Lx ^Das Andere Deutschland (LA OTRA ALEMANIA) organo de los alemanes antihtileristas de la America Latina. Editor y director: Dr. Augusto Siemsen, ex-di- putado al Reichstag. TUCUMAN 309, BUENOS AIRES - U. T. 31-3923 Jahrgang- V. — Nr. 43 — October 1941 AUS DEM INHALT: Aufruf an das deutsche Volk — Alltag in Berlin — Eine Passagierin der „Aisina" berichtet — Englische Stimmen — Hilferding ermordet — Oesterreichische Seite — Strassers vertrauliches Rundschreiben. Juan Antonio Solari an DAS ANDERE DEUTSCHLAND Der argentinische Nationaldeputierte und Sekretär der Parlamentskom- mission zur Untersuchung der antiargentinischen Umtriebe gab dem ANDEREN DEUTSCHLAND folgende Erklärung ab: AI investigar, por encargo de la Cä- mara de Diputaidos de la Nacion, las actividades antiargentinas no he te- nido presente, en ninguno thomento, colectividad alguna determinada. Solo ine ha preocupado saber quienes, cx- tranjeros o argentinos, desarrollan una acciön contraria al pais y a nues- tro regimen constitucional, sirviendo planes, ideologias e intereses en pugna con el ideal histörico de nuestra na- cionalidad y con la soberania y la dignidad argentinas. Se trata de ana- lizar la penetracion en el pais de re- gimenes dictatoriales y totalitarios, no de haeer cuestion de alemanes, italia- nos, espanoles. Tengo por cada pais y por cada pueblo el mayor respeto, y estoy seguro que cuanido se nos pre- senta como enemigos de Alemania, Italia o Espana lo que se quiere es confundir a la opiniön y enganarla con un medio mas, mentiroso, avioso, de los que utiliza el nazifascismo y sus apendices y sirvientes. Es claro que en el caso del nazismo, por ejem- plo, el foco de la penetracion totali- taria es la Embajada del Reich y que buena parte de la colectividad alema- na, por convicciön, intereses u obli- gacion, sirve de vehiculo a los planes de esa representaciön, que ha falta- 1 do a sus deberes para con el pais y aprovechado de su posiciön. Conside- ro que tales extranjeros, como todos aquellos que conspiran contra nues- tras instituciones y pretenden tray- plantar aqui sus odios y metodos de lucha, faltan a sus obligaciones para con la Argentina y se muestran des- leales a los deberes elementales de la hospitaUdad. A elloss oumplire con se- nalarlos con toda severidad, lo mismo que a los malos argentinos que los secundan o suenan con regimenes tan bärbaros como los implantados en Alemania o Italia. Pero es indudable que esto no puede importar, en nin- gun instante, desconocer la existen- cia, aun dentro de esas colectividades, de fuertes grupos leales al pais y a su organizaciön politica-institucional, de- dicados al trabajo y sin »tra preoeu- paciön que hacer honor a esa hospi- talidad y a la mejor tradiciön die sus propias patrias. JUAN ANTINO SOLARI. Kein deutscher und österreichischer Hitlergegner darf in den Unterzeichnungs- listen für die Sympatlüeerklärung des DAD an die Untersuchungskoimnission fehlen. Listen sind zu haben durch DAD, Tucumän 309, Buenos Aires. AUFRUF DER DEUTSCHEM ANTIFASCHISTEN SN SU£DAMERBKA AN DAS DEUTSCHE VOLK Dem Londoner und Moskauer Rund- funk ist folgende Botschaft an das deutsche Volk zugeleitet worden: Deutsche Männer und Frauen! Hier sprechen zu euch die antifaschistischen Deutschen in Südamerika, deren Or- gan „Das Andere Deutschland" ist. Wir sind teils schon lange hier an- sässig, teils haben wir Deutschland erst nach der Machtergreifung Hit- lers verlassen. Brennende Sorge um Deutschland lässt uns zu euch sprechen, und wir hoffen, dass unsere Stimme zu euch dringen wird, obwohl die Hitlerdikta- tur euch abzusperren sucht von der übrigen Welt, damit ihr nicht die Wahrheit erfahrt, sondern nur die phantastischen Lügen der Goebbels- propaganda. Wir glauben nicht, dass ihr in eurer Mehrheit einverstanden gewesen seid mit Verbrechen der Gestapo, mit der Schande der Konzentrationslager, mit dem Verbot jeder freien Meinungs- äusserung und jedes freien Denkens. Wir glauben auch nicht, dass die Mehrheit des deutschen Volkes es bil- ligt, dass Deutschland in ein Kriegs- lager verwandelt wurde, das friedliche Nachbarn überfallen und die Welt in einen grauenhaften Krieg gestürzt hat. Wir können das nicht glauben, weil wir, deutsche Arbeiter und Leh- rer, deutsche Bauern und Gewerbe- treibende im fernen Südamerika frü- her zusammen mit euch gelebt und gegen die Nazibarbarei gekämpft ha- ben. Gewiss! Von Sieg zu Sieg sind die deutschen Heere geeilt. Selbst Frank- reich wurde mit mächtigen Schlägen zerschmettert. Das Hakenkreuz weht vom Nordkap bis nach Kreta. Europa liegt Hitler zu Füssen. Aber dennoch sagen wir euch: Nie- mals war Deutschland so bedroht, nie- mals war es in so tödlicher Gefahr wie heute. Heute stehen das englische Weltreich, das unermessliche Sowjet- russland und das gewaltige Industrie- potential der Vereinigten Staaten ver- eint gegen Hitler. Da er an England nicht herankommen konnte, da der Eintritt von USA in den Krieg droht, hat Hitler die Sowjetunion überfal- len. Und wieder hört ihr Siegesberich- te. Aber sagt man euch auch, welch ungeheuren Verluste an Menschen und Material die deutschen Truppen in den weiten Gefilden Russlands er- leiden im Kampf gegen ein Volk, dao mit äusserster Hartnäckigkeit sein Land, und seine sozialen Errungen- schaften verteidigt? Wieder hört ihr von eingenommenen Städten. Aber bedenkt ihr auch, wie gross Russland ist? dass das deutsche Heer und das deutsche Material sich in der Weite dieses Landes erschöpfen wird? Und wisst ihr, dass in Kürze Tausende und dann Zehntausende amerikani- scher Bombenflugzeuge über Deutsch- land erscheinen werden, um Tod und Verderben zu verbreiten in einem Umfange, gegen den das, was ihr schon heute erlebt, ein Kinderspiel ist? 2 Schlimmer aber als das alles ist der Hass, der sich in der ganzen Welt immer stärker gegen Deutschland und die Deutschen richtet. Dieser Hass lebt in den Herzen der unterjochten Völker. Nur käufliche Subjekte, machtgierige Karrieremacher und re- aktionäre kapitalistische Kliquen ha- ben gemeinsame Sache mit den Na- zis gemacht, in den breiten Volksmas- sen aber schwelt und wächst der Hass. Auch hier in Südamerika wachsen Hass und Abwehr. Dem Beispiel von USA folgend gibt es schon Verhaf- tungen und Ausweisungen der Nazis. Schon Werden Fenster und Geschäfte von Nazis demoliert. Schon ist das Wort Nazi für Viele zum Schimpfwort geworden. Die grösste Gefahr ist, dass man in der Welt beginnt, Nazis und Deut- sche gleichzusetzen. Solche Stimmen mehren sich, und sie verlangen nicht nur die Ausrottung des Nazismus, son- dern auch die Bestrafung Deutsch- lands und des deutschen Volkes. Dem- gegenüber haben wir unentwegt be- tont und es in der landessprachigen Presse immer wieder durch Artikel und Erklärungen verbreitet, dass Hit- ler nicht Deutschland ist, dass die Mehrheit des deutschen Volkes nicht hinter den Nazis steht, dass vor allem die deutschen- Arbeiter immer soziali- stisch und das heisst antinazistiisch gewesen sind. Man hat uns geglaubt. Aber heute fragt man sich; wie kann denn das deutsche Volk immer noch alle Ver- brechen der Hitlerdiktatur dulden, wie kann es Hitler in den Krieg zur Un- terdrückung anderer Völker folgen? In den dritten Kriegswinter hinein Ohne übertriebene Illusionen und oh- ne falsche Prophezeiungen haben wir stets an einem festgehalten: dass Hit- ler diesen Krieg nicht gewinnen kann, dass vielmehr die Katastrophe Hitler- deutschlands und seiner Trabanten das unausweichliche Ende sein müsse. Diese Ueberzeugung war nicht nur ethisch begründet auf dem Glauben, dass die heutige Menschheit trotz al- len trüben Erfahrungen nicht den Triumph der schamlosen Lüge, der brutalen Gewalt und der allgemeinen Niedertracht dulden werde, sondern sie beruhte auch auf nüchterner Ein- schätzung der Kräfteverhältnisse. Die Situation im Herbst 1941 gibt uns recht. DER RUSSISCHE WIDERSTAND Zweifellos haben die Nazitruppen im vergangenen Monat erhebliche Erfol- ge erzielt. Ein grosser Teil der Ukrai- ne, einschliesslich der Hauptstadt Kiew, ist in ihrer Hand; sie stehen am Eingang der Krim und vor den Toren Leningrads. Und da wiederholt sich die alte Erfahrung, dass viele schnell von einem rosenroten Opti- mismus in schwarzen Pessimismus verfallen, obwohl sich bisher beides immer wieder als unbegründet erwie- sen hat. Auch die Stimmen aus Lon- don zeichnen sich teils durch über- triebenen Pessimismus aus. Die eine Nachricht meint, die Sowjetunion wer- de bald nur noch zu einem „Beunru- higungskrieg" fähig sein, eine ande- re rechnet mit der russischen Kampf- fähigkeit nur noch für diesen Win- ter. Das über die russischen Rückzüge und Gebietsverluste hinaus entschei- dend ist, das ist die Frage, wieweit das russische Kriegspotential durch die Erfolge Hitlers in Mitleidenschaft gezogen oder entscheidend geschwächt ist. Dazu ist folgendes festzustellen: 1. Die Sowjetunion hat trotz der Mil- lionenverluste weiterhin Ueberfluss an Menschen. 2. Schwerer zu ersetzen sind die ma- teriellen Verluste, die sicher trotz der masslos übertriebenen Zweckmeldun- gen der Nazis sehr gross sind. Mit der Ukraine verliert die Sowjetunion ihr wichtigstes Industriegebiet. Angesichts überholter und deshalb sehr übertrei- bender Statistiken muss aber betont werden, dass die .Schwerindustrie der Ukraine keineswegs mehr die absolut ausschlaggebende Rolle spielt wie im vorigen Weltkrieg. Damals befanden sich 80 bis 90 Prozent der russischen Schwerindustrie in der Ukraine, heu- te sind es nur noch rund 50 Prozent. Ausserdem aber ist die russische In- dustriekapazität gegenüber der des Zarenreiches gewaltig gestiegen, und 3 seit Kriegsausbruch hat diese Steige- rung enorme Proportionen angenom- men. Ein Beispiel: Die Stahlproduk- tion betrug 1914 4,2 Millionen Ton- nen, 1940 dagegen 21,5 Millionen. End- lich befinden sich die nächst der Ukraine wichtigsten schwerindustriel- len Gebiete im Ural (Magnetogorsk), und in Sibirien (Kusnetzk); sie sind also gesichert vor den Bombenangrif- fen. der Nazis. 3. Bei dieser, was die Menschenreser- ven angeht, ausgezeichneten, was das materielle Kriegspotential angeht, keinesfalls niederschmetternden Si- tuation ist der moralische Faktor, der Kampf- und Opferwille der Menschen, von entscheidender Bedeutung. Und eben hier, das hat der bisherige Kriegsverlauf in einer die Bewunde- rung der Welt hervorrufenden Weise erwiesen, liegt Sowjetrusslands grösste Stärke. Hitler und die antibolschewi- stische kapitalistische Welt haben sich ebenso völlig verrechnet wie die trotz- kistische Opposition. Die Invasion hat wirklich, wie wir zu Beginn des Krie- ges sagten, „ungeahnte schlummern- de Kräfte der russischen Arbeiter und Bauern wachgerufen". Eine nüchterne Prüfung der Lage in Russland bestärkt uns also in unse- rer von Anfang an betonten Ueber- zeugung, dass Hitler sich in Russland verbluten und erschöpfen wird. I DIE SITUATION HITLER/S Bei einem Vergleich steht es fast in jedem Punkte für Hitler weit weniger günstig, als es auf Grund der äusse- ren Erfolge den Anschein hat. Der Blitzkrieg, der in längstens sechs Wo- chen mit der Vernichtimg der sowjet- russischen Armeen enden sollte, ist gescheitert. Die deutschen Verluste an Menschen und Material sind gewal- tig. Gerade erreicht uns von der schweizer Grenze eine Nachricht, dass in den deutschen Grenzdörfern teils die gesamten waffenfähigen Männer bereits gefallen seien, eine Bestäti- gung dafür, dass ganze Divisionen ver- nichtet worden sind. Völlig unerwar- tet für die Nazis sind ferner die ver- heerenden Folgen der totalen Krieg- führung, welche die Russen bei ihrer Rückzugsstrategie anwenden. Die von den Nazis besetzten Gebiete befinden sich in einem derartigen Zustand der Verwüstung, dass wenig mehr zu ho- len bleibt. Es ist vorläufig nichts mit dem ukrainischen Weizen, und es wird nichts werden mit dem Petroleum, selbst für den Fall nicht, dass es den Nazis gelingen würde, die kaukasischen Petroleumfelder in ihren Besitz zu bringen. Selbst Licht, Wasserversor- gung und Unterkünfte werden zu ei- nem grossen Teil zerstört, bevor die Gebiete geräumt werden. Fast alles für die Versorgung der Invasionstrup- pen muss deshalb auf immer länger werdenden Wegen herangebracht wer- den. Diese Wege werden durch die Guerillakämpfer beunruhigt. Die Ver- kehrsmittel reichen immer weniger aus. Der deutsche Eisenbahnpark ist bereits so überbeansprucht, dass der Verschleiss kaum ergänzt werden kann, geschweige denn, dass die nö- tige Vergrösserung sich durchführen liesse. Der Menschenmangel wird im- mer stärker fühlbar. Die neuerdings an die Front geschickten Arbeiter kön- nen nur unzulänglich durch gepress- te Arbeiter der „befreundeten" oder unterjochten Gebiete ersetzt werden. An die Stelle der aus den unterwor- fenen Gebieten an die russische Front geholten Soldaten treten ältere, d. h. unzuverlässigere Jahrgänge oder eben- sowenig zuverlässige Soldaten aus Italien und den Balkanländern. Gleichzeitig wächst in ganz Europa die Widerstandsbewegung. Man sucht ihrer mit gesteigertem Terror Herr zu werden und steigert damit den Hass und den Wunsch nach Rache. Alle diese Nöte wird der kommende Winter um so mehr steigern, als Eu- ropa — in Deutschland infolge der Witterung und des Mangels an Ar- beitskräften, auf dem Balkan und in den besetzten russischen Gebieten in- folge des Krieges — vor einer Miss- ernte steht, deren Ausmass mangels zuverlässiger Angaben schwer zu be- urteilen ist. Eine vorsichtige Schät- zung nimmt 75 Flrozent des Normaler- trags an. Der dritte Kriegswinter wird für Hit- ler ein „Winter des Missbehagens" werden. ENGLAND UND USA. Es ist schwer zu sagen, wieweit die ka- pitalistischen und katholischen Anti- foolschewisten in England Die Hilfelei- stung für die Sowjetunion hemmen konnten und weiterhin hemmen, da eine solche Sabotage der Kriegfüh- rung gegen Hitler viele Möglichkei- 4 ten hat. Die Unzufriedenheit weiter Kreise, vor allein der Arbeiter, mit der Unzulänglichkeit der englischen Hilfe und die scharfe Kritik eines gro- ssen Teils der Presse bis hin zur „Ti- mes", beweisen zum Glück, dass man in England selbst voll berechtigten Misstrauens gegen die latente Quinta Columna der Reaktion ist. Andererseits fügt die englische Luft- waffe zweifellos den Nazis nicht nur erhebliche materielle Schäden zu, sie trägt vor allem auch zur Stärkung des Widerstandswillens in Prankreich, Belgien und Holland bei, wie auch zur Ermutigung der Antifaschisten und zur Schwächung der inneren Front in Deutschland und Italien. Angesichts der letzten Erfolge Hit- lers, der dringenden russischen Forde- rungen und der Stimmung im eigenen Lande kommt aber augenscheinlich auch die schwierige direkte Versor- gung Russlands mit Flugzeugen und. die wegen der umständlichen Verbin- dungswege schwierige Belieferung mit Tanks in Gang, während England sich zur Schaffung einer in der gegen- wärtigen Situation dringend gebote- nen zweiten Front auf dem europäi- schen Festland nicht stark genug fühlt. Ein Zeichen, dass man in England aus vielen bitteren Erfahrungen gelernt hat, ist die zusammen mit Russland, durchgeführte schnelle Besetzung des Irans, durch die eine schwere Gefahr beschworen wurde. Hitler wird seine Pläne für die Beherrschimg des Schwarzen Meeres und der Bedrohung der kaukasischen Petroleumfelder vom Meere her nun nicht mehr so leicht in die Tat umsetzen können. Die Tür- kei widersteht bisher dem Drängen der Achse nach Oeffnung der Darda- nellen, und selbst die bulgarische Re- gierung hat bisher den Forderungen nach Eintritt in den Krieg nicht nachgegeben. Der Hauptgrund für die Haltung Bulgariens ist die Angst der Regierung vor der traditionellen Sym- pathie des bulgarischen Volkes für Russland und der bulgarischen Bau- ern für den Kommunismus. Energi- sche militärische Unterstützung Russ- lands durch England am Kaukasus, wie sie anscheinend bevorsteht, kann die Zögernden in ihrem Widerstands- willen gegen die Naziforderungen be- stärken. Roosevelt setzt seine kluge und zähe Politik. USA, für den Einsatz ihrer ganzen Macht gegen Hitler reif zu machen, erfolgreich fort. Er erkennt auch die Notwendigkeit, Sowjetruss- land zu unterstützen, wenn man Hit- ler besiegen will, und muss infolge- dessen der Sabotage der antibolsche- wistischen kapitalistischen und katho- lischen Kreise entgegenarbeiten. JAPAN Der Wandel der Situation zu Ungun- sten Hitlers zeigt sich vielleicht am deutlichsten in der unsicheren und schwankenden Haltung Japans. Wäh- rend man vor einem Monat noch mit dem baldigen Kriegseintritt Japans rechnen musste, ist .das jetzt weniger wahrscheinlich geworden. Die Vaban- que-Politik der Militaristen findet starken Widerstand, so dass die Feier des Jahrestages der Achsenbrüder- schaft sehr gedämpft war. Nur sehr grosse Erfolge Hitlers in Russland ver- möchten wohl noch die Haltung- Ja- pans zu ändern. KRIEGSENDE UND FRIEDE Es ist unmöglich, Voraussagen über die Dauer des Krieges zu machen, da dabei allzu viele Faktoren mitspre- chen. Immerhin ist die oft mit grosser Sicherheit ausgesprochene Behaup- tung, dass der Krieg jedenfalls noch sehr lange dauern werde, keineswegs hundertprozentig sicher. Es liegt im Wesen der Nazidiktatur, dass sie trotz scheinbarer Stärke und Festigkeit überraschend schnell zusammenbre- chen kann. Die lange Dauer des Krie- ges und das Wachsen der Not müs- sen alle Kräfte des Widerstandes in Europa und in Deutschland selbst stärken. Je besser sich Sowjetrussland behauptet, je mehr die Kriegsproduk- tion Englands und Amerikas die der Nazis überflügelt und je mehr sie ein- gesetzt wird, um so aktiver wird dieser Widerstand werden, um so schneller wird auch die Zersetzung des Heeres eintreten. Man muss aber auch mit einer ande- ren Möglichkeit eines Friedensschlus- ses rechnen, bevor die Katastrophe Nazideutschlands vollendet ist, mit der Möglichkeit nämlich, dass die Militärs Hitler und die herrschende Naziklique stürzen, tun ihr Hineingerissen werden in die Katastrophe zu vermeiden und zu einem für sie erträglichen Frieden S zu gelangen. Sie würden dabei — si- cher mit Recht — auf die englische und amerikanische kapitalistische Re- aktion rechnen, die ein militaristisch- reaktionäres Deutschland wiederum als Degen gegen Sowjetrussland und als Bollwerk gegen die soziale Revo- lution zu verwenden suchen würden. Wir haben gegenüber einem pseudo- revolutionären Defaitismus und gegen- über der Forderung des Kampfes ge- gen den englischen und amerikani- schen Imperialismus immer an unserer Grundauffassung festgehalten: 1. Hit- ler und der Faschismus sind der Feind Nr. I, der vernichtet werden muss; 2. In diesem Kampf fühlen wir uns mit jedem verbündet, der und soweit er diesen Kampf führt. Aber wir verkennen deshalb keines- wegs die drohende Möglichkeit eines reaktionären Friedens, der die Welt bestehen lassen würde, die in Fa- schismus und Krieg hineingeführt hat, und der damit der Ausgangspunkt zur Wiederholung alles Grauens sein müsste, das wir erlebt haben. Wir geben sehr wenig auf Worte, zu- mal dann nicht, wenn sie vieldeutig UNMENSCHLICHKEITEN Wer Frankreich und das französische Volk liebt, der war erschüttert durch den Umfang der französischen Kata- strophe. Er hat sich vielleicht gesagt, die mangelnde Widerstandsfähigkeit Frankreichs hänge zusammen mit der sympathischen Daseins- und Genuss- freude des französischen Volkes und mit seiner Abneigung gegen Organi- siert« und Kommandiertwerden. Und man sagte sich dann weiter: unsere Zeit der schwersten Auseinanderset- zungen und Kämpfe ist noch nicht reif für das Leben und Lebenlassen, dass uns antipreussischen Deutschen am „douce France" so gut gefal- len hat; dass das heute Schwäche ist, die bitter bestraft wird. Aber dann kam die Nachricht, dass die Vichyleute in ihrem „ehrenvollen" Waffenstillstandsvertrag die Ausliefe- rung der politischen Emigranten, die an Frankreichs Seite gestanden hat- ten, an die Gestapo zugestanden hat- ten. Dann hörten wir, dass franzö- sische Polizeibeamte von der Vichy- regierung dafür haftbar gemacht wer- den, dass sie die von der Gestapo an- geforderten Opfer wirklich den Folter- und auslegungsfähig sind. Wir sehen, dass die Weltreaktion sich schon heu- te bemüht, den Krieg in ihrem Sinne zu beenden und einen Frieden zu ver- hindern, der die Grundlagen für ei- ne neue bessere Welt schaffen würde. Wenn bei den londoner Friedensge- sprächen neben der polnischen Regie- rung sogar die Regierung von Be- nesch die Bestrafung der Besiegten statt des Neuaufbaus von Europa in den Mittelpunkt stellt, so muss das sehr bedenklich stimmen. Demgegenüber gilt es, die Kräfte zu sammeln und zu mobilisieren, die aus der alten Welt hinaus wollen in eine neue. Ein gutes Zeichen ist die bisher trotz aller Versuche nie gelungene Zusammenarbeit der russischen und englischen Arbeiter, die über die Ge- meinschaft im Kriege hinaus zu einer Zusammenarbeit für den Frieden wer- den muss. Bei der Bildung der posi- tiven und zukunftsgestaltenden Frie- densfront hat auch die deutsche lin- ke Opposition ihre Aufgabe zu erfül- len, die sie bisher leider noch nicht hinreichend in Angriff genommen hat. DER VICHY-FRANZOSEN knechten ausliefern. Wir erfuhren Furchtbares über die Behandlung der Emigranten in den Konzentrationsla- gern. Jetzt häufen sich die Nachrich- ten, dass sogar die französischen Pa- trioten von den Petain und Darlan eingekerkert werden. Wir empfinden gewiss keinerlei Ge- nugtuung, wenn wir auf Grund dieser beschämenden und bedrückenden Vor- gänge feststellen, dass es nicht nur in Deutschland Niedertracht und sadi- stische Brutalität gibt. Aber in einer Zeit, in der viele, die nicht auf uns hörten, als wir den Nationalsozialis- mus als den Ausdruck der Bestialität und Gemeinheit angeklagt haben, be- haupten, nur ausgerechnet das deut- sche Volk — wohlverstanden: das ganze deutsche Volk! — sei gewalt- tätig und sadistisch, dürfen wir wohl betonen, dass es überall und bei al- len Völkern minderwertige und ge- mednschädliiche Elemente gUbit, 'and dass es nur darauf ankommt, zu ver- hindern, dass sie an die Macht gelan- gen. Im folgenden bringen wir als Beispiel der Entmenschlichung Vichy-Frank- reichs einige Stellen aus einem uns f zur Verfügung gestellten Brief, der von der Behandlung der Flassagiere des in Dakar festgehaltenen Damp- fers „Aisina" berichtet: „Am 3. Juni fuhren wir von Dakar ab und kamen am 10. Juni in Casablanca an. Wir hatten unterwegs leider ver- geblich nach englischen Kriegsschif- fen AUsschau gehalten. In Casablanca hat sich gezeigt, dass die Franzosen (nicht die Franzosen, sondern Franzosen!) auch zu organi- sieren verstehen, wenn es darauf an- kommt, sich an wehrlosen Gefange- nen auszutoben. Wir erfuhren, dass die Passagiere des französischen Dampfers Wyoming, die Fahrkarten nach Martinique hatten, in das sog. Centre Herbergement abtransportiere worden waren, und dass dieses Cen- tre Herbergement ein ganz gewöhnli- ches KZ mit Stacheldraht und mili- tärischer Bewachung sei. Von Kapi- war kaum beendet, als mitgeteilt wurde, dass alle noch an Bord be- findlichen Ausländer am nächsten Morgen um 5 Uhr ausgeschifft wür- den. Sie wurden in die Lager Quedzem und Kasba Tadla im Innern des Lan- des gebracht, die an der Sahara lie- gen. Dort sind die Verhältnisse noch schlechter und ausserdem weht dort ein Wüstenwind, der überall ins La- ger den feinen Sand trägt. Die Hafembehörden und die Polizei- beamten haben mit sadistischem Ver- gnügen der Ausschiffung der Auslän- der zugesehen. Unter den 80 franzö- sischen Passagieren der Aisina waren nur 2, die sich um ihre ausländischen Freunde vom Schiff gekümmert ha- ben. Die Insassen der Konzentrationsla- ger sehen einem schlimmen Schicksal entgegen. Den Männern steht bevor, beim Bau der Transsahara-Bahn mit- Vermesst die Gefangenen in Frankreich nicht! Spenden durch Scheck, Giro oder Bono Postal an Sr. Juan Carl, Tucumän 309, Buenos Aires oder in den Sprechstunden des DAD, täglich von 5—7 Uhr, ausser Freitag. tän und Kommissar wurde uns versi- chert, dass wir nicht in ein solches Lager kämen. Am 16. Juni fuhr die „Aisina" an den Kai, und nun begann unter Bewachung von Soldaten mit aufgepflanztem Ba- jonett die Ausschiffung der Passagie- re, welche Kinder unter 16 Jahren hatten, oder die selbst über 60 Jahre alt waren. Auch Leute mit Babys von 1 bis 8 Wochen wurden in das Lager von Sidy-el-Ayachi gebracht. Man hatte behauptet, dort würden die Leu- te in einem Hotel untergebracht, und man könne täglich im Meer baden. Gegen Nachmittag kamen aber bereits die ersten Nachrichten aus dem La- ger: Verschmutzte Baracken mit ver- schmutzten Strohsäcken; militärische Bewachung; keine Tische, keine Stüh- le, kein Geschirr und keine Spur von Hygiene. Die Ausschiffung der ersten Gruppe RUDOLF HILFERDING ERMORDET zuarbeiten. Die dort beschäftigten Ar- beiter — grösstenteils Exlegionäre, die freiwillig für Frankreich gekämpft haben — sind unter den primitivsten Verhältnissen untergebracht. Sie er- halten nicht einmal Tropenhelme, um sich gegen die afrikanische Sonne zu- schützen ..." * * * Aus einer absolut zuverlässigen Quel- le haben wir die direkte Nachricht erhalten, dass die Zwangsarbeiter an der Tramsaharabahn, unter ihnen die Kämpfer der Internationalen Bri- gade, nur gegen Geld Wasser erhalten und teils verdursten müssen. Man sollte über anderen Sammlun- gen nicht diese tapfersten Vorkämp- fer gegen den Faschismus vergessen, die man mit relativ geringen Mitteln vom Tode retten kann. Wir haben Möglichkeiten, ihnen das eingehende Geld zukommen zu lassen. In einem Gefängnis der besetzten Zo- ne Frankreichs wurde Dr. Rudolf Hilferding erhängt aufgefunden. Ob er von seinen Schergen in den Selbst- mord getrieben oder der Selbstmord von der Gestapo nur fingiert wurde — sein Tod ist Mord, ein Verbrechen, in dessen Lorbeeren die Petain-Surete, die ihn ausgeliefert hat, sich mit Himmlers Henkersknechten teilt. '7 Dr. Rudolf Hilferding war Wiener, 1877 geboren, studierte er Medizin. In der? Studienjahren scliloss er sich der Freien Vereinigung sozialistischer Stu- denten an. Hier traf er mit Otto Bauer, Max Adler, Karl Renner, Otto Pohl, Karl Leuthmer zusammen, dem Menschenkreis, dem später die au- stro-marxistische Schule des Sozialis- mus entwuchs. In den „Marx-Studien", der Bücherreihe, die das wissenschaft- liche Gedankengut der Schule vermit- telte, erschien, kurz nach Otto Bau- ers „Nationalitätenfrage", Adlers „Kausalität und Theologie im Streite um die Wissenschaft" sein Hauptwerk „Das Finanzkapital", das ihm Welt- ruhm brachte. Im Titel lag der selbst- bewusste Anspruch ausgesprochen, das Werk fortzuführen, das Karl Marx mit seinem „Das Kapital" begonnen. Es war seit Friedrich Engels Tod das erste Werk des wissenschaftlichen So- zialismus, das die Lehren und Denk- methoden Karl Marx auf den Hoch- kapitalismus anwandte und die öko- nomischen Triebkräfte des Imperialis- mus theoretisch blosslegte, kurz ehe sie im Zusammenprall des ersten Weltkrieges zu furchtbar blutiger Praxis wurden. Die Höhe der Erkenntnis, die er in seinem Jugendwerke erklommen, hat Hilferding nie wieder erreicht. 1907 übersiedelte er nach Berlin, arbeitete am „Vorwärts", ging in der Tagesar- beit der deutschen Sozialdemokratie auf, schrieb blendende Artikel, erlang- te nach dem Kriege eine unbestritte- ne Führerposition im deutschen Par- teivorstand, war zweimal Minister, ENGLISCHE STIMMEN KRITIK DER REGIERUNG In einem ,.Stärke und Schwäche der Regierung" überschriebenen Artikel (New Statesman No. 53(6) meint Lasii, dass Churchill unbestritten der grosse Führer Englands in diesem Krieg auf Tod und Leben sei. Aber seine gewal- tige Leistung dürfe nicht blind ma- chen für seine Schwächen. Er bleibe voll von Vorurteilen gegenüber der in- dischen Frage; er tue nichts gegen- über dem Versagen der in ausgelau- fenen konservativen Gleisen sich be- wegenden englischen Propaganda. Er habe nicht begriffen, was in der heu- tigen Situation „Dynamik der Demo- kratie" bedeute. „Wenn seine Kolle- aber seine wissenschaftliche Schöp- ferkraft war erstorben, seit er aus dem Freundeskreis der Austromarxi- sten ausgeschieden war. Er ging mit der deutschen Sozialdemokratie den Weg nach rechCs, oft genug führend voran, den Irrweg, der zum Panzer- kreuzer, zur Tolerierung Brünings, zur ruhmlosen Kapitulation vor Pa- pens Leutnant mit den 10 Mann, zum kampflosen Untergang unter der brau- nen Flut führte. Die scheue Ehrfucht, mit der einst der internationale Sozialismus das gigan- tische Geisteswerk des „Finanzkapi- tal" grüsste, des Werkes, das ihm die ökonomische und damit die soziale und politische Struktur der Gegen- wart erschloss, hat Hilferding nie wieder geweckt; er hat sie einge- tauscht gegen die äusserlich glänzen- de Laufbahn des Staatsmannes, auf der eine ganze Führergeneration des deutschen Sozialismus dein Abgrund zugeschritten war. Der tragische Abschluss dieses ereig- nisreichen Lebens löscht die Schuld, die es im Drama eines ganzen Volkes und des demokratischen Sozialismus auf sich geladen hat. Hilferding fiel als ein Opfer der entfesselten Unter- welt der kapitalistischen Gesellschaft, deren friedlichen Umbau er so beredt und überzeugend verkündet hatte, ehe sie sich mit Teufel und Beizebub ver- bündete, um ihm zu entgehen. Er hat seinen Irrtum teuer bezahlt. Die Nachwelt wird sein Andenken, ge- sühnt und von Schlacken befreit, in Ehren bewahren. gen von der Arbeiterpartei ihre Ener- gien darauf verwenden würden, ihn darüber zu unterrichten, so könnten sie ihn bei seinen grossen Fähigkei- ten zu einer überragenden Figur un- serer Geschichte machen. Sie könn- ten dadurch zugleich der demokrati- schen Menschheit in der ganzen Welt neue Hoffnung geben". In einem anderen Aufsatz (New Sta- tesman No. 539) fordert Laski schleu- nige Reform des Foreign Office und der englischen Diplomatie. Er wirft der Aussenpolitik und dem Personal der englischen Gesandtschaften man- gelndes Verständnis und Mangel je- der Fühlung mit den grossen sozialen Bewegungen und Organisationen vor. „Sie misstrauen allen Bemühungen, zu den Arbeitern in einer Sprache zu re- den, welche die Notwendigkeit einer radikalen Aenderung des Systems vor- aussetzt" . . . „Das Foreign Office muss Männer heranziehen, welche der Notwendigkeit gewachsen, sind, eine neue Welt zu organisieren, statt von Heimweh nach der alten besessen zu sein". KRITIK AN KLASSEN UND PARTEIEN In einem Artikel „Die Tragödie Frankreichs" (New Statesman No. 536) werden zunächst die tieferliegen- den Gründe der französischen Kata- strophe aufgezeigt; der kurzsichtige und landesverräterische Klassenegois- mus der französischen Bourgeoisie die Zerrissenheit der Arbeiterklasse und die Schwäche und Feigheit ihrer Führung. In England hätten sich bei- de Klassen besser bewährt, aber auch hier müsse man mit dem Klassen - egoismus des Bürgertums und mit dem Opportunismus der Arbeiterfüh- rer rechnen, die es nicht wagten, not- wendige Forderungen durchzusetzen. „Sie haben Respekt als Minister ge- wonnen, aber sie haben ihre Bedeu- tung als Arbeiterführer eingebüsst. Sie sind unnötig zaghaft; sie laufen nicht Gefahr, die britische Einigkeit zu zer- stören, wenn sie darauf bestehen, dass im Zustand der Belagerung alle gleich sein müssen, dass die Hilfsquellen des Landes dem Volk des Landes zur Verfügung stehen müssen, und dass die Privatinteressen dem öffentlichen Interesse geopfert werden müssen. Sie sagen das mit Worten, aber sie müssten ihre Worte in kühnere Ta- ten umsetzen." NICHT BESTRAFUNG, SONDERN ZUSAMMENARBEIT! In einem Aufsatz „Die einzige Hoff- nung" (New Statesman No. 526) pole- misiert Kingsley Martin gegen den Herausgeber von „Nineteenth Centu- ry", der durch Entwaffnung Deutsch- lands und strategische Grenzziehung künftige Kriege verhindern will: „Mir. Voigt schreibt, als wenn es sich nur um die Entwaffnung Deutsch- lands handle. Aber das deutsche Pro- blem ist ein Teil des europäischen Problems und unserer ganzen kranken Gesellschaft. Das Falscheste, was heu- te ein Publizist tun kann, ist, dass er die Menschen glauben lässt, dass der Krieg die Folge der Verworfenheit ei- ner einzelnen Nation sei, und dass man ein Volk ächten müsse, weil to- talitäre Führer es beherrschen. Das (ist die Natur des Nationalismus, wie die Geschichte Japans, Italiens und einiger anderer Länder, die ebenso grundlos wie Hitler Krieg vom Zaun gebrochen haben, überzeugend be- weist. Keine Schaffung strategischer Gren- zen, keine Bemühung, uns selbst so stark zu machen, dass wir es mit ei- ner möglichen Kombination feindli- cher Mächte aufnehmen können, wie Mr. Voigt das fordert, kann auch nur der Anfang für die Lösung unseres Problems sein. Wir brauchen zuerst das Bündnis der demokratischen Kräfte in Europa, ohne das wir Eu- ropa nicht wieder aufbauen können, selbst wenn wir den Krieg gewonnen haiben. Wir brauchen zweitens eine lebensvolle Erfüllung der realen Le- bensnotwendigkeiten der europäischen Massen. Wenn wir irgendwelche Er- folgschancen haiben wollen, müssen wir an das denken, was man in Ver- sailles vergessen hat: dass das einfa- che Volk vor allem Sicherheit braucht, Sicherheit vor Hunger und Ausbeu- tung, und Sicherheit vom Kommisstie- fel und Gestapo. Die deutsche Spiel- art davon ist die schlimmste, aber es gibt genug andere. Wenn wtir von dieser Grundlage der ökonomischen und politischen Notwendigkeiten für alle Völker Europas ausgehen, für Po- len, Tschechen, Franzosen, Englän- der, für die Balkan Völker nicht we- niger als für die Deutschen, so muss es möglich sein, gemeinsame ökono- mische und politische Einrichtungen zu schaffen, die eine Wiederkehr des Nazismus unmöglich machen. Hier liegt unsere einzige Hoffnung." Im gleichen Sinne schreibt George Brunner in derselben Nummer des New Statesman: „Eine feindliche und misstrauische Haltung gegen jedes deutsche Regi- me nach Hitler wird sicher einen neu- en Hitler hervorrufen und somit die Welt in eine neue Katastrophe stür- zen. Nur eine freundschaftliche Zu- sammenarbeit aller europäischen Völ- ker mit den demokratischen und anti- nazistischen Kräften innerhalb des deutschen Volkes (nicht aber mit den Nationalisten und früheren Nazis! die Red.) kann uns retten. Wenn man sich einbildet, die Welt könne nach Hitlers Niederlage wieder zu 1919 zu- rückkehren, würde das den Rückfall in die heutige Katastrophe bedeu- ten". ENGLISCHE KRITIK AN DEN DEUTSCHEN PUBLIKATIONEN H. Rauschnings neues Buch „The Beast from the Abyss" (Das Tier aus dem Abgrund) wird, im „New States- ALLTAG IN BERLIN 1941 Die folgenden Berichte haben nichts mit grosser Politik zu tun. Unsere Ge- währsleute, die ausnahmslos kürzlich in Buenos Aires eingetroffen sind, ka- men nicht in besonderer Mission. Sie bringen keine sensationellen Enthül- lungen. Das Privatleben der Goebbels und Göring, der Rosenberg und Himm- ler ist ihnen genau so fremd wie uns. Sie wissen nichts von dem, was in der Wilhelmstrasse oder in den Haupt- quartieren ausgeheckt wird. Sie be- richten von nichts anderem, als vom berliner Alltag im dritten Jahre des zweiten Weltkrieges, wie sie ihn mit- leidend miterlebt haben. Sind ihre Angaben darum wertlos? Können wir sie mit einer Handbewe- gung abtun: Emigrantenberichte, Greuelmärchen, verbreitet von den Gequälten unid Ausgestossenen, die ihr Mütchen an den Peinigern kühlen, indem sie ihnen Schlechtes nachrufen. Märchen, denen jeder objektive Wert fehlt? Man wird sehen, dass die- se Menschen, mit denen und um die herum so vieles Furchtbare geschah, nicht einmal Deutschland und die Deutschen hassen. Trotz allem Trau- rigen, Beschämenden, Entsetzlichen, das sie erlebt haben, wird man spü- ren, dass durch ihre Erinnerungen ei- ne stille und starke Liebe zu ihrer al- ten Heimat geht. Das Erstaunlichste aber an den fol- genden Berichten ist, dass die Men- schen, die in den Frontbezirken des Weltkrieges gelebt haben, voller Zu- versicht sind auf die Zukunft Deutschlands und der Menschheit. EINE RRIEGSBESCHAEDIGTE FRAU BERICHTET Kurz nach Ausbruch des Krieges hat- man" (No. 529) scharf ablehnend be- sprochen. Rauschning sei in einem konservativ-aristokratischen Mystizis- mus befangen, aus dem seine antide- mokratische Geringschätzung der Masse resultiere. Gerade seine ari- stokratischen Zirkel hätten der deut- schen Republik den Dolchstoss ver- setzt und Hitler den Weg geebnet. Man bekomme den Eindruck, dass R. eine englische Vorherrschaft über ein konservatives Deutschland einem frei- en Deutschland unter demokratischer Leitung vorziehe. te ich beim Versorgungsamt ein Paar neue Schuhe beantragt. Man hatte mir dort den Bezugsschein 2 ausgehändigt, der zum Kauf von ein Paar Leinen- schuhen berechtigt. Ich machte darauf aufmerksam, dass es doch an den Herbst ginge und mir mit den leichten Schuhen nicht gedient sei. „Andere haben wir zur Zeit nicht", sagte der Beamte, „und was denken Sie stich überhaupt? Im Herbst werden wir schon die englischen Schuhe haben und der Krieg wird zu Ende sein". Das war die allgemeine Stimmung, die von Zeitungen und Radio geschaffen wur- de. Die Leute erzählten sich, dass der Führer schon den Friedenspalast nach eigenen Plänen in Auftrag gegeben ha- be und das Datum der Friedensver- handlungen längst festgesetzt sei. Ist es ein Wunder, dass die Enttäuschung immer mehr um sich griff, als auch noch Russland in den Krieg eintrat? Hat es überhaupt je Begeisterung ge- geben in den letzten Jahren? Ich be- sinne mich sehr deutlich auf den Tag, an dem die Legion Condor aus Spa- nien zurückkam. Von Döberitz kam eine starke Kolonne Legionäre an- marschiert. Es war im Juli, und die Mannschaften waren von der Hitze und dem langen Marsch erschöpft. Aber die Bevölkerung des Westens zeigte keinerlei Anteilnahme, die Stra- ssen waren nicht belebter als sonst, obwohl die Zeitungen und das Radio gebührend auf das Ereignis hingewie- sen hatten. Vor unserem Hause sam- melte sich eine Gruppe Menschen um ein Dienstmädchen, das voll Stolz ein paar Goldsachen zeigte, die ihr Schatz ihr aus Spanien mitgebracht hatte. Jedesmal, wenn einer der zahllosen theatralischen Aufmärsche bevorstand, iL wurde in allen in Frage kommenden Strassen jedes einzelne Haus von Ge- stapobeamten revidiert, nach Waffen und Sprengstoffen durchsucht. Dann erschienen Parteiangestellte, die rie- sige Hakenkreuzflaggen jedem einzel- nen ins Haus brachten (auch den Ju- den), die nach dem Ende der Veran- staltung wieder abgeholt wurden. VON EINEM BOMBENSPLITTER GETROFFEN Nervenzermürbend sind die Besuche der feindlichen Flieger. In einer Nacht des Novembers 1940 war schon viermal Alarm gewesen «und wir waren gerade wieder ins Bett gegangen, als zum fünften Male der Alarm ertönt©. Ich war so apathisch geworden, dass ich liegen blieb, während alle im Hause sich in fieberhafter Eile rüsteten. Nur auf das Zureden meines Mannes schickte ich mich an, auch in den Luftschutzkeller hinabzugehen, der in der Mehrzahl der Fälle nichts als der gewöhnliche Kohlenkeller ist. Ich hat- te jedoch zu lange gezögert. Gerade wollte ich die Treppe hinabsteigen, da wurde ich von einem Splitter an der Schulter getroffen, sank ohn- mächtig zusammen und brach mir beim Fallen den Arm. Die Luftschutzeinrichtungen von Ber- lin sind nicht besonders gut. Oft ge- nug geschah es, dass die Flugzeuge schon über uns waren, wenn der Alarm ertönte. Am Bahnhof Gesund- brunnen ist eine Bombe auf einen fahrenden Zug gefallen. Das am Bahnhof Bellevue gelegene Proviant- amt wurde von den englischen Flie- gern halb zerstört. Dabei wurden die Rohrleitungen getroffen, sodass zahl- reiche Beamte, die sich in den Luft- schutzkeller geflüchtet hatten, ertrun- ken sind. Als ich eines Morgens auf den Kai- serdamm kam, sah ich, dass 6 mehr- stöckige Häuser von den Bomben sehr stark beschädigt worden waren. Ich frug besorgt einen der das Haus be- wachenden Posten, ob es viele Tote gegeben habe. Er antwortete, es sei niemand auch nur verletzt worden. So wird in jedem Fall verfahren. Die Einschlagstellen werden sofort abge- sperrt und es ist bei hohen Strafen verboten, irgend etwas über den Vor- fall zu erzählen. Dennoch geht natür- lich die Flüsterpropaganda von Mund zu Mund, aber die Behörden haben tatsächlich erreicht, dass die Bayern denken, Berlin lebe im tiefsten Frie- den und die Bewohner des Alexan- derplatzes haben nicht einmal eine Ahnung davon, dass in Siemensstadt und ihren industriellen Anlagen schwere Verwüstungen angerichtet worden sind. Da ich absichtlich ver- meide, Ihnen Nachrichten weiterzuge- ben, die ich selbst nur vom Hörensa- gen kenne, beschränke ich mich auf die Bombardierungen, die ich mit ei- genen Augen gesehen habe. EIN BERLINER KAUFMANN BERICHTET Unser Gewährsmann ist früher in ei- nem angesehenen kaufmännischen Betrieb tätig gewesen. Er ist Jude. Als wir ihn fragen, ob nach seiner An- sicht der von Regierung und Partei betriebene Antisemitismus von den breiten Volksmassen aktiv unterstützt wird, lächelt er. Hier folgen einige Vorkommnisse, die die millionenfach wiederholte Behauptimg Lügen stra- fen, dass das „deutsche Volk" hinter Hitler steht. „Die neuerdings erlassene Verfügung, dass all© Juden den Davidstern tra- gen müssen, soll nicht nur die Juden treffen, sondern ebensosehr diejeni- gen, die weiterhin mit Juden verkeh- ren, obwohl sie es selber nicht sind. Auch nach den wüsten Pogrom tagen des November 1938 haben alte Be- kannte den Umgang mit mir nicht aufgegeben. Allerdings haben sie mit dem Beginn des Jahres 1941 es für sie und mich für nützlich erachtet, diesen Verkehr auf die dunklen Abend- stunden zu verlegen. Wir gingen dann gemeinsam durch die Strassen, un- sere Frauen hinter uns hatten die Aufgabe, darauf zu achten, ob nicht ein Nazi uns belausche. Als Mitte 1940 grosse Plakate ange- schlagen wurden, (in denen mitgeteilt wurde, dass Juden nur noch zwischen 4 und 5 Uhr ihre Einkäufe tätigen können, sagte mir mein Zigaretten- händler: „Sie werden bei mir jeder- zeit bedient". Als dann verboten wur- de, an Juden überhaupt Zigarren aus- zugeben, sagte er mir: „Solange ich Ware bekomme, können Sie hier Ihre Zigarren wie jeder andere kaufen, aber kommen Sie vormittags, denn nachmittags bedient ein Nazi." 11 Meine Frau ist gallenleidend. Sie darf daher kein Fleisch essen. Und Fisch durfte an Juden nicht mehr verkauft werden. Wir erhielten jedoch trotz des Verbots Fisch von unserem Kaufmann, obwohl die Leute sehr gut wussten, dass sie sich strafbar machten. We- der in diesem, noch im Falle des Zi- garrenhändlers, versuchte man, uns höhere Preis abzunehmen als die üblichen. Ein Schutzmann fragte mich einmal, ob es denn wahr sei, was man ihm neulich berichtet habe, dass nämlich die Juden verschiedene^ Lebensmittel nicht erhielten. Ich gab ihm wahr- heitsgemäss Auskunft und merkte an seinem Gesicht, dass er ehrlich er- schüttert war. Jeder ist so mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt, dass er für die der anderen nur wenig Auf- merksamkeit aufbringt. Wenn an den Litfassäulen angeschlagen steht: „Auf Abschnitt K der Lebensmittelkarte werden zu Weihnachten 75 gr. Kaffee verabfolgt, ausser den durch J ge- kennzeichneten", so begnügen sich viele damit, nachzusehen, ob sie Kaf- fee bekommen, der Rest interessiert sie nicht. BEAMTE GEGEN KITLER Auf dem Finanzamt hatte ich Steu- ern zu bezahlen, die völlig ungerecht- fertigt waren. Bevor mir das beim Verkauf unserer Wohnungseinrich- tung erzielte Geld ausgehändigt wer- den durfte, musste eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden, die besagte, dass ich keinerlei Steu- erschulden mehr hatte. Ich erhielt diese Bescheinigung ohne weiteres ausgestellt. Als ich den Beamten da- rauf aufmerksam machte, dass das Finanzamt doch noch jene gewisse Steuerschuld von mir reklamiere, er- klärte der Beamte mir mit einem Augenzwinkern, davon sei in den Ak- ten nichts mehr zu finden. Er sagte; „Man hat Ihnen soviel genommen, dass man Ihnen doch nicht noch das letzte nehmen kann". Es erübrigt Sich, zu betonen, dass der Mann weder ein Schweige- noch ein Trinkgeld ver- langte. Ein anderer Beamter sagte mir einmal während der Pogromtage 1938, er schäme sich, ein Deutscher zu sein. SOLID ARITAET GEGEN HITLER Ganz besonders unter den deutschen Arbeitern ist keine Spur von Antise- mitismus zu finden. Entgegen allen Anweisungen der Partei arbeiten sie kameradschaftlich mit ihren jüdi- schen Kollegen zusammen. Viele Be- kannte haben mir das oft erzählt. Verwandte von mir, die jetzt als Koh- lenschlepper und Lokomotivführer ar- beiten, hatten zwar die ihnen zuste- hende Lebensmittelkarte für Schwer- arbeiter bekommen, sie war ihnen aber nach kurzer Zeit wieder entzo- gen worden. Das hinderte jedoch we- der den Bäcker noch den Fleischer, ihnen das als Schwerarbeiter zuste- hende Quantum auszuhändigen. Der Bäcker sagte: „Geben Sie mir Ihre Karte, und sagen Sie, wieviel Brot Sie gebrauchen. Wenn die Nazis es Ih- nen entziehen, bekommen Sie es von mir". Bei einem Prozess wegen staatsfeind- licher Umtriebe gegen drei Ange- klagte, war ein 60jähriger Tischler als Entlastungszeuge geladen. Er betrat den Gerichtssaal mit einem freundli- chen „Guten Morgen, meine Herren!" Der Richter machte den Alten darauf aufmerksam, dass man auf Anweisung der Regierung „Heil Hitler" zu sagen habe. Der Tischler antwortete: „Was wollen Sie von mir altem Mann? Ich werde das doch nicht mehr lernen, und ausserdem — Regierungen habe ich in meinem. Leben schon viele kommen und gehen sehen". OTTO STRASSER WUENSCHT HITLERS SIEG UEBER SOWJETRUSSLAND Jeder Antifaschist, der nicht durch Vorurteile und blinden Hass verblen- det ist, wünscht heute mit allen Kräf- ten seines Herzens, dass die Überfal- lene und bedrängte Sowjetunion sich gegen die Eindringlinge behaupten möge. Die englische Arbeiterschaft baut mit verdoppeltem Eifer Tanks für die Russen, und die Vertreter der englischen und amerikanischen Re- gierungen sind nach Moskau geeilt, um darüber zu beraten, wie man Russland am besten und schnellsten Hilfe leisten kann. 12 Nur die reaktionärsten kapitalisti- schen und katholischen Kreise stellen sich an die Seite der Petain und Fran- co, der Vaterlandsverräter und Scher- gen ihres eigenen Volkes, um die an- tibolschewisfcische Walze auch heute noch in der Stunde der Entscheidung weiter zu drehen. Zu ihnen gesellt sich Otto Strasser, der Führer der Schwarzen Front, die sich heute „Frei Deutschland-Bewe- gung" nennt. In einem vom 3. Juli datierten Rundschreiben, das er an die von ihm eingesetzten Gauleiter in Südamerika, hinter denen zum Glück nirgends etwas steht, gesendet hat, spricht er zunächst von dem „über- OESTERREICHISCHE SEITE aus raschen Zusammenbruch der Ro- ten Armee", um dann fortzufahren: „Wir begrüssen es aufrichtig, dass die beiden Todfeinde der kommenden eu- ropäischen Neuordnung sich gegensei- tig in die Haare geraten und hoffen, dass jetzt zunächst der Bolschewismus vernichtet wird, dass aber bei diesem Kampfe auch der Nazismus so starke Wunden davon trägt, dass er früher oder später daran verblutet. In die- ser Grundeinstellung werden wir be- stärkt durch die Gewissheit, dass nach der Niederlage der Roten Armee eine starke Ernüchterung in London und Washington Platz greifen wird". FOEDERATIONEN IN ZENTRAL EUROPA Jener Teil der österreichischen Emi- gration, der in seinen politischen Zu- kunftsplänen die Rekonstruktion der Vergangenheit erträumt, hat sich der Notwendigkeit, die alte schwarz-gelbe Fassade mit frischem Firnis zu ver- decken, keineswegs verschlossen. Als Otto Habsburg als Emigrant unter Emigranten den Boden der grossher- zigen amerikanischen Republik betrat, erklärte er den Journalisten, er wolle (die amerikanische Bundesverfassung studieren, um einmal ihre Grundsät- ze auf eine künftige Donauföderation, unter Habsburgs Szepter natürlich, an- zuwenden. Es ist lächerlich, anzunehmen, dass die Nationen, die der Zusammenbruch der alten Habsburger Monarchie be- freit hat, Sehnsucht empfänden, wie- der von einem in Wien residierenden Monarchen regiert zu werden. Auch die Adaptierung der in der Luft lie- genden Idee des Föderalismus auf den Legitimismus wird daran nichts än- dern. Die föderalistische Idee aber ist eine politische Realität, die auch in Zen- tral- und Südeuropa aufgegriffen wird. Die polnische und die tschecho- slowakische Emigrationsregierung ha- ben einen Vertrag über den föderali- stischen Zusammenschluss ihrer bei- den Staaten nach dem Kriege abge- schlossen. Sie treten bereits außen- politisch als Einheit auf. Auf der lon- doner Tagung des Interalliierten Ra- tes am 25. September haben Polen und Tschechoslowaken eine gemein- same Erklärung abgegeben. Eine andere Föderation ist von der italienischen Emigration vorgeschla- gen worden. Vor einiger Zeit gab der jugoslawische Ministerpräsident Si- movitch bekannt, die britische Regie- rung sei damit einverstanden, dass Triest nach dem Kriege an Jugosla- wien falle — die Annexionslust wird ein weiteres Problem nach dem Kriege bilden —; woraus sich eine Diskus- sion zwischen der italienischen und jugoslawischen Emigration entwickel- te, die in dem Vorschlag einer Adria- Föderation gipfelte. Italien, Jugosla- wien, Albanien, Griechenland umfas- send. Auch der Plan einer Balkanfäderation, der eigentlich nur die Dynastien im Wege stehen, ist wieder aktualisiert worden. Tatsachen muss man ins Gesicht se- hen. Diese sehr realen Föderierungs- pläne stehen dem Traum der Donau- föderation mit Oesterreich als Kern gegenüber. Was bleibt denn noch, wenn Polen, die Tschechoslowakei, Ju- goslawien anderwärts Bindungen ein- gehen? Rest-Oesterreich und Rest- Ungarn, soviel davon nach dem Krie- ge übrig bleiben wird. Das Nachkriegs- Problem Oesterreichs wird nicht darin bestehen, von sich aus eine Föderation zu begründen, in der ihm die Führung zusteht, sondern — wenn ihm die Frei- heit der Wahl gelassen werden wird — die Frage zu lösen, an welche Fö- 13 deration seiner Nachbarstaaten es ein Gesuch um Zulassung richten soll. Da Föderation vor allem Zollunion be- deutet, werden an dieser Frage sofort alle Wirtschaltsgegensätze der ver- schiedenen Interessengruppen ent- brennen. Die Industrie wird die Föde- ration mit vorwiegend landwirtschaft- lichen Gebieten suchen, wo sie einen Absatzmarkt für, ihre Erzeugnisse und billige Lebensmittel findet; die Land- wirtschaft wird ganz im Gegenteil zu einer Föderation mit industrialisierten Staaten streben, wo sie hohe Fleisch-, Milch-, Butter-, Käsepreise erzielen kann und der karge Getreidebau der Alpenländer nicht von den Ueber- sehüssen ausgedehnter üppiger Wei- zenböden erdrückt wird. Und jede die- ser ökonomisch bedingten Tendenzen wird sich hinter Ideologien verstek- ken, mit nationalen, kulturellen, reli- giösen, politischen Scheingründen ihre nackte InteressentenpoUtik zu verne- beln trachten. Selbstverständlich, darüber sollte man sich gar keiner Täuschung hingeben, wird auch die Anschlussidee gerade unter wirt- schaftlichen Gesichtspunkten wieder hervortreten. Dass der Anschluss der österreichischen Landwirtschaft alle Sorgen um den Absatz ihrer Produkte, den Fremdenverkehrsgebieten alle Sorgen um Gäste genommen hat, dass die Industrie vollbeschäftigt war, sind Erfahrungstatsachen, die nicht ohne Eindruck geblieben sind. Die Naziherrschaft hat in Oesterreich sicher nur Hass und Widerstand ge- weckt, aber wenn sie in Deutschland gebrochen wird, ist die Erinnerung an sie kein Hindernis mehr für den Um- bruch der Gefühle unter dem Druck wirtschaftlicher Interessen. Diese Tendenzen werden im befreiten Oesterreich um die Herrschaft ringen, wenn — wenn nicht eine Alternative, stärker als sie alle, eine ganz Europa revolutionierende soziale Umwälzung, die Frage der Kleinstaaterei und Grenzziehung bedeutungslos macht oder vielmehr sie einbezieht in eine gesamteuropäische Lösung der Oefco- nomie und Geographie. GRAF HUYN GESTORBEN Aus Sao Paulo, Brasilien, wird uns berichtet: Am 19. August starb hier der ehem. Presseattache der Oesterreichi- schen Gesandtschaft in London, Graf Huyn, ein Sohn des ehem. General- obersten der österr. Armee und Nesffe des ehem. Olmützer Erzbischofs. Den Hörern der österreichischen Sendun- gen des Londoner Rundfunks war Huyn besonders gut bekannt. Huyn gehörte nicht zu den engstirnigen Ver- tretern der österreichischen Hochari- stokratie, er hatte Verständnis für die Arbeiterschaft und gehörte zu den Planern einer europäischen Union. Huyn wurde der legitimistiijChen, In- trigen innerhalb des Oesterreichischen Amtes, das Prof. Hertz und er geschaf- fen hatte, müde, zog sich zurück und kam vor fünf Monaten völlig mittellos nach Brasilien. Die Steckbriefe" der legitimistischen Emigration waren ihm vorausgeeilt, man hatte ihn als „Pangermanisten" verleumdet und die sogenannte freiösterreichische Be- wegung der Herren Gartenberg und Hütter gegen ihn mobilisiert. Huyn erkrankte schwer und starb einsam. Dem Armenleutbegräbnis in Uebersee folgten zehn Menschen. Die Freunde des „Anderen Deutschland" verneig- ten sich vor dem eigenwilligen, aber aufrechten Manne von interessanter Pirägung. POLITISCHE TOTENMESSEN Die österreichischen G'schaftlhüber in Brasilien veranstalteten anlässlich des 18. August Franz Joseph-Messen, die zwar besser besucht waren als die Dollfuss-Messen, die die österreichi- sche Emigration völlig boykottiert hatte, die aber dennoch kaum eine Handvoll von verkalkten und Neugie- risen vereinigten. Registriert sei, dass diesmal in Rio de Janeiro der letzte österreichische Gesandte, Herr Ret- schek, der 1938 mit der Nazibotschaft wegen der Rückreise verhandelt und kurze Zeit als Gehilfe der Nazibct- schaft gearbeitet hatte, sowie der Au- stroitaliener Faggioli, ehem. Gesandt- schaftsrat, an der „Kaiser"-Messe teil- nahmen. Wittern sie Morgenluft? KULTUR IM EXIL Montevideo: Unter der Leitung von zwei hervorragenden Theaterfachleu- ten, des Bühnenschriftstellers Fred Heller und des Schauspielers und Re- gisseurs Albert Maurer, hat sich in Montevideo unter dem Namen „Die Komödie" eine deutsche Bühne gebil- det. Die Gründung dieser Bühne ist nicht nur das Werk der jüngsten Emi- gration, sondern auch längst in Uru- 14 DU MAEDEL AUS DER S.AJ. Dein strahlendes Lachen vergesse ich nicht, du Mädel voll Glauben und trotzigem Mut. Du hobst unsere leuchtende Fahne zum Licht und jauchztest: ,,I>er Mensch, er ist gut!" •Der Mensch war «in Untier mit kaltem Verstand, ein Teufel voll viehischer, grausamer Lust, und hätten wir Streicher nur richtig gekannt, wir hätten es damals gewusst. Wir sahen nur Unrecht, nur Not um -uns; her und jagten erlösender Weltordnung nach. Der Feind lernte Drill am Maschinengewehr, und langsam nur wurden wir wach. Das Tier hatte brüllend die Kette gesprengt, die Pforte zur lichteren Zukunft schlug zu. Die Nacht hat sich tief über Deutschland gesenkt, Im Dunkel entschwandest auch du. Wo wirst du, mein trotziges Mädel, jetzt sein? Ergabst du dich willig dem drückenden Joch? Zog dumpfes Erschlaffen wie Gift in dir ein? Und lachst du zuweilen auch noch? Gehörst du dem Kommenden? Bist du im Leid erstarkt und empörst dich und kämpfst und verneinst? Und wirst du noch einmal in reifender Zeit die Fahne uns; tragen wie einst? HANS JAHN. KRIEGSGEWINNE IN DEUTSCHLAND „Restlose Einziehung aller Kriegsge- winne" versprach Punkt 12 des natio- nalsozialistischen Parteiprogramms. Zu Beginn des Krieges hat Hitler erneut versichert, dass er keine Kriegsge- winne dulden werde. Am 18. März aber hat der Ffreiskom- missar vor Vertretern der NSDAP, er- klärt: „Im Krieg ist alles zuerst und zuletzt dem Ziel untergeordnet, den Krieg siegreich zu bestehen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob einzel- ne aus dem gemeinschaftlichen Kampf mit mehr oder weniger Geld und Gut- haben hervorgehen". — Und der „Völ- kische Beobachter" schrieb am 22. Juni: „Dividenden von 10, 14 oder 16 Prozent, wie sie hier und da ausge- guay verwurzelte deutsche Kreise ha- ben hierbei mitgewirkt. So sah man auch bei der Erstaufführung Perso- nen, die bisher den Veranstaltungen der deutschen Opposition fernblieben. Hier liegt eine wichtige Aufgabe der Bühne: durch die Pflege wahrer deutscher Kultur jene Kreise zu uns zu ziehen, die bisher abseits standen. Der Freie Deutsche Klub Montevideo wünscht der „Komödie" guten Erfolg. schüttet werden, erscheinen manchen als übertrieben. Sie sind es keines- wegs". Mit anderen Worten: Die bevorrech- teten Mitglieder der nazistischen Volksgemeinschaft können am Tode, an den Verstümmlungen, am Hunger der anderen gross verdienen. So ha- ben wir uns das Verhältnis von Füh- rern und Gefolgschaft von jeher vor- gestellt. Aber man ist doch gleichzeitig be- sorgt, dass die Gefolgschaft nicht merkt, was sich da im „deutschen Volkskrieg" tut. Deshalb ist eine „Ver- ordnung zur Begrenzung der Gewinn- ausschüttung" erlassen worden in der die „Normaldividenden" auf 6—8 Pro- zent festgesetzt werden. Die „Deut- sche Allgemeine Zeitung" vom 22. Ju- ni beruhigt aber die Grosskapitalisten und Kriegsgewinnler mit folgenden erklärenden Worten: „In einer Zeit, in der Arbeitsentgelte und Preise(?) eisern festgehalten werden müssen, muss aus psychologischen und politi- schen Gründen dafür gesorgt werden, dass in der Optik der Dividenden — die Begründung zu der neuen Verord- nung verwendet ausdrücklich selbst das Wort „optisch" — keine Dinge geschehen, die aus dem Rahmen fal- len". 15 STIMMEN AUS DEM LES1 Ein deutscher Nationalist, der früher der Nazipartei sehr nahe stand, schrieb aus Lima in einem Brief an DAD: „Die meisten Nazis in Peru sind sehr vorsichtig geworden, weil sie damit rechnen, dass USA in den Krieg gehen und viele nicht wissen, was ihnen dann geschehen wird. Aus Peru ist nicht ein einziger Deutscher freiwillig nach Deutschland gegangen, um Soldat zu werden. Ein paar sind durch Zufall bei Ausbruch des Krie- ges in Deutschland festgehalten und zwangsweise zu Hitlers Armee ge- bracht worden. Die Nazis in Peru be- gnügen sich mit patriotischen Phra- sen, aber sie denken alle, dass ihr edelarishes Blut zu schade ist, für den Führer vergossen zu werden. Den Heldentod überlassen sie gern dem andern! Hitler in Harlem. Auch die amerika- nischen Neger haben ihre „Nationali- sten", die, wie alle waschechten Na- tionalisten, ihren Sold natürlich von Goebbels beziehen. Die „Afrikani- sche Patriotische Liga" und die „Aethiopische Pazifistische Liga" dür- sten danach, Amerika von den Juden zu säubern und ihre Rasse von Hitler und seinen japanischen Achsenfreun- den befreien zu lassen. „Die uns ras- senverwandten (?) Japaner sind die Freunde der Neger und kämpfen, wie wir nationalistische Neger, gegen England und1 den Kommunismus", stellte Robert Jordan von der „Aethio- pischen Pazifistischen Liga" auf ei- ner Negerversammlung in Harlem fest. Ob die schwarzen Goebbels- streiter auf ihren Versammlungen auch „Mein Kampf" zitieren werden, um zu verbreiten, was der , .Führer" von den Negern sagt? Aus dem Dritten Reich entkommen, schreiben uns Gesinnungsfreunde: In Berlin wird alles mit Gewalt und Unterdrückung niedergehalten« Der Terror regiert in höchster Potenz. Spitzel über Spitzel werden ange- setzt bei Jud und Christ. Jetzt kön- nen wir wieder atmen, da wir die Grenze überschritten haben". Nazi-Vizekomsul Gebien in Santa Fe, einstmals Republikaner, als das ein- träglich war. schickt sich schon wie- der an, seine republikanische Gesin- nung hervorzuheben für den mögli- chen Fall, dass in absehbarer Zeit wieder solche Konsuln gesucht wer- den sollten. Diesmal wird sich der Herr verrechnen, so klug er bisher auch gewesen sein mag. Unter Berufung1 auf die Verfassung des Landes und den demokratischen Charakter des Blattes stellte sich der bolivianische Innenminister schützend vor „Die Rundschau vom Illimani", das in La Paz unter der Leitung Ernst Schuhmachers erscheinende deutsche Wochenblatt. Es freut mich, schreibt E. A. aus Ro- sario, dass Sie auch gegen Strasser und Konsorten sind, die doch um kein Haar besser sind als Hitler. Sie hän- gen sich heute das demokratische Mäntelchen um, um damit Geschäfte zu machen und sich eine Position für später zu sichern. Sie verdienen, samt Hess und Thyssen doch nur dasselbe Schicksal, das Hitler verdient. Aus Montevideo erhielten wir ver- schiedene Zeitungsausschnitte aus de- nen sich ergibt, dass Erico Schoene- mann, Strassers Vertrauensmann für Uruguay, wiederholt wegen Verleum- dung zu Gefängnisstrafen verurteüt wurde. In einem der Prozesse wurde gerichtsnotorisch festgestellt, dass Schoenemann 1929 in Deutschland we- gen Eigentumsvergehen mehrfach be- straft und ihm die bürgerlichen Eh- renrechte aberkannt wurden. Schoe- nemann ist nicht der einzige Aben- teurer unter Strassers Gefolgsleuten. Damen mit nackten Brüsten und auch sonst sehr wenig an, hat ein erstaun- ter Leser in der „Berliner Illustrier- ten" Nr. 24 gefunden. Zwei ganze Sei- ten Pornographie in einem garantiert- von-jüdisch-bolschewistischer Unkul- tur freiem Goebbelsblatt Vorwand zur Veröffentlichung: ein Angriff auf USA. Diesmal konnten sich Hitler und Mus- solini nicht einigen, will ein Leser aus Brasilien erfahren haben. Sie hatten bei ihrer letzten Zusammenkunft im Sonderzug die Lokomotive unter Dampf gelassen und so hörte man an- dauernd: Tschörtschill - Tschör tsc hill - Tschörtschill. In einer nordamerikanischen Firma, so berichtet ein Leser aus Rio de Ja- neiro, arbeitet der Nazi Gottfried Ju- risch, Kassierer des Naziturnverein? und Bruder eines bekannten Nazire- dakteurs. Wenn das aber der Führer erfährt. 16 La Otra Alemania Orgcmo de los alemanes antihitleristas de la America Latina. Editor y director: Dr. August Siemsen, ex-diputado al Reichstag. BUENOS AIRES, TUCUMAN 309 — U. T. 31-3922 No. 43 Afio V La reproducciön de los artlculos de LA OTRA ALEMANIA es libr« indicando »u origren. Un obrero aleman revela el terror nazi en una empresa de Buenos Aires Este informe se basa en da- tos que un obrero aleman dio a un redactor de LA OTRA ALEMA- NIA, el örgano de los alemanes antihit'eristas de Sud-America. Nuestro informante esta dispues- to a repetir sus declaraciones en todo momento y en cualquier lu- gar. En el ano 1924 entre a trabajar como cerrajero en la firma Deutz, Puey- rredön 602. Despu6s de la asunclön del mando por Hitler fue organizado el "Frente del Trabajo" aleman en esa empresa. Las cuotas fueron co- bradas en la fäbrica durante las ho- ras del trabajo. El primer jefe de nuestra celula fue el nazi Hohmann, a quien sucediö el nazi Burghardt. Este fue reemplazado por el nazi Strafe, quien es aün hoy funcionario de la "Union Alemana de Gremios", que es la continuaciön directa del Frente del Trabajo alemän. Puedo ase- gurar, que hasta haoe tres meses las cuotas se siguieron pagando en la empresa. En la misma forma fueron deducidos directamente del sueldo los aportes para el "socorro de invierno". Todos los obreros, inclusive los argsn- tinos, fueron llamados por el director del "socorro de invierno", quien les in- timö a que cooperasen. El encargado de la colecta para el "socorro de in- vierno" era el nazi Vogel, que por tres veces se dirigio a mi para que par- ticipase en la colecta. Yo me negue siempre. Solamente a eso se debe que a ml y a un capataz dinamarquGs se nos de- nunciase repetidas veces ante la ge- rencia, acusandonos injustamente de molestar a los socios del Frente del Trabajo. Varias veces fui llamado por el director comercial, el nazä Maier, quien me instö a que me justificase por pretendidas manifestaciones "an- tialemanas". No he hecho tales mani- festaciones, sino ünicamente protes- tar de que la firma Deutz permitiese que el Frente del Trabajo dispusie- se en la fäbrica de una tabla de anuncios en que se fijaron los avisos oficiales de esa organizaciön. AI esta- llar la guerra apareciö alli un cartel de contenido politico tendencioso, en que en forma inaudita se atacaba a un pais con el que la Argentina man- tiene relaciones amistosas. El terror que tuvo que sufrir llegö a tal punto que un nazi llamado Hermann König, que habita en Villa Ballester y que por sus actividades nazistas fue ex- pulsado del Brasil, me amenazö de muerte. La firma suspendiö al nazi König por 14 dias. En seguida König se dirigio a la embajada y al partido na- zi para que se dejase sin efecto el castigo. El director t^cnico se negö a satisfacer el deseo de los circulos ofi- ciales nazis — el nombre de ese di- rector täcnico es Visser, un holan- des, que fue despedido • despu^s que los nazis atacaron a Holanda — el director comercial, Maier, que es un nazi, diö 6rden de que fuese anulado 1 NOTICIAS SUDAMERICAl Bolivia KYLLLMANN Y BAUER, AGENTES NAZIS Y VULGARES LADRONES La Paz. — En un proceso por defrau- daciön, las pruebas acumuladas die- rori como resultado la sentencia de la firma comercial nazi Kyllmann y Bauer, verdadero pulpo imperialista. Se impuso a los nazis el pago de las sumas defraudadas al fisco y la mul- ta respectiva. Kyllmann y Bauer ex- tende sus tentaculos a traves el pais entero y acumulö una fortuna fantas- tica a expensas de las xnasas popu- läres bolivianas realizaba en sus Ii- bros omisiones voluntarias con objeto de burlar las disposiciones vigentes. Comprobado este delito por los revi- sores de Impuestos Internes, la em- presa nazi trato de sobornar a estos funcionarios ofreciendoles una coima de 30.000 bolivianos. Con autorizaciön el castigo y que la firma pagase el tiempo perdido, de manera que el te- rror nazi quedö sin ninguna sancion. M&s o menos en enero de 1940 el re- presentante del Frente del Trabajo ale- män en nuestra f&brica, me pidiö que me presentase a la oficina central de esa organizacion, Aisina 1250. El nazi que alli me atendiö ojeö en mis actas, aun cuando nunca fue socio de esa entidad, y revelö saber que diario leo. Exigio de ml que escribiese una car- ta certificada a ese diario argentino que desde mucho es boicoteado por los nazis, al que debia comunicar que de je de ser su abonado, y quiso obli- garme a incorporamue al rVente del Trabajo alem&n. Me dijo que si no lo hacia "perderia mi puesto en un lapso muy breve". Si yo quisiese que- jarme a las autoridades argentinas sobre su proceder dictatorial, ocupa- ria su lugar otro nazi que pensaria y obraria exactamente lo mismo que 61. Luego la firma me indicö la nece- sidad de que renunciase a mi puesto. La casa Deutz recibiö del Frente del Trabajo alemftn cuatro cartas, en las que le pedian que me despidiesen. Efectivamente, el 31 de marzo de 1941 fu6 despedido sin indicacion de cau- sas. Cuando sobre los motivos le pre- gunte a un capataz del taller, 6ste me respondiö: "Ud. conoce los motivos, yo los conozco y el capataz tambiön, pero no debemos decirlos". de sus auperiores, los inspectores acep- taron ia suma y Ja depositaron en la Direcciön General de Impuestos In- ternos. Ahora Kyllmann y Bauer pa- garä una rnulta de 120.000 Bolivajres. LA NUEVA PEDAGOGIA NAZI En Cochabamba hace poco detuvo la policia durante la noche a tres chi- ec_. Estos manifestaron que hablan huido del internado de la escuela na- zi y que se dirigian a casa de sus pa- dres, que viven en la regiön de Be- ni, a 500 kms. de distancia. Cömo mo- tivo de la escapada indicaron la ma- la alimentacion y los mucho3 castigos corporales. Otros alumnos confirma- ron los bärbaros malos tratos en la escuela nazi. El diario "El Pais" pidiö la clausura de la escuela porque no se puede tolerar que extranjeros sin con- diciones pedagögicas y que solamen- te fueron enviados coimo agentes de la quinta columna, apliquen castigos cor- porales a los ninos a ellos confiados, entre los que se encuentran bolivianos. Como es notoria la mala situaciön fi- nanciera de ese "instituto pedagögi- co" (el dinero lo emplean para otras Cosas y la instrucciön publica es pa- ra los pistoleros nazis una cuestion sumamente accesoria), un aviador ale- m&n la habia enviado al cörv ul nazi Lutsch 5.000 bolfvares como öbolo pa- ra la escuela. El consul se negö a re- cibir el dinero, exigiendo del donante que primero debia demostrar que no tenla ninguna abuela no aria. Enton- ces el aviador se dirigiö al ministro y correligionario Wendler, que en el in- terna fue expulsado del pais, pregun- tändole ingenuamente que m^ritos ha- bia conquistado para el pueblo ale- män el correligionario Lutsch, para que lo nombrasen consul no obstante su juventud y su inexperiencia. El, el aviador, habla prestado servicios a Alemania. Entre otras cosas, habia vendido al gobierno brasileno 72 avio- nes de combate, habiendo probado y entregado todos los apa-ratos, es decir que por lo menos arriesgo su vida 72 veces. En cambio el correligionario Lutsch se ocup6 en vender discos, y por eso el, el aviador, se permite pre- guntar si esa actividad es considera- da en el mismo grado peligrosa y pro- vechosa para el Tercer Reich a juicio de las esferas gobernativas. El consul cuya esposa compra sus zapatos, vös- 2 tidos, sus sombreros y chocolate en ca- sas judias, y que se hace peinar por la judia X, no tiene ningun derecho, a su juicio, de reehazar su obolo para la escuela nazi inivocando la posible desoendencia no aria del donante. Uruguay EL MINISTRO NAZI LANGMANN ES PESIMISTA Montevideo. — "A los alemanes en Sud America y especialmente a los que residimos en el Uruguay nos esperan aün tiempos mäs dificiles", es la opi- niön Que Otto Langmann, ministro de Alemania en el Uruguay, regresado recient'emente a esta capital, expre- s6 a algunos nazis invitados. Anadio Langmann que en Berlin se espera que los alemanes del Uruguay sigan unidos en su fidelidad al Fuehrer aün en el caso de que la suerte llegue a ser adversa al Reich alemän. Es evi- dente que en Berlin no lo ven todo color de rosa cuando los diplomäticos alemanes en Sud Amärica emplean ese lenguaje. AI agregar Langmann que en defensa de sus propios inte- reses economicos cada alemän tiene la obligacion de tomar todas las medi- das que le garanticen el exito, de ja comprender la situaciön real, en este tentido. Quiere ello decir que en Ber- lin tampoeo existe la menor duda de que las listas negras hundirän a mu- chas firjtnas alemanas. PANICO ENTRE LOS NAZIS Montevideo. — Hasta los que con mäs fe creen en la victoria nazi no pareeen ya eompletamente seguros de ella. Al- gunas casas comerciales cuyos diri- gentes son los principales sostenedo- res financieros de los nazis, han pre- parado ya el terreno para tratar de salvar sus negocios, su dinero y su influencia. Ellos se manifiestan de re- pente democräticos de corazön, y a to- do el que le quiera oir — y hasta al f, que no quiera — le dicen que en rea- lidad fueron obligados a plegarse a los nazis y que tendrän que seguir obrando asi. Entre esos repentinos de- möcratas se cuenta una senor Ernes- to Quinke, quien en la colonia anti- nazi busca amigos que llegasen a po- der confirmar su punto de vista anti- nazi. A este respecto debemos dfcjar constaneia de que fue el capitalista de los nazis y que hasta hizo un viaje a Alemania para llevarle persanal- mente al Fuehrer las felicitaciones de los nazis del Uruguay. La publicaciön de la lista negra nor- teamericana constituye en esta una noticia muy desagradable para los na- zis y las casas comerciales pro nazis. Las principales firmas realizaron en- seguida operaciones de Camouflage. Es asi como en pocos dias se lundö la casa "Farmacia Oriental", que fabri- ca productos farmaceüticos. Di^pues que mediante un pretendido contrato se adquirieron las recetas de la fir- ma Bayer, en adelante la Cafiaspiri- oia, la Fenoaspirina y otras marcas figurarän en el comercio como "in- dustria uruguaya". Se adquiriö tam- bien el permiso para utilizar la cruz Bayer en los paquetes. Exterionneinte, el dxrectorio de esa empresa esta for- mado por uruguayos solamente. Los mäs interiorizados sahen que un se- nor Hoenemann, al parecer un peque- no empleado de la direcciön, es la verdadera cabeza y el director de esa firma. Hoenemann, que fue uno de los dirigentes de la sucursal Bayer en Norte America, vino al Uruguay ya antes de que se publicasen las listas negras para preparar el terreno para esta Camouflage. Paraguay LA QUINTA COLUMNA EN EL PARAGUAY En Sudecia se han recibido cartas del territorio sudete, que los nazis escu- charon con sorpresa. En una carta se informa que un colono que habia regresado en 1939 y que encontrö em- pleo en la policia, habla caido duran- te la represiön de las recueltas che- cas. Otros dos colonosl que regresa- ron a su patria el mismo ano fueron declarados desaparecidos y un terce- ro como herido. Ademäs la gente re- cibiö informes de que tal y oual co- nocido de sus pueblos o aldeas habian muerto o desaparecido. Por eso la gente se da cuenta que las perdidas de los alemanes tienen que ser con- siderables si del estrecho circulo de sus amistades tantos son anunciados como caidos o desaparecidos. La declaraciön de guerra de Hitler a Rusia ha producido un efecto muy diferente entre los nazis de las colo-' nias situadas entre Villarica y Paso Yobay. Destacados nazis estaban muy indignados por el hecho de que Hit- 3 EL VICIO ORGANIZADO OFICIALMENTE EN ALEMANIA EI sistema de las "noches de cohabitacion" PJara compensar las enormes perdidas alemanas en la campana rusa, los di- rigentes del Tercer Reich han toma- do medidas verdaderamente drästicas, para evitar una disminuciön de la na- talidad en virtud de la advertencia que el ano pasado dio a conocer Ru- dolf Hess. Se recordarä que en aque- 11a ocasiön el exlugarteniente del Führer ordenö a los soldados que an- tes de partir para el frente engendra- sen muchos hijos en el matrimonio o fuera de el, que eso era completa- mente indlferente. Segün informa a LA OTRA ALEMANIA un periodista alemän radicado en Suiza, reciente- mente se introdujeron en Alemania las llamadaj "noches de cohabitaci6n". Por orden de las autoridades, hom- bres de la SS especialmente elegidos por sus valores raciales deben esta- blecer eontacto sexual con mujeres, cuyos maridos desde hace dos anos est&n en el frente. A veces madre e hija juntas en el mismo hotel. Estan igualmente sometidas a la misma ob- ligaciön de engendrar las mujeres adultas solteras. NINOS ENGANADOS POR EL NEO PAGANISMO NAZI Basilea. Un m6dico alemän de empre- sas industriales, que hace poco estuvo de pasada en Suiza, informö a "LA OTRA AT .KMANIA", la revista de los alemanes antihitleristas en Sud Ame- ler declarö la guerra a Rusia y a me- nudo pusieron de manifiesto abier- tamente esa indignaciön. A nuestro parecer ello fue un indicio de que despues de este cambio de situaciön la fe en el triunfo de Alemania no es tan inconipovible. Poco a poco esa critica es dominada y apagada por las "noticias de victorias" que difunde la emisora alemana. De todas mane- ras se puede observar claramente que esa gente se siente insegura cuando se discute con ella. ALEMANIA ES DONDE VIVEN HOM- BRES DE SANGRE ALEMANA "Alemania, cuyas fronteras no son aquellas que separan a los paises; Fronteras que nos son dolorosas como clavos en nuestra carne. Donde los alemanes se abrieron paso en las sel- vas, dando nombre a las ciudades y a las montanas, y transforman regio- nes primitivas en rientes llanuras y prados. All! en los cuartos cerrados donde los abuelos y los nietos cantan canciones * iEsa es la Madre Tierra sagrada! iEse es el jardin de Dios, alli estä la pa- tria, esa es Alemania! ("Nationalsozialistische Frauenwarte", Berlin, No. 13). rica, acerca del siguiente caso tipico ocurrido en el Tercer Reich: "Unos 400 ninös de obreros fueron invitados a merendar en la cantina de la fäbrica. Cuando los chicos se sen- taron en largas filas junto a la me- sa, se les puso delante tazas y piatos vacios. Entonces se presentö un ex sa- cerdote que a causa de su moral du- dosa habia sido expulsado de la igle- sia y te incorporo al nacionalsocialis- mo. Pronunciö -una arenga e invito a los nirios a rezar el padre nuestro. AI llegar a las palabras "Y danos el pan de cada dia", interrumpio el rezo y dijo a los chicos: "Poned atenciön a ver si viene el pan". El pan no vino. El hombre dijo: "Re» zad otra vez": "Y danos el pan de ca- da dia". Pero como a pesar de eso el pan no querxa aparecer el extrano sa- cerdote pidiö a los ninos que con ma- yor devociön repitieran: "Y da nos el pan de cada dia". Los chicos re- zaban obedientes y animosos, pero las tazas y los piatos quedaron vacios. En- tonces manifestö el hombre que al parecer de nada valia invocar al que- i rido Dios. Por eso los ninos debian probar otra oraciön y decir: "Querido Führer, estamos hambrientos y se- dientos, danos pan y leche". Los chi- cos rezaron juiciosos esa formula, y he aqui que la oracion obrö como un milagro. Todas las puertas se abrie- ron y entraron muchos hombres con jarras llenas de leche y canastas con pan". 4