des russisch-polnischen Vertrages zu vereiteln gesucht. Einflussreiche Kreiser vor allem die englischen Katholiken, die einen unheilvollen Einfluss ausübten,, hätten noch heute die besten Beziehungen zu Franco (!). Die Tatsache der mangelnden Unterstützung Russlands durch England trotz des Bündnisses und der gegenseitigen Verpflichtung, keinen Sonderfrieden su schliessen, ist unerfreulich genug. Sollte sie wirklich nicht technische, sondern die angegebenen Gründe haben, so wäre das noch weit unerfreulicher. Wir ha- ben von jeher bedauert und kritisiert, dass die mit schwerster Schuld belade, nen Hitlerförderer und Francofreunde noch immer nicht restlos aus den wich- tigen Stellungen ausgemerzt worden sind. Das alte kapitalistisch-imperiali- stische England wird den Krieg nicht gewinnen. Je eher seine unbelehrbaren Vertreter ausgeschaltet werden, um so besser! Dieser Meinung gibt auch der englische Arbeiterführer Harold Laski Ausdruck», wenn er in einem Artikel der sozialistischen „Tribüne" die konservative Diplo- matie mit folgenden Worten angreift: ..Es ist besser, etwas Sinnvolles in einer Sprache zu sagen, als Torheit in sechs Sprachen. Deshalb gehören Menschen in die Diplomatie, die von unten her kommen. Es wird immer deutlicher, dass die Leute in unseren Gesandtschaften und im Foreign Office die Wirklichkeiten der modernen Welt wegen der Bril- len, die ihnen in ihren Schulen aufgesetzt worden sind, nicht zu erfassen ver- mögen . . . Wie lange muss das Blut des einfachen Volkes des englischen Empire vergossen werden, um die Irrtümer einer verständnislosen Kaste wieder gut zu machen? . . . Das Land ist der Worte satt, es verlangt Taten." Was USA angeht, so hat Roosevelt bisher noch immer nicht vermocht, die Mehrheit des amerikanischen Volkes von der dringenden Notwendigkeit su überzeugen, alle Kräfte an der Seite Englands und der Sowjetunion in den Krieg hineinzuwerfen. Das „Zu Spät!", das auch hier wieder wie bei allen Ka- 2 piteln seit Hitlers Machtergreifung als Ueberschrift dienen könnte, bedeutet nicht „Zu spät für Hitlers schliessliche Niederlage", wohl aber „Zu spät, um. günstige Situationen auszunutzen, zu spät um. der immer fürchterlicheren Zer- störung und Vernichtimg von Werten und Menschen Einhalt zu bieten". DIE KONFERENZ CHURCHILL-ROO SEVELT hat bisher noch keine sichtba. ren Resultate gezeitigt. Die gemeinsame Erklärung enthält wenig Positives. Die acht Punkte sind so allgemein und vieldeutig, dass sie wenig Anstoss erregen, aber auch wenig, Begeisterung wecken können. Sehr bedenklich ist die Forde- rung auf Wiederherstellung der Souveränität der Einzelstaaten in einer Zeit, in der die Beschränkungen der Staatssouveränität dringendes Gebot ist; erfreu- lich ist, dass man den Deutschen nicht mit Rache droht, sondern ihnen — bis auf die Entwaffnung — Gleichberechtigung verspricht. Hoffentlich sind auf der Konferenz wichtigere und dringendere Dinge bespro- chen worden als diese wenig fördernde Erklärung. ZUSPITZUNG UEBERALL! Das "wäre umso notwendiger, als im Femen Osten der Eintritt Japans in den Krieg droht. Noch bekämpfen sich in Tokio zwei Richtungen. Weitere Erfolge der Nazis in Russland werden, voraussichtlich die Kriegspartei zum Losschlagen veranlassen. Im nahen Osten stehen England und Russland vor der Aufgabe, den gefährli- chen Umtrieben der Nazis in Iran ein Ende zu machen, denn dieser Staat ist sowohl wegen seines Petroleums wie wegen seiner Lage zwischen dem Persi- schen Golf und Russland von ausserordentlicher Bedeutung. Die iranische Fra- ge müsste umso schneller gelöst werden, als die Türkei unter wachsendem deutschen Druck steht und man sich über ihre Widerstandsfähigkeit keinem zu grossen Optimismus hingeben darf, falls nicht der Gegendruck oder die Ge- gensicherungen stark genug sind. Die Vichy-Regierung hat im Innern eine Gleichschaltung vollzogen, die Böses befürchten lässt. Im Falle einer militärischen Kooporation Viehys mit Hitler würde Franco-Spanien ohne weiteres diesem Beispiel folgen. Damit wären Mit- telmeer und Nordafrika erneut aufs schwerste bedroht. Aber Petain und Franco würden gegen den Willen der grossen Mehrheit des französischen und spanischen Volkes 'handeln. Darüber hinaus wird es immer schwerer für die Hitlerdiktatur, mit der wachsenden Unzufriedenheit und Gä- rung in den unterjochten Ländern fertig zu werden. Herr Pavelitsch hat sich genötigt gesehen, die Küstengebiete seines Vasallenstaates den Italienern zur Besetzung zu überlassen, da er nicht mit den antifaschistischen Guerrillakrie. gern fertig werden kann. Nicht besser sieht es in Serbien aus. Bei dieser überaus gespannten Gesamtsituation wird sehr viel von der Energie Englands und Amerikas abhängen, um Schlimmeres zu verhüten, und um alle latenten Kräfte gegen die Hitlerdiktatur zu ermutigen und zu aktivieren. NATIONALSOZIALISTISCHE „MENSCHEN- BEWIRTSCHAFTUNG" Aus der Fülle von. Nachrichten über scher Zeitungen: die Verbrechen des Naziregimes ön- Beim Einsatz der Kriegsgefangenen nen wir wegen Raummangel nur we- werden „die für die Landwirtschaft nige bringen. Was wir diesmal aus- entbehrlichen Kriegsgefangenen im wählen, soll vor allem zeigen, wie das Winter in die gewerbliche Wirtschaft entmenschlichte und entmenschlichen- umgesetzt". de Nazisystem die Menschen nur als Die Studentinnen werden während der willenlose Werkzeuge behandelt. Ferien „zum Grosseinsatz in der Rü- ,,Einsatz, Erfassung. Rückgriff, Umset- stungsindustrie verpflichtet". zung, Gestellung, Ausrichtung, Ver- Die Jungmädel erfahren „eine zielkla- pflanzung" von solchen Ausdrücken re und zielbewusste Ausrichtung zu schwirrt es in den Berichten nazisti- Disziplin und Gehorsam („Glaube und 3 Schönheit"?); darüber hinaus aber werden in den diesjährigen Sommer- ferien alle Schülerinnen von 14 Jah- ren an einen 3 bis 4 wöchentlichen Kriegseinsatzdienst in Kindergarten, kinderreichen Familien. Landwirt- schaft, in Betrieben oder auch als Schaffnerinnen auf der Strassenbahn ableisten". Ein „Aufruf der weiblichen Reichsan- gehörigen des Geburtsjahrgangs 1923 zur Durchführung ihrer Erfassung für den Reichsarbeitsdienst" beginnt mit den Worten: „Zur Gestellung für die Durchführung' ihrer Erfassung zum Reichsarbeitsdienst für die weibliche Jugend sind ..." (So etwas wird aus unserer deutschen Sprache, wenn gei- stige Analphabeten, alte Kämpfer, Schläger und Banditen auf sie losge- lassen werden). Für die Verpflanzung von 620.000 Aus- landsdeutschen in die besetzten polni- schen Gebiete etc. — Heim ins Reich! — wurden nach den offiziellen Anga- ben des Gestr^ochefs Himmler, der zugleich bezeichnenderweise der Treu- händer der Auslandsdeutschen ist, 6.381.000 RM. ausgegeben. Des Führers bescheidener Landsitz in Berchtesga- den hat erheblich mehr gekostet. ,.Arbeitsmedizin" ist eine Entdeckung der Arbeitsfront. Sie muss den älteren, ausgemergelten Arbeitern zuteil wer- den, damit sie bis zu 70 Jahren in der Rüstungsindustrie eingesetzt werden können. Es sind nämlich trotz aller importierten Zwangsarbeiter noch im- mer zwei Millionen Arbeiter zu wenig da. Mit den Berichten über Raub von Gü- tern und Vergewaltigung von Men- schen in den besetzten europäischen Ländern könnte man Seiten füllen. Wir beschränken uns auf eine einzige Nachricht, die der Internationale Transportarbeiter.Verband aus Hol- land meldet. Das dortige Blatt der Nazi-Sturmtruppen, der verächtlichen "Vaterlandsverräter, die die Methoden der SA gegen ihre eigenen Landsleute anwenden, schreibt im März 1941: „Wenn der Leidener Platz (in Am- sterdam) für diesen Abend gesäubert ist, zieht die Gruppe in nahe Strassen- ur.d Grachtenviertel. Sie hoffen, dass etwas passieren wird ..." Nach der Vollbringung von Heldentaten gegen Wehrlose, sagt der Hauptmann: „Leu- te, das war gut heute Abend. Gewalt und immer wieder Gewalt! (Hitler: In der ewig gleichmässigen Anwendung der Gewalt liegt das Geheimnis des Erfolges!) So lernen sie unsere Uri- form kennen und so lernen sie uns ge- horchen". NOTSCHREI DES UNTER- RICHTSMINISTERIUMS Obwohl der preussische Unterrichts- minister Rust in der Weimarer Repu- blik den Schutz der Unzurechnungs- fähigkeit genoss, hat er sich zu der Erklärung genötigt gesehen, dass es wie bisher nicht mehr weitergehe. Ei- ne fundamentale Wandlung auf dem Gebiete der Jugenderziehung sei zwar eingetreten, doch dürfe die körperliche Ertüchtigung auf die Dauer nicht den Vorrang haben (was wird der Führer zu solcher Ketzerei sagen?). Die heu- tige Jugend sei durchaus ungenügend mit Elementarkenntnissen für den Le- benskampf ausgerüstet. Mit anderen Worten: Die systemati- sche Verblödung der Jugend durch die Nazis trägt ihre Früchte. ZUR LAGE IN BOLIVIEN Aus Bolivien schreibt man vms: In den folgenden Z ilen soll versucht werden, einige Gesichtspunkte für die Beurteilung des etwa Mitte Juli ds. Js. aufgedeckten Naziputsches in Bolivien zu geben; ausdrücklich sei jedoch betont, dass die Zeit noch nicht gekommen ist, konkretes Material mitzuteilen. Bolivien ist wirtschaftlich und politisch eines der schwächsten Glieder in der Kette der lateinamerikanischen Staaten. Meist ohne richtige Bewässerung, fast ohne landwirtschaftliche Maschinen, bearbeitet ein Teil der etwa eineinhalb Millionen eingeborener Indios einen Teil des bebaubairen Bodens für die dün- ne soziale Oberschicht seiner Besitzer, deren finanzieller Gewinn nicht aus- reicht, um das Land im grossen Stile zu erschliessen. So fehlt es dem Lande, dessen 3 Millionen Einwohner sich auf eine über zweieinhalb mal so grosse Bodenfläche wie das vornationalsozialistische Deutschland verteilen, vor al- lein an den so notwendigen Verkehrsverbindungen. Die Einnahmen aus den 4 wichtigen Mineralschätzen, die hauptsächlich den grossen Minenbesitzern Pa- tino, Hochschild und Aramayo gehören, wandern nur zum Teil an den Staat zurück; doch sind glücklicherweise gerade diese Minenbesitzer mit diejenigen Kräfte, die durch ihre Verbindungen mit den Vereinigten Staaten und mit England, dem Lande einen gewissen Rückhalt gaben und geben, um es zu hin- dern, dem Einflüsse der Achsenmächte ganz und gar zu erliegen. Die zentral gelegenen Hochebenen, wie von der Natur eigens geschaffene Lan- dungsplätze für Plugzeuge, gestatten, von dort aus fast gleich schnell nach allen strategisch wichtigen Teilen Südamerikas (Panama-Kanal, Patagonien, Ostbrasilien und so weiter) zu gelangen. Das, die Mineralschätze des Landes an Zinn, Wolfram und anderes sind wohl die Hauptgründe, die das Land seit Jahren zum Tummelplatz und Eldorado für Nazi-Agenten gemacht haben. Dies wurde durch die ökonomischen Verwaltungs- und Verkehrsschwierigkei- ten ganz besonders erleichtert; umso mehr, als ein geordnetes polizeiliches Ueberwachungssystem auf dem Lande nur für die jüdischen Einwanderer aus der letzten Zeit, aber nur in überaus laxer Weise für deutsche Handelsange- stellte etc. gehandhabt wurde. Da früher etwa 80 o|o des bolivianischen Me- tallexportes nach Europa, und von diesen 80 o|o wiederum etwa achtzig Pro- zent nach England gingen, so gewinnen infolge der Kriegslage im Atlantik und der Bedrohung des hinterindischen Zinnvorkommens seitens Japans die Mineralschätze Boliviens immer grössere Wichtigkeit für die Kriegführenden und für die rüstende U. S. A. Der Mangel an Verkehrsverbindungen führte schon früh zum Auf- und Aus- bau der Luftfahrtlinie des „Lloyd Aereo Boliviano", der natürlich sofort ganz unter deutschen Einfluss geriet und seine Filialen und Filiälchen bald über das ganze Land spann, und wie alles Deutsche, sich bald der grössten Volks- tümlichkeit erfreute. Die Anlage einiger "privater" Radio-Sendestationen war gewiss nicht autorisiert, wurde aber von den früheren Amtsorganen des Lan- des ebensowenig verhindert wie das Vorhandensein und die immer schamlosere Ausbreitung des Nationalsozialismus überhaupt. Seitdem nach dem aufgedeckten Putschversuch der Nazis Mitte Juli ds. Js. im Lande hier -und da Haussuchun- gen stattfinden, hat man allein in La Paz drei solcher Radiosendestationen ermittelt, denen sich soeben eine vierte Station hinzugesellt hat. Und nun ist man teils verstimmt, teils peinlich berührt. Dass der "Lloyd Aereo Boliviano" an allen entscheidenden Stellen deutsche Mechaniker und Piloten hatte, da- ran fanden die damaligen Amtsstellen ebenso wenig auszusetzen. Ein grosser Teil der Landespresse war von jeher deutschfreundlich; Deutsche hatten das Heer ausgebildet, Deutsche waren als Ingenieure, als Lehrer usw. ins Land gekommen, Deutsche waren die Handelsvertreter wichtigster Artikel, wie Me- tallwaren, chemischer Produkte, und — amerikanischer Firmen! Umgekehrt war die soziale Stellung der im Lande befindlichen Engländer und Amerika- ner meist davon ganz verschieden: Sie rekrutierten sich meist aus Angestell- ten der Minenverwaltungen, lebten mehr unter sich und kamen weder in dem Masse noch in der Weise mit der Bevölkerung des Landes zusammen wie das deutsche Element. Seit 1939 und mehr noch seit 1940 brachte ein grosser Teil der Landiespres- se seine Sympathien für die totalitären Staaten mit nicht mehr misszuverste- hender Deutlichkeit zum Ausdruck. Erst begann England, dann die Vereinigten Staaten und schliesslich die Demokratie im allgemeinen zur Zielscheibe offe- ner Angriffe zu werden, die seit Ende 1940 eine Heftigkeit annahmen, wie sie selbst unter der totalitär beeinflussten Presse anderer lateinamerikanischer Staaten kaum zu finden sein dürfte. "Los pueblos tienen a destruir una vez por todas, con Inglaterra ö sin ella, el antiguo orden artificial e irritante im- puesto por las oligarquias inglesas sobre las espaldas de las demäs naciones del Globo". "No es un misterio la politica solapada y astuta que realiza el im- perialismo yanqui, para lograr su siempre ansiado expansionismo en la Ame- rica Latina". "Emancipaciön del tutelaje angio-norteamericano". "La diplo- macia del Dölar es un libro que ha revelado toda la gama de especulaciones, chanchullos y presin moral y finalmente todo el imperialismo que se ejerce s desde la banca de Wall Street contra las naciones americanas desposexias de recursos y a las que se explotan miserablemente..Vielleicht wollte sich die- se Edelpresse aber nun wenigstens von jedem Imperialismus freimachen? Oh nein! "Un nuevo Proceso revolucionario en el Mundo": Das ist nämlich die Politik Hitlerdeutschlands! Sie wurde verglichen mit dem fortschrittlichen Sy- stem der französischen Revolution, und die Reaktion, heute wie damals, ist das plutokratische England. "Es muy claro el conoepto de la polltica del Eje"... Und in diesem Stile Tag für Tag. Die gebrachten Beispiele sind einige von Uber fünfzig Kostproben aus der Lokalpresse eines kleinen bolivianischen Städtchens. Im übrigen Lande war es genau so. Die Summen, welche die in den U. S. A. aufgelöste "Transocean" für die Bezahlung der bolivianischen Landesverräter monatlich "abgezweigt" hat, sind inzwischen an anderer Stel- le veröffentlicht worden. Die Einwanderung einiger Gruppen hauptsächlich! jüdischer Opfer des Hitle- rismus aus Deutschland nach Bolivien im Jahre 1939)40 führte zu einer neu- erlichen intensiven Propaganda seitens fast der gesamten Landespresse gegen die neuen Einwanderer. Sie brächten Gefahren ins Land, sie beuteten das Land; aus; so versicherte man. Sie machten, dass die Lebensmittelpreise stie- gen, sie seien Träger ansteckender Krankhiten, sie seien eine Gefahr für die Sicherheit des Staates, ja für die ganze Welt. — Man kennt die Melodie. Wie- der und wieder mussten sich die Immigranten auf den Polizeibehörden vorstel- len, wieder und wieder wurden sie von allen Seiten photographiert, wieder und wieder wurden ihre Fingerabdrucke in die Kartotheken aufgenommen. Gedruckte Vorladungsformulare für die Polizeibehörde in La Paz enthielten vor dem auszufüllenden Namen desjenigen, der zu erscheinen hatte, die An- rede: "An den Semita Soundso" eine Zeitlang bereits vorgedruckt. Die steigende Aktivität des Nationalsozialismus erfasste immer grössere Krei- se der Verwaltung, Angestellte, Lehrer, und vor allem das Offizierskorps. Die lauter und lauter werdenden Warnungsrufe der wenigen freiheitsergebenen Zei- tungen des Landes, wie "La Razön", "La Ultima Hora", dann des tapferen kleinen Blattes "Presente" und der in deutscher Sprache erscheinenden "Rund- schau vom Illimani", die auf das Treiben der 5. Kolonne im ganzen Lande, sowie -uf die deutsche Gesandtschaft in La Paz ganz offen als das Zentrum einer Verschwörung gegen die Unabhängigkeit des Landes aufmerksam mach- ten, lenkten dann aber schliesslich doch den Blick — auch des Auslandes — von den Gefahren, welche die jüdische Einwanderung in Bolivien der Welt bringen sollte, ab, und dafür mehr und mehr auf andere Dinge hin, wie z. B. auf das rassisch hochwertige Personal des "Lloyd Aereo Boliviano" und auf die allmählich peinlich gross werdende Verzweigung der deutschen und italie- nischen Luftlinien in Südamerika, mit ihren Anschlüssen, bzw. Ausgangspunk- ten in Bolivien. Auch "DAS ANDERE DEUTSCHLAND" darf für sich buchen, durch Alarmrufe über Personen und Verhältnisse in Bolivien die Aufmerk- samkeit der noch freiheitliebenden Oeffentlichkeit geweckt zu haben. Der "Lloyd Aereo Boliviano" wurde dann — das war eine der ersten Reaktionen — verstaatlicht; so, dass der Fiskus 56 o'o der Aktien bekam. lieber die Einstel- lung von Angestellten entscheidet heute die "Pan American Airways". — Ge- rade diese beginnende Abwehraktion scheint die Nazis zu den grössten An- strengungen angespornt zu haben. Etwa seit Mai ds. Js. nehmen im ganzen Lande die als gesellige Veranstaltungen und ähnliches getarnten Sitzungen der Nazikolonien in allen Orten und Oertchen zu; sie finden immer nachts statt Kleine und hohe Angestellte, die versuchten, ihrer freiheitlichen Ueber- zeugung treu zu bleiben, wurden durch nazifreundlich gewordenen Amtskol- legen oder durch die totalitär gewordene Presse angegriffen, sie wurden pri- vat oder geschäftlich boykottiert. In bolivianischen Schulen oder anderen In- stitutionen wurden unter den Bolivianern Nazizellen oder doch ähnlich funk- tionierende Gruppierungen gebildet. Alles nach dem gleichen Muster, alles mit unerhörtem Zynismus. Wie immer, waren die deutschen Lehranstalten hier- bei das Modell. In La Paz hängte man offen das Hitlerbild in den Schulraum, griff dafür aber umso heftiger demokratisch gesinnte Regierungsleute an, im f Colegio Alemän in Oochabamba haben nach der Mitteilung gut informierter Personen wiederholt nächtliche Sitzungen deutscher und bolivianischer Na- tionalsozialisten stattgefunden; Cochabatnba war als geographisches Ver- ÄChwörungszentrum für Bolivien gedacht. Eine fieberhafte Spannung lag in der Luft. Als friedliche Handelsreisende getarnte Nazi-Agenten reisten unge- hindert von Ort zu Ort und organisierten überall im Lande den zunächst noch latenten Aufruhr. Da trat am 11. Juni die bolivianische Regierung unerwartet zurück, um dem Präsidenten der Republik die Möglichkeit zu geben, sich diejenigen Mitarbei- ter auszusuchen, mit deren Hilfe er der schwierigen Lage besser entgegentre- ten könne. Mitte Juli schlug die neue Regierung los. Niemand kann aber heu- te mit Sicherheit behaupten, ob die getroffenen Massnahmen ausreichend sein werden, um wenigstens die akute Gefahr des Nationalsozialismus in Bo- livien zu unterdrücken. Durch Wachsamkeit gelang es, den Brief des boliviani- schen Militärattaches in Berlin, Mayor Elias Belmonte, an den Nazigesandten in La Paz, Ernst Wendler, abzufangen. Der weitere Gang der Ereignisse ist bekannt. Der Belagerungszustand besteht im Lande seitdem unverändert. Glücklicherweise gibt es in Bolivien auch ei- nige entschlossene und tüchtige freiheitsliebende Menschen, auf welche die neue Regierung sich verlassen kann. Ob und wie weit es ihr gelingen wird, die ,so zahlreichen Nazi-Agenten und die vielen "Sympathisierenden" und Hehler des Nazismus in der Verwaltung unschädlich zu machen und damit einen Brandherd auszutreten, in dessen Feuer die panamerikanische Einheit bedroht werden, könnte, das zu ^beurteilen, bleibt der Zukunft überlassen. X. X. (Bolivien). DIE PRAKTISCHEN VORSCHLAEGE DER FEDERAL-UNION ;Für eine Bewegung, die die Souveränität als eine der Hauptursachen der Krie. _ge ansieht, läge es nahe, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Die Federal- Union versucht aber, diesen Fehler zu vermeiden. Sie schlägt deshalb nicht et- -wa die Abschaffung der Einzelstaaten vor, zu der schwerlich jemals eine all- gemeine freiwillige Zustimmung zu erreichen wäre. Vielmehr fordert sie. die Souveränität nur so weit einzuschränken, als diese wirklich eine Gefährdung des Friedens bedeutet. Insofern will also Federal-Union eine Zwischenstellung einnehmen zwischen einem Völkerbund, der im Prinzip die Souveränität un- angetastet lassen, und einem „Ueberstaat", der die Einzelstaatlichkeit der ihm einverleibten Länder völlig aufheben will. So dai-f z. B. die Federal-Union in der Regelung von Meinungsverschiedenhei- ten zwischen den Staaten nicht wie der Völkerbund auf die Einstimmigkeit ihrer Mitglieds-Staaten angewiesen bleiben. Sonst würde weiterhin die Gefahr .bestehen; dass es gerade in entscheidenden Konfliktsfällen, in denen jene Ein- stimmigkeit nicht zu erreichen war, doch zum Kriege käme. Auf der anderen Seite wird die Federal-Union beispielsweise das Eherecht durchaus nicht für ihr ganzes Gebiet einheitlich festlegen müssen, da durch Verschiedenheiten in dieser Beziehung schwerlich kriegerische Verwicklungen hervorgerufen werden .können. .Nach den Vorschlägen der Federal-Union sollen die folgenden Aufgaben von den nationalen Staaten auf die Zentralleitung übergehen: 1) Die Führung der Aussenpolitik: Die Aufgaben der nationalen Aussen- ministerien sollen von einer Zentralstelle übernommen werden. 2) Statt der Heere der Einzelstaaten hat die Federal-Union ein Union- Heer zu schaffen. So weit nationale Polizeikräfte weiter bestehen, sind sie einer Bundes-Kontrolle unterstellt, ebenso etwa fortbestehende nationale Munitions-Industrien. 3) Die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten wird ebenfalls zentral durch die Federal-Union vorgenommen. Das gilt gleichfalls für die Ueberwachung der internationalen Finanz-Trans- aktionen. 4) Soweit die Kolonial-Bevölkerung noch nicht zur Selbstverwaltung ge- nügend entwickelt ist, sollen die Kolonien unter Bundes-Kontrolle mit gleichem Recht des Zugangs für alle angeschlossenen Staaten bezw. deren Bürger gestellt werden. 5) Ebenso ist das internationale Verkehrs- und Nachrichten-Wesen Vin- ter gemeinsame Kontrolle zu stellen. 6) Die einzelstaatlichen Währungen sollen gleichfalls gemeinsamer Kon- trolle unterstehen. 7) Die Ein- und Auswanderung wird nach föderalen Gesetzen geregelt, ohne dass die einzelnen Staaten eigenmächtig Beschränkungen auf diesem Gebiete vornehmen dürfen. 8) Die einzelnen Regierungen dürfen ihren Bürgern nicht den freien Zu- gang zum internationalen Informations-Wesen versperren. Die Fede- ral-Union hat die Beeinflussung der Weltmeinung zu kontrollieren. In allen.' übrigan Punkten bleibt den einzelnen Staaten die Gesetzgebung frei überlassen, soweit diese keine Beschränkung der ausdrücklich festgelegten Men- schenrechte und der Demokratie bedeutet. Die gesetzgebende Körperschaft der Federal-Union setzt sich — ähnlich wie in Argentinien und U.S.A. — aus Abgeordneten-Kammer und Senat zusammen. Die Regierung wird nach einem besonderen demokratischen Verfahren gewählt. Wir müssen uns hier auf diese Andeutungen beschränken, die in ihrer Kürze manche Einzelfragen unbeantwortet lassen. In den Veröffentlichungen der An- hänger der Federal-Uriion wird jedoch ein bis in die Einzelheiten gehender Or- ganisations_Plan entworfen. Was uns hier interessiert, sind weniger die Einzel- heiten, deren endgültige Gestaltung nicht unbedingt festliegt, als vielmehr die Frage, ob die allgemeinen Richtlinien als Grundlage für die internationale Neu- gestaltung dienen können. Wenn wir daraufhin die aufgezählten acht Pro- gramm-Punkte der Federal-Union ansehen, so müssen wir zugeben, dass ihre Durchführung zweifellos eine wesentlich stärkere Friedenssicherung als der selig entschlafene Völkerbund darstellt. Und dass einer solchen Durchführung keine unüberwindlichen praktischen Schwierigkeiten entgegenstehen, zeigen die Zusammenschlüsse ehemals souveräner Staaten zu Gebilden, die an sich star- ke Aehnlichkeit haben mit dem, was die Federal-Union erstrebt. Gerade uns auf dem amerikanischen Kontinent sind die U.S.A. oder auch Argentinien, mit ihren relativ selbständigen Einzelstaaten beredte Beispiele für eine solche Union ehemals unbeschränkt souveräner Staaten. Als wichtige Fragen für Sozialisten bleibt jedoch noch zu prüfen, wie weit die Verwirklichung der Ideen der Federal-Union etwa die Einführung oder Erhal- tung des Sozialismus in den Einzel-Staaten gefährdet. Nach den Absichten der Federal-Union soll diese weder den Sozialismus fordern noch ihn ausschliessen. Dazu sagt Clarence Streit, der Begründer dieser Bewegung- „Die Union soll das Recht jeder ihr angehörigen Demokratie garantieren, all ihre inneren Angele- genheiten unabhängig zu verwalten und die Demokratie bei sich in ihrer eige- nen Sprache, ihren eigenen Sitten gemäss und auf ihre eigene Art zu bestäti- gen, sei es als Republik oder Königreich, durch PräsidentiaL, Kabinetts- oder andere Regierungs-Form mit kapitalistischem, sozialistischem oder anderem ökonomischen System." Ist, also keine Vergewaltigung sozialistischer Staaten beabsichtigt, so fragt sich doch, cb die Gefahr einer solchen Vergewaltigung nicht entgegen' den ursprüng- lichen Absichten entstehen kann. Als gefährliches Moment in dieser Beziehung ist zweifellos die Tatsache zu betrachten, dass dem gemeinsamen Unions-Heer nur eine relativ schwache Folizei- oder Miliz-Macht der Einzel-Staaten gegen- über steht. Würde also eine mehrheitlich kapitalistisch gesinnte Unions-Regie- rung entgegen den aufgestellten Grundsätzen einen angeschlossenen Staat zur Beseitigung des Sozialismus auffordern bezw. an dessen Einführung mit Waf- fengewalt hindern wollen, so könnte der bedrohte Einzelstaat sich hiergegen offenbar kaum mit grossen Aussichten auf Erfolg zur Wehr setzen. Sollten Sozialisten deswegen die Federal-Union ablehnen? Dann könnten zwar die sozialistischen Staaten ungehindert gegen etwaige kapitalistische Vergewal- tigungen aufrüsten. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine solche Aufrüstung nie_ mals auf einen Staat beschränkt bleibt, sondern zu einem allgemeinen Wettrü- sten führt. Wieder stände dann der einzelne sozialistische Staat einer kapita- listischen Uebermacht gegenüber. Nur besteht in diesem Fall ein erhöhtes Risi- ko, da der Rüstungs-Wettstreit notwendigerweise zu einem allgemeinen An- wachsen militaristischen Geistes und damit zur Entladung in einem Kriege führt. Im Vergleich hiermit ist die Gefahr der Vergewaltigung eines sozialistischen. Staates durch eine kapitalistische Unions-Mehrheit keinesfalls grösser. Im Ge- genteil: die Union hat ihrer Zielsetzung entsprechend alles zu tun, um den all- gemeinen Frieden zu sichern, sowie auch Unterrichts- und Nachrichten-Wesen :n diesem Sinne zu orientieren. Sollte sie dennoch einen ungerechtfertigten »JeberfaLL planen, so hätte sie sich damit übsr eine von ihr ursprünglich ge- schaffene Tendenz hinwegzusetzen. Ein solcher Ueberfall wäre gewiss schwie- riger als die Führung eines Krieges, der schon durch die Erweckung einer mi- litärischen Gesinnung urd ein allgemeines Wettrüsten entsprechend vorberei- tet ist. Ausserdem liesse sich eine statutenwidrige Unions-Aktion nicht geheim- nalten. Sie bedürfte vielmehr langer Bearbeitung der allgemeinen Volkssbim- mung. Dadurch wäre wiederum der sozialistische Staat rechtzeitig gewarnt, um seine Gegenmassnahmen treffen zu können. Nehmen wir also selbst den ungünstigsten Fall an, dass die Union den ihr von ihren Begründern gestellten Aufgaben untreu würde, so wäre damit der So- zialismus schwerlich stärker gefährdet als bei allen bisherigein Versuchen zur Friedenssicherung. Die Federal-Union bietet jedoch eine gewisse Chance dafür* dass dem Wettrüsten Einhalt und somit sozialistischen Staaten die Möglich- keit geboten wird, ihre Kräfte auf eine beispielhafte Aufbau-Arbeit zu konzen- trieren. anstatt notgedrungen „Kanonen statt Butter" innerhalb einer feind- lichen Umwelt fabrizieren zu müssen, ein Rezept, das die Nazis nicht nur dem Deutschen, sondern auch den friedliebendsten Staaten schliesslich aufgezwun- gen haben. Kommen wir also zum Schluss: Die Federal-Union ist weder selbst schon So- zialismus, noch ist sie eine unbedingte und endgültige Sicherung sozialistischer Staaten oder solcher, die zum Sozialismus übergehen wollen. Es wäre jedoch falsch, sie deshalb ablehnen zu wollen. Da sie vielmehr eine umso grössere Chance für eine allgemeine Friedenssicherurg und für eine ruhige Aufbau-Ar- beit bietet, je stärker der sozialistische Einfluss durch praktische Mitarbeit in der Federal-Union wird, so erscheint ihre Unterstützung durch alle fort- schrittlichen Kräfte in jeder Beziehung wünschenswert. RUDOLF LEVY, Buenos Aires OESTERREICHISCHE SEITE DIE ACHT PUNKTE, RCSSI.ANDS KRIEGSTEILNAHME T\ OESTERREICH Der dritte Punkt der Roosevelt-Churchill-Erklärung ist 'bedeutungsvoll für die Zukunft Oesterreichs. Er besagt, dass die beiden angelsächsischen Mächte „wünschen, wiederhergestellt zu sehen, die Souveränitätsrechte und die Selbst- verwaltung in den Ländern, die ihrer durch Gewalt beraubt Wiarden". Oester- reich war das erste Land, dem der Nationalsozialismus Souveränität und Selbstverwaltung geraubt hat. In den Erklärungen verantwortlicher britischer Staatsmänner über die Mission dieses Krieges, die vom Hakenkreuz unterjoch- ten Völker zu befreien, haben die Oesterreicher in der Vergangenheit oft genug die Nennung ihres Heimatlandes vermisst. Nach der Erklärung, die nunmehr abgegeben wurde, ist jeder Zweifel behoben, dass Oesterreich zu den Ländern gehört, die Anspruch auf volle Wiederherstellung der staatlichen Selbständig- keit haben. Der Einleitungssatz des Punktes 3 versichert, dass sie (Grossbritannien und USA) das Recht aller Völker, die Regierungsform zu wählen, unter der sie le- ben, respektieren". Die Regierungsform, die das österreichische Volk selbst ge- wählt hat, war die demokratische Republik. Nicht erst 1938 durch Hitler, son- dern schon 1933/34 durch den Verfassungsbruch und Staatsstreich des Dollfuss 9 -sind Verfassung und Recht des österreichischen. Volkes mit Waffengewalt um- gestürzt worden. Und abermals sind die Habsburger und ihre Anhänger auf Ausschau nach Maschinengewehren und Bajonetten, unter deren Schutz sie ihrer Väter Thron wieder aufrichten könnten. Wenn die britische Armee den Negus nach Abessinien zurückgebracht hat, oh- ne die vielen Völker und Stämme, die ihm unterworfen sind, zu befragen, wa- rum sollte sich ähnliches nicht am Donaustrand inszenieren lassen? Die Erklärung der beiden anglo-sächsischen Staatsmänner ist eine Absage an solche Pläne und ein Versprechen für die Zukunft. 1918 war die Drohung mit einer Entente-Intervention, die in Ungarn auch wirklich durchgeführt wurde, eines der Mittel, um den Willen des Volkes in Oestereich (und ebenso in Deutschland), von der politischen zur sozialen Demokratie fortzuschreiten, zu brechen. Kein Zweifel, dass nach dem moralischen und materiellen Bankerott des Kapitaiismus, den der Faschismus und der Krieg, enthüllt haben, der Wille des österreichischen Volkes, die sozialistische Wirtschaftsform, zu verwirklichen, stärker hervorbrechen wird als je. Man möchte gerne glauiben, dass auch für ►diesen Fall das Versprechen des Einleitungssatzes des Punktes 3 der Erklärung • Geltung behält und dass auch nicht, wie es 1919 geschah, ökonomische Druck- mittel — Absperrung der Zufuhr lebenswichtiger Waren z. B. oder Aussenhan- . delsboykott, Mittel, die die Erklärung im 'Punkte 4 abschwört — zur Anwen- dung kommen. Wichtig ist für Oesterreich auch Punkt 2 der Erklärung: Sie OChurchill, Roo- .sevelt) wünschen keinen Gebietswechsel, der nicht in Uebereinstimmung steht mit den frei zum Ausdruck gebrachten Wünschen der interessierten Bevölke- rung, denn das Gebiet der österreichischen Republik wird am Kriegsende durch Annexionswünsche mancher Nahbarn bedroht sein, die eine andere „strategi- sche" .Grenzziehung verlangen werden. Die österreichische Emigration hat we- .nig Möglichkeiten, solchen Absichten von sich aus entgegenzuwirken. Zu aller- letzt vermöchte die Idee der Restauration der Donaumonarchie Annexionsplänen -der Nachfolgestaaten entgegenzuwirken. Die Kriegszielerklärung der angelsächsischen Demokratien erfolgte ohne Teil- nahme der Sowjetunion. Politisch urteilsfähige Menschen, die aus Zentraleuro, pa — Oesterreich, der Tschechoslowakei, Ungarn — herübergekommen waren, um die Stimmurgen und Hoffnungen der Bevölkerung dieser Gebiete befragt, gaben fast regelmässig die Antwort: Russland. Das war schon vor dem Eintritt Russlands in den Krieg, so. Die Menschen, die unter der Naziknute leben, ha- ben an den Ernst der Pakte zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjet-Repu- blik nicht einen Augenblick geglaubt. Sie haben ihn ausgelegt als einen Ver- such Stalins, den Angriff Hitlers solange als möglich hinauszuzögern, womög- lich, bis man selber stark genug war, auf den Spitzen der Bajonette der roten Armee die Weltrevolution nach dem Westen zu tragen. Sie haben sich in dieser Meinung auch durch di? ideologischen Saltos und Kapriolen der Dritten In- ternationale rieht beirren lassen. Und ausserdem haben Oesterreicher und "Tschechen mit naziotischen Nichtangriffspakten ihre praktischen Erfahrungen schon hinter sich gehabt. Auf die Befreiung durch eine Aktion der westlichen Demokratien rechnet man jteaum. Eine Folge dessen ist, dass die Exilregierungen und Emigrantenkomitees, die in ihrem Fahrwasser schwimmen, zuhause wenig Kredit geniessen. Das gilt sogar für Benesch's Regierung, geschweige denn für die österreichischen Emi- grantenkomitees, die noch weiter zurückgreifen wollen, bis vor 1914, die die Zukunft Mitteleuropes in der Vorvergangenheit rekonstruieren wollen. Ttusslands Kriegsteilnahme bedeutet, dass es bei der Fassung der Friedensver- träge, die 1918 ohne Russland erfolgte, teilnehmen wird. Die londoner „Times", die als Sprachrohr des Foreign Office gelten, schrieben am Tage nach dem Abschluss der englisch-russischen Allianz: ,.Die Vereinbarung, dass keiner der beiden Partner die Waffen unabhängig nie- derlegen darf, schliesst die Notwendigkeit eines Akkords ein, der die Bedingun. gen festsetzt, unter welchen die Waffen niedergelegt werden können, und folg- lich die gemeinsame Bestimmung der Friedensziele. Da die Erfahrung der letz- ten 20 Jahre mit genügender Klarheit gezeigt hat, dass dis stabile Regelung der Angelegenheiten Ost- und Südosteurcpas ohne die Teilnahme Russlands Jlicht zu erzielen ist, ist diese Vereinbarung richtig und wird durch die verant- Mi wortungsbewusste öffentliche Meinung dieses Landes gut aufgenommen werden". Mehr noch als die Erklärung Rooseveit-Churchill bedeutet Russiands Teilnahme an den Friedensverhandlungen, dass nicht wieder, wie 1918, die Siegerstaaten den Willen der Völker des Kontinents zu einer sozialen Neugestaltung abwür- gen können mit der Drohung, ihnen die Zufuhr von Lebensmitteln, Rohstoffen, Kohle und Oel abzusperren. Sie bedeutet, dass am Kriegsende nicht die poli- tisch-strategische Grenzziehungsgeometrie, sondern diese soziale Neugestaltung das Problem sein wird; dass nicht wieder französische, englische und italieni- sche Generäle, wie damals die berüchtigten Ententekommissionen, mit der plu- tokratischen Reaktion der besiegten Staaten gegen den sozialistischen Willen der Massen wenden, konspirieren können. Die Oesterreicher im Exil, die zur Befreiung und zum Wiederaufbau ihrer Heimat beitragen wollen, werden sich vor allem mit dieser fundamentalen Voraussetzimg vertraut machen müssen. STIMMEN AUS DEM LESERKREIS MUSS DAS DEUTSCHE VOLK BESTRAFT WERDEN? Scharfmacherische Friedenspläne! — Hat denn die Arbeit für „Das Andere Deutschland" einen Sinn, wenn ein anderes Deutschland, wie wir es vertreten, überhaupt nicht existiert? Dass dieser Eindruck entstehen musste. war mein erster Gedanke, nachdem ich den Artikel „Oberflächliche Friedensmacherei" in der Sonntagsnummer des „Arg. Tageblattes" vom 3. August gelesen hatte. Dass ich mit dieser Annahme recht hatte, wurde mir durch Aeusserungen aus Be- kanntenkreisen wiederholt bestätigt. Schon aus diesen Gründen hätte der Ar- tikel nicht geschrieben werden dürfen. Es ist ein typisches Beispiel dafür, wie es nicht gemacht werden sollte. Sehr richtig bemerkte Herr Dr. Schuck in einer der letzten Nummern des AD., dass ein entsprechendes konkretes Friedens- programm dazu beitragen würde, die Kriegsmüdigkeit des deutschen Volkes zu erhöhen. — Nun, die Ausführungen des besagten Artikels im Arg. Tageblatt, in dem die Polizeiaufsicht für das deutsche Volk gefordert wird, dürften geeignet sein, das Gegenteil zu bewirken. Aber auch rein sachlich wird dieses traurige Kapitel der deutschen — ja man kann sagen, europäischen Geschichte — so einseitig und kurzsichtig behandelt, dass man schärfstens widersprechen muss. „Aber zur Friedenssicherung nach einem Krieg" so heisst es in dem Artikel, „gehören die rücksichtslose Feststel- lung aller Ursachen der Katastrophe und die Demaskierung des vorsätzlichen Friedensstörers". Das klingt sehr plausibel und einfach. Aber der folgende Satz enthüllt schon die ungeheure Schwierigkeit des Problems. „Ohne die zuerst er- füllte geistige und moralische Bedingung zu einem neuen Gemeinschaftsleben der Völker, wirkt sich der Frieden zu einem Fluch aus, wie auch der Versailler Priede zum Fluch des neuen Krieges jwurde." Wort für Wort kann man dies unterschreiben — allerdings müsste man den geistigen und moralischen Be- dingungen noch die ökonomischen hinzufügen. Völlig abwegig aber ist es, wenn der Verfasser des besagten Artikels glaubt, dass die Bedingungen für ein neues und gedeihliches Gemeinschaftsleben der Völker durch eine Polizeiaktion ge- schaffen werden könnten. Es ist dies derselbe Irrtum im Grossen, den der Staatsanwalt im Kleinen macht, wenn er glaubt, mit der Bestrafung des Verbre- chers die Verbrechen aus der Welt zu schaffen. Alle gesellschaftlichen Miss- stände gedeihen nur auf dem Boden der sozialen Struktur; diese ist das Erd- reich, das den Wurzeln die Nahrung darbietet, von der es abhängt, ob die so- zialen Schäden gedeihen oder verdorren. Und der Krieg, als Kulminationspunkt aller gesellschaftlichen Schäden, unterliegt in erster Linie dieser Beurteilung. An dieser Tatsache wird auch nichts dadurch geändert, dass ein Einzelner oder eine Clique den Krieg bewusst vorbereitet und entfesselt. Dieses letztere bezieht sich immer nur auf den jeweiligen aktuellen Krieg, dessen Ursachen sich aber in keinem einzigen Falle in den Anlagen dieser Kriegsverbrecher erschöpfen. Es gehört schon eine ganze Portion philosophischer Besonnenheit dazu, den Kausalnexus der Geschichte zu durchschauen, und da scharfmacherische Frie- dengpläne gewöhnlich diese Besonnenheit vermissen lassen, so sind diese Frie, denspläne gerade die oberflächlichsten. Ich hoffe, nicht in dem Verdacht zu stehen, mit meiner Stellungnahme die Na- 1* ziverbrechesn beschönigen zu wollen. Ich habe den Aufstieg dieser Nazihorden bös unmittelbar vor Ausbruch des Krieges miterlebt — und erlitten. Aus eige- ner Erfahrung kann ich sagen, dass ich noch nie eine solche Anhäufung mo- ralischer Verkommenheiten beisammen sah, wie sie in den führenden Nazikrei- sen zu finden war. Ich weiss daher sehr gut, was sie wert sind, und ich würde es durchaus als eine sinngemässe ausgleichende Gerechtigkeit ansehen, wenn beim Friedensschluss die „Politik" dieser vertierten Menschen nach kriminellen Gesichtspunkten beurteilt und geahndet würde. — Aber ich kenne auch das deutsche Volk — das andere Deutschland. Durch meine berufliche Tätigkeit habe ich bis zu meiner Emigration in. engster Fühlung mit weitesten Kreisen der Bevölkerung gestanden, und glaube daher kompetent zu sein, über die Stellungnahme des deutschen Volkes zum Hitlerismus auch ein Wort mitreden zu dürfen. Kein Mensch wird so unvernünftig sein, den Kriegswillen und die Hitlertreue des Volkes daraus herleiten zu wollen, dass die Soldaten die Waffen nicht weg- werfen. Soll der Vorwurf der Schuld überhaupt einen Sinn haben, so kann sich dieser nur auf die Duldung des Heranreifens der Nazibewegung beziehen. Die- se Art der Schlussformulierung ist nicht neu. Schon 1919 sprach man in Ver- sailles von der Schuld des deutschen Volkes, weil es die üamalige Regierung geduldet habe. Aber auch dieser Vorwurf der Duldung, soviel Bestechendes er auch hat, wird den wirklichen Tatsachen wenig gerecht und reicht zur Formu- lierung des Schuldbegriffes nicht aus. Schuld ist immer eine mehr oder weni- ger individuelle Angelegenheit; sobald wir den Schuldbegriff kollektivieren, supponieren wir schon beeinflussende Elemente, die nicht mehr rein indivi- duell zu erfassen sind, und wo man richtiger von Ursachen spricht. Der Schlüs- sel zum Verständnis für Hitlers Aufstieg liegt vorwiegend in der ganzen Misere der damaligen Zeit. Nachdem die Inflation weite Kreise des Mittelstandes ruiniert hatte, kam die furchtbare Tragik der immer höher steigenden Arbeits- losenziffer, wodurch wiederum Kleinhandel und Gewerbetreibende in Mitlei. denschaft gezogen wurden, Millionen von Familien gerieten in einen Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Dazu kam noch, dass gerade jene Parteien, die als die Hüter der sozialen und politischen Errungenschaften anzusehen waren, von starken Differenzen und Zerplitterungen durchsetzt waren, was ihre Aufga- ben erschwerte und das Vertrauen zu ihnen untergrub. Für die Nazi-Agitato- ren, die keine Skrupel, aber viel Geld oind mächtige Gönner hatten, war es unter solchen Umständen ein Leichtes, Unzufriedene unter ihre Fahnen au sammeln. Hitler versprach allen — alles. Den. Arbeitern höhere Löhne, den Unternehmern höhere Profite, Beseitigung der Warenhäuser, damit der Klein- handel blühen sollte, dem Handwerk den goldenen Boden, den Bauern höhere Preise für ihre Produkte — und vor allem: Beseitigung der Arbeitslosigkeit. War es ein Wunder, dass ein Teil des Volkes Hitler auf die Leimrute kroch? Aber diese Volksteile, die Hitler bis zur Machtergreifung um sich sammelte, waren politisch die .ungeschultesten, und daher auch gar nicht in der Lage, die Kon- sequenzen der Hitlerpolitik zu Ende zu denken. Hitlers Wortbrüche stammen aus einer späteren Zeit — und der Satz „Kanonen sind wichtiger als Butter", wurde ja auch erst nach der Machtergreifung geprägt. Wollte man diese Volks- teile der Mitschuld am Kriege bezichtigen, so könnte man mit demselben Recht die japanischen Mohnbauern für den Opium- und Morphiummissbrauch ver- antwortlich machen. Nicht jeder erkennt den kausalen Zusammenhang zwi- schen der Kirmesflinte und dem Maschinengewehr. In dieser Hinsicht unter- scheidet sich das deutsche Volk durchaus nicht von anderen Völkern, deren Ge- schichte uns daher auch ähnliche Beispiele zur Genüge bietet. Warum auch sollte das deutsche Volk so grundlegend anders sein als die übrigen Völker? Sollte es wirklich so sein, wie der Verfasser des besagten Artikels meint, dass die Kriegswütigkeit des deutschen Volkes — die nach seiner Auffassung fast alle Schichten der Bevölkerung erfasst hatte — das Produkt einer durch Gene- rationen sich hinziehenden Erziehung sei? Man braucht nur einen Blick auf die Parteikonstellation der Vor.Hitler-Zeit zu werfen, um das Irrige dieser Meinung zu erkennen. Selbst jene Partei, die den „Furor Teutonicus" in Rein- kultur vertrat, zählte ja nicht einmal ein Drittel des Volkes zu ihren Anhän- gern, wobei aber noch in Betracht zu ziehen ist, dass auch dieses Drittel nicht restlos vom Kriegsbazillus verseucht war. 49 Wir. vom ..Anderen Deutschland" wissen, dass weite — weite Kreise des deut- schen Volkes nichts gemein haben mit den Verbrechen des Nazisinus. Hitler ist nicht der „Abschluss einer gradlinigen Entwicklung", sondern seine Diktatur ist ein geschichtlicher Atavismus, und schon aus diesem Grunde auf die Dauer nicht lebensfähig, und wenn irgend ein geschichts-philosophischer Sinn in der furchtbaren Abgrund-Tiefe des Rückfalles liegen sollte, so kann dieser nur als Anlauf zu einem besonders weiten Entwicklungssprung zu deuten sein. D. KIPPER. ENGLISCHE STIMMEN Der KongTess der englischen Arbeiter-Partei hat in einer Erschliessung unter anderm folgende Friedensziele formuliert: „Wenn dieser Krieg" vorüber ist, müssen wir die Tatsache anerkennen, dass die Welt eine ökonomische Einheit ist, dass Arbeitslosigkeit, Elends- viertel und Armut internationale Probleme sind, dass die Wissenschaft uns die Macht gegeben, hat, den Lebensstandard der Arbeiter auf ein neu- es und höheres Niveau zu erheben, wenn wir es wollen. Zu diesem Zwek- ke müssen wir internationale Wirtschaftsplanung haben. Die Labour. Bewegung versichert aufs neue, dass sie Uberzeugt ist, dass kein anderer Weg zum dauernden Frieden führt als, die Annahme sozialistischer Grund- sätze. Deshalb kann die Arbeiter-Partei keinen Frieden, der nicht auf eine sozialistische Rekonstruktion der internationalen Gesellschaft hin- zielt, als den Opfern angemessen betrachten, die der Sieg über die na- zistischen und faschistischen Angreifer fordert". Und an anderer Stelle: „Wir wiederholen das Bekenntnis zu den Grundsätzen unseres sozialisti- schen Glaubens. Wir behaupten, dass sie ihre Dringlichkeit durch die Er- fahrung dieses Krieges bewiesen haben, win erklären, dass von dem "Umfang, in dem sie angewendet werden, die Schnelligkeit und Sicherheit des Sieges abhängt . . . Deswegen werden wir in dem Zeitraum bis zum Siege, wie lang er auch sein mag, ihre immer weitere Anwendung ver- langen". Professor Laski, einer der marxistisch geschulten linken Führer der Labour- Party, fordert in einer Artikelserie, die unter anderem von der Zeitung „La Na- ciön", Buenos Aires, veröffentlicht wurde, dass man schon heute die Frage der Kriegsziele und der Gewinnung des Friedens aufs ernsthafteste erörtern müsse. Die demokratischen Mächte hätten nach dem vorigen Weltkrieg versagt, sie hätten durch ihre falsche Politik diesen Krieg mitherbeigeführt. Heute sei es «dringendste Aufgabe nach so vielen Enttäuschungen, nach so katastrophalem Versagen, der Menschheit Hoffnung und Glauben an eine bessere Zukunft zu geben. Ohne die könne man nicht siegen. Ohne eine grundsätzliche Neuord- nung der Welt könne aber auch nach der Vernichtung des Nazismus die Wie- derholung all der furchtbaren Erlebnisse der letzten Jahrzehnte nicht vermie- den werden. Die Hoffnungen der Massen dürften keinesfalls aufs neue ent- täuscht werden. Schon heute müssten Einrichtungen geschaffen werden, die den Massen ermöglichten, nach dem Krieg ihre Erwartungen zu verwirklichen. Wer wie er die Meinungen der englischen Arbeiter kenne, der wisse, dass sie eine Wiederholung der Vorgänge von 1919 nicht dulden würden. Sie verlangen wirtschaftliche Sicherheit: höheres Lebensniveau; Zugang zu allen Früchten der Kultur und Wissenschaft. Nur wer anerkenne, dass die Fundamente ujiserer Wirtschaft und Gesellschaft neu zu legen seien, sei ein wirklicher Gegner des Hifclerismus. Wer. wie so man- che Geschäftsleute, die unfähig zum Lernen seien, die Rückkehr des Alten er- strebe, sei ein Helfershelfer Hitlers. Man könne das nicht laut und deutlich ge- nug in die Welt hinausschreien. IHe „Times" hat in einem Artikel die Meinung vertreten, dass nach dem Krieg England, USA und Sowjetrussland die entscheidenden Weltmächte sein wür- den, und zwar Sowjetrussland die Vormacht Kontinentaleuropas, aber nicht im Sinne einer Diktatur über die anderen Länder. „European Revolution" ist der Titel einer Schrift, in der Mary Saran für eine sozialistische Politik eintritt, in Hitler und dem Nazismus die Todfeinde se- hend, den kompromisslosen Krieg gegen Hitler führt, sich aber dennoch nicht 13 dem Wahn hingibt, dass innerhalb der gemeinsamen Kampffront gegen Kitler nun «ine wirkliche Klassenharmonie herrsche. Schon heute müsse man an den Moment denkein, wo der Krieg zu Ende und der Sieg errungen sei. Dann sei die herrschende Klasse nicht mehr so unbedingt angewiesen auf die Arbeiter- schaft. Daain könne sich deshalb dasselbe wiederholen wie nach dem vorigen Weltkrieg. Damit nicht auch dieser Krieg wieder ende, ohne dass eine tiefgrei- fende Aenderung der Verhältnisse erfolge, die ihn herbeigeführt hätten, damit nicht abermals alle Opfer umsonst gebracht seien, müsse schon heute das so- zialistische Ideal mit aller Kraft propagiert werden und müssten schon heute die Arbeiter bestimmte Forderungen stellen und durchsetzen, durch die ihre Machtposition gestärkt weede. Dazu seien sie berechtigt und verpflichtet, sei- en doch diese Forderungen ein Teil des Kampfes für Freiheit und Gerechtigkeit* wie ihn nach ihren eigenen Aussagen auch die Regierungen gegen die faschi- stischen Diktaturen, führen wollten. Nachdem hier also Mary Saran genau den gleichen Standpunkt präzisiert hat„ •wie auch wir ihn von jeher eingenommen haben, geht sie zur Frage der Kriegs- ziele über. In der Behauptung, Nazis und Deutsche seien gleichzusetzen, wie sie besonders nachdrücklich von Vansdttart, einem der Hauptverantwortlichen für die frühere katastrophale englische Politik, ausgesprochen worden ist, er- blickt sie die reaktionäre Absicht, die Stimmung der Massen im Interesse der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems abzulenken und aufzupeit- schen zu Racheaktionen gegen, das besiegte Deutschland. Sie stellt diesen Ver- such in Parallele mit der antisemitischen Hetze der Nazis. Im Interesse der Ge- winnung des Krieges sowohl wie des Friedens sei das Gregenteil notwendig, nämlich eine enge Zusammenarbeit der im Kriege mit Hitler stehenden Län- der mit der deutschen Opposition, deren entscheidender Sektor der sozialisti- sche sei. Der Nazismus und Faschismus müsstein durch die europäische Revo- lution überwunden werden. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit den grund- sätzlichen Antifaschisten und mit den unterdrückten Massen in Europa not- wendig. Die Revolution werde um so eher kommen, je mehr man die Ueber- zeugung haben könne, dass der Kampf wirklich für Freiheit und Gerechtigkeit geführt werde. Auch im eigenen Lager müsse man deshalb Unrecht beseitigen, das im Widerspruch zu diesen Forderungen stehe (Indien, Rassenpolitik in Südafrika). Zugleich müsse der unheilvolle halbfaschistischs Einfluss der gro- ssen kapitalistischen Kliquen beseitigt werden. Zu fordern sei die völlige Be- seitigung der monopolistischen privaten Rüstungsindustrie, die sich am Krie- ge bereichere. Dafür könnten die Sozialisten fast das ganze englische Volk mobilisieren. Zur Frage der Behandlung des besiegten Deutschlands meint Mary Saran, dass eine Vormundschafts- oder Mandatsregierung nur verhängnisvolle Folgen ha- ben könne. Die Deutschen müssten selbst die Aufgabe der Zerstörung des Na- sismus und des Militarismus lösen. Jede Wiederaufrüstung Deutschlands aller- dings müsse unmöglich gemacht werden. Aber nicht nur die Souveränität Deutschlands, die Souveränität aller europäischen Staaten sei zugunsten der europäischen Zusammenarbeit einzuschränken. Als einige unerlässliche Erfor- dernisse der europäischen Union werden genannt- Kontrolle der nationalen Währungen, Freizügigkeit. Fortfall der nationalen Zollgrenzen, Sicherung einer Erziehung, in der kein Platz sei für Rassenhass und nationalen Hass. Ein solches Europa mache die Bahn frei für den Sozialismus. Es dürfe keine Spitze haben gegen die Sowjetunion und müsse sich jeder Einmischung in die inneren Verhältnisse der Sowjetunion enthalten. Dasselbe habe aber auch um- gekehrt zu gelten, da das sowjetrussische Diktatursystem ungeeignet und uner- träglich für das übrige Europa sei. Die Schrift schliesst mit den Werten: „Sozialisten, dieser. Krieg-, für den wir nicht verantwortlich sind, den wir aber als Tatsache hinzunehmen haben, gibt uns. grosse Chancen. Po- tentiell haben wir auf unserer Seite die grosse Mehrheit der Männer und Frauen einer jeden Nation: diese sind in ihrem Wunsch nach einem ge- rechten und dauerhaften Frieden, das heisst eins in einem Wunsch, der ein Teil des sozialistischen Zieles ist, denn er ist eine unentbehrliche Voraussetzung für die Schaffung einer gerechten Gesellschaftsordnung. 14 Dieses Ziel ist so umfassend und wirkungsvoll in seinem Appell» das«; selbst der reaktionärste konservative Führer es wenigstens als Schlag- wort benutzen muss, wenn er auch etwa.s gänzlich anderes erstrebt. Si- cl^erJich aber wird es für die, welche ernsthaft den Kampf für Frieden und Freiheit führen, unendlich viel leichter sein, die 'Unterstützung der Massen zu gewinnen, welche diese Dinge so leidenschaftlich begehren'. ZUR NACHKRIEGSERZIEHUNG IN DEUTSCHLAND Bei einer Neuordnung Eluropas wird die Frage der Erziehung von al- lergrösster Bedeutung sein. Aenderung der Verhältnisse erfordert zu- gleich Aenderung der Menschen. Der folgende Aufsatz behandelt nun ein Problem der neuen Erziehung. Die sozialistische Kinderfneunde- Bewegung, auf die sicli der Verfasser bezieht, hat darüber hinaus ver- sucht, die gesamte Erziehung den Forderungen der -Erneuerung unse- rer Gesellschaft anzupassen. Wir werden in weiteren Artikeln auf die notwendige Umgestaltung der Erziehung eingehen. Ob der Neuaufbau Europas nach diesem Kriege in bürgerlich-demokratischen,, sozialistischen oder kommunistischen Sinne vorgenommen wird, ist heute noch nicht abzusehen. Sicher aber ist auf alle Fälle, dass die neuen Machthaber neben der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Neuordnung eine völlige Neuorientierung auf dem Gebiete der Erziehung vorzunehmen haben, deren Siel nur die Abkehr vom Nationalismus und die Annäherung der Völker sein, kann. Erziehung zum Europäer kann natürlich nur in europäischem Masstabe betrieben werden. Mag sie auch den einzelnen Volkscharakteren und -idealen Rechnung tragen, so muss sie doch ein harmonisches Ganzes darstellen und der Schicksalsgem^inschaft, deren sich die Völker des alten Kontinents hoffent- lich nach diesem Albdruck von Blut und Leid bewusst geworden sind, entspre- chen. Die neuen Erziehungsgrundsätze und -formen werden natürlich hier und da auf Hindernisse und Widerstände stossen, aber nirgends werden so viele Schwierigkeiten zu überwinden, so viele Blöcke aus dem Wege zu räumen sein wie in Deutschland. Wenn auch erst unter Hitler alle Werte umgewertet, alle Vorzeichen umgekehrt wurden, so war doch deutsche und besonders preussische Erziehung schon lan- ge vor dem Nationalsozialismus reaktionär, 'antieuropäisch und1 antidemokra- tisch. Neben dem preussisehen Offizier, dem ostelbischen Grossgrundbesitzer und dem rheinischen Schwerindustriellen waren schon immer der preussische Schulmeister — der ja nach dem bekannten Ausspruch die Schlacht von König- grätz gewann — und der reaktionäre Studienrat tragende Säulen jenes Systems, das alle Probleme mit Blut und Eisen zu lösen trachtete. Der Hitlerismus hätte nie so starke Anziehungskraft in den Schulen und auf den Universitäten be- sessen, wenn ihm dort nicht schon seit Jahren vorgearbeitet worden wäre. In Deutschland nach diesem Kriege Erziehungsarbeit leisten, heisst das Erbgut vieler Jahrzehnte revidieren, den geistigen Schutt mancher Generation abtra- gen. Und darüber hinaus heisst das sich mit den ganz einzigartigen Phänome- nen hitlerscher Menschenbildung auseinandersetzen. Sind in andern Ländern Menschen zu Europäern und Demokraten zu formen, so müssen in Deutschland zunächst einmal wieder Menschen herangebildet werden. Wieweit das gelingt, kann für die Zukunft Europas entscheidend sein. Die Wichtigkeit dieser päda- gogischen Aufgabe darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Di© Umwandlung auf allen Gebieten des Lebens kann zur Kurzlebigkeit verurteilt sein, wenn die Bemühungen an dieser einen Front scheitern. Vor allem verfalle man nicht in die irrige Anschauung, dass die wirtschaftliche und politische Umwälzung „von selbst" eine Aenderung der Anschauungen und Empfindungen mit sich bringen. Die neuen Formen des Daseins müssen den Menschen — Erwachsenen wie Heranwachsenden — zum Bewusstsein gebracht, die neuen Erscheinungen müs- sen ihnen gedeutet werden, eine Generation, die nach dem Zusammenbruch des Nazisystems voller Ablehnung und Hass auf das jährelang geschmähte Neue blickt, muss von dessen Sinn und Ueberlegenheit überzeugt werden. So begnügte sich ja auch der russische Kommunismus nicht mit dem politischen' und wirt- schaftlichen Aufbau, sondern führte und führt eine Erzdehungs. und Propa- gandaarbeit durch, die sich aller Mittel moderner Technik bedient, und deren Methoden fast unverändert von den Nazis in den Dienst ihrer Sache gestellt ■wurden. IS "Wie soll nun das Erziehungsproblem. in einem, armen und zerrissenen Nach- kriegsdeutschland angegriffen werden? Von vornherein muss klar sein, dass nicht in Monaten und Jahren völlig beseitigt werden kann, was Jahrzehnte schufen. Gie Generation, die ohne bewusstes Erleben des Deutschland vor Hit- ler und ohne Wissen um andere Ideale als die naziotischen heranwuchs, d. h. die heute etwa Zwanzigjährigen, ist zum grössten Teil — mit dieser traurigen Tatsache mu&s man sich abfinden — der neuen Zeit verloren, selbst wenn sie sich von dem Menschen Hitler abwendet. Die ältere Generation, die wahrschein- lich Trägerin der Vernichtung des Faschismus in Deutschland sein wird, kann wohl das Neue schaffen und erhalten, gesichert wird es erst sein, wenn eine ganz junge Generation die neue Form mit lebendigem Inhalt erfüllt. Diese Jun- gen für die neue Sa-che zu gewinnen. sie in dem neuen Gedankengut zu schu- len, ist die wichtige Aufgabe der Erziehung im Nachkr iegsdeut schland. In den Dienst dieses Werkes müssen die modernen technischen Hilfsmittel, Träger von Tod und Vernichtung bisher, gestellt werden. Die Kinderfreundebewegung unter Leitung des leider in der Emigration zu früh verstorbenen Kurt Löwenstein, hat Bereits den richtigen Weg beschritten, als sie Arbeiterkinder Deutschlands und Frankreichs in sozialistischen Gemeinschaftslagern zusammenführte und so ein Kennenlernen und Verstehen schuf, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, in dem kern Raum für Krieg und Hass bleibt. Die modernen Verkehrsmittel er- leichtern diese Aufgabe ungemein. Nicht der deutsche Herrenmensch, wird, wie es Herr Ley prophezeite, nach diesem Kriege mit seiner Familie im Volksauto die versklavten Länder durchfahren, sondern die Jugend Deutschlands und Frankreichs, Polens, Englands, Spaniens wird sich finden, einander kennen und -schätzen lernen, zu Freunden und Genossen, zu Europäern aus Ueberzeugung und Selbstverständlichkeit werden. Der sture Nationalismus* die grcssenwahn- sinnige Ueberheblichkeit einer Rasse und eines Volkes, die unmenschliche Sucht .nach Versklavung und Ausrottung anderer Völker, die den Hitlerismus charak- terisieren, sie konnten wohl nur im beschränkten Gehirn eines Menschen ent- stehen, der nie andere Völker kennenlernte, nie einen Hauch fremden Geistes verspürte, nie eine Leistung fremdländischer Arbeit schätzen lernte. Das neue Europa wird derart viele gemeinsame Probleme zu lösen haben, schwere und traurige Probleme zumeist, dass alle Voraus:setzungen zu dieser neuen Erzie- hung der Tat und des Lebens gegeben sind. Zu ihrer Lösung die besten Kräfte und umfangreichsten Hilfsmittel einzusetzen, ist eine der vornehmsten Aufga- ben der Verantwortlichen von Morgen. HANS JAHN (Paraguay) Ihre Kriegrszieldebatte ist sehr inter- essant. Aber was wellen wir eigent- lich noch? Otto Strasser bringt doch in seiner Broschüre "La cafda de Hit- ler por la Alemanlia Libre", die mir ■die Post ins Haus brachte, die Lösung'. Englische Flieger und russisches Heer sind also garnicht mehr nötig. Es mu- tet «inen direkt komisch an, wenn Strasser von Demokratie spricht. Die- se Brüder, die s. Z. die Dem.okra.ti© so sohön missb raucht haben, um Deutsch- land Hitler in die Arme zu treiben! Im Himmel soll zwar Über einen reui- gen Sünder mehr Freude herrschen, als übe,r 10 Gerechte, aber hier auf Erdenk Und IIa .diesem Falle? Ist der •deutsche Michel imstande, diesen Ge- sellen ihre demokratische Beteuerun- gen zu glauben? Rührend ist Strasser, wenn er von „Zurück zu Gott" spricht. Ich kenne die Weise und kenne den Text. Heine ist halt immer noch der ei/nzige, der diese Gesellen begriffen IG hat. Da sich als Wirtschaftsfachmann auch Thyssen bereits in Empfehlung gebracht hat, kann ja nichts schief gehen. T. M. Bognar, P. Mineral. FBANKBEICH-HILPB Auswels der bis 26. August 1941 eingegangenen Beträge: Uebertrag $ 4675,30 108 . . 25.— 4797 . . 1__ 172 . . 60.— 4798 . . 1.— 4687 . 1.— 4821 . . 1.— 4720 . 5.— 4972 . . 3.— 4777 . . 10.— 4931 . . . 100.— 4780 . 3.— 4933 . . 5.— 4787 . 1.— 4790 . 1.50 4892,80 FBANKBEICH-HILPB Auswels der bis 26. August 1941 eingegangenen Beträge: Adressenänderungen. Um Verzögenin- gen in der Zustellung zu vermeiden, bitten wir Adressenänderungen sofort mitzuteilen. La Otra Alemania Organo de los alemanes antihitleristas de kt America Latina. Editor y director: Dr. August Siemsen, ex-diputaäo al Reichstag. BUENOS AIRES, TUCUMAN 309 — V. T. 31-3922 No. 42 Afio V Los Alemanes Antinazistas Adoptan la "V" Scbre el enorme exito que ha tenido la campana de la "V" y las vanas ten- tativas nazis de saboijearlo, el doctor Augusto Siemsen, exilado alemän, pres- tigioso universitario y ex diputado so- cialista al Reichstag que dinge en Buenos Aires "La Otra Alemania", or- gano de los alemanes antihitleristas de Südamerika, nos hizo las siguien- tes declaraciones; —Los alemanes socialistas y democrä- ticos residentes en la America diel Sur hemos decidido adoptar tambien el distintivo de la "V", simbolo de todos los pueblos agredidos por el hitleris- mo y de su fe en la Victoria. Con esta decision queremos nianifes- fcar una vez mäs que mos sentimos parte integrante del frente mundial oue lucha contra, la ixarbarie. Nos pa- rece que por nuestros antecedentes te_ nemos derecho a este lugar. En ningun momento. desde su mäs re- motos principios, hemos pactado con el hitlerismo. No queremos ni reformarlo ni renovarlo. Extirparlo de raiz es nuestro proposito. Desde el primer momento nos hemos declarado solidarios con todos los pue- blos agredidos. Hemos denunciado la ignominla de la no-intervenciön. Cöm- paneros nuestros lucharon en las "Bri- gadas tnternacionales" de Esparia le&l, expiando con su sangre el crimen de ls avidores nazis en Guernica. Compafieros nuestros fueron volunta- rios en el ejercito frances. Por eso su- fren ahora las penurias de los campos de concentraciön en Gurs, Vernet, Les Milles y otros. öompafteros nuestros estän en sus puestos de comibate en Inglaterra y en Busia, pagando hasta con su vida su amor a la libertad. Dispersa dos por todos los paises d el mundo, libres del yugo del tirano, des- de Australia hasta el Africa, desde la China hasta America, los refugiados pollticos alemanes nos sentimos unidos en la iniquebrantable voluntad de lu- cha contra nuestro enemigo que es el enemigo de la humanidad entera. Sa- hemos que la flor del espiritu alemän, los Einstein y Mann, los Feuchtwan- ger y Ludwig1 est an con nosotros, y con todos estos antecedentes nos pa. rece que tenemos el derecho de osten-, tar la "V" aunque hablamos el, idio- ma de Hitler. Goethe tambien lo hablö. Y asi nues- sfcra presencia en el frente mundial de la libertad demuestra que ademAs de la Alemania nazi, bärbara y caverni- cola. vive la otra Alemania, a la cual servimos y a la cual pertenecerä el fu- turo. (Critico, 6. 8. 41) ,DONDE ESTA EL PUEBLO ALEMAN? Dr. E. G. Bernstein, Montevideo Esta guerra hace preguntar muchas y repetidas veces, iQue dice o piensa el pueblo alemän? öEs verdad que, como afirma la propaganda nazi, el pueblo estä entexo con Hitler? A eso nosotros, los alemanes libres, que hemos emigrado a paises demö- cratas, para huir de las brutales y te- rrorifioas persecuciones nazis podemos contestar: En Alemania viven millones de personas que son absolutamente in- felices bajo el regimen dictatorial al que est&n sometidos. Sabemos que el espiritu de la oposiciön se encuentra en todos los circulos y en todas las clases sociales; especialmente la clase media, los obreros y los campesinos estän unidos en su odio contra el re- gimen que los gobierna. Sabemos del trabajo heroico de miliares de muje- res y hombres que arriesgan a diario su vida para proseguir su intensa lu- cha contra el nacional-socialismo. Pero entonces, preguntarän muchos, icomo es posible que el pueblo lo siga a Hitler en esta lucha?, icomo es posi- ble que no sepa nada de huelgas y sa- botajes que dificultarän la accion de este regimen? La verüad es que todos estos actos, tanto huelgas corno sabotajes se rea- lizan, pero la censura es tan estricta que es casi imposible que estas noti- cias se filtren al exterior. Sin embar- go, los que vivimos aqui como exilados, los que mäs o menos hemos podido mantener nuestra correspondencia, re- cibimos de vez en cuando cartas que nos hablan de esta lucha heroica y de- cidida que es llevada a cabo a pesar de la Gestapo, a pesar de la S. S. y a pesar de todos los metodos organiza- dos de espionaje. El que conoce Alemania no puede asombrarse de esto. Reou&rdese que en el ano 1933 se consiguieren organizar, solamente por intermedio de los gre- inios, 7 millones de trabajadores que solamente con eleccioraes sucias, en las cuales se sumaban los votos de los par- tidos reaocionarios al nacional-socia- lismo, fue posible conseguir el 51 o|o que llevö al poder al actual regimen. Quiere decir que ya entonces existian 18 millones de hombres en edad de ser electores, que se oponian francamente al nazismo, y que expresaban decidi. dos su oposiciön. puesto que ya en aquel entonces era peligroso votar con- tra el nacional-socialismo. Recientemente supimos que en Ber- lin es necesario disponer todas las ma- fianas de tropas que limpien las par- tes en las cuales, amparändose de la noche, se han pegado manifiestos an- dt-